OGH 7Ob583/84

OGH7Ob583/8420.6.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.‑Ing. Eberhard J*****, vertreten durch Dr. Helmut Renner, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Max Swolensky, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, wegen 860.304,76 S sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. Februar 1984, GZ 3 a R 216/83‑37, womit das Urteil des Kreisgerichts Ried im Innkreis vom 5. September 1983, GZ 1 Cg 296/82‑27, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00583.840.0620.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat die Kosten des Rekurses selbst zu tragen.

Die Kosten der Rekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der Kläger begehrt mit seiner am 14. 6. 1982 eingebrachten Klage als Honorar für die im Rahmen der Planung einer Tagesheimstätte samt Lehrerwohnungen für die Sonderschule in ***** bis 31. 12. 1976 erbrachten Leistungen 860.304,76 S sA.

Die Beklagte bestritt die Erteilung eines Auftrags für die Planung, die Verwendbarkeit der vom Kläger gelieferten Pläne und die Angemessenheit des begehrten Honorars. Außerdem wendete sie Verjährung ein.

Das Erstgericht hat dem Kläger unter Abweisung des Mehrbegehrens 64.800 S sA zugesprochen, wobei es von folgenden wesentlichen Feststellungen ausging:

Im September 1972 forderte die Beklagte den Kläger auf, die notwendigen Erhebungen für den Raumbedarf der von ihr auf dem Areal des früheren Schwimmbades geplanten Sonderschule auszustellen. Nachdem das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung aufgrund der vom Kläger gelieferten Unterlagen das Raumerfordernis festgestellt hatte, wurde der Kläger am 27. 2. 1974 aufgefordert, einen Vorentwurf für das Sonderschulgebäude zu erstellen. Der Kläger erhielt schließlich den Architektenauftrag für das Schulgebäude.

Im Zuge der Planung des Schulgebäude wurde seitens der Elternschaft der Wunsch nach Errichtung einer Tagesheimstätte für die Schüler geäußert. Dieser Wunsch war Gegenstand von Kontakten zwischen der Beklagten und der oö Landesregierung. Es wurde schließlich für diesen Zweck ein Gebäude angemietet. Trotzdem versuchte die Beklagte weiterhin beim Amt der oö Landesregierung die Bewilligung für die Errichtung einer Tagesheimstätte zusammen mit dem neuen Sonderschulgebäude zu erlangen. Allerdings kam man zu dem Ergebnis, dass die gemeinsame Errichtung auf dem für die Sonderschule vorgesehenen Grundstück wegen Platzmangels derzeit nicht möglich sei. Am 8. 11. 1976 fand jedoch zwischen dem Kläger und dem Baudirektor der Beklagten ein Gespräch statt, in dem beide die Auffassung vertraten, es wäre zweckmäßig, ein Projekt Sonderschule samt Tagesheimstätte noch 1976 einzureichen, weil in Oberösterreich mit Wirkung vom 1. 1. 1977 eine neue Bauordnung mit strengeren Bestimmungen in Kraft treten werde. Man solle daher das Raumprojekt für die Tagesheimstätte bei der oö Landesregierung energisch betreiben. Für den Fall der Nichterledigung dieses Wunsches solle als Vorbild für die Planung vorläufig eine Anlage in *****, die im Rahmen der Tagesheimstätte auch Lehrerwohnungen enthielt, dienen. Es wurde auch überlegt, die Tagesheimstätte auf dem Sportplatz der Schule mit einem Verbindungsgang zu dieser zu errichten. Dementsprechend urgierte die Beklagte am 17. 11. 1976 beim Amt der oö Landesregierung ihr Ansuchen betreffend die Tagesheimstätte im Nahbereich der Sonderschule. Am 19. 11. 1976 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass mit der Bewilligung der oö Landesregierung in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sei, weshalb es zweckmäßig wäre, eine zeitliche Trennung zwischen Planung von Sonderschule und Tagesheimstätte vorzunehmen, um die Errichtung der Sonderschule nicht zu verzögern. Am 29. 11. 1976 erhielt der Kläger von der Bauabteilung der Beklagten das vorläufige Raumprogramm für die Tagesheimstätte samt einer Skizze, die ein verhältnismäßig kleines Projekt auf dem vorhandenen Grund vorsah. Der Kläger erhielt den Auftrag, dieses Projekt baumäßig zu erfassen und die gesonderte Planung für die Sonderschule so zu beschleunigen, dass die Bauverhandlung noch 1976 stattfinden könne. Der Kläger war jedoch der Auffassung, es wäre im Hinblick auf die zu erwartende neue Bauordnung zweckmäßig, auch bezüglich der Tagesheimstätte noch 1976 einen Einreichplan zu erstellen. Als er dies dem Baudirektor der Beklagten sagte, erteilte ihm dieser den Auftrag, einen solchen Einreichplan bis 27. 12. 1976 im Stadtamt abzugeben. Der Kläger ersuchte um einen formellen Stadtratsbeschluss über diesen Auftrag, dessen Erwirkung der Baudirektor zusagte. Am 27. 12. 1976 lieferte der Kläger den Einreichplan und eine Baubeschreibung ab. Es fehlte jedoch eine Kostenschätzung.

