OGH 7Ob560/95

OGH7Ob560/956.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Schalich und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Land Niederösterreich, vertreten durch Dr.Erich Hermann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ausgleichstaxfonds beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Wien 1., Stubenring 1, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 120.750 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 22. Februar 1995, GZ 14 R 236/94-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17.Juni 1994, GZ 21 Cg 342/93f-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.337,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten keine Umsatzsteuer und keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das klagende Bundesland beschäftigt als Vertragsbedienstete Arbeitnehmer, die dem begünstigten Personenkreis nach § 2 Abs 1 BEinstG 1969 idF BGBl 1992/313 angehören. Für diese Dienstnehmer erhielt die klagende Partei bis 31.12.1991 Zuschüsse zu den Lohnkosten gemäß § 6 Abs 2 lit c BEinstG. Diese Leistungen gewährt der beklagte Fonds aufgrund eines Antrages des Dienstgebers mittels einer "Verständigung" höchstens für die Dauer eines Jahres.

Mit Erlaß vom 21.8.1992 teilte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales allen Landesinvalidenämtern mit, daß dem Bund, den Ländern sowie den Sozialversicherungsträgern nach Ablauf des jeweiligen Zeitraumes, für den die Gewährung von Lohnkostenzuschüssen im einzelnen bereits zugesagt wurde, keine weiteren Zuschüsse zu den Lohnkosten aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds gemäß § 6 Abs 2 lit c BEinstG zu bewilligen und neue Anträge dieser Stellen grundsätzlich abzulehnen sind. Das Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland informierte die klagende Partei am 11.9.1992 vom Inhalt dieses Schreibens. Seither wurden entsprechende Anträge der klagenden Partei auf Gewährung von Zuschüssen zu den Lohnkosten der von ihr beschäftigten begünstigten Behinderten verweigert. Anderen als den im Erlaß genannten Dienstgebern werden die Zuschüsse weiterhin gewährt.

Der beklagte Fonds erbringt seine Leistungen aus den ihm zufließenden Ausgleichstaxen; eine Ausfallshaftung des Bundes besteht nicht. Die Entscheidung, den Bund, die Länder und Sozialversicherungsträger von den Zuschüssen gemäß § 6 Abs 2 lit c BEinstG auszunehmen, wurde getroffen, weil die Ausgaben des Fonds gegenüber den Einnahmen stark angestiegen waren.

Die klagende Partei hat im NÖ SozialhilfeG Regelungen über Behindertenangelegenheiten und Behindertenhilfe, insbesondere über Hilfe durch geschützte Arbeit getroffen. Auf dieser Grundlage werden auch Beihilfen an Dienstgeber von Behinderten gewährt.

