Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Berufungsurteil dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.296,20 (darin S 2.882,70 USt.) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 70.806,-- (darin S 3.801,-- USt. und S 48.000,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei erstellte zugunsten der Klägerin am 16.10.1990 folgende Bankgarantie:
"Garantie Nr.976.890.
Wir hören von unserem Kunden, der Firma B***** Handels-GesmbH, Wien, Österreich, daß er von Ihnen bereits mit Laserdruckern und Notebooks beliefert wurde und von Ihnen laufend bis 15.Jänner 1991 mit weiteren Laserdruckern und Notebooks beliefert wird. Die Zahlungsbedingungen sehen vor, daß unser Kunde den Fakturenwert der einzelnen Lieferungen jeweils innerhalb von 60 Tagen ab Fakturendatum an Sie zu bezahlen hat, wobei diese Zahlungsmodalität durch eine Bankgarantie zu besichern ist.
Auftrags unseres genannten Kunden verpflichten wir uns hiemit unwiderruflich ... Ihnen auf Ihre erste schriftliche Aufforderung ... ohne Prüfung des Rechtsverhältnisses zwischen Ihnen und unserem Kunden jeden Betrag bis zu
USD 100.000,-- (US-Dollar einhunderttausend)
zu überweisen, falls unser Kunde nicht an Hand der einschlägigen Bankabrechnung nachweisen könnte, daß er den Fakturenwert der einzelnen Lieferungen bereits an Sie überwiesen hat.
Unsere Garantie deckt Lieferungen, die bereits an unseren Kunden erfolgt sind sowie jene Lieferungen, welche spätestens bis 15.Jänner 1991 an unseren Kunden getätigt werden (wobei das Ausstellungsdatum des Versanddokumentes als Versanddatum gilt ...).
Ansprüche aufgrund dieser Garantie können jeweils nicht vor dem 61. Tag ab Fakturendatum an uns gestellt werden, und unsere Garantie erlischt endgültig am 31.März 1991 12 Uhr Wiener Zeit, bis zu welchem Zeitpunkt Ihre eventuellen Ansprüche bei uns eintreffen müssen, um anerkannt zu werden....
Im Falle einer Inanspruchnahme ist uns eine Kopie der unbezahlt gebliebenen Faktura sowie eine Kopie des bezüglichen Versanddokumentes unter Hinweis auf unsere Garantie Nr.976.890 einzusenden...
Diese Garantie unterliegt österreichischem Recht..."
Zur Garantieausstellung war es ohne vorhergehende Verhandlungen zwischen den Streitteilen im Korrespondenzweg gekommen. Die Garantie wurde in der Folge unverändert bis 15.7.1993 bzw 30.9.1993 12 Uhr Wiener Zeit verlängert.
Die B***** Handelsgesellschaft bezog aufgrund ihrer Bestellungen, die alle vor dem "Ausstellungsdatum" (richtig wohl Ablaufdatum) der gegenständlichen Bankgarantie lagen, Waren der in der Garantie genannten Art, wobei die bestellten Waren sowohl mit Artikelnummer als auch Artikelbezeichnungen wie Travelmate, Mikrolaser und anderen Bezeichnungen spezifiziert wurden. Die Klägerin übermittelte der B***** Handelsgesellschaft mbH darüber von ihr ausgestellte Lieferscheine und Rechnungen, in denen die Bestellnummer der B***** Handelsgesellschaft mbH und eine eigene Auftragsnummer ebenso angeführt wurden, wie die Artikelnummern und Artikelbezeichnungen der Waren entsprechend der Bestellung. Die Lieferung der Waren wurde im "offensichtlichen" Auftrag der Klägerin von einer Konzernfirma der Klägerin, der T***** Holland B.V., als Absenderin durch das Wiener Speditionsunternehmen H***** Speditions KG durchgeführt. Auch am Lieferschein wurde die oben erwähnte Auftragsnummer der Klägerin angeführt. Die Waren wurden dabei lediglich nach Verpackungseinheiten und Gewicht, sowie allgemein mit Computermaterial bezeichnet. Die B***** Handels-GesmbH hat auf allen vorgelegten Lieferscheinen bestätigt, daß sie die Waren vollständig und unbeschädigt übernommen hat. Die Fakturen der Klägerin über diese Warenlieferungen sind in österreichischen Schillingen ausgestellt. Die Summe der Rechnungen über die im Geltungszeitraum der gegenständlichen Bankgarantie ausgelieferten Waren übersteigt den Gegenwert des Klagsbetrages bei weitem.
