Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der Beklagten die mit 2.634,24 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 439,04 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Räumung des Hauses Bregenz, Römerstraße 59, mit der Behauptung, dieses Haus stehe im Eigentum der Verlassenschaft. Der Erblasser habe der Beklagten das Haus lediglich prekaristisch überlassen. Nunmehr sei die Beklagte zur Räumung aufgefordert worden, komme dieser Aufforderung jedoch nicht nach. Sie benütze daher das Haus weiterhin ohne Rechtstitel. Sie sei im übrigen ausgezogen.
Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen und hiebei festgestellt, daß der Erblasser der Beklagten ein lebenslängliches obligatorisches Wohnrecht eingeräumt hat. Die Beklagte ist zwar aus dem Haus ausgezogen, um Streitigkeiten mit der Witwe des Erblassers aus dem Wege zu gehen, doch hatte sie nicht die Absicht, auf ihr Wohnrecht zu verzichten. Sie hat ihre Absicht, in das Haus zurückzukehren, nicht aufgegeben.
In rechtlicher Hinsicht gingen die Vorinstanzen davon aus, daß die Beklagte infolge des ihr eingeräumten Wohnrechtes einen hinreichenden Titel zur Benützung des Hauses habe. Ein Verzichtwille der Beklagten beim Auszug aus dem Haus sei nicht erwiesen. Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Klägerin gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen § 503 Abs. 1 Z 2 und 4 ZPO erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.
Mit dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird lediglich das Unterlassen einer teilweisen Beweiswiederholung durch das Berufungsgericht gerügt. Die Frage, ob Beweise zu wiederholen sind oder nicht, fällt jedoch in das Gebiet der mit Revision nicht bekämpfbaren Tatsachenfeststellung. Das gleiche gilt auch für die angebliche mangelhafte Auseinandersetzung des Berufungsgerichtes mit einer Zeugenaussage.
Ein Verfahrensmangel ist also nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 ZPO). Die Klägerin stützt ihr Begehren ausschließlich auf den Umstand, daß die Beklagte das Haus nur prekaristisch benützt habe, das Prekarium widerrufen worden sei und die Beklagte demnach das Haus ohne Rechtstitel weiter benütze. Diese Behauptungen wurden durch das Beweisverfahren widerlegt, weshalb der von der Klägerin herangezogene Grund für die Räumungsklage nicht gegeben ist. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit Fragen wie schikanöser Rechtsausübung oder allfälliger Auflösung eines Rechtsverhältnisses, dessen Bestehen nicht behauptet worden ist. Zwar hat die Klägerin in der Tagsatzung vom 6.Oktober 1987 ein umfangreiches Vorbringen erstattet, das jedoch weitgehend ebenfalls nur von einem Prekarium ausgeht. Lediglich am Schluß dieses Vorbringens (Seite 60 f des Aktes) wird ein freiwilliger Auszug der Beklagten aus dem Haus behauptet. Die angefügte Bestreitung des Willens der Beklagten, in das Haus wieder zurückzukehren, ist durch die vorinstanzlichen Feststellungen widerlegt. Darauf muß also nicht mehr eingegangen werden. Nach den getroffenen Feststellungen ist die Beklagte aus dem Haus vorübergehend ausgezogen, um Streitigkeiten mit der Witwe des Erblassers aus dem Weg zu gehen. Nach diesen Feststellungen kann also von einem Verzichtswillen der Beklagten keine Rede sein. Daß aber das bloße Verlassen eines Hauses nicht schlechthin einen konkludenten Verzicht auf Benützungsrechte an diesem Haus begründet, ergibt sich schon daraus, daß für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen rechtsgeschäftlichen Willen nach § 863 ABGB ein strenger Maßstab anzulegen ist (VersRdSch 1988, 200, 7 Ob 521/87 ua). Vor allem bei der Annahme stillschweigenden Verzichts ist Vorsicht geboten (7 Ob 640/88 ua). Hiebei wird stets auf die gesamten Umstände des Falles Bedacht zu nehmen sein. Wenn also der Nutzungsberechtigte eines Hauses dieses im Zuge von Streitigkeiten mit dem Hauseigentümer oder dessen Repräsentanten verläßt, ohne daß sonstige Umstände zutage gekommen sind, die einen Schluß auf einen Verzichtswillen zulassen, kann daraus noch nicht ein Wille, auf das Benützungsrecht zu verzichten, geschlossen werden. Richtig hat also das Berufungsgericht einen schlüssigen Verzicht (ein ausdrücklicher Verzicht scheidet aufgrund der Feststellungen aus) der Beklagten auf ihr Wohnrecht nicht angenommen.
Wie bereits oben dargelegt wurde, war auf die weiteren Ausführungen der Revision nicht einzugehen, weil diesen kein entsprechendes Tatsachenvorbringen zugrundeliegt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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