OGH 7Ob550/91

OGH7Ob550/9123.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Sven Gunnar P*****, geboren am 12. Juli 1974, und Rene Christopher P*****, geboren am 13. August 1977, beide vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 19.März 1991, GZ 2 R 119/91-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 1. Februar 1991, GZ 13 P 185/89-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes über das Zahlungsbegehren von S 14.250 mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß sie zu lauten hat:

"Knut Ingmar P*****, ist als Vater der beiden mj. Sven Gunnar P*****, geboren am 12.7.1974, und Rene Christopher P*****, geboren am 13.8.1977, schuldig, diesen S 14.250 binnen vierzehn Tagen zu Handen der Mutter Gudrun P*****, zu bezahlen."

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern wurde am 24.8.1989 gemäß § 55 a EheG geschieden. Mit dem aus Anlaß der Ehescheidung abgeschlossenen, pflegschaftsbehördlich genehmigten Vergleich verpflichtete sich der Vater zu einer monatlichen Untehaltsleistung von je S 1.500 ab 1.9.1989 für die beiden Minderjährigen. Diese besuchen eine private AHS mit Öffentlichkeitsrecht. Der Vater bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von S 23.000 und hat sonst keine Sorgepflichten.

Das Erstgericht gab dem namens der Minderjährigen von der Mutter gestellten Antrag, den Vater zur Zahlung der halben Schulkosten zu verpflichten, mit dem Betrag von S 14.250 statt und wies das Mehrbegehren rechtskräftig ab. Es ließ sich hiebei von der Erwägung leiten, daß der Vater auf Grund seines Einkommens in der Lage sei, die Hälfte des in Form eines Schulgeldes bereits angefallenen Unterhaltsaufwandes zu tragen.

Das Rekursgericht änderte diesen Teil des erstgerichtlichen Beschlusses im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Antrages der Minderjährigen ab. Nach seiner Auffassung handle es sich bei Privatschulkosten um keinen vom Unterhaltspflichtigen neben dem laufenden Unterhalt zu deckenden Individualbedarf.

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs der Minderjährigen ist zulässig, weil das Rekursgericht bei seiner Entscheidung verfahrensrechtliche Grundsätze außer acht gelassen hat.

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Auch im Außerstreitverfahren wird außerhalb des Rechtsfürsorgebereiches und in letzterem dort, wo das öffentliche Interesse zurücktritt, der Verfahrensgegenstand grundsätzlich durch den Antrag bestimmt, über den der Richter nicht hinausgehen darf (vgl Dolinar, Österr. Außerstreitverfahrensrecht 74). Das Begehren ist aber immer so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit dem Vorbringen gemeint ist. Es darf an einzelnen Ausdrücken und Formulierungen dann nicht festgehalten werden, wenn es sich offensichtlich um ein Versehen handelt und darüber, was wirklich gewollt ist, keine Unklarheit besteht. In einem solchen Fall hat das Gericht seine Entscheidung nach dem wirklichen Begehren zu treffen (MietSlg 25.542). Soweit die nur in Form von Aktenvermerken protokollierten Anträge der Mutter ein bestimmtes Sachbegehren enthalten, ist es auf Zahlung eines Betrages von S 15.750 gerichtet, das die Mutter (zunächst) aus der Tatsache eines bestimmten Unterhaltsaufwandes in Form von Privatschulkosten ableitete. Nach dem Inhalt der beiden Aktenvermerke vom 19.6.1990 und 11.9.1990 kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, daß die Mutter jedenfalls eine um den begehrten Betrag erhöhte Unterhaltsleistung will. Der erste Aktenvermerk enthält zwar nur die Ankündigung der Unterhaltserhöhung - falls der Vater nicht auf bloße Aufforderung hin leistet, wie sich aus dem Zusammenhalt der beiden Aktenvermerke zweifelsfrei ergibt - , der zweite Aktenvermerk bringt aber deutlich zum Ausdruck, daß mangels Kooperationsbereitschaft des Vaters die gerichtliche Entscheidung begehrt wird.

Unterhaltsvergleiche unterliegen zwar grundsätzlich der Umstandsklausel (EFSlg 59.479 uva). Den Nebenabsprachen der Eltern, wie sie hier vom Vater behauptet werden (AS 46 ON 11) kommt aber keine bindende Wirkung zu, weil sie mangels Offenlegung gegenüber dem Pflegschaftsgericht von dessen Genehmigung nicht erfaßt wurden; sie hindern daher eine Abänderung nicht (6 Ob 700/89; Pichler in Rummel2 Rz 15 a zu § 140). Der nach dem Vergleich vom Vater zu leistende Unterhalt liegt hier ganz erheblich unter dem Betrag, den er nach den Grundsätzen des § 140 ABGB und der Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz (vgl hiezu Schwimann-Schlemmer ABGB I § 140 Rz 13) zu leisten hätte. Hat die Mutter den Mehrbetrag freiwillig getragen, was hier nicht strittig ist (vgl AS 46 ON 11), rechtfertigt der Umstand, daß sie nunmehr, nach der Aktenlage jedenfalls seit November 1990, nur eine Notstandshilfe bezieht, eine Änderung, weil ansonsten der angemessene Unterhalt der Minderjährigen gefährdet wäre. Der vom Erstgericht zugesprochene Betrag liegt ohne Zweifel im Rahmen dessen, was der Vater nach dem Gesetz für beide Minderjährige jedenfalls ab November 1990 insgesamt an Unterhalt zu leisten gehabt hätte. Die von den Gerichten zweiter Instanz - soweit ersichtlich übereinstimmend (EFSlg 58.840, 56.064, 53.232, 47.633; vgl auch EFSlg 50.361, 47.617; Pichler aaO Rz 3 zu § 140) - im Sinne der Ansicht des Rekursgerichtes entschiedene Frage der Deckungspflicht von Privatschulkosten neben dem laufenden Unterhalt kann daher unerörtert bleiben.

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.

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