Die Klägerin rief mit ihrem Schreiben vom 14.12.1992 innerhalb der verlängerten Frist der Geltungsdauer der Bankgarantie den gesamten garantierten Betrag ab. Die Beklagte hat nach längerer Korrespondenz (dreimaliger Schriftwechsel) die Bezahlung mit der Begründung abgelehnt, daß der Bezug der laut Garantie zu liefernden Waren in den übermittelten Dokumenten fehle, daß die Lieferscheine nicht die Klägerin, sondern die T***** Holland B.V. als Absender der Ware ausweisen und daß die Fakturen in österreichischen Schillingen ausgestellt seien. Über das Vermögen der B***** Handels-GesmbH wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 3.12.1992 der Konkurs eröffnet.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bezahlung des Gegenwertes von US-$ 100.000,-- umgerechnet zum Devisenkurs/Geld am Tag der Klagsüberreichung und brachte vor, sie habe der B***** Handels-GesmbH im Rahmen einer Geschäftsverbindung vor allem Laserdrucker und Notebooks geliefert, die unbezahlt geblieben seien. Die mit der B***** Handels-GesmbH vereinbarte und von der Beklagten zugesagte Bankgarantie sei jedoch trotz fristgerechter Geltendmachung unter Übermittlung aller vereinbarten Urkunden nicht eingelöst worden.
Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung und wendete im wesentlichen ein, die dem Klagebegehren zugrundeliegende Bankgarantie sei als dokumentäre anzusehen. Nach deren Inhalt hätte der Beklagten "eine Kopie der unbezahlt gebliebenen Faktura sowie eine Kopie des bezüglichen Versanddokumentes" unter Hinweis auf die Garantienummer
976.890 vorgelegt werden müssen. Entgegen der Garantiebedingung sei nicht in US $, sondern in österreichischen Schillingen fakturiert worden. Aus der Präambel der Garantie ergebe sich, daß sich diese (nur) auf die Lieferung von "Laserdruckern und Notebooks" durch die Klägerin an die B***** Handels-GesmbH bezogen habe. Diese Begriffe seien dem Versanddokument nicht zu entnehmen. Der Garantiebrief habe - ausgehend vom einzuhaltenden Grundsatz formaler Dokumentenstrenge - nicht den Garantiebedingungen entsprochen und sei daher nicht wirksam gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. In der Garantie würden nicht nur der Geschäftszweck - Finanzierung bzw Sicherung der innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführenden Lieferung von Laserdruckern und Notebooks -, sondern auch "zahlungsauslösende Dokumente", die bei Inanspruchnahme der Garantie von der Klägerin vorzulegen seien, genannt. Es liege daher eine dokumentäre Bankgarantie vor. Der Begriff "Versanddokumente" werde jedoch in der Garantie nicht näher bestimmt. Die vorgelegten Lieferscheine der H***** Speditions KG samt den jeweiligen Übernahmsbestätigungen der B***** Handels-GesmbH müßten daher als garantiekonform angesehen werden. Auch unter Beachtung der gebotenen Dokumentenstrenge sei somit kein Grund zur Verweigerung der Leistung der Garantie gegeben. Auch aus den übrigen vorzulegenden Dokumenten sei nur "in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise" für die Beklagte nachvollziehbar zu machen, daß die "tatsächlich auftrags der Klägerin an die B***** Handels-GesmbH gelieferten Waren solche" der in der Garantie genannten Art seien und außerdem auch Identität zwischen den bereits vor Garantieerstellung von der B***** Handels-GesmbH bestellten und den schließlich gelieferten Waren bestehe. Auf eine wörtliche Übereinstimmung der Artikelbezeichnungen in den Bestellungen und Lieferdokumenten einerseits und in der Garantie andererseits könne es nach den im Geschäftsverkehr zu beachtenden Grundsätzen von Treu und Glauben nicht ankommen. Die Gefahr einer mißbräuchlichen Ausnützung der Bankgarantie könne nämlich aufgrund der vorgelegten Dokumente ausgeschlossen werden. Dem Garantietext könne auch kein Hinweis darauf entnommen werden, daß die Fakturen der Klägerin an die B***** Handels-GesmbH auf US-$ lauten müßten.
