Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.604,25 (darin S 1.236,75 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte ist Landwirt und hat in der Zeit vom 1.1.1981 bis zum 31.3.1985 15.016,90 kg Graukäse an die klagende Partei verkauft und geliefert, obwohl sein landwirtschaftlicher Betrieb nicht in deren Einzugsgebiet liegt. Die klagende Partei hat den vom Beklagten gelieferten Graukäse in ihrem Detailgeschäft verkauft. Mit Bescheid des Milchwirtschaftsfonds vom 9.1.1986 wurde der klagenden Partei nach den Bestimmungen des Marktordnungsgesetzes und der Bundesabgabenordnung für die in der Zeit vom 1.1.1981 bis 31.3.1985 vom Beklagten übernommenen Mengen an Graukäse ein allgemeiner Absatzförderungsbeitrag von S 32.619,19 und ein zusätzlicher Absatzförderungsbeitrag von S 380.049,33, zusammen daher S 412.668,52, zur Zahlung binnen einem Monat nach Zustellung des Bescheides vorgeschrieben. Gegen diesen Bescheid war ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Die klagende Partei hat dagegen zwar eine Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eingebracht. Die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde jedoch mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 15.4.1986 abgelehnt, weshalb die klagende Partei den Betrag von S 412.668,52 bezahlt hat.
Mit der am 12.8.1986 eingelangten Klage machte die klagende Partei geltend, daß der Beklagte ihr diesen Betrag als Milcherzeuger und Erzeuger von Waren aus Milch kraft Gesetzes zu ersetzen habe. Die klagende Partei sei zwar gemäß § 79 MOG 1985 Beitragsschuldnerin. Sie sei jedoch gemäß § 80 Abs 6 MOG 1985 berechtigt, diese Beiträge vom Milcherzeuger bzw. -lieferanten durch Gegenverrechnung in Abzug zu bringen.
Der Beklagte erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges und beantragte im übrigen die Abweisung der Klage. Die klagende Partei habe den Beklagten nie darauf aufmerksam gemacht, daß er für seine Lieferungen an Graukäse einen Absatzförderungsbeitrag zu zahlen habe. Sie habe ihn daher in Irrtum geführt. Bei Kenntnis einer derartigen Zahlungsverpflichtung hätte der Beklagte seine Lieferungen mangels Rentabilität nicht vorgenommen. Die klagende Partei habe dadurch, daß sie den Absatzförderungsbeitrag vom Beklagten durch mehr als vier Jahre nicht eingehoben habe, auf dessen Geltendmachung schlüssig verzichtet. Eine nachträgliche gesonderte Geltendmachung des Absatzförderungsbeitrages sei nach dem Marktordnungsgesetz 1985 ausgeschlossen. Die Klage sei verjährt, soweit Beiträge aus der Zeit vor dem 12.8.1983 geltend gemacht würden.
Die klagende Partei bestritt eine Irreführung des Beklagten. Der Beklagte habe an die klagende Partei geliefert, weil er dem für ihn zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb Milch und Milchprodukte nicht habe liefern wollen. Es sei richtig, daß zwischen den Streitteilen nie darüber gesprochen worden sei, daß der Beklagte einen Absatzförderungsbeitrag bezahlen müsse. Das Erstgericht wies die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück und das Klagebegehren ab. Es traf folgende Feststellungen:
Die klagende Partei war zum Ankauf des Käses vom Beklagten nicht berechtigt, da dessen Betrieb nicht in ihrem Einzugsgebiet liegt. Sie hat beim Ankauf der genannten Graukäsemengen vom Beklagten ihre Verpflichtung zur Entrichtung von Absatzförderungsbeiträgen nach dem Marktordnungsgesetz nicht berücksichtigt.
