OGH 7Ob693/89

OGH7Ob693/8930.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Theresia S***, Altlandwirtin, Maria Alm, Sonnberg 9, vertreten durch Dr. Friedrich Hofmann, Rechtsanwalt in Zell am See, wider die beklagte Partei Josef S***, Landwirt, Maria Alm, Sonnberg 9, vertreten durch Dr. Anton Waltl und Dr. Peter Krempl, Rechtsanwälte in Zell am See, wegen Duldung (Streitwert S 30.000,-- s.A.) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 7.Juni 1989, GZ 21 R 176/89-56, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Saalfelden vom 7.Februar 1989, GZ 2 C 5/88-46, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.087,-- (darin S 514,50 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Übergabsvertrag vom 2.3.1971 hat die Klägerin dem Beklagten, ihrem Sohn, unter anderem die Liegenschaft EZ 61 KG Maria Alm, das ist das Gumpoldgut in Sonnberg Nr.9, ausgenommen die Grundstücke 412/2 Acker im Ausmaß von 1.906 m2 und 415 Acker im Ausmaß von 709 m2, die in ihrem Eigentum verblieben, übergeben. Das Grundstück 415 bildet eine "Enklave" innerhalb der landwirtschaftlich genutzten und nunmehr im Alleineigentum des Beklagten stehenden Parzelle 414. In dem Übergabsvertrag heißt es auszugweise:

"2 c): Die Übergeberin ist für sich und ihre Besitznachfolger berechtigt, das für die zurückbehaltenen Parzellen erforderliche Wasser auch für den Fall einer Verbauung aus den benachbarten Grundflächen des Übernehmers zu beziehen und dieses Recht im Grundbuch sicherstellen zu lassen.

4.) Der Übernehmer räumt der Übergeberin und ihren Besitznachfolgern das Geh- und Fahrtrecht von seiner Hofzufahrt über die Parzelle 414 der EZ 61 Grundbuch Alm ein und erteilt seine Einwilligung, daß diese Dienstbarkeit zugunsten der Parzellen 412/2 und 415, die im Eigentum der Übergeberin verbleiben, einverleibt werde."

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin, den Beklagten schuldig zu erkennen, das Begehen und Befahren der Grundparzelle 414 KG Maria Alm durch den jeweiligen Eigentümer der Grundparzelle 415 und dessen Leute von der über die Grundparzelle 414 führenden Wegzufahrt sowie der von dieser östlich abzweigenden Stichstraße laut Mappendarstellung Dipl.Ing. Gottfried E***, GZ.1.692/80, zu dulden. Sie habe schon zur Zeit der Errichtung des Übergabsvertrages beabsichtigt, im Bereich ihres ehemaligen Gutsbestandes ein Austraghaus zu errichten und bemühe sich nunmehr um die Genehmigung der Bebauung des Grundstückes 415, auf dem sie gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn ein Haus errichten wolle. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 27.11.1984 sei das Grundstück zum Bauplatz erklärt worden. Dem Bescheid liege als Zufahrt die planliche Darstellung des Dipl.Ing. Gottfried E*** zugrunde. Anläßlich einer am 21.2.1985 durchgeführten Bauverhandlung habe der Beklagte ein Geh- und Fahrtrecht im Sinne der Plandarstellung bestritten und behauptet, der Klägerin stehe ein solches Recht nur im Bereich der kürzesten Distanz zwischen der auf dem Grundstück 414 befindlichen Hofzufahrt und dem Grundstück 415 zu. Die von der Klägerin beanspruchte Zufahrt stelle zufolge der vorhandenen Hangneigung die einzig technisch zumutbare Möglichkeit dar. Bei der vom beabsichtigten Wegebau betroffenen Grundfläche des Beklagten handle es sich um ein minderwertiges Wiesengrundstück. Die Errichtung einer Zufahrt in dem vom Beklagten zugestandenen Ausmaß würde der Klägerin unzumutbare Mehrkosten verursachen. Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Es sei nicht richtig, daß die Klägerin bereits bei der Übergabe den Bau eines Austraghauses geplant habe. Die von der Klägerin gewünschte Wegtrasse beeinträchtige den Beklagten in unzumutbarer Weise. Die Ausnahmegenehmigung für das Grundstück 415 sei bereits abgelaufen. Das Grundstück sei laut Flächenwidmungsplan wieder als Grünland ausgewiesen. Im Falle eines neuerlichen Ansuchens könne nicht mit einer Situierung des geplanten Hauses wie bisher gerechnet werden, da dies raumordnungsrechtlichen Bedingungen widerspräche; das Gebäude müßte tiefer angesetzt werden.