Das Berufungsgericht wies die Klage ab. Es erklärte die Revision für zulässig. Auch die Inanspruchnahme einer Garantie "auf erste Aufforderung" könne durchaus mit der Vorlage bestimmter Dokumente verbunden werden, um dadurch die Gefahr des Mißbrauches einzuschränken. Das Garantieversprechen bleibe dennoch abstrakt, weil das Rechtsverhältnis zwischen dem Begünstigten und dem Garantiebesteller bei Prüfung der Zahlungsverpflichtung durch den Garanten nicht überprüft werden dürfe. Allerdings seien die vorzulegenden Dokumente geradezu pedantisch auf die Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen vom Garanten zu prüfen. So habe die Bezeichnung der Ware in der Faktura mit der Warenbeschreibung in der Garantie wörtlich übereinzustimmen. Die nach den von der Klägerin vorgelegten Dokumenten der Garantiebestellerin gelieferten "Mikrolaser und Travelmates" entsprächen nicht den laut Garantietext allein besicherten "Laserdruckern und Notebooks". Darüber hinaus wiesen die Lieferscheine - soferne man sie als garantiegemäße Versanddokumente werte - nicht die Klägerin, sondern die "T***** Holland B.V." als Absender aus. Auch wenn diese Firma dem gleichen Konzern wie die Klägerin angehören möge, handle es sich dabei um eine selbständige andere Rechtsperson. Die bloße Erklärung der Klägerin, dieses Unternehmen habe nur in ihrem Auftrag gehandelt und die in den Lieferscheinen erwähnten Waren seien jene, auf die sich Faktura und Bankgarantie bezöge, genüge ebensowenig wie der Hinweis auf die Anführung der Artikelbestellnummer der Klägerin auf den Lieferscheinen der T***** Holland B.V. Letztlich habe die Klägerin abweichend von der Forderung in der Garantie nicht in US-$, sondern in österreichischen Schillingen fakturiert. Ein Vermerk, daß der zur Zeit der Garantieerstellung geltende Gegenwert in US-$ maßgebend sein solle, genüge nicht. Dementsprechend sei auch nicht der am Fälligkeitstag geltend gemachte Umrechnungskurs maßgebend. Damit fehle es aber an einem klaren und keine weitere Nachforschungen notwendig machenden Zusammenhang zwischen jenen Dokumenten, welche von der Klägerin dem von ihr angesprochenen Garantieabruf zugrundegelegt wurden. Für die Beklagte sei daher "im Zeitpunkt der Dokumentenprüfung" nicht zuverlässig ausschließbar gewesen, daß eine Honorierung der abgerufenen Bankgarantie weder für sie noch für ihren Auftraggeber auch nur die abstrakte Gefahr von Nachteilen hervorrufen würde. Die Beklagte sei auch nicht zu einer Rückfrage bei ihrem Auftraggeber darüber, ob dieser die Abweichungen von der Garantievoraussetzung als unerheblich anerkenne, verpflichtet gewesen. Außerdem habe die Klägerin nie die Verletzung einer solchen Verpflichtung durch die Beklagte behauptet.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision der Klägerin ist berechtigt.
