Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Minderjährige ist der uneheliche Sohn der Rechtsmittelwerberin und des Franz M***. Bereits mit Beschluß vom 5.10.1983 wurde ihm Erziehungshilfe durch Unterbringung bei den väterlichen Großeltern gewährt (ON 17). Seit 1.5.1986 befindet sich der Minderjährige beim Vater. Mit Beschluß vom 17.2.1987 hob das Erstgericht die gerichtliche Erziehungshilfe auf, entzog der Mutter das Recht auf Pflege und Erziehung und sprach aus, daß dieses Recht dem Vater zukommt (ON 61). Das Erstgericht ließ sich hiebei nach eingehenden Feststellungen über die Verhältnisse bei beiden Elternteilen und über die Entwicklung des Minderjährigen sowie nach Einholung eines psychologischen Gutachtens von der Erwägung leiten, daß ein Pflegeplatzwechsel für den Minderjährigen nicht verkraftbar sei und seinem Wohl zuwiderlaufen würde. Am 8.9.1988 ersetzte das Erstgericht die Zustimmung der Mutter und ihres (nunmehrigen) Ehemannes zur Namensgebung durch den Vater (ON 66). Mit Beschluß vom 22.12.1989 wies das Erstgericht den Antrag des Vaters, ihm auch die Vertretung und Vermögensverwaltung hinsichtlich des Minderjährigen zu übertragen, ab.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne des Antrages des Vaters ab und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig ist.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs der Mutter ist nicht berechtigt.
Nach § 176 b ABGB darf das Gericht durch eine Verfügung nach den §§ 176 und 176 a ABGB die Obsorge nur insoweit beschränken, als dies zur Sicherung des Wohles des Kindes nötig ist. In dieser Regelung drückt sich der Grundsatz der Familienautonomie aus. Sie stellt einen ganz allgemeinen Grundsatz des Kindschaftsrechtes dar (172 BlgNR 17.GP 17). Sie ist aber im Zusammenhang mit § 176 Abs.2 zweiter Satz ABGB, wonach die gesetzliche Vertretung für sich allein entzogen werden kann, wenn der betroffene Elternteil seine übrigen Pflichten erfüllt, zu lesen, und im Zusammenhang mit der Erwägung des Gesetzgebers zu verstehen, daß eine Übertragung aller aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und mj. Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten auf den Jugendwohlfahrtsträger nur in Ausnahmefällen erforderlich sein werde (172 BlgNR 17.GP 17).
Im vorliegenden Fall wurde bereits im zweiten Lebensjahr des Kindes die Erziehungshilfe angeordnet und schließlich dem Vater die Pflege und Erziehung übertragen. Der nunmehr bereits 8jährige und seit 4 Jahren beim Vater lebende Minderjährige hat sich in die geordnete Familie des Vaters integriert und zur Mutter nur mehr geringen Kontakt. Eine Änderung der Pflegeverhältnisse wäre mit Sicherheit mit einer erheblichen Irritation des Minderjährigen verbunden und zu seinem Nachteil. Bei dieser Sachlage erfordert der Zweck der gesetzlichen Regelung keine Aufrechterhaltung der Aufspaltung der elterlichen Rechte, die grundsätzlich in einer Hand vereinigt bleiben sollen (vgl. EFSlg.56.802). Dies umso weniger, als die dem Vater übertragene Pflege und Erziehung auch schon die gesetzliche Vertretung in diesem Bereich mitumfaßt (§ 176 Abs.2 ABGB). Der Umstand, daß der Minderjährige derzeit offensichtlich kein Vermögen besitzt, ändert daran nichts (EFSlg.56.802). Demgemäß ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
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