OGH 7Ob600/95

OGH7Ob600/9530.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef B*****, vertreten durch Dr.Gerald Hauska und Dr.Herbert Matzunski, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Edmund G*****, vertreten durch Dr.Paul Grossmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 100.000 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 27.Juli 1995, GZ 2 R 166/95-14, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 23.März 1995, GZ 5 Cg 249/94k-9, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Unbestritten blieb, daß der Beklagte und Günther B*****, ein Sohn des Klägers, sowie deren Ehegattinnen Gesellschafter der Firma S***** Autozubehör Handelsgesellschaft m.b.H. & Co KG (im folgenden kurz: Firma S*****) waren, an welche die Österreichische Länderbank (nunmehr: Bank Austria AG) 1988 einen Barkredit in der Höhe von 2,000.000 S mit einer Laufzeit bis 31.3.1989 (später verlängert bis 31.5.1990) gewährte. Zur Besicherung desselben räumten der Kläger und seine Ehegattin Marianne B***** auf der je zur Hälfte in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft EZ ***** GB H***** eine Hypothek bis zum Höchstbetrag von S 1 Mio ein. Überdies übernahm die Firma S***** durch Unterfertigung eines Blankoakzeptes die Haftung zur Deckung aller der Kreditgeberin zustehenden bzw in Hinkunft erwachsenden wie immer gearteten Forderungen und Ansprüche, wobei vereinbarungsgemäß Günther B***** und der Beklagte dieses Blankoakzept privat mitunterfertigten. Am 10.5.1991 wurde über das Vermögen der Firma S***** das Konkursverfahren eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte als Gesellschafter bereits ausgeschieden. Seit 2.8.1991 bis einschließlich Feber 1995 wurden auf den Kredit - außer eine vom Beklagten auf Grund der von ihm übernommenen Wechselbürgschaft geleisteten Zahlung von S 600.000,- - auf Grund der vom Kläger und seiner Gattin übernommenen Sachhaftung (es steht allerdings nicht fest, ob vom Kläger oder seiner Gattin allein oder von beiden anteilsweise) insgesamt S 427.285,24 zurückbezahlt.

Darüber hinaus hat das Erstgericht noch folgenden Sachverhalt festgestellt: Um die Zwangsversteigerung ihrer verpfändeten Liegenschaft zu verhindern, trafen der Kläger und seine Frau im Juli 1991 mit der Bank Austria AG eine Abstattungsvereinbarung über S 1 Mio mit einem Rückzahlungsbeginn ab 5.8.1991 und einer Laufzeit von 20 Jahren, wodurch allerdings ihre Sachhaftung unberührt blieb. Banktechnisch erfolgte allerdings keine Darlehensgewährung an den Kläger und seine Frau, da hiedurch diverse Gebühren angefallen wären, die der Kläger jedoch vermeiden wollte. Die Löschung der Hypothek im Grundbuch hat erst bei gänzlicher Erfüllung der Abstattungsvereinbarung zu erfolgen. Zur leichteren Administrierbarkeit bzw Überschaubarkeit wurde über Wunsch des Klägers überdies der per Mai 1994 aushaftende Betrag von S 922.562,80 auf ein Unterkonto der Firma S***** umgebucht, wodurch der Kläger einen besseren Zinssatz und eine Verkürzung der Laufzeit erreichte.

Bereits am 7.12.1992 hatte der Beklagte S 600.000 einbezahlt und war hierauf von der Bank Austria AG mit Schreiben vom 17.12.1992 aus seiner wechselmäßigen Haftung entlassen worden.

Daß der ursprüngliche Kreditvertrag (abgesehen von seiner Verlängerung) jemals abgeändert worden ist, war nicht feststellbar.

Am 8.4.1994 trat die Ehegattin des Klägers diesem ihre Regreßforderung gegenüber dem Beklagten in einer Höhe von S 125.000 ab.