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten die Zahlung eines Betrages von S 120.750. Im Fall der Weitergewährung von Zuschüssen für die Beschäftigung von nach dem BehinderteneinstellungsG begünstigten Dienstnehmern hätte sie in der Zeit vom 1.1.1992 bis 30.9.1993 Zuschüsse in der angeführte Höhe erhalten. Die Einstellung der Zuschüsse verstoße gegen den auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz. Daß nach dem BehinderteneinstellungsG kein Rechtsanspruch auf Leistungen aus dem Ausgleichstaxfonds bestehe, ändere daran nichts. Die Förderung sei eine Gegenleistung für die vom Gesetz auferlegte Verpflichtung, Behinderte zu beschäftigen und begünstigt zu behandeln. Die mit der Änderung der Vollzugspraxis verbundene Differenzierung sei sachlich nicht gerechtfertigt, weil sie sich nicht aus Unterschieden im Tatsächlichen ableiten lasse. Der Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen, der klagenden Partei die richtliniengemäße Förderung weiterhin zu zahlen.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Auf Geldleistungen aus dem Ausgleichstaxfonds bestehe kein Rechtsanspruch. Mit dem Erlaß des BM für Arbeit und Soziales vom 21.8.1992 sei verfügt worden, daß dem Bund, den Ländern und den Sozialversicherungsträgern künftig keine (weiteren) Zuschüsse zu den Lohnkosten aus seinen Mitteln zu bewilligen sind. Der Erlaß verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die vorgenommene Differenzierung von Dienstgebern nach objektiven Unterscheidungsmerkmalen getroffen worden sei. Nur jene Dienstgeber seien von der Förderung ausgenommen worden, die selbst nach verfassungsmäßigen Kompetenzen oder nach ihrem gesetzlichen Zuständigkeitsbereich für die Förderung Behinderter zu sorgen hätten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Die gegenständliche Subvention falle in das Gebiet der Privatwirtschaftsverwaltung, weil die Gewährung von Lohnkostenzuschüssen durch Vertrag geschehe. Der Vertrag komme durch den Antrag auf Gewährung von derartigen Zuschüssen als Anbot und den Zugang der Annahme in Form einer Verständigung, aus der sich die Höhe und die Dauer der zugestandenen Zuschüsse ergäben, zustande. Auch im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung gelte der Gleichheitsgrundsatz. Der verfassungsrechtlich verankerte Gleichbehandlungsgrundsatz normiere ein allgemeines Sachlichkeitsgebot und verpflichte Gesetzgebung und Vollziehung, sich nur von objektiven Unterscheidungsmerkmalen leiten und nur in der Person begründete Erwägungen beiseite zu lassen. Das BehinderteneinstellungsG erlaube es dem Beklagten nicht, bei der Auswahl der Dienstgeber, die durch Zuschüsse gefördert werden, unsachlich vorzugehen. Daraus, daß dieses Gesetz keinen Rechtsanspruch auf die Förderung normiere, dürfe nicht geschlossen werden, daß bei der Auswahl der geförderten Dienstgeber willkürlich vorgegangen werden dürfe. Bund, Länder und Sozialversicherungsträger seien zwar aufgrund der Kompetenzverteilung Träger der Behindertenhilfe. Während aber private Dienstnehmer sowohl vom Bund als auch vom Land im Rahmen der Behinderteneinstellung gefördert würden, sei dies der klagenden Partei durch die bekämpfte Änderung in der Vollzugspraxis verwehrt. Somit liege eine Ungleichbehandlung vor. Diese sei sachlich nicht gerechtfertigt. Auch die klagende Partei treffe nach dem Gesetz - gleich wie private Dienstgeber - die Pflicht zur Einstellung behinderter Personen. Die Förderung durch Zuschüsse zu Lohnzahlungen sei zwar keine Gegenleistung für diese Pflicht, doch müßten alle in Frage kommenden Dienstgeber gleich behandelt werden. Warum gerade den Ländern Sonderopfer auferlegt werden sollten, sei nicht ersichtlich. Daß Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst weit weniger gefährdet seien, mache keinen ausreichenden Unterschied. Die Sanktion der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes könne nur darin liegen, daß der Anspruch auf die vertragliche Leistung durch Gerichtsurteil gewährt werde. Der Einwand der Beschränktheit der Mittel schlage nicht durch, weil die vorhandenen Mittel im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes nachvollziehbar zu verteilen seien.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Auch wenn man die Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes bei der Subventionsgewährung bejahe, bestehe kein Anspruch der klagenden Partei auf die begehrte Förderung, weil die vorgenommene Differenzierung sachlich gerechtfertigt sei. Zweck des BehinderteneinstellungsG sei es, einer möglichst großen Anzahl Behinderter den Zugang zu einem Arbeitsplatz zu ermöglichen. Da die dem Beklagten zur Verfügung stehenden Mittel beschränkt seien, sei es sachlich gerechtfertigt, jene Dienstgeber vom Empfang der Unterstützung auszuschließen, die aufgrund der Verfassung oder aufgrund des Gesetzes verpflichtet seien, für eine Förderung behinderter Personen zu sorgen. Bei diesen Dienstgebern sei auch nicht zu erwarten, daß sie die Eingliederung Behinderter in den Arbeitsprozeß ohne die Förderung nicht im gesetzlichen Ausmaß durchführten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der klagenden Partei erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Daß die Subventionsgewährung, wenn sie nicht durch Bescheid erfolgt, der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen ist, wurde von der Rechtsprechung (JBl 1990, 169; SZ 66/84) im Einklang mit der herrschenden Lehre (Schragel, Kommentar zum AHG2 Rz 107; Bernhard,

Die Judikatur im Förderungswesen, in Wenger, Förderungsverwaltung 282 f; Wilhelm, Privatrechtliche Probleme der Subvention, in Wenger aaO 203 ff) bejaht. Im BehinderteneinstellungsG ist für die Gewährung der genannten Förderungsmaßnahmen kein Verwaltungsverfahren vorgesehen. Die Gewährung einer Förderung an Dienstgeber, die begünstigte Behinderte beschäftigen, durch Zuschüsse zu den Lohnkosten im Sinne des § 6 Abs 2 lit c BEinstG geschieht demnach im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages.