In der Begründung des Bescheides des Milchwirtschaftsfonds vom 9.1.1986 wird angeführt, daß beim eingangs geschilderten Sachverhalt die klagende Partei als Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb und nach § 79 Z 1 MOG als Beitragsschuldnerin im Sinne dieses Gesetzes anzusehen sei und deshalb die nach diesem Gesetz zu leistenden und zu berechnenden allgemeinen und zusätzlichen Absatzförderungsbeiträge zu entrichten habe, woraus sich eine Beitragsschuld der klagenden Partei in der vorgenannten Höhe ergebe. Der Beklagte war weder im Verfahren beim Milchwirtschaftsfonds zur Vorschreibung der Absatzförderungsbeiträge, noch im Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofsverfahren beigezogen. Mit Schreiben vom 11.8.1986 lehnte es der Klagevertreter ab, den Vertretern des Beklagten eine Abschrift der eingebrachten Beschwerde zukommen zu lassen.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, für Milch und Erzeugnisse aus Milch sei nach § 71 MOG ein allgemeiner und ein zusätzlicher Absatzförderungsbeitrag zu entrichten, der vom Milchwirtschaftsfonds vorgeschrieben werde. Beitragsschuldner sei für Milch und Erzeugnisse aus Milch, die ein Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb übernehme, derjenige, für dessen Rechnung der Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb geführt werde (Betriebsinhaber), in allen übrigen Fällen der Milcherzeuger (§ 79 MOG). Nach § 80 Abs 6 MOG sei der Beitragsschuldner berechtigt, die einzelnen Milcherzeuger zu dem im Abs 1 genannten Termin (nach § 80 Abs 1 MOG wird die Beitragsschuld am 15.8. eines jeden Jahres für alle steuerpflichtigen Vorgänge des vorangegangenen Wirtschaftsjahres fällig) anteilsmäßig bis zur Höhe der von ihm zu entrichtenden Beiträge entsprechend den von den einzelnen Milcherzeugern übernommenen Mengen an Milch und Erzeugnissen aus Milch zu belasten, wobei die den Milcherzeugern angelasteten Beiträge als durchlaufende Posten iS des § 4 Abs 3 UstG 1972 anzusehen seien. Führe die Beitragsverrechnung zu einem Guthaben, so sei der Beitragsschuldner nach der genannten Gesetzesstelle verpflichtet, dieses dem einzelnen Milcherzeuger unverzüglich zu erstatten. Aus § 80 Abs 6 MOG ergebe sich daher zwar grundsätzlich die Möglichkeit für die klagende Partei als Beitragsschuldnerin, die von ihr zu entrichtenden Absatzförderungsbeiträge auf die Milchlieferanten zu überwälzen. Das heiße jedoch nicht, daß derartige Beiträge auch im nachhinein verrechnet werden könnten. Die Beiträge seien vielmehr grundsätzlich schon beim Ankauf der jeweiligen Milchliefermenge zu berücksichtigen. Hievon habe die klagende Partei nicht Gebrauch gemacht. Sie habe deshalb mit dem Beklagten einen Kaufpreis vereinbart, in welchem die Absatzförderungsbeiträge nicht berücksichtigt gewesen seien. Die Bestimmungen des Marktordnungsgesetzes böten keine Grundlage dafür, dem Beklagten derartige Beiträge nachträglich vorzuschreiben und damit den einvernehmlich vereinbarten Kaufpreis einseitig im nachhinein herabzusetzen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes sowohl über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges als auch in der Hauptsache. Es übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen und führte in rechtlicher Beziehung aus, § 13 Abs 2 Satz 2 MOG 1985 normiere die Verpflichtung des Erzeugers, Milch und Erzeugnisse aus Milch an die festgesetzten Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe oder deren wirtschaftliche Zusammenschlüsse zu liefern, soweit nicht ein im Gesetz ausdrücklich angeführter Ausnahmetatbestand vorliege. Für Milch und Milcherzeugnisse, die ein anderer als der zuständige Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb von einem Milcherzeuger übernehme, sei außer dem allgemeinen Absatzförderungsbeitrag (§ 71 Abs 1 MOG) ein zusätzlicher Absatzförderungsbeitrag zu entrichten (§ 71 Abs 2 MOG). Dieser zusätzliche Absatzförderungsbeitrag sei so hoch, daß in der Praxis mit einem solchen Beitrag belastete Geschäfte wegen