OGH 7Ob565/90

OGH7Ob565/907.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** E***, Textilhandelsgesellschaft mbH di G*** D*** & Co, Conegliano, Via Maggior Piovebana, Italien, vertreten durch Dr. Herbert Gartner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Leonid S***, Kaufmann, Wien 2., Kafkastraße 9, vertreten durch Dr. Barbara Pesce-Cihlar, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 120.000,-s.A., infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 23. Februar 1990, GZ 3 R 264, 292/89-22, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 14. September 1989, GZ 21 Cg 37/89-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 11. 3. 1988 eingebrachte Klage wurde dem Beklagten mit dem Auftrag zur Klagebeantwortung binnen 2 Wochen am 18. 3. 1988 durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt zugestellt. Wegen nicht rechtzeitiger Überreichung der Klagebeantwortung fällte das Erstgericht auf Antrag der klagenden Partei ein Versäumungsurteil im Sinne des Klagebegehrens. Das Versäumungsurteil wurde dem Beklagten am 20. 4. 1988 gleichfalls durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 22. 12. 1988 beantragte der Beklagte durch seine rechtsfreundliche Vertreterin, die Vollstreckbarkeit des Versäumungsurteils aufzuheben und ihm die Klage mit dem Auftrag zur Klagebeantwortung zuzustellen. Nachdem das Erstgericht erhoben hatte, daß der Beklagte wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig von den Zustellvorgängen Kenntnis erlangen konnte, hob es die Vollstreckbarkeit des Versäumungsurteils auf. Dieser Beschluß, die Gleichschrift der Klage samt ZPO-Form 25 und eine Ausfertigung des Versäumungsurteils wurden der Beklagtenvertreterin am 20. 1. 1989 zugestellt, die am 3. 1. 1989 eine Klagebeantwortung einbrachte. Mit Beschluß vom 14. 4. 1989 wies das Erstgericht die Klagebeantwortung als unzulässig zurück und setzte die bereits anberaumte Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung (ON 15). Mit Schriftsatz vom 3. 5. 1989 beantragte der Beklagte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung des Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil und holte die Prozeßhandlung nach. Das Erstgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag ab und den Widerspruch gegen das Versäumungsurteil samt Klagebeantwortung zurück (ON 17). Der Beklagte erhob dagegen Rekurs und brachte nach einer Berichtigung des erstgerichtlichen Beschlusses ein weiteres mit dem bereits erhobenen Rekurs inhaltsgleiches Rechtsmittel ein.

Das Rekursgericht wies den zweiten Rekurs wegen Verbrauches des Rechtsmittelrechtes zurück und gab dem ersten Rekurs nicht Folge. Zur Wiedereinsetzung vertraten die Vorinstanzen die Auffassung, daß diese dann nicht zu bewilligen sei, wenn ein Rechtsanwalt in offenbarer Unkenntnis wesentlicher Verfahrensvorschriften und einhelliger Rechtsprechung gegen ein bereits ergangenes Versäumungsurteil nach dessen Zustellung keinen Widerspruch erhoben habe, selbst wenn auf seinen Antrag das Erstgericht irrtümlich zugleich mit der Zustellung des Versäumungsurteils auch einen Auftrag zur Erstattung einer Klagebeantwortung erteilt habe. Da bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern ein strenger Maßstab anzulegen sei, handle es sich in einem solchen Fall nicht bloß um einen minderen Grad des Versehens.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Beklagten ist unzulässig.

Nach § 528 Abs.2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist. Nach bisheriger, ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Zurückweisung eines Rekurses aus formellen Gründen keine Bestätigung. Hat jedoch das Rekursgericht ungeachtet der formellen Zurückweisung die angefochtene Entscheidung auf ihre sachliche Richtigkeit geprüft und die Sachentscheidung des Erstgerichtes gebilligt, liegt ein bestätigender Beschluß vor, gegen den ein Revisionsrekurs unzulässig ist (NZ 1986, 44; RZ 1984/21; RZ 1977/37; 5 Ob 382-388/87 ua). Daraus ergibt sich, daß es bei meritorischer Prüfung eines Rechtsmittels und gleicher Sachentscheidung auf die vom Rekursgericht gewählte Entscheidungsform nicht ankommt und der formale Teil der Rekursentscheidung unbeachtlich ist. Nichts anderes kann dann gelten, wenn, wie hier, zwei völlig inhaltsgleiche Rekurse vorliegen und das Rekursgericht jedenfalls einen davon sachlich erledigte und die erstgerichtliche Entscheidung bestätigte. Infolge völliger Gleichheit der Anfechtungsgründe liegt im Ergebnis zwangsläufig auch eine meritorische Prüfung des zweiten Rekurses vor, sodaß dem Umstand keine Bedeutung mehr zukommen kann, daß er formal zurückgewiesen wurde. In Wahrheit liegen in einem solchen Fall, ähnlich wie in den der obengenannten Rechtsprechung zugrundeliegenden Fällen, Konformatbeschlüsse vor. Aus diesen Gründen kann unerörtert bleiben, ob durch die Berichtigung des erstgerichtlichen Beschlusses eine unvorhersehbare zweifelhafte Lage herbeigeführt wurde, die zu einer Ergänzung des Rekurses berechtigt hätte (vgl. SZ 54/103).

Demgemäß ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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