OGH 7Ob611/88

OGH7Ob611/8830.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Saskia B***, geboren am 19.September 1981, infolge Revisionsrekurses der Mutter Brigitte B***, kaufmännische Angestellte, Graz, Jakob-Redtenbacher-Gasse 7, vertreten durch Dr. Wilhelm Kubin, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 19.Mai 1988, GZ 2 R 219/88-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 20.April 1988, GZ 13 P 299/86-29, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Über die Rechtsmittelwerberin wird eine Mutwillensstrafe von 3.000 S verhängt.

Text

Begründung

Das Besuchsrecht des Vaters ist dahin geregelt, daß er das Kind an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat von 8 Uhr bis 18 Uhr zu sich nehmen kann (ON 14).

Auf Antrag des Vaters räumte ihm das Erstgericht ein Ferialbesuchsrecht für die Zeit vom 18.Juni bis 25.Juni 1988 ein. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs der Mutter ist unzulässig.

Voraussetzung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist auch im Außerstreitverfahren das Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses an einer Änderung oder Beseitigung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Rechtsschutzinteresse muß im Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels, aber auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein (EFSlg.52.591, 49.770 f, 47.040 u.v.a.). Im vorliegenden Fall langte der Akt beim Obersten Gerichtshof erst am 20.Juni 1988 ein. Der Zeitraum für das dem Vater eingeräumte Ferialbesuchsrecht ist bereits verstrichen. An der Überprüfung eines wegen Zeitablaufes bereits überholten Besuchsrechtes besteht kein Rechtsschutzinteresse (EFSlg.25.870; RZ 1970, 83; 6 Ob 644/78; 6 Ob 719/77).

Der Revisionsrekurs der Mutter ist daher schon mangels eines Rechtsschutzinteresses zurückzuweisen.

Gemäß § 528 Abs 4 ZPO ist gegen den Beschwerdeführer auf eine Mutwillensstrafe zu erkennen, wenn das Rekursgericht findet, daß ein gegen den Beschluß eines Gerichtes zweiter Instanz erhobener Rekurs mutwillig oder nur zur Verzögerung der Sache angebracht wurde. Das Außerstreitgesetz enthält keine gleichartige Bestimmung. Das Außerstreitgesetz beschränkt sich aber überhaupt in seinen allgemeinen Anordnungen auf wenige Bestimmungen, sodaß die auftretenden Lücken durch analoge Anwendung der Zivilverfahrensgesetze zu schließen sind (Dolinar, Österr. Außerstreitverfahrensrecht 71; JBl 1978, 102), soferne sich der Analogieschluß auf eine allgemeine Ähnlichkeit der Problematik stützen kann und nicht der besonderen Eigenart des Verfahrens widerspricht (Dolinar aaO 72). Die Ähnlichkeit des Problems der rechtsmißbräuchlichen Anfechtung von Entscheidungen im Außerstreitverfahren kann nicht zweifelhaft sein. Ein genereller Widerspruch bei Anwendung des § 528 Abs 4 ZPO im Rechtsfürsorgeverfahren ist nicht ersichtlich. Der § 528 Abs 4 ZPO ist daher auch im Außerstreitverfahren (Rechtsfürsorgeverfahren) analog anzuwenden.

Mutwillig ist die Erhebung eines Rechtsmittels dann, wenn sich eine Partei der Unrichtigkeit ihres Standpunktes bewußt ist oder bewußt sein muß und sie dennoch ein Rechtsmittel zur Erzielung eines durch die Rechtsordnung nicht gestützten Zweckes erhebt (Fasching IV 369; 7 Ob 581/80). Bei der Beurteilung dieser Frage ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die zweite Instanz schon in ihrer Rekursentscheidung vom 7.September 1987 (ON 14) eingehend die für die Regelung des Besuchsrechtes maßgeblichen Grundsätze dargelegt hat. Davon ist hervorzuheben, daß es sich bei dem Besuchsrecht nicht nur um ein Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung sondern um ein allgemein anzuerkennendes Menschenrecht handelt (EFSlg.45.716, 43.216 u.v.a.), dessen Beschränkung oder Entziehung nur aus wichtigen Gründen (Gefährdung des Kindeswohles) möglich ist (EFSlg.51.194, 43.253 u.v.a.). Die zweite Instanz hat damals auch bereits dargetan, daß in Zukunft auch ein Ferialbesuchsrecht in Betracht kommen wird. Die Mutter mußte nach Antragstellung durch den Vater auf Gewährung eines Ferialbesuchsrechtes selbst einräumen, daß sich zwischen dem Vater und der Minderjährigen eine gute und innige Beziehung entwickelt hat und der Vater die optimalen Voraussetzungen für einen Urlaubsaufenthalt der Minderjährigen schaffen wird. In ihrem Rekurs nach § 16 AußStrG behauptet die Mutter, daß ein nach dieser Bestimmung ausnahmsweise beachtlicher Verfahrensverstoß vorliege, weil das Rekursgericht die von ihr geltend gemachten Neuerungen nicht beachtet habe. In Wahrheit wurden jedoch weder in den Äußerungen der Mutter (ON 19 und ON 24) noch auch in ihrem Rekurs (ON 30) konkrete Umstände behauptet, die eine ernsthafte Gefährdung des Wohles des Kindes darstellen könnten. Es sind im gesamten Verfahren auch keine Anhaltspunkte hiefür hervorgekommen. Die Entscheidung der zweiten Instanz wurde der Mutter am 1.Juni 1988 zugestellt. Sie hat zwar ihren Rekurs bereits am 9.Juni 1988 eingebracht, es war aber klar, daß bei Berücksichtigung des Aktenlaufes und selbst bei schleuniger Entscheidung des Obersten Gerichtshofes diese Entscheidung nicht mehr so rechtzeitig erfolgen und zugestellt werden kann, daß dem Vater die Ausübung seines Ferialbesuchsrechtes vom 18. bis 25.Juni 1988 noch möglich ist. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist der Schluß gerechtfertigt, daß der Mutter die Aussichtslosigkeit ihres Revisionsrekurses bewußt war, jedenfalls aber bewußt sein mußte und die Inanspruchnahme der Anfechtungsmöglichkeit nach § 16 AußStrG nur dazu diente, das Ferialbesuchsrecht des Vaters jedenfalls zu umgehen. Dies ist hier so offensichtlich, daß eine Mutwillensstrafe von 3.000 S gerechtfertigt ist.

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