Unwirtschaftlichkeit unterbunden würden. Das sei auch der wesentliche Zweck dieser gesetzlichen Bestimmungen. Für die Absatzförderungsbeiträge nach dem Marktordnungsgesetz gelte der Grundsatz der Selbstbemessung und Selbstentrichtung der Beiträge (§ 81 Abs 4 MOG). Die klagende Partei hätte bei Einhaltung dieser gesetzlichen Verpflichtungen die Möglichkeit gehabt, den Beklagten im Rahmen der zwischen den Streitteilen bestehenden Geschäftsverbindung rechtzeitig iS des § 80 Abs 6 MOG mit den auf ihn entfallenden Beiträgen zu belasten. Aus dem letzten Satz des § 80 Abs 6 MOG ergebe sich, daß die Belastung im Rahmen einer Verrechnung zu erfolgen habe. Das Gesetz gehe vom Normalfall aus, daß Milcherzeuger einerseits und Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb andererseits miteinander in ständiger Geschäftsverbindung stehen und daher eine Belastung der Lieferanten mit den vom Beitragsschuldner zu entrichtenden Beiträgen zu den im Gesetz angeführten Terminen im Wege der Verrechnung möglich sei. Eine Belastung der Milcherzeuger mit geringeren Beträgen als den dem Fonds gegenüber abzuführenden Beiträgen oder zu späteren als den im Gesetz angeführten Terminen sei grundsätzlich nicht ausgeschlossen, weil die Termine lediglich dem Fonds gegenüber zwingend seien. Eine Belastung des Milcherzeugers zu anderen als den im Gesetz angeführten Terminen bedürfe aber jedenfalls einer Vereinbarung zwischen dem Beitragsschuldner und dem Milcherzeuger. Eine solche Vereinbarung sei im vorliegenden Fall nicht behauptet worden und im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Nach Beendigung der Geschäftsbeziehung habe die klagende Partei keine Möglichkeit mehr gehabt, den Beklagten im Wege der Verrechnung mit den auf ihn entfallenden Beiträgen zu belasten. Sei die klagende Partei als Beitragsschuldnerin ein solches Risiko eingegangen, gehe dies zu ihren Lasten. Einen Irrtum über ihre Verpflichtung zur Entrichtung des Absatzförderungsbeitrages für die vom Beklagten gekauften Mengen an Graukäse - weil sie diesen nicht als Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb, sondern im Rahmen ihres Detailhandelsgeschäftes übernommen habe - habe die klagende Partei nicht geltend gemacht.
Die klagende Partei bekämpft die Sachentscheidung des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO mit dem Antrag, sie im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder sie aufzuheben und die Sache an die Vorinstanzen zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit (§ 503 Abs 1 Z 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die klagende Partei wiederholt in ihrer Revisionsschrift, daß sie der Ansicht gewesen sei, den Graukäse vom Beklagten nicht im Rahmen der Tätigkeit als Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu erwerben, sondern im Rahmen ihres Detailhandels. Sie habe sich deshalb nicht als Beitragsschuldnerin iS des § 79 MOG erkannt. Erst auf Grund des Bescheides des Milchwirtschaftsfonds vom 9.1.1986 habe sie zur Kenntnis nehmen müssen, daß sie rechtskräftig als Beitragsschuldnerin festgestellt sei. Auch der Beklagte, der an die klagende Partei geliefert habe, sei an diese Beurteilung durch den Milchwirtschaftsfonds gebunden. Seit der Marktordnungsgesetz-Novelle 1978 (durch die die Bestimmung des § 80 Abs 6 MOG geschaffen wurde) stehe eindeutig fest, daß die Aufbringung der Mittel für die Absatzförderung im Bereich der Milchwirtschaft zu Lasten der Milcherzeuger gehe und daß die Regelung der Beitragspflicht gegenüber den Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieben lediglich eine Maßnahme der organisatorischen Beitragserfassung sei. Die Belastung der Milcherzeuger zu einem bestimmten Termin sei nur eine Schutzbestimmung für den Lieferanten, damit er nicht früher belastet werde, als die Absatzförderungsbeiträge fällig werden. Eine weitere Einschränkung dürfe aus dem der klagenden Partei nach § 80 Abs 6 MOG zustehenden Recht der Überwälzung der Absatzförderungsbeiträge nicht herausgelesen werden.