Das Erstgericht gab der Klage statt und traf folgende Feststellungen:

Die Klägerin beabsichtigte bereits zur Zeit des Übergabsvertrages (2.3.1971), im Bereich ihres ehemaligen Gutsbestandes ein Austraghaus zu errichten. Sie hat deshalb zwei Grundstücke aus ihrem Gutsbestand in ihrem Eigentum zurückbehalten. Sie bemüht sich seit 1980 um die Genehmigung der Bebauung des Grundstückes 415, auf dem sie mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn ein Haus errichten möchte.

Mit Bescheid vom 17.2.1982 wurde der Klägerin von der Gemeindevertretung in Maria Alm eine Ausnahme vom Flächenwidmungsplan bewilligt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 27.11.1984 wurde das Grundstück 415 zum Bauplatz erklärt. Diesem Verfahren liegt hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Plandarstellung des Dipl.Ing. Gottfried E*** zugrunde.

Anläßlich der Verhandlung über die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Austraghauses auf dem Grundstück 425 am 21.2.1985 wendete der Beklagte ein, die Klägerin habe kein Recht auf Einräumung eines Zufahrtsweges in der vorgesehenen Lage. Die Gemeinde Maria Alm teilte daraufhin der Klägerin mit, daß das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung aller Vorfragen, insbesondere der verkehrsmäßigen Erschließung, der Wasserversorgung und der Abwässerbeseitigung ausgesetzt werde, daß die erteilte Ausnahmegenehmigung mit 26.2.1985 entsprechend den Bestimmungen des § 19 Abs 3 ROG 1977 unwirksam werde und daß vor Weiterführung des Bauverfahrens empfohlen werde, neuerlich um die Erteilung einer raumordnungsmäßigen Bewilligung anzusuchen.

Das Grundstück 415 hat Südlage und ist von der Hochkönig-Bundesstraße 20 m entfernt. Es ist 35 m lang und durchschnittlich 20 m breit. In der Längsrichtung besteht ein Höhenunterschied von 12 m. Nach den eingereichten Bauplänen soll das zweigeschoßige Austraghaus in der oberen Hälfte des Grundstückes errichtet werden und durch eine Stichstraße von der Hofzufahrt vom Westen her verkehrsmäßig aufgeschlossen werden. Diese Stichstraße benützt eine Geländestufe, die durch die ehemalige Hofzufahrt entstanden ist und führt zu einer offenen Garage an der Nordseite des Hauses für zwei PKW.

Eine Zufahrt auf dem kürzestmöglichen Weg von der Hofzufahrt zum Grundstück 415 hätte die Errichtung einer freistehenden Garage zur Folge, für die wegen der besonderen Geländebeschaffenheit ein Mehraufwand von S 465.000,-- (bei Zurückversetzung der Garage von der Grundgrenze um 5 m, um ein Parken vor der Garage zu ermöglichen) oder doch von S 366.132,-- (bei Errichtung der Garage an der Grundgrenze) erforderlich wäre. Zu beiden Varianten käme noch die Errichtung einer Stiegenanlage mit 60 bis 70 Stufen zur Überwindung des Höhenunterschiedes von 10 m zwischen Garage und Haus. Sie würde einen Aufwand von S 96.000,-- erfordern. Für die Errichtung der begehrten Zufahrtsstraße sind Kosten von S 179.000,-- zu erwarten. Zwischen dem derzeit bestehenden Weg und der Grundgrenze ist das Grundstück 414 3,5 m breit.

Das Grundstück 414 weist eine für eine landwirtschaftliche Nutzung nur relativ bescheidene Qualität auf. Der vermögensrechtliche Nachteil für den Eigentümer der Liegenschaft (durch die von der Klägerin gewünschte Wegtrasse) beträgt S 17.910,--, das entspricht S 716,40 jährlich.