Die im österreichischen Recht nicht ausdrücklich geregelte Bankgarantie ist ein Sonderfall des allgemeinen Garantievertrages. Sie ist ein einseitig verpflichtender Schuldvertrag, der in der Regel der Sicherung der Leistung eines Dritten, meistens Bankkunden, an den aus diesem Vertrag begünstigten Gläubiger in der Weise dienen soll, daß letzterem durch die Bank gewährleistet wird, daß er die Leistung oder sein vertraglich festgesetztes geldliches Interesse an ihr in jedem Fall erhält, also auch dann, wenn der Dritte die Leistung vertragswidrig unterläßt oder die Verbindlichkeit des Hauptschuldners nicht zum Entstehen kommt oder später wegfällt. Mit der Bankgarantie werden dem Anspruchsberechtigten demnach selbständige Rechte zuerkannt. Die Bankgarantie ist im Gegensatz zur Bürgschaft nicht akzessorisch; die Garantiebank kann deshalb gewöhnlich dem Begünstigten Einwendungen oder Einreden weder aus dem Grundgeschäft noch aus dem Rechtsverhältnis zum Garantieauftraggeber entgegensetzen (vgl HS 12.495 mwN). In den Garantieverträgen wird regelmäßig die Einhaltung einer bestimmten Form für ihre Inanspruchnahme vorgesehen. Aus § 884 ABGB ergibt sich, daß in diesem Fall die Einhaltung der Form Gültigkeitsvoraussetzung ist. Wird die vereinbarte Form der Inanspruchnahme nicht eingehalten, so ist daher grundsätzlich die Garantie nicht ordnungsgemäß in Anspruch genommen worden. Es ist jedoch allgemein anerkannt, daß bei rechtsgeschäftlich vereinbarten Formerfordernissen der Zweck der Vereinbarung zu ermitteln, also die Formklausel nach § 914 ABGB auszulegen ist. Eine Inanspruchnahmeerklärung kann daher wirksam sein, obwohl die vereinbarte Form nicht eingehalten wurde, wenn dies mit dem Zweck der Formabrede vereinbar ist (vgl. Avancini-Iro-Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht Rz 3/85 mwN). Die mit der Abstraktheit der Garantie verbundene Gefährlichkeit wird häufig von den Banken dadurch zu mindern versucht, daß dem Begünstigten bei ihrer Inanspruchnahme die Vorlage bestimmter Dokumente im Garantiewortlaut auferlegt wird (dokumentäre oder bedingte Garantie, vgl. Avancini-Iro-Koziol aaO Rz 3/83 f, Canaris, Bankvertragsrecht3 Rz 1132, Müller, Die Bankgarantie im internationalen Wirtschaftsverkehr, 23 sowie Eisemann- Schütze,
Das Dokumentenakkreditiv im internationalen Handelsverkehr3 121 ff). Sofern die Garantiezahlung gegen Vorlage bestimmter Dokumente erfolgen muß, hat die Bank nach einer Prüfung auf ihre formale Richtigkeit nur diese zu akzeptieren. Der Zweck der Garantie, daß der Begünstigte rasch und ohne Erledigung von Streitigkeiten den Garantiebetrag ausbezahlt erhält, wird jedoch vereitelt, wenn ohne nähere Umschreibung der zu erbringenden Nachweise das Vorliegen bestimmter Umstände verlangt würde: Es wären Streitigkeiten darüber, ob ausreichende Anhaltspunkte bestehen oder gar Nachweise erbracht wurden oder nicht, umvermeidlich. Deshalb sollen nach der Lehre - so wie beim Akkreditiv - formalisierte Nachweise, insbesondere genau umschriebene Dokumente, vorgesehen werden; der Garant kann dann ohne schwierige Beweiswürdigung die formelle Übereinstimmung der vorgelegten Urkunden mit den in der Garantie umschriebenen Dokumenten prüfen. Wegen der Gleichheit der Interessenlage haben nach der Lehre bei der Garantie dieselben Grundsätze wie beim Akkreditiv zu gelten (vgl Avancini-Iro-Koziol aaO Rz 3/83). Erfolgt eine entsprechende Spezifizierung der vorzulegenden Urkunden nicht im Garantietext, so ist im Auslegungsweg zu ermitteln, welchen Dokumenten dieses Gültigkeitserfordernis zukommt. Bei der Auslegung ist von zwei Kriterien auszugehen: Da die Bankgarantie gerade wegen der Strenge und Sicherheit der Haftung vereinbart wird, muß bei der Auslegung der sie betreffenden Erklärung gelten, daß die Parteien nicht die für