Das Revisionsgericht pflichtet der Auffassung bei, daß aus der in § 80 Abs 6 MOG festgelegten Berechtigung des Beitragsschuldners (des Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes), die einzelnen Milcherzeuger "zu dem im Abs 1" (des § 80 MOG) "genannten Termin" anteilsmäßig bis zur Höhe der von ihm zu entrichtenden Absatzförderungsbeiträge zu belasten, diese Beiträge also auf sie zu überwälzen, nicht gefolgert werden kann, daß eine Belastung der Milcherzeuger zu einem späteren als dem in § 80 Abs 1 MOG angeführten Termin nicht mehr vorgenommen werden dürfe. Weshalb die Belastung des Milcherzeugers zu einem späteren Zeitpunkt eine Vereinbarung zwischen dem Beitragsschuldner und dem Milcherzeuger zur Voraussetzung habe, wie das Berufungsgericht meint, ist nicht einzusehen. Es ist keine Frage, daß der Fälligkeitstag durch Parteienvereinbarung hinausgeschoben werden kann, doch ist das Recht des Gläubigers, eine Schuld nach Eintritt der Fälligkeit jederzeit - soweit nicht gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen entgegenstehen (Verjährung, Stundung) - geltend zu machen, nicht beschränkt und nicht von einem besonderen Übereinkommen abhängig. Ist im letzten Satz des § 80 Abs 6 MOG von einer Beitragsverrechnung die Rede, bezieht sich dies auf bereits vor dem Fälligkeitszeitpunkt geleistete Vorauszahlungen.
Die klagende Partei hat aber auf ihr Recht, die von ihr zu entrichtenden Absatzförderungsbeiträge auf den Beklagten zu überwälzen, konkludent verzichtet. Für die Beurteilung eines konkludent erklärten Verzichts ist nicht das Vorhandensein einer entsprechenden Absicht, sondern allein der Eindruck maßgebend, den der Erklärungsempfänger von den Erklärungen und dem Gesamtverhalten seines Partners haben muß (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 863; MietSlg 26.053; JBl 1987, 169 uva). Über eine mögliche Verpflichtung des Beklagten zur Leistung von Absatzförderungsbeiträgen wurde in der jahrelangen Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen nie gesprochen. Zwar gilt Schweigen nicht schlechthin als Zustimmung, es sei denn, der Schweigende hätte nach Treu und Glauben reden müssen (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 79 f; SZ 44/90; JBl 1987,169). Die klagende Partei hat mit dem Beklagten niemals, weder bei seinen regelmäßigen Lieferungen, noch auch zu dem in § 80 Abs 1 MOG genannten Fälligkeitstermin 15.August, darüber gesprochen, daß bei dem von ihr bezahlten Kaufpreis Absatzförderungsbeiträge nicht berücksichtigt seien, und daß sie zwar der Ansicht sei, daß Milch und Erzeugnisse aus Milch, die sie im Rahmen ihres Detailhandels erwerbe, nicht der Beitragspflicht unterliegen, daß sie aber im Fall einer nachträglichen Vorschreibung derartiger Beiträge diese auf den Beklagten überwälzen würde. Der Beklagte durfte deshalb auf Grund des jahrelangen Verhaltens der klagenden Partei nach Treu und Glauben davon ausgehen, daß diese von ihm Absatzförderungsbeiträge nicht verlange und auf die Geltendmachung dieser Beiträge ihm gegenüber verzichte. Bemerkt sei, daß die klagende Partei als Beitragsschuldnerin zur Überwälzung der Beiträge nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt ist.
Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung und auf den von ihm geltend gemachten Irrtum einzugehen.
Im Ergebnis zu Recht haben daher die Vorinstanzen das Klagebegehren abgewiesen, sodaß der Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
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