Spruch:
Auftrag an den Ehemann zur Rückkehr in die Ehewohnung. Eine nicht am Ort der Ehewohnung ausgeübte Berufstätigkeit ist nur zulässig, wenn durch sie die eheliche Lebensgemeinschaft keine erhebliche oder zwar eine erhebliche, doch lediglich vorübergehende Beeinträchtigung erfährt
OGH 18. April 1974, 7 Ob 65/74 (LG Linz 13 R 606/73; BG Urfahr-Umgebung Nc 37/73)
Text
Wie nach der Aktenlage feststeht, ist der Antragsgegner mit der Antragstellerin seit dem Jahre 1956 verheiratet. Der Ehe entstammen drei Kinder im Alter von ungefähr 7, 8 und 17 Jahren. Die Ehewohnung befindet sich in R 144 in einem Einfamilienhaus, das je zur Hälfte den Eheleuten gehört. Diese lebten miteinander in guten Einvernehmen, bis der Antragsgegner vor mehr als zwei Jahren eine Berlinerin kennenlernte, deretwegen er im Sommer 1973 seine Familie verließ und seinen ständigen Aufenthalt nach Z verlegte, wo er als Betriebsleiter einer Druckerei angestellt ist. Auch die Frau aus Berlin lebt in Z. Mit ihr gemeinsam verbringt der Antragsgegner seine Freizeit.
Zu dem unter Anführung des § 93 ABGB gestellten Antrag seiner Ehefrau, ihm seine binnen vierzehn Tagen zu bewerkstelligende Ruckkehr in die eheliche Wohnung aufzutragen, erklärte der Antragsgegner, der wiederholten Ladungen zu Gericht nicht gefolgt war, in einer schriftlichen Eingabe, er denke nicht daran, die eheliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen, auch sei er nicht bereit, sich über die Gründe seiner Weigerung zu äußern.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Seiner Meinung nach stehe die Verpflichtung zur Rückkehr in die eheliche Gemeinschaft in engem Zusammenhang mit der in § 92 ABGB normierten Folgepflicht, die aber eine solche der Ehegattin sei. Einer zweifellos nicht bestehenden Wohnsitzfolgepflicht des Ehemannes aber käme es gleich, würde er verhalten werden, seine Anstellung in Z aufzugeben und seinen Wohnsitz zurückzuverlegen. Seine berufsbedingte Anwesenheit an dem genannten Ort mache die Rückkehr in die häusliche Gemeinschaft schwierig. Möge auch für die Wahl des derzeitigen Beschäftigungsortes eine andere Frau entscheidend gewesen sein, so ginge es doch zu weit, vom Antragsgegner, damit er die Ehegemeinschaft wieder herstellen könne, die Aufgabe seines Arbeitsplatzes zu verlangen.
Über Rekurs der Antragstellerin gab das Rekursgericht in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses dem Antrag statt, indem sie dem Antragsgegner auftrug, binnen vierzehn Tagen die eheliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Antragsgegners nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Unter Ablehnung der gegenteiligen, weil geradezu aktenwidrigen Auffassung des Rechtsmittelwerbers ist dem Rekursgericht darin beizustimmen, daß das Begehren der Antragstellerin, was allein schon die Zitierung des § 93 ABGB in ihrem Antrag zur Genüge erkennen läßt, auf die Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft abzielt, deren örtlicher Schwerpunkt allerdings die derzeitige Ehewohnung in R zu sein hat, solange der Antragsgegner seiner Familie nicht eine andere Wohnung bereit stellt. Bis dahin aber ist die eheliche Lebensgemeinschaft anderswo als am gegenwärtigen Wohnsitz der Antragstellerin nicht denkbar. Darum ist die Annahme des Erstgerichtes, eine stattgebende Entscheidung über den Antrag wurde eine Wohnsitzfolgepflicht des Mannes voraussetzen, ebenso verfehlt wie der Einwand des Rechtsmittelwerbers, das Rekursgericht hätte dadurch, daß es ihn zur Wiederherstellung der Ehegemeinschaft verpflichtete, den Antrag der Ehefrau "umfunktioniert". Im übrigen aber ist in weiterer Übereinstimmung mit dem Rekursgericht festzuhalten,daß das Eheband zwischen den Parteien foAntragsgegner ein abgesonderter Wohnort nicht bewilligt wurde. Folglich ist es dem Antragsgegner verwehrt, die eheliche Gemeinschaft aufzuheben. Damit läßt sich die Berufsausübung des Antragsgegners in Z nur insofern vereinbaren, als durch sie die eheliche Lebensgemeinschaft keine erhebliche oder zwar eine erhebliche, doch lediglich vorübergehende Beeinträchtigung erführe. Tatsächlich aber verhält es sich so, daß der Antragsgegner erklärtermaßen nicht daran denkt und nicht gewillt ist, die Ehegemeinschaft wieder aufzunehmen, ohne dies überhaupt mit seiner beruflichen Tätigkeit zu begrunden. Vergeblich ist daher der in den Rechtsmittelausführungen unternommene Versuch, die Berufsausübung des Antragsgegners mit seiner Trennung von der Antragstellerin in einen ursächlichen Zusammenhang zu bringen.
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