Spruch:
Der Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei wird zurückgewiesen.
Den Revisionsrekursen der beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten der Revisionsrekurse der beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Streitteile sind Gesellschaft der S***** GmbH. Der Anteil des Klägers am Stammkapital beträgt 39 %, der der Erstbeklagten 36 %, der des Zweitbeklagten 5 %, der der Drittbeklagten 10 % und der des Viertbeklagten gleichfalls 10 %. Der Kläger und der Viertbeklagte wurden im Gesellschaftsvertrag auf die Dauer ihres Gesellschaftsverhältnisses zu Geschäftsführern mit gemeinsamer Vertretungsbefugnis bestellt.
Der Kläger begehrt die Zustimmung der erst- bis drittbeklagten Parteien zur Abberufung des Viertbeklagten als Geschäftsführer aus wichtigen Gründen und dessen Abberufung durch gerichtliche Entscheidung. Mittels einstweiliger Verfügung begehrt er, dem Viertbeklagten die Geschäftsführung und Vertretung zu untersagen und ihm aufzutragen, Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen zu unterlassen, und den Kläger vorläufig mit der Einzelgeschäftsführung und Einzelvertretung zu betrauen.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Nach seiner Ansicht müsse der Minderheitsgesellschafter, der die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers anstrebe, vorerst die Zustimmung der übrigen Gesellschafter durch rechtskräftiges Urteil erwirken. Vorher sei er zur Klage auf Abberufung nicht berechtigt und könne einen solchen Anspruch auch nicht durch einstweilige Verfügung sichern lassen.
Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Durchführung des Bescheinigungsverfahrens auf. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,- übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.
Es führte unter Berufung auf Lehre und Rechtsprechung aus, daß gemäß § 16 Abs.2 GmbHG nunmehr auch ein Geschäftsführer, der Gesellschafter ist, aus einem wichtigen Grund durch gerichtliche Entscheidung abberufen werden könne. Hiebei seien die §§ 117 und 127 HGB sinngemäß anzuwenden. Mit dieser durch die GmbHG-Novelle 1980 neu eingeführten Bestimmung sollte die Möglichkeit geschaffen werden, Geschäftsführer auch dann abzuberufen, wenn sich hiefür bei der Beschlußfassung der Gesellschafter nicht die notwendige Stimmenmehrheit erzielen lasse. Mitgesellschafter, die ihre Mitwirkung an der Erhebung der Abberufungsklage verweigerten, könnten auf Zustimmung geklagt werden. In den Fällen der Mitwirkungspflicht könne die Klage auf Mitwirkung an der Abberufung mit der Abberufungsklage verbunden werden. Ebenso wie beim Recht der OHG und KG könne auch im Recht der GmbH zur Sicherung des Abberufungsanspruchs dem abzuberufenden Gesellschafter-Geschäftsführer mittels einstweiliger Verfügung die Befugnis zur Geschäftsführung und Vertretung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Abberufungsstreites entzogen und die Geschäfsführung und Vertretung verboten werden. Eine einstweilige Verfügung könne zur Sicherung jedes existenten und konkreten Anspruchs angeordnet werden. Wenn der Anspruch auf Abberufung zulässigerweise bereits mit der Zustimmungsklage verbunden werden könne, mache der Kläger damit bereits einen bestehenden, konkreten Anspruch geltend, der auch durch einstweilige Verfügung gesichert werden könne. Das Erstgericht werde daher das Bescheinigungsverfahren zum behaupteten Anspruch und zur Anspruchsgefährdung durchzuführen haben. Im fortgesetzten Verfahren werde jedoch zu beachten sein, daß sich die Abberufungsklage gegen den abzuberufenden Gesellschafter-Geschäftsführer richtet. Nur dieser sei daher auch im Sicherungsverfahren Gegner der gefährdeten Partei. Durch das Rechtsgestaltungsurteil der Abberufung des Geschäftsführers könne ferner zwar auch einer von zwei kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführern abberufen, nicht aber für diesen ein anderer Geschäftsführer vorläufig bestellt werden.
Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist unzulässig. Die Revisionsrekurse der beklagten Parteien sind nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit der Klage auf Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers aus wichtigem Grund durch jeden Gesellschafter entspricht der Rechtsprechung und Lehre. Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist die Möglichkeit der Abberufungsklage nicht auf Fälle beschränkt, in welchen der Geschäftsführer schon allein durch die Ausübung seines Stimmrechtes seine Abberufung durch die Gesellschafter verhindern kann (SZ 60/285). Es ist auch herrschende Auffassung, daß jene Gesellschafter, die ihre Mitwirkung an der Abberufungsklage verweigern, auf Zustimmung geklagt werden können (SZ 60/285; Reich-Rohrwig,
GmbH-Recht 158 f; Torggler-Kucsko in Straube, HGB, Rz 17 mwN). Dem Rekursgericht ist ferner darin beizupflichten, daß die beiden Klagen miteinander verbunden werden können (Reich-Rohrwig aaO 160 und in WBl. 1988, 126; Kastner5 376). Ob der geltend gemachte Anspruch des Klägers Gegenstand einer Beschlußfassung der Generalversammlung war, wie vom Kläger behauptet und vom Rekursgericht auf Grund dieser Behauptung angenommen wurde, ist, entgegen der Meinung der beklagten Parteien, ohne Bedeutung. Die Frage, ob vor Einbringung der Abberufungsklage zwingend eine Generalversammlung abzuhalten ist, wird im Schrifttum zu Recht verneint (Reich-Rohrwig, Zur gerichtlichen Abberufung des GmbH-Geschäftsführers in ecolex 1990, 87). § 16 Abs.2 GmbHG macht die Abberufungsklage nicht von einer vorangehenden Gesellschafterbeschlußfassung abhängig. Der Hinweis in § 16 Abs.2 auf die §§ 117 und 127 HGB bringt zum Ausruck, daß die herrschende Auslegung dieser Bestimmungen auch im Bereich des GmbH-Rechtes sinngemäß anzuwenden ist (SZ 60/285). Nach herrschender Auffassung wird bei den Personengesellschaften die vorangehende Einberufung einer Gesellschafterversammlung nicht verlangt (Reich-Rohrwig aaO mwN). Zudem wäre in Fällen mit entsprechender Beteiligungskonstellation die vorangehende Gesellschafterbeschlußfassung ein unnötiger Formalismus. Daß der Anspruch auf Abberufung grundsätzlich auch durch einstweilige Verfügung gesichert werden kann (SZ 55/86; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 163; Kastner aaO; vgl. auch Torggler-Kucsko aaO Rz 21), wird von den Beklagten nicht in Abrede gestellt. Nach ihrem Standpunkt stehe hier aber der Erlassung einer einstweiligen Verfügung entgegen, daß der Anspruch des Klägers auf Abberufung durch den Erfolg des Zustimmungsbegehrens gegen die übrigen Gesellschafter bedingt ist. Dem kann nicht gefolgt werden. Richtig ist zwar, daß die Abberufungsklage eine die Beteiligung aller Gesellschafter erfordernde Rechtsgestaltungsklage ist, bei der erst die rechtskräftige Verurteilung der sich gegen die Abberufung sperrenden Gesellschafter deren Teilnahme an der Abberufungsklage ersetzt (SZ 60/285). Wird jedoch die Zustimmungsklage mit der Abberufungsklage verbunden, besteht nach dem Zweck der einstweiligen Verfügung, wesentliche Nachteile zu verhindern, kein Grund, die Zulässigkeit der Sicherung des Abberufungsanspruchs vor der Entscheidung über den Zustimmungsanspruch zu versagen. Dem antragstellenden Gesellschafter obliegt nur die doppelte Bescheinigungspflicht. Er muß Umstände glaubhaft machen, die nicht nur das Abberufungsbegehren, sondern auch das Zustimmungsbegehren begründen können (vgl. Novotny in NZ 1982, 92). Die mit Zustimmungsklage belangten übrigen Gesellschafter sind aber auch im Sicherungsverfahren, entgegen der Meinung des Rekursgerichtes, Gegner der gefährdeten Partei, weil es sich auch bei einer bloß vorläufigen Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht um einen Akt der Gestaltung gesellschaftlicher Rechtsverhältnisse handelt. Zu beachten ist jedoch, daß bei Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht durch einstweilige Verfügung die Voraussetzungen streng zu prüfen sind. Aus der Regelung der Stimmberechtigung des Gesellschafter-Geschäftsführers nach § 39 Abs.5 GmbHG ergibt sich, daß der Gesetzgeber offensichtlich eher in Kauf nimmt, daß ein Mehrheitsgesellschafter trotz Vorliegens wichtiger Gründe für die Dauer des Rechtsstreites die Geschäftsführung ausübt, als daß ihm im umgekehrten Fall eine Gesellschafterminderheit für die Prozeßdauer die Geschäftsführung entzieht. Im Zweifel ist daher der Gesellschafter-Geschäftsführer vorläufig in seiner Funktion zu belassen, und es kommt auch § 390 EO über die Sicherheitsleistung bei nicht genügender Bescheinigung des Anspruchs nicht zur Anwendung (Reich-Rohrwig in JBl. 1981, 196).
Bedacht zu nehmen wird im fortgesetzten Verfahren ferner darauf sein, daß sich der Inhalt der angestrebten einstweiligen Verfügung im wesentlichen mit dem Abberufungsbegehren deckt und somit durch die einstweilige Verfügung der endgültigen Entscheidung vorgegriffen würde. Die einstweilige Verfügung kann daher nur nach Maßgabe des § 381 Z 2 EO erlassen werden. Danach kann zur Sicherung eines anderen Anspruchs als einer Geldforderung eine einstweilige Verfügung dann getroffen werden, wenn dies zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheint. Bei Beurteilung der Anspruchsgefährdung kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei die Bescheinigung einer konkreten Gefahr gefordert wird. Nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit der Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens stellt eine Anspruchsgefährdung dar. Auch bei Beurteilung der Voraussetzungen nach § 381 Z 2 EO ist, da der Prozeßerfolg auf Grund eines bloß bescheinigten Sachverhaltes vorweggenommen werden soll, ein strenger Maßstab anzulegen (ecolex 1991, 168 mwN).
Die Nichtzustellung des den Sicherungsantrag abweisenden Beschlusses des Erstgerichtes stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten dar und begründet keine Nichtigkeit.
Der Kläger wendet sich nur gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß im Rahmen der einstweiligen Verfügung für den abberufenen Geschäftsführer kein anderer Geschäftsführer vorläufig bestellt werden kann. Diese Rechtsansicht entspricht der Rechtsprechung und Lehre (SZ 55/86 mwN; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 163).
Demgemäß ist der Revisionsrekurs des Klägers mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Den Revisionsrekursen der Beklagten ist dagegen nicht Folge zu geben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf den §§ 78, 402 Abs.2 EO iVm mit den §§ 52 Abs.1 und 50 ZPO.
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