Entgegen dem ihm mitgeteilten Wunsch hatte der Kläger die Tagesheimstätte nicht im Bereich des Sportplatzes, sondern auf dem für Parkplätze vorgesehenen Areal geplant. Ein Beamter der Beklagten verlangte daher eine Umarbeitung des Planes, wobei jedoch die Einreichung des übergebenen Planes bis 29. 12. 1976 vereinbart wurde.

Am 4. 1. 1977 sagte ein Beamter der Beklagten dem Kläger die Abdeckung der bisher erfolgten Arbeiten zu. Ein Ansuchen des Bauamtes um Genehmigung und Honorierung der bisherigen klägerischen Tätigkeit lehnte der Bürgermeister der Beklagten zwar vorerst intern ab. Als jedoch das Bauamt berichtete, durch die eigenmächtige Planung entstehe der Stadtgemeinde kein Mehraufwand, weil der Kläger die Ausstauschpläne ohne Zusatzhonorar liefern werde, beschloss der Stadtrat am 28. 2. 1977 den Kläger mit der Planung für die Tagesheimstätte zu beauftragen.

Am 16. 5. 1977 wurde der Betrieb der Tagesheimstätte im angemieteten Gebäude aufgenommen, wovon der Kläger allerdings nichts erfuhr. Die Beklagte urgierte noch am 27. 6. 1977 bei der oö Landesregierung die Geenhmigung des Raumprogrammes für eine Tagesheimstätte bei der Sonderschule, wovon sie den Kläger in Kenntnis setzte. Es fanden diesbezüglich auch noch in der Folge weitere Kontakte zwischen der Beklagten und dem Amt der oö Landesregierung statt. Auch am 20. 6. 1978 wurde in Anwesenheit des Klägers zwischen Vertretern der beiden Gebietskörperschaften wieder von der Notwendigkeit eines weiteren Ausbaues der Sonderschule gesprochen. Allerdings hatte gegen Ende 1977 ein Beamter der Beklagten dem Kläger mitgeteilt, er möge bis auf weiteres die Planungsarbeiten für die Tagesheimstätte einstellen und zwar bis zum Erhalt des endgültigen Raumprogrammes und der Klärung der Finanzierung.