Mit der am 9.8.1994 überreichten Klage begehrte der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 100.000,- samt 10 % Zinsen seit 16.5.1994 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen mit der Begründung, daß der Beklagte als Mitbürge gemäß § 1359 ABGB iVm § 896 ABGB ihm und seiner Ehegattin als den Pfandbestellern ausgleichspflichtig sei, und zwar mit je S 125.000, zusammen S 250.000,-. Aus prozeßökonomischen Gründen werde allerdings derzeit bloß ein Teilbetrag von S 100.000 geltend gemacht. Die Abstattungsvereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Gattin und der Bank Austria AG sei rechtlich als Krediteinräumung zu werten, wodurch sich die seinerzeitige Realhaftung durch die auf ihrer Liegenschaft eingeräumte Hypothek in eine Personalhaftung noviert habe; aufgrund der auf das neue Kreditkonto der Hauptschuldnerin geleisteten Zahlungen hätten sie ihrerseits einen Regreßanspruch gegen den Beklagten in der angeführten Höhe erworben.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung. Er bestritt das Bestehen eines Regreßanspruches des Klägers, weil er zum einen seiner Zahlungspflicht als Bürge im Umfang eines wesentlich höheren Betrages von S 600.000 nachgekommen sei und ein allfälliger Regreßanspruch auch nicht gegen ihn, sondern nur gegen die Kreditnehmerin Firma S***** bestehen könne. Er habe jene Million, zu deren Besicherung der Kläger und seine Ehegattin die Sachhaftung übernommen hätten, zu keinem Zeitpunkt mitverbürgt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach dem maßgeblichen (und laut Negativfeststellung, welche zu Lasten des Beklagten gehe, bis auf seine Laufzeit unverändert gebliebenen) Kreditvertrag vom 25.3.1988 liege hinsichtlich des Betrages von S 1 Mio Sachhaftung des Klägers und seiner Frau sowie andererseits persönliche Haftung des Beklagten und des Günther B***** vor, sodaß jeder von ihnen zu einem Viertel, d.s. S 250.000, (im Innenverhältnis) hafte. Da Marianne B***** ihre Forderung an den Kläger abgetreten habe, stehe diesem ein Regreßrecht gegenüber dem Beklagten zu, soferne er mehr als S 500.000 auf die besicherte Schuld zurückgezahlt habe. Dies stehe aber nicht fest, weil bis einschließlich Feber 1995 auf den besicherten Kredit nur S 427.285,24 zurückbezahlt seien. Ob die mit dem Kläger späterhin getroffene Abstattungsvereinbarung als Darlehensgewährung (mit der die seinerzeitige Real- in eine Personalhaftung der Ehegatten B***** sen. noviert worden sei) zu qualifizieren sei, könne dahingestellt bleiben, weil die alte Verbindlichkeit (also die Sachhaftung) nicht aufgehoben worden und allein deshalb keine Novation eingetreten sei (§ 1377 ABGB).