den Verpflichteten leichtere, sondern die für ihn schwerere Form gewählt haben (vgl. SZ 50/32; SZ 61/79; ÖBA 1989, 815 mit Anmerkung von Rummel); andererseits sind die Bankgarantie und die in ihr enthaltenen Klauseln und Bedingungen in Entsprechung der Grundsätze der formalen Auftragsstrenge und der - auch als Auslegungsmaxime fungierenden - Garantiestrenge ihrem Wortsinn gemäß so auszulegen, daß der Garant den Eintritt des Garantiefalls voll nachzuprüfen und der Begünstigte ihn voll zu beweisen hat. Deshalb muß die Garantiebank vom Begünstigten die genaue Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen in der Weise und mit dem Inhalt verlangen, wie die Garantieurkunde dies vorschreibt (vgl ÖBA 1993/419). Unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten versagen jedoch die von der beklagten Partei gegen die Inanspruchnahme der Garantie durch die klagende Partei ins Treffen geführten Gründe. Die analoge Heranziehung der Regeln über die formgerechte Vorlage von Dokumenten und die Prüfung ihres Inhaltes für das Dokumentenakkreditiv ist vom Zweck der Besicherung her bei Bankgarantien geboten, die wegen des vergleichbaren Geschäftsinhaltes eine einmalige, also spezielle, Lieferung besichern. Eine solche Analogie kann aber am mit dem Geschäftszweck verbundenen Sinn der Besicherung vorbeigehen, wenn mit der Bankgarantie die Sicherung einer erkennbar durch Jahre hindurch bestehenden Geschäftsbedingung zugesagt wird. Die von Lehre und Rechtsprechung (vgl. zusammenfassend ÖBA 1993/419 mwN) geforderte pedantische Dokumentenüberprüfung im aufgezeigten Sinn ist dann unter einem anderen, großzügigeren Gesichtspunkte zu beurteilen, weil sich die Prüfung nicht allein auf den in der Einleitung beschriebenen, die Veranlassung der Garantie wiedergebenden Zweck zu orientieren hat, sondern auch auf die Umstände des Vertragsschlusses zurückgreifen muß (vgl. Kleiner, Bankgarantie4 Rz 17.05, vgl. auch Koziol, ÖBA 1988, 715 f, und Rummel, ÖBA 1989, 816 ff). Mangels erkennbarer Spezialnormen sind auch Garantieerklärungen samt allfälligen darin enthaltenen Bedingungen nach allgemeinen Regeln auszulegen. Das Recht auf "präzise, ja nachgerade pedantisch genaue Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen" gilt daher auch nur im Zweifel; wobei man zugestehen kann, daß die Gründe für eine gegenteilige Interpretation sehr "handfest", aus den Umständen des Einzelfalls sehr gut abgesichert sein müssen (Rummel aaO). Auch Garantieverträge sind Rechtsgeschäfte, die gemäß den §§ 914, 915 ABGB auszulegen sind. Dem steht der Grundsatz der formellen Garantiestrenge nicht entgegen, weil dieser kein Selbstzweck ist, sondern nur soweit trägt, als dies dem Willen der Vertragsparteien entspricht (Koziol aaO). Eine solche Betrachtungsweise steht nicht im Widerspruch zur strengeren Lehre (vgl. Canaris aaO Rz 1109 arg.: grundsätzlich). Es widerspräche der Lebenserfahrung, daß bei dreijähriger Lieferzeit auf einem sich stark entwickelnden Markt nicht Verbesserungen und durch Spezifizierungen bedingte Änderungen von gewissen Typenbezeichnungen keinen Niederschlag fänden. Dazu kommt, daß es sich bei Laserdruckern und Notebooks von vornherein um überordnende Gattungsbegriffe handelt, die sich in einer Vielfalt einzelner Typen widerspiegeln. Es entspricht auch der Gerichtserfahrung, daß die Begriffe "Travelmate" und "Mikrolaser" nur spezielle Typen dieser Gattungsbegriffe darstellen und daß sich im allgemeinen Sprachgebrauch diese Assoziation ebenso durchgesetzt hat, wie man unter einem PKW auch die einzelnen am Markt angebotenen Typen der einzelnen Firmen darunter versteht. Es kann somit keineswegs gesagt werden, daß die Auslegung dieser Begriffe komplizierter fachtechnischer Kenntnisse bedarf (vgl. Nielsen, Grundlagen des Akkreditivgeschäfts2, 135).