Der Kläger verlangte am 16. 8. 1978 für die bisherigen Arbeiten betreffend die Tagesheimstätte ein Teilhonorar von 150.000 S. In einem Telefongespräch kam man jedoch überein, die 150.000 S als Teilhonorar für die Sonderschule zu zahlen, wogegen die Honorierung der Arbeiten für die Tagesheimstätte bei einem Besuch des Klägers bei der Beklagten geklärt werden sollte. Am 29. 12. 1981 verlangte der Kläger schließlich für seine bisherigen Arbeiten im Zusammenhang mit der Tagesheimstätte ein Teilhonorar von 150.000 S. Er verwies hiebei darauf, dass ihm nach der Gebührenordnung für Architekten ein Zuschlag zustehe, den er verrechne, weil nicht abzusehen sei, wann das Bauvorhaben realisiert werde. Diesen Zuschlag werde er aber bei Realisierung auf das Gesamthonorar anrechnen.

Die Beklagte lehnte eine Honorierung der Arbeiten für die Tagesheimstätte ab.

Rechtlich vertrat das Erstgericht den Standpunkt, die Beklagte habe durch ihren Stadtratsbeschluss vom 28. 2. 1977 die vorerst auftragslos erbrachten Leistungen des Klägers genehmigt, sodass der Kläger hiefür ein Honorar verlangen könne. Diese Leistungen fielen jedoch nicht in den Rahmen der Gebührenordnung für Architekten, weshalb das Honorar gemäß § 273 ZPO mit 60.000 S zuzüglich Umsatzsteuer zu bemessen sei. Der Anspruch des Klägers sei nicht verjährt, weil seine bisherige Tätigkeit den ihm erteilten Auftrag noch nicht vollendet habe, es zu einer Vollendung nur aufgrund des Ersuchens um vorläufige Unterbrechung der Planung nicht gekommen sei und der Kläger erst Anfang 1982 erfahren habe, dass das Projekt nicht verwirklicht werde.

Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen, trat auch der Rechtsansicht des Erstgerichts bezüglich der grundsätzlichen Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines Honorars und des Nichteintritts der Verjährung bei, erachtete das Verfahren jedoch bezüglich der Höhe des Klagsanspruchs als ergänzungsbedürftig, weil die Frage, inwieweit die vom Kläger bereits erbrachten Leistungen Deckung in der Gebührenordnung für Architekten fänden, nicht hinreichend erörtert worden sei. Diesbezüglich fehlen Feststellungen, weshalb noch nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Forderungshöhe nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu ermitteln sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Beklagten gegen den Beschluss des Berufungsgerichts erhobene Rekurs ist nicht gerechtfertigt.

Trotz der immer wieder verwendeteten Ausdrücke „Aktenwidrigkeit“ und „Verfahrensmängel“ unternimmt die Beklagte mit ihren weitschweifigen Ausführungen fast ausschließlich den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der untergerichtlichen Feststellungen. Weder ein Verfahrensmangel noch eine Aktenwidrigkeit liegen vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Geht man von den getroffenen Feststellungen aus, so erweist sich die rechtliche Beurteilung als zutreffend. Aus diesen Feststellungen ergibt sich, dass die Lehrerwohnungen kein eigenes Projekt erforderten, sondern dass ihre Planung im Rahmen der Planung für die Tagesheimstätte zu erfolgen hatte (S 268 und 270 dA). Demnach geht die Argumentation bezüglich des Fehlens eines Auftrags zur Planung von Lehrerwohnungen ebenfalls nicht von den getroffenen Feststellungen aus.