Bei Erstellung des neuen Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Maria Alm, der derzeit zur Vorbegutachtung der Landesregierung vorliegt, hat der Vertreter der Klägerin den Wunsch eingebracht, das Grundstück 415 als Bauland zu widmen. Dieser Antrag wurde gemeinsam mit etwa 80 ähnlichen Anträgen von der Gemeindevertretung beschlußmäßig abgelehnt. Dieser Beschluß ist jedoch nicht präjudiziell für ein allfälliges weiteres oder neues Einzelgenehmigungsverfahren.

Die Klärung der Zufahrtsfrage ist ein Aufschließungserfordernis, ohne das ein Bescheid (der Baubehörde) nicht ergehen kann. Wesentlich für die Situierung des zweigeschoßigen Ausbaues in der oberen Grundstückshälfte war der Umstand, daß man schattige Restflächen möglichst vermeiden wollte.

Die von der Klägerin begehrte Trasse hat zur Folge, daß in diesem Bereich die Möglichkeit, allenfalls einen weiteren Bauplatz zu schaffen, verloren geht.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, Zweck der Servitutseinräumung sei die Nutzung des Grundstückes 415, insbesondere durch dessen Verbauung, gewesen. Durch die Errichtung einer freistehenden Garage an der südlichen Grundstücksgrenze ergäben sich für die Klägerin wesentlich höhere Kosten. Dazu komme, daß alle angelieferten Waren über eine Höhendifferenz von etwa 10 m transportiert werden müßten und eine vom Hauptgebäude abgesetzte Garage weniger sicher sei. Der vermögensrechtliche Nachteil des Beklagten durch die von der Klägerin gewünschte Trasse sei relativ gering, wenn hiedurch auch theoretisch allenfalls ein Bauplatz verlorengehen könnte, doch bestünden keine konkreten Verbauungspläne, ihre Verwirklichung wäre auch nach Auffassung des Beklagten überdies sehr unsicher. Raumordnungsmäßige Überlegungen hätten auf die Entscheidung keinen Einfluß, weil das Verwaltungsverfahren bis zur Entscheidung dieses Rechtsstreites ausgesetzt worden sei. Daß das Grundstück 415 im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Maria Alm nicht als Bauland ausgewiesen sei, sei ohne weitere Bedeutung, da hiedurch ein Einzelgenehmigungsverfahren nicht ausgeschlossen werde.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 60.000,--, nicht jedoch S 300.000,-- übersteigt, und daß die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und mängelfrei. Gemäß § 484 ABGB könne der Besitzer des herrschenden Gutes zwar sein Recht auf die ihm gefällige Art ausüben. Doch dürften Servituten nciht erweitert, sie müßten vielmehr, insoweit es ihre Natur und der Zweck ihrer Bestellung gestatte, eingeschränkt werden. Der Widerstreit zwischen den Inreressen des Berechtigten und jenen des Belasteten sei in ein billiges Verhältnis zu setzen. Das Ausmaß der Dienstbarkeit und der Umfang der dem Berechtigten zustehenden Befugnisse richte sich nach dem Inhalt des Titels, bei dessen Auslegung insbesondere Natur und Zweck der Dienstbarkeit zur Zeit ihrer Einräumung zu beachten seien. Es solle dem Berechtigten der angestrebte Vorteil ermöglicht, dem Belasteten aber so wenig wie möglich geschadet werden. Bei der der Klägerin - dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks 415 - eingeräumten Dienstbarkeit handle es sich um eine ungemessene Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechtes über das Grundstück 414, da deren Ausmaß und Verlauf durch den Titel nicht eindeutig bestimmt werde. Zweck der Bestellung der Dienstbarkeit zur Zeit ihrer Einräumung sei die Schaffung einer Wegverbindung von der bestehenden Hofzufahrt des Beklagten zum Grundstück 415 gewesen, das zur allfälligen Errichtung eines Wohnhauses (Auszughauses) durch die Klägerin bestimmt gewesen sei. Diese Zweckbestimmung erfordere eine Trassierung, die das Zufahren von Kraftfahrzeugen, und