European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00638.840.0730.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Im vorliegenden Rechtsstreit wegen Bestreitung der ehelichen Vaterschaft ist auf Seite der beiden beklagten Kinder der Vater jenes schon vor der Klagseinbringung verstorbenen Mannes als Nebenintervenient beigetreten, der von der Mutter als natürlicher Vater der Kinder angegeben worden war. Nachdem das der Klage stattgebende Urteil des Erstgerichts dem Kurator der Kinder zugestellt und von diesem nicht angefochten worden war, wurde der verstorbene Sohn des Nebenintervenienten rechtskräftig als unehelicher Vater der beiden Kinder festgestellt. Diese machten Erbansprüche nach ihrem Vater gegen den Nebenintervenienten, dem der Nachlass inzwischen eingeantwortet worden war, mit Erfolg geltend.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht die Berufung des Nebenintervenienten als unzulässig zurück, weil selbst bei Zubilligung der Stellung eines streitgenössischen Nebenintervenienten der inzwischen vom Kurator der Kinder mit Genehmigung des Pflegschaftsgerichts ausdrücklich erklärte Rechtsmittelverzicht der Hauptpartei das Rechtsmittelrecht dieses Nebenintervenienten ausschließe. Wäre der Nebenintervenient aber nicht als streitgenössischer anzusehen, so wäre seine Berufung infolge der längst erfolgten Zustellung an die Hauptpartei verspätet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Nebenintervenienten gegen diesen Beschluss ist nicht berechtigt.
Schon die Eigenschaft des Rekurswerbers als streitgenössischer Nebenintervenient ist zu verneinen. Sie läge gemäß § 20 ZPO nur vor, wenn das im Prozess ergehende Urteil kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auch in Bezug auf das Rechtsverhältnis des Intervenienten zum Gegner der Hauptpartei rechtlich wirksam wäre. Zum Unterschied vom einfachen Nebenintervenienten wird der streitgenössische Nebenintervenient von den Urteilswirkungen erfasst. Dies kann seine Ursache entweder in der Eigenart des streitigen Rechtsverhältnisses oder in einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift haben. Kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses wirkt das Urteil unter anderem auf alle diejenigen, die von der Rechtskraft des Urteils erfasst oder von dessen Rechtsgestaltungswirkung direkt ergriffen werden, zB für die Mutter im Ehelichkeitsbestreitungsprozess oder die Kinder im Ehenichtigkeitsprozess; kraft gesetzlicher Vorschrift wirkt das Urteil auf das Verhältnis zwischen dem Nebenintervenienten und dem Gegner der Hauptpartei in allen Fällen gesetzlicher Rechtskrafterstreckung ( Fasching , Handbuch, Rz 405 ff und Kommentar II 227 ff).
Dass das Urteil in einem Ehelichkeitsbestreitungsprozess eine derartige unmittelbare Wirkung auch auf den von der Mutter als natürlichen Vater bezeichneten und später als unehelicher Vater festgestellten Mann habe, wurde bisher nie angenommen. Wohl wird nach § 138 Abs 1 ABGB vermutet, dass ein Kind, das nach der Eheschließung und vor Ablauf des 302. Tages nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe seiner Mutter geboren wurde, ehelich ist. Diese Vermutung kann nach dem zweiten Halbsatz der Gesetzesbestimmung nur durch eine gerichtliche Entscheidung widerlegt werden, mit der festgestellt wird, dass das Kind nicht vom Ehemann der Mutter abstammt (vgl SZ 45/23). Nach § 159 Abs 1 ABGB erfolgt die Bestreitung der Ehelichkeit bei Lebzeiten des Kindes durch Erhebung der Klage. Das einer solchen Klage stattgebende Urteil hat allerdings allseitige Rechtskraftwirkung, weil es sich um ein positives Rechtsgestaltungsurteil handelt; es schneidet deshalb in einem Vaterschaftsprozess des beklagten Kindes gegen einen Dritten dessen Einwendung ab, das Kind sei doch vom Ehemann gezeugt ( Fasching , Komm III 733 f und Handbuch RZ 1528; SZ 10/84; vgl jetzt auch § 163d ABGB).
Gerade diese Wirkung gegenüber jedermann schließt aber die Zuerkennung der Eigenschaft eines streitgenössischen Nebenintervenienten an einen bestimmten Mann aus, selbst wenn er von der Mutter als natürlicher Vater bezeichnet und sodann auf Feststellung der Vaterschaft geklagt wird. Jeder Mann ist zumindest abstrakt in der gleichen Situation, wie ein solcher angeblicher Geschlechtsverkehrspartner der Ehefrau. Dessen Stellung kommt auch nicht etwa jener der Ehefrau oder der Kinder in den oben angeführten Fällen anerkannter streitgenössischer Nebenintervention zu, weil etwa die Ehefrau unmittelbar durch das einer Bestreitungsklage stattgebende Urteil in die grundsätzlich andere Position einer unehelichen Mutter gerückt wird und sie sogleich die alleinige primäre Unterhaltspflicht trifft (vgl Pichler in Rummel , ABGB, I Rz 15 zu §§ 156–159), während den Dritten das Bestreitungsurteil zunächst unmittelbar nicht trifft. Seine Stellung ist jener eines Regressverpflichteten ähnlicher, der ebenfalls nicht als streitgenössischer Nebenintervenient anerkannt wird ( Fasching , Komm II 228; JBl 1957, 594 ua).
Nach einer strengeren Rechtsansicht kommt als streitgenössischer Nebenintervenient überhaupt nur derjenige in Betracht, der selbst ein Prozessführungsrecht in der betreffenden Streitsache hat und demnach auch Partei sein könnte ( Holzhammer , ZPR 2 90, Kralik , Streitgenossen als einheitliche Streitpartei, ÖJZ 1963, 147). Diese Meinung bedarf hier keiner Erörterung. Immerhin ist aber der Rekurswerber nicht einmal der als der natürliche Vater in Anspruch genommene Mann, sondern nur dessen Vater und vermutlich auch nicht (mehr) dessen Gesamtrechtsnachfolger. Er steht also dem Streitgegenstand sogar noch ferner.
Bei dieser Rechtslage kann die umstrittene Frage unerörtert bleiben, ob ein Rechtsmittel eines streitgenössischen Nebenintervenienten durch die Hauptpartei zurückgezogen oder ob von dieser darauf wirksam verzichtet werden kann (dafür Fasching , Komm II 231 f und Handbuch Rz 410; SZ 24/341 ua; dagegen Kralik aaO 146, Holzhammer , ZPR 2 90 und Wahle , JBl 1961, 452; weitere Nachweise bei Kralik aaO FN 63 und Wahle aaO; vgl auch JB 31 neu).
Es ist auch ohne Bedeutung, dass der Kurator der klagenden Kinder den Rekurswerber als einen streitgenössischen Nebenintervenienten angesehen hat (S 36), weil über die dem öffentlichen Recht angehörige (prozessrechtliche) Frage, ob der beigetretene Nebenintervenient die Stellung eines streitgenössischen Nebenintervenienten erlangt, das Gericht entscheidet ( Kralik aaO 146).
Die zutreffende Beurteilung des Berufungsgerichts, dass einem einfachen Nebenintervenienten keine eigene Rechtsmittelfrist zukommt (JBl 1975, 485 uva) und dass die Berufung aus dieser Sicht verspätet war, wird vom Rekurswerber nicht bekämpft.
Der Ausspruch über die Kosten des somit unberechtigten Rekurses beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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