Richtig ist, daß in der Lehre, sofern die Vorlage einer Faktura gefordert wird, die Fakturierung in der Währung verlangt wird, die dem garantierten Betrag entspricht (vgl. Zahn-Eberding-Ehrlich, Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel6 Rz 2/114 und 230). Auch hier gilt das zuvor Gesagte. Sinn dieser Forderung ist, der Bank bei Vorlage eines Dokumentenakkreditivs die mit der Umrechnung sich ergebenden Auslegungsdifferenzen zu ersparen. Dieser auf eine einzelne Warenlieferung abstellende Schutzzweck kommt im vorliegenden Fall aber nicht zum Tragen, weil eine weit über dem Garantiebetrag liegende Fakturenforderung in österreichischen Schillingen begehrt wird (vgl auch hiezu Zahn und andere aaO, Rz 2/114). Überdies ergibt sich aus dem Garantietext, daß für laufende offene Fakturenbeträge garantiert wird, sohin nicht die Einhaltung einer möglicherweise strittigen Obergrenze Sinn der Vereinbarung war, sondern ein Mindestbetrag von einer weit umfangreicheren Geschäftsbeziehung besichert werden sollte. Umrechnungsprobleme konnten daher dabei nicht auftauchen.
Die beklagte Partei hat es unterlassen, den Begriff "Versanddokumente" im Text ihres Garantieschreibens entsprechend näher zu beschreiben. Dem Gesetz sind inhaltliche Umschreibungen des Inhalts solcher Dokumente lediglich beim (nicht mehr gebräuchlichen) Ladeschein, dem Konnossement, dem Frachtbrief und im entfernteren Ausmaß dem Versicherungsnachweis für das Ladegut zu entnehmen. Alle anderen im Handelsverkehr gebräuchlichen Schriftstücke sind zwar handelsüblich, aber nur teilweise durch die ERA inhaltlich umschrieben, sohin eine Dokumentation, die nach österreichischem Recht noch nicht die Qualifikation eines Handelsbrauches erhalten hat. Danach ist ein Lieferschein zwar kein Versanddokument, wird aber dann von der Bank im Rahmen der Präsentation eines Dokumentenakkreditivs akzeptiert, wenn der Sinn, der mit dem Sicherungszweck verbunden ist, in diesem Dokument seinen Niederschlag findet (vgl. Zahn-Eberding-Ehrlich aaO 2/219). Im vorliegenden Fall kann dem Wortlaut der Garantieerklärung nur entnommen werden, daß die beklagte Partei damit sichergestellt wissen will, daß die fakturierte Ware auch beim Garantieauftraggeber vollständig eingelangt ist. Diese Funktion erfüllt aber der von der Garantieauftraggeberin mit dem Hinweis unterschriebene Lieferschein, die Ware ordnungsgemäß und vollständig erhalten zu haben.
Die Überlegungen des Berufungsgerichtes zur selbständigen Rechtspersönlichkeit der klagenden Partei gegenüber ihrer Konzernschwesterfirma in Holland treffen grundsätzlich zu, jedoch ist im vorliegenden Fall auf den von der klagenden Partei vorgelegten Urkunden ein Zusammenhalt zwischen den Fakturen der Klägerin und dem von T***** Holland ausgestellten Lieferschein zweifelsfrei erkennbar. Auf den vorgelegten Fakturen finden sich "paketlist numbers", die mit jenen auf dem Lieferschein von T***** Holland B.V. übereinstimmen. Somit ist anhand dieser Zahlen in den vorgelegten Dokumenten sehr wohl zu eruieren, daß die von der Garantieauftraggeberin in Empfang genommenen Waren jenen, die auf der Faktura festgehalten sind, entsprechen und T***** Holland B.V. daher offensichtlich im Auftrag der Klägerin diese Gegenstände versandt hat. Damit ist aber der der beklagten Partei grundsätzlich zuzubilligende Zweifel, daß die gelieferte Ware wirklich von der Klägerin herrührt und diese und nicht eine andere Konzernfirma zur Geltendmachung der Fakturensumme berechtigt ist, bereinigt.
Aus all diesen Gründen erweisen sich die Einwände der beklagten Partei gegen die Geltendmachung der von ihr erteilten Garantie als unberechtigt. Es war daher der Revision der klagenden Partei Folge zu geben und das Ersturteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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