zwar auch von Liefer- und Einsatzfahrzeugen, unter normalen Bedingungen möglich mache. Die Situierung einer Garage an der südwestlichen Grenze des Grundstücks 415, getrennt von dem an der nördlichen Grenze geplanten Wohnhaus, ohne Schaffung einer eigenen Wegverbindung von der Hofzufahrt zum Wohnhaus, erfordere die Errichtung einer Stiegenanlage von 60 bis 70 Stufen, um den Höhenunterschied von etwa 10 m zwischen den beiden Bauwerken zu überwinden. Dies widerspräche dem Zweck der Bestellung der Wegedienstbarkeit. Bei Aufschließung des geplanten Bauvorhabens durch eine Stichstraße im Sinne der Mappendarstellung des Dipl.Ing. Gottfried E*** werde die gewünschte Situierung des Wohnhauses im oberen Teil des Grundstücks unter Verbindung der Garage mit dem Haupthaus und unter Vermeidung schattiger Restflächen ermöglicht. Die Frage der Trassierung sei unabhängig davon, ob die Klägerin nur das Recht auf Errichtung eines Austraghauses (mit einer Garage), nicht aber eines Zweifamilienhauses mit Doppelgarage habe, sofern damit kein höheres Verkehrsaufkommen verbunden sei, was der Beklagte nicht behauptet habe. Mache der Beklagte geltend, daß bei der von ihm zugestandenen Trassierung sein Grundstück 414 praktisch überhaupt nicht tangiert würde, sei ihm entgegenzuhalten, daß eine derartige Situierung nicht der Parteienabsicht bei Abschluß des Übergabsvertrages entsprochen haben könne, weil sich in diesem Fall die Einräumung einer Wegeservitut erübrigt hätte. Die von der Klägerin begehrte Trassierung verstoße daher nicht gegen den Grundsatz der schonenden Ausübung der Servitut. Daß die Chancen der Klägerin, für das von ihr geplante Zweifamilienhaus mit Doppelgarage die Genehmigung zu erhalten, nach Ansicht des Beklagten nur gering seien, sei nicht wesentlich. Die Klärung der Lage des Servitutsweges sei Voraussetzung für die Weiterführung des anhängigen Bau- und Raumordnungsverfahrens durch die Klägerin. Ein Ansuchen um die Bewilligung der Errichtung eines Austraghauses könne aber nach den eigenen Ausführungen des Beklagten nicht ohne weiteres als nicht genehmigungsfähig angesehen werden. Ein Austausch der Baupläne sei durchaus möglich. Die Revision sei zuzulassen gewesen, weil eine neuere Rechtsprechung zur Frage fehle, inwieweit bei Vorliegen ungemessener Wegedienstbarkeiten der Berechtigte in der Trassenführung und deren Ausgestaltung zu Lasten des Belasteten Entscheidungsfreiheit besitze und inwieweit die Festlegung einer Wegetrasse für eine beabsichtigte Bauführung ohne Vorliegen einer Ausnahmegenehmigung und einer Bauplatzerklärung möglich sei. Die Revision des Beklagten wendet sich gegen das Urteil des Berufungsgerichtes aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im klageabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision, weil die Vorinstanzen bei ihren Entscheidungen ohnedies auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes "zurückgegriffen" und bei Bestimmung der Wegtrasse eine Interessenabwägung durchgeführt hätten, so daß die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision iS des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht vorlägen, in eventu die Abweisung der Revision.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Der Beklagte macht in seiner Revision im wesentlichen geltend, die angefochtene Entscheidung tendiere dahin, daß der Servitutsberechtigte bei Vorliegen einer ungemessenen Wegedienstbarkeit die alleinige und volle Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Trassenführung und -gestaltung habe. Darüber hinaus könne die Klägerin dann kein Interesse an der begehrten Trassenführung haben, wenn sie eine Ausnahmebewilligung im Sinne des Salzburger Raumordnungsgesetzes nicht erhalte.

Nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO idF vor der WGN 1989 - die Fassung des § 502 ZPO im Sinne dieser Novelle ist gemäß Art XLI Z 5 WGN 1989 anzuwenden, wenn das Datum der Entscheidung der zweiten Instanz nach dem 31.12.1989 liegt - ist die Revision, wenn sie nicht schon nach den Absätzen 2 und 3 des § 502 unzulässig ist, überdies nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Das Berufungsgericht ist in seiner ausführlich begründeten Entscheidung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gefolgt. Diese Rechtsprechung, nach der sich das Ausmaß der Dienstbarkeit, der Umfang der dem Inhaber zustehenden Befugnisse, nach dem Inhalt des Titels richtet, bei dessen Auslegung insbesondere der Zweck der Dienstbarkeit zu beachten ist (SZ 53/149); daß dann, wenn nicht die Betriebsform des herrschenden Gutes wesentlich geändert wurde, für den Umfang der Dienstbarkeit das jeweilige Bedürfnis des Berechtigten maßgebend ist, soweit der Belastete keine unzumutbare Beeinträchtigung erleidet (EvBl 1966/277), wobei die Grenze der Rechtsausübung nach dem jeweiligen Bedürfnis des Berechtigten in einer ausschlaggebenden Erschwerung der Belastung des dienenden Gutes liegt (6 Ob 200/73) und auch die Anpassung von durch die Servitut gedeckten Einrichtungen an moderne Erfordernisse hingenommen werden muß, wenn hiedurch der Belastete keine unzumutbare Beeinträchtigung erfährt (7 Ob 555/83); daß eine Interessenabwägung stattzufinden hat, wobei die der Dienstbarkeitsbestellung zugrundegelegte Verkehrsträgerfunktion des Weges jedenfalls gewahrt bleiben muß, und wobei der Dienstbarkeitsberechtigte bloß unerhebliche Erschwernisse der Wegbenützung hinzunehmen hat, wenn dies die Interessen des Eigentümers des belasteten Gutes erfordern (MietSlg 34.057), ist unverändert geblieben. Es ist keinesfalls richtig, daß das Berufungsgericht bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall eine Tendenz erkennen läßt, wonach der Servitutsberechtigte bei Vorliegen einer ungemessenen Wegedienstbarkeit die alleinige und volle Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Trassenführung und -gestaltung habe. Nach dem Bericht des Justizausschusses 1337 BlgNR 15.GP, 19, zur Zivilverfahrens-Novelle 1983 soll der Oberste Gerichtshof grundsätzlich nur mit wichtigen, zumindest potentiell für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsamen Rechtsfragen befaßt werden. Fragen, deren Lösung mehr oder weniger Ermessensentscheidungen sind, können demnach nicht als erheblich iS des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO idF vor der WGN 1989 angesehen werden. Von einer erheblichen Rechtsfrage kann nicht mehr gesprochen werden, wenn erst die besonderen Umstände des Einzelfalls als einer von vielen möglichen Fallgestaltungen den Ausschlag geben. Die Kasuistik des Einzelfalls schließt in der Regel eine beispielgebende Entscheidung aus (Petrasch, Das neue Revisions-ÄRekurs-ÜRecht, ÖJZ 1983, 177). Bei der Entscheidung der Vorinstanzen handelt es sich letztlich um eine Ermessensentscheidung, die entsprechend der gesetzlichen Regelung und unter Beachtung der hiezu ergangenen Rechtsprechung getroffen wurde. Eine wichtige, für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsame Rechtsfrage iS des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO idF vor der WGN 1989 liegt nicht vor. Die Frage aber, ob die Klägerin für die beabsichtigte Bauführung eine Ausnahmegenehmigung iS des Salzburger Raumordnungsgesetzes erhalten wird, ist für die Entscheidung nicht wesentlich, weil die Klärung der Zufahrtsfrage Aufschließungserfordernis und damit Vorbedingung für die Entscheidung der Baubehörde ist, das Recht der Klägerin auf eine solche Zufahrt daher vor und unabhängig von der baubehördlichen Entscheidung zu prüfen ist. Unerheblich ist es deshalb auch insbesondere, ob die Klägerin die Genehmigung für die Errichtung eines Zweifamilienhauses oder nur eines Austraghauses erhalten wird. Denn die Zufahrtsmöglichkeit muß in beiden Fällen in gleicher Weise gewährleistet sein.

Liegen daher die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO idF vor der WGN 1989 nicht vor, erweist sich die Revision als unzulässig und war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision ausdrücklich hingewiesen.

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