OGH 7Ob634/88

OGH7Ob634/8822.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als Richter in der Pflegschaftssache des mj. Markus S***, Schüler, geboren am 16. Februar 1970, vertreten durch die Mutter Monika Helga S***, Hausfrau, Wien 10., Scheugasse 22/10/47, diese vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses des Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 26. Mai 1988, GZ 44 R 3225/88-20, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 7. April 1988, GZ 6 P 405/87-17, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der am 16. Februar 1970 geborene Markus S***, entstammt der Ehe des Peter Franz S*** mit Monika Helga S***. Deren Ehe wurde am 15. Oktober 1987 vor dem Bezirksgericht Favoriten einvernehmlich geschieden. Die Eltern schlossen an diesem Tag einen Vergleich, in dem sich der Vater unter anderem verpflichtete, einen Unterhaltsbeitrag von monatlich S 3.000,-- für den Minderjährigen zu zahlen. Hiebei wurde von einem monatlichen Durchschnittseinkommen des Vaters von S 26.000,-- ausgegangen. Dieser Vergleich wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 18. Dezember 1987 pflegschaftsbehördlich genehmigt.

Auf Antrag der Mutter hat das Erstgericht den Vater verpflichtet, für den Minderjährigen ab 1. Jänner 1988 einen monatlichen Unterhalt von S 5.700,-- zu zahlen, wobei es von einem durchschnittlichen Monatseinkommen des Vaters von S 32.422,-- ausging.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Rekursgericht die erstgerichtliche Entscheidung aufgehoben. Es hat hiebei in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, auch ein Minderjähriger sei an einen pflegschaftsbehördlich genehmigten Vergleich seiner Eltern betreffend seinen Unterhalt insoweit gebunden, als hiedurch sein Wohl nicht gefährdet werde. Weder dieser Umstand noch die Frage, ob die Mutter bei Vergleichsabschluß die angegebene Bemessungsgrundlage tatsächlich in ihren Willens- und Vorstellungsbereich einbezogen habe, sei vom Erstgericht geklärt worden. Hätte die Mutter bei Vergleichsabschluß bewußt eine niedrigere Unterhaltsleistung als dem damaligen tatsächlichen Einkommen des Vaters entsprechend in Kauf genommen, so wäre dieser Vergleich, zumal das Kindeswohl hiedurch nicht gefährdet wurde, bindend. Demnach sei das erstgerichtliche Verfahren ergänzungsbedürftig.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Minderjährigen gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt. Entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Rechtsansicht ist auch ein Kind an eine pflegschaftsbehördlich genehmigte, im Wissen der beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse getroffenen Vereinbarung seines primär unterhaltspflichtigen Vaters mit der subsidiär unterhaltspflichtigen Mutter über dem vom Vater zu leistenden Unterhaltsbetrag solange gebunden, als dadurch sein Gesamtunterhalt nicht geschmälert wird (EFSlg. 47.661, 40.623 u.a.). Insoferne bleibt auch den Eltern hinsichtlich des Kindesunterhaltes im Rahmen der gesetzlichen Regelung des § 140 ABGB in der Frage ihrer jeweiligen Beitragsleistung eine gewissen Dispositionsfreiheit gewahrt (EFSlg. 50.415, 35.783 u.a.). Die Eltern können also eine vom § 140 ABGB abweichende Unterhaltsvereinbarung treffen. Tritt durch eine solche Vereinbarung, die zu ihrer Wirksamkeit gegenüber dem Kind der hier erfolgten pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedarf, an die Stelle der primären Unterhaltspflicht des Vaters eine bloß subsidiäre, so kann der Vater erst dann zur Unterhaltsleistung herangezogen werden, wenn die Mutter außerstande wäre, für den Unterhalt des Kindes zur Gänze selbst aufzukommen (EFSlg. 50.415, EvBl. 1973/24 u.a.). Dies gilt natürlich auch für eine Vereinbarung, mit der die Mutter eine teilweise Unterhaltsleistung für das Kind übernimmt.

Es erweist sich also die Rechtsansicht des Rekursgerichts als richtig. Ob allerdings bereits feststeht, daß durch den Vergleich das Kindeswohl nicht gefährdet wird, kann derzeit nicht beurteilt werden. Gegebenenfalls wären auch hier entsprechende Erhebungen anzustellen.

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