Die häufigen Hinweise des Rekurses auf alle möglichen Amtsvermerke des Bürgermeisters der Beklagten übersehen, dass diese Amtsvermerke, soweit ihr Inhalt dem Kläger nicht mitgeteilt wurde, lediglich die Absicht der Beklagten dartun könnten. Bei Verkehrsgeschäften gilt jedoch nicht deieWillens‑ sondern die Vertrauenstheorie (EvBl 1972/111, HS V/32 ua). Die aus der Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen sind nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen ist (MietSlg 28.085 ua). Bei Meinungsverschiedenheiten über die Bedeutung eines Ausdrucks ist dieser so zu verstehen, wie ihn der Empfänger der Erklärung verstehen musste (RZ 1966, 148, MietSlg 30.125, 29.108 ua).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Beklagte die vom Kläger im Jahre 1976 ohne Auftrag verfassten und auch nicht einem unverbindlichen Wunsch entsprechenden Pläne nicht nur nicht zurückgewiesen hat, sondern ein Beamter der Beklagten mit dem Kläger dahin übereinkam, dass diese Pläne vorläufig als Einreichungsunterlagen dienen und später durch Austauschpläne ersetzt werden sollten. Hiebei sollte eine Gesamthonorierung erfolgen. Zwar war dem Kläger anlässlich der Äußerung des Wunsches eines Beamten der Beklagten bezüglich der Verfassung vorläufiger Pläne bekannt, dass dieser Beamte über die Auftragserteilung nicht allein entscheiden könne, doch wurde ihm von diesem Beamten, bei dem es sich immerhin um den Baudirektor der Beklagten handelte, zugesagt, einen Stadtratsbeschluss betreffend die Auftragserteilung zu erwirken. In der Folge erging ein solche Beschluss und wurde dem Kläger auch mitgeteilt. Daraus konnte der Kläger, der keine Kenntnis von den internen Vorgängen bei der Beklagten hatte, nur den Schluss ziehen, dass durch diesen Beschluss der ihm vom Baudirektor erteilte Auftrag genehmigt worden ist. Sohin war der Stadtratsbeschluss im Sinne einer nachträglichen Genehmigung der Auftragserteilung zu verstehen. Da die aufgrund dieses Auftrags verfassten Pläne nicht als ungeeignet zurückgewiesen, sondern als vorläufige Einreichpläne akzeptiert wurden, musste der Kläger daraus eine Annahme als Teilleistung im Sinne des nachträglich genehmigten Auftrags erblicken. Geht man also von dem festgestellten Sachverhalt aus, ist der Anspruch des Klägers auf ein Honorar für seine bisherigen Leistungen grundsätzlich gerechtfertigt.

Bei ihren Ausführungen betreffend die Frage der Verjährung geht die Beklagte nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Nach diesem Sachverhalt hat der Kläger erstmals Anfang 1982 Kenntnis davon erlangt, dass das Projekt nicht zur Ausführung gelangen werde. Demnach hätte er vorher sein Honorar nicht einklagen können. Aus der bloßen Mitteilung, er solle vorläufig die Planung bis zur Abklärung weiterer Fragen nicht weiterführen, konnte der Kläger die endgültige Zurücklegung der Realisierung des Projekts nicht schließen. Im Übrigen ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen, das zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede von einem endgültigen Fallenlassen des Projekts war.

Was schließlich die Höhe des Klagebehrens anlangt, hat das Berufungsgericht richtig erkannt, dass die Heranziehung des § 273 ZPO nur bei Vorliegen der in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen zulässig wäre. Das Berufungsgericht hat die Grundlagen für die Beurteilung der Frage, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, als nicht ausreichend erachtet. Da die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht unbedenklich ist, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, der Auffassung des Berufungsgerichts, die bisher getroffenen Feststellungen reichten für die rechtliche Beurteilung nicht aus, nicht entgegentreten (SZ 44/108, SZ 47/167 ua). Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob die für die Ausmessung erforderlichen Grundlagen vom Berufungsgericht für mangelhaft erachtet worden sind oder nicht (7 Ob 600/81 ua).

Es muss daher auch nicht auf die Ausführungen des Rekurses zur Höhe des Klagsausspruchs eingegangen werden, weil das Berufungsgericht, ausgehend von einer richtigen Rechtsansicht, die Grundlagen für die Beurteilung der Frage der Anwendbarkeit des § 273 ZPO als ergänzungsbedürftig erachtet hat.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO, der Ausspruch betreffend die Kosten der Rekursbeantwortung auf § 52 ZPO.

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