Das Berufungsgericht hob mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht auf. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Wenngleich in § 1359 ABGB nur von der Bürgschaft mehrerer Personen sowie dem Recht des Rückersatzes gegen die übrigen im Falle der Abtragung der ganzen Schuld durch einen von ihnen die Rede sei, werde doch diese Bestimmung nach nunmehr herrschender Auffassung auch auf Rückersatzansprüche zwischen anderen Sicherungsgebern, insbesondere wie hier einem Pfandbesteller einerseits und einem Bürgen andererseits, sowie weiters dahingehend ausdehnend ausgelegt, daß der Mitbürge (oder Mitpfandbesteller) schon regreßberechtigt sei, wenn er mehr als den im Innenverhältnis endgültig auf ihn entfallenden Teil bezahlt habe. Der Wert des vom Kläger und seiner Gattin gegebenen Pfandes habe den Wert der Hauptschuld von vornherein nur zur Hälfte abgedeckt, die vom Beklagten und vom Sohn des Klägers gegebene Bürgschaft hingegen deren Gesamtwert. Der Beklagte könne daher jedenfalls nur insoweit dem Kläger im Innenverhältnis ausgleichspflichtig sein, als die gemeinsame Solidarverpflichtung nach der vertraglichen Vereinbarung gegenüber der Gläubigerbank reiche, sei doch dieses Ausmaß der Beteiligung der Mitschuldner jenes "besondere Verhältnis", welches auch § 896 ABGB für den Umfang des Rückersatzes mehrerer Mitschuldner zur ungeteilten Hand verlange, solle nicht die Aufteilung der Regreßforderung zu gleichen Teilen eintreten. § 1359 ABGB sei hiebei nur ein besonderer Anwendungsfall des § 896 ABGB. Der "nämliche" Betrag im Sinne des § 1359 erster Satz ABGB, für den vier Teilsicherheiten mit Solidarhaftung geleistet worden seien, betrage die Hälfte der gesamten Kreditverbindlichkeit, sohin 1,000.000 S, nämlich jenen Betrag, für den der Kläger und seine Gattin die zusätzliche Pfandsicherheit gegeben hätten. Für den darüber hinausgehenden Rest hätten der Beklagte und der Sohn des Klägers allein einzustehen. Daß der Beklagte zwischenzeitig von der Gläubigerbank aus seiner Haftung entlassen worden sei, sei nicht weiter von Relevanz. Bezüglich der Rückzahlung von S 427.285,24 auf den gesamtschuldnerisch besicherten Teil der Hauptschuld von 1,000.000 S stehe aber nicht fest, ob der Kläger allein, seine Gattin allein, oder beide anteilig diese Zahlung geleistet hätten. Es sei fraglich, ob die Abtretungserklärung der Gattin des Klägers zu dessen Gunsten überhaupt wirksam geworden sei. Die Berufungsbehauptung, daß alle Zahlungen vom Kläger allein getätigt worden seien, stehe mit den Klagsbehauptungen, daß er und seine Gattin zur Vermeidung der Zwangsversteigerung Zahlungen (allerdings ohne zu behaupten, in welchem Verhältnis zueinander) leisten mußten, im Widerspruch. All dies werde im fortzusetzenden Verfahren mit dem Kläger zu erörtern und feststellungsmäßig zu präzisieren sein. Für die Berechnung des klägerischen Regreßanspruches sei daher der Anteil der Gattin des Klägers an den geleisteten S 427.285,24 festzustellen. Das Erstgericht sei bei seiner Entscheidung irrtümlich davon ausgegangen, daß die Gattin des Klägers ihren gesamten rechnerisch ermittelten Solidaranteil von S 250.000 an den Kläger abgetreten habe. Tatsächlich sei eine solche Abtretung (nach dem Inhalt der Beilage ./F) jedoch bloß im Betrag von höchstens S 125.000 erfolgt, so daß die vom Erstgericht hieraus gezogene Schlußfolgerung, das Gesamtregreßrecht des Klägers betrage S 500.000, welcher Betrag jedoch durch die bisher geleisteten Gesamtzahlungen von S 427.285,24 (noch) nicht erreicht worden sei, hiemit - gleichfalls - im Widerspruch stehe. In der Folge nahm das Berufungsgericht je nach fiktiven Zahlungsanteilen des Klägers bzw solchen seiner Gattin vier Variationen über die Regreßberechtigung des Klägers gegenüber dem Beklagten vor.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung vom Kläger erhobene Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Den grundsätzlichen Ausführungen des Berufungsgerichtes über die Regreßberechtigung des Teilsicherheit leistenden Klägers und seiner Gattin, den dafür herangezogenen Lehrmeinungen (Gamerith in Rummel ABGB2 Rz 3 und 7a zu § 1359 und Rz 3 zu § 896 mwN, Hoyer, Der Rückgriff zwischen Bürgen und Pfandbestellern, JBl 1987, 764 ff, Reidinger, Die Berechnung des internen Ausgleiches zwischen zwei Bestellern von Teilsicherheiten, JBl 1990, 73 ff) und der Rechtsprechung (SZ 57/114, ZVR 1963/16 sowie SZ 60/266) ist beizupflichten (§ 510 Abs 3 ZPO). Da, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, nicht festgestellt wurde, welchen Betrag der Kläger und welchen seine Gattin zurückgezahlt hat und auch der weitere Hinweis in der angefochtenen Entscheidung zutrifft, daß dem Kläger von seiner Gattin entgegen den Ausführungen des Erstgerichtes in seiner rechtlichen Beurteilung ein Betrag von "höchstens S 125.000,-" zediert wurde, erfolgte die Aufhebung des Ersturteils zu Recht, da die Entscheidung, wie den vom Berufungsgericht dargestellten Varianten zu entnehmen ist, wesentlich davon beeinflußt wird, welche Rückzahlungen der Kläger und welche seine Gattin geleistet hat und welche Regreßforderungen dem Kläger von seiner Gattin zediert wurden. Allerdings ist der zweiten Instanz, wie der Rekurswerber richtig geltend macht, bei eben diesen Berechnungen ein Fehler insofern unterlaufen, als der Kläger gegen jede der drei mithaftenden Personen einen Rückgriffsanspruch von je einem Drittel des von ihm mehr als einem Viertel entsprechenden Rückzahlungsanteils besitzt, nicht nur von einem Viertel. Eine Viertelung des Rückgriffsanspruches würde zu einer anteiligen Belastung seiner über die ihn treffende Quote hinausgehenden Zahlungen führen.

Die vom Rekurswerber in seinem Rechtsmittel angestrebte Beurteilung seiner nunmehrigen Verbindlichkeit gegenüber der Gläubigerbank als Novation von einer ursprünglich reinen Sachhaftung zu einer völlig neuen Personalhaftung und der daraus gezogene Schluß, daß der Kläger und seine Gattin mit dieser "Umschuldung" zunächst gegenüber der Gläubigerbank die besicherte Kreditverbindlichkeit zur Gänze getilgt haben und nunmehr eine neue, ihnen gewährte, (wenn auch) mit der ursprünglichen Verbindlichkeit in Verbindung stehende Kreditschuld rückzuzahlen hätten, findet in den Feststellungen keine Deckung. Denn nach diesen wurde vom Kläger und seiner Gattin die Personalhaftung nur angeboten, um der drohenden Inanspruchnahme der Sachhaftung zu entgehen, sohin um eine Stundung bzw einen Ratenvergleich zu erwirken. Ein animus novandi kann in dieser Vorgangsweise nicht erblickt werden (vgl Ertl in Rummel ABGB2 § 1376 Rz 2 ff mwN).

Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes war daher zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf den § 52 ZPO.

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