Die Geltung des Gleichheitsgrundsatzes im Verhältnis der öffentlichen Hand als Träger von Privatrechten zu einzelnen Rechtssubjekten ist von der Rechtsprechung im Bereich des Vergabewesens (JBl 1990, 520; 7 Ob 568/94) im Anschluß an Aicher (in Korinek/Rill, Zur Reform des Vergaberechts 345 ff) anerkannt worden. Für den Bereich der privatrechtlichen Subventionsvergabe besteht im Schrifttum Übereinstimmung, daß der Staat an den Gleichheitsgrundsatz gebunden ist (Wilhelm aaO 208 und die in FN 34 angeführte Literaturübersicht). In JBl 1990, 169 wurde diese Frage offengelassen. Sie bedarf auch hier keiner abschließenden Beurteilung, weil dem Beklagten kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zur Last fällt.

Der in Art 2 StGG, Art 7 B-VG sowie in den Art 66 Abs 1 und 2 und Art 67 StV von St. Germain verankerte Gleichheitsgrundsatz enthält nicht nur ein Willkürverbot, sondern auch ein Verbot unsachlicher Differenzierung (Mayer, B-VG 364 f). Wilhelm (aaO 212) folgert daraus, daß - entspreche es überwiegender Praxis, die Subvention bei Vorliegen bestimmter typischer Voraussetzungen zu gewähren - im Einzelfall davon nur dann abgewichen werden dürfe, wenn besondere sachliche Gründe das rechtfertigen; was ein sachlicher Grund sei, ergebe sich insbesondere aus dem Zweck der Förderungsmaßnahmen.

Gemäß § 6 Abs 1 BEinstG haben Dienstgeber bei der Beschäftigung begünstigter Behinderter auf deren Gesundheitszustand jede mögliche Rücksicht zu nehmen; diese Beschäftigten sollen zur Erhaltung ihrer sozialen Stellung entsprechend ihren Fähigkeiten und Kenntnissen eingesetzt und durch Leistungen der Rehabilitationsträger und Maßnahmen der Dienstgeber soweit gefördert werden, daß sie sich im Wettbewerb mit nicht Behinderten zu behaupten vermögen. Gemäß § 6 Abs 2 lit c BEinstG können nach Maßgabe der Richtlinien aus den Mitteln des Ausgleichstaxfonds Zuschüsse oder Darlehen zu den Lohn- und Ausbildungskosten für beschäftigte begünstigte Behinderte gewährt werden, welche infolge ihrer Behinderung entweder die volle Leistungsfähigkeit nicht zu erreichen vermögen oder deren Arbeits- und Ausbildungsplatz ohne die Gewährung von Leistungen aus dem Ausgleichstaxfonds gefährdet wäre. Gemäß 1.4.3.1 der Allgemeinen Richtlinien für die Gewährung von Förderungen aus den Mitteln des Ausgleichstaxfonds (abgedruckt in Ernst/Haller, BEinstG 353 ff [357 f]) können Dienstgebern Zuschüsse zu den Lohn- oder Ausbildungskosten gewährt werden, wenn ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis mit einem begünstigten Behinderten neu begründet oder nach Eintritt des die Behinderung bewirkenden Ereignisses fortgesetzt wurde, für die Zeit einer angemessenen Erprobungsphase, und in der Folge, wenn weiterhin eine nachweisbare Leistungsminderung besteht, die durch technische Arbeitshilfe nicht ausgeglichen werden kann, oder der begünstigte Behinderte das 50.Lebensjahr bereits überschritten hat oder ohne eine Zuschußleistung das Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis des begünstigten Behinderten nicht aufrechterhalten werden könnte. Zweck der Zuschüsse ist demnach eine Abgeltung für die nicht volle Leistungsfähigkeit des beschäftigten begünstigten Behinderten sowie die Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit des Dienstgebers, der Behinderte einstellt, wozu nach den Richtlinien auch noch der Schutz älterer behinderter Arbeitskräfte kommt. Der Zweck dieser Zuschüsse wird daher bei Dienstgebern verfehlt, die - aufgrund verfassungsmäßiger Kompetenz oder gesetzlicher Verpflichtung - selbst Träger der Rehabilitation Behinderter sind. Ist der Beklagte verpflichtet, diese Subvention unter Bindung an den Gleichheitsgrundsatz zu gewähren, dann liegt in der Verweigerung der Zuschüsse an die klagende Partei ein sachlicher Grund, gewährt diese doch selbst nach § 19 NÖ SozialhilfeG LGBl 9200 behinderten Menschen Hilfe zur beruflichen Eingliederung sowie nach § 21 dieses Gesetzes Hilfe durch geschützte Arbeit.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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