Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Minderjährigen wurde mit Beschluß vom 10.9.1992 (ON 170) ein monatlicher Unterhaltsvorschuß in der Höhe des Unterhaltstitels von S 2.800,-- für die Zeit vom 1.6.1992 bis 30.9.1994 (weiter-)bewilligt. Damals bezog die Minderjährige aus einem Lehrverhältnis eine monatliche Lehrlingsentschädigung von mindestens S 4.000,-- (ON 171). Auf die Vorlage einer Einkommensbestätigung über einen monatlichen Lehrlingsentschädigungsbezug von S 5.128,11 ohne Sonderzahlungen hiezu verfügte das Erstgericht am 23.9.1993 die (gänzliche) Innehaltung der Vorschußgewährung (ON 189). Nach Erhebung der Höhe der Sonderzahlungen setzte das Erstgericht mit Beschluß vom 3.11.1993 den monatlichen Unterhaltsvorschuß ab 1.8.1993 auf S 1.300,-- mit der Begründung herab, daß bei einem monatlichen Durchschnittsverdienst von S 5.300,-- der Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater nur mehr mit der Hälfte des Differenzbetrages zwischen diesem Verdienst und der monatlichen Mindestpension nach dem ASVG bestehe. Gleichzeitig verfügte es, daß die zu Unrecht ausbezahlten Beträge von der durch die Innehaltung aufgelaufenen Beträgen bei der Nachzahlung einzubehalten sind.
Dem nur gegen die Einbehaltungsanordnung vom Jugendwohlfahrtsträger im Namen der Minderjährigen erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß keine Folge. Es erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Die Herabsetzung des Unterhaltsvorschusses ab 1.8.1993 auf monatlich S 1.300,-- habe für die Monate August und September 1993 einen monatlichen Überbezug von S 1.500,--, sohin insgesamt von S 3.000,-- verursacht, der ohne Schmälerung der der Minderjährigen nach wie vor zustehenden Unterhaltsvorschüsse von dem zwischenzeitig (für die Monate Oktober und November 1993) angesammelten Betrag von S 5.600,-- in Abzug zu bringen sei. Dadurch könnten die zukünftig fällig werdenden Vorschüsse ungeschmälert ausbezahlt werden. § 19 Abs.1 UVG sehe zwar nur die Einbehaltung künftig fällig werdender Vorschüsse, nicht auch die Einbehaltung von durch die Innehaltung angesammelten Beträgen, die ja grundsätzlich schon fällig geworden sind, vor. Aus der Wertung des Gesetzgebers müsse geschlossen werden, daß die erleichterte Einbringung von Übergenüssen im Sinne des § 19 Abs.1 UVG nur auf künftig auszubezahlende Vorschüsse eingeschränkt werden sollte, daß es aber nicht in der Absicht des Gesetzgebers lag, zwischen künftiger Fälligkeit und durch zwischenzeitige Innehaltung verzögerter Auszahlung zu unterscheiden. Dazu komme, daß es für die Deckung des laufenden Unterhaltes besser sei, den Überbezug von einer Nachzahlung einzubehalten. Im übrigen könne § 16 UVG auch im Sinne der Aufschiebung der Fälligkeit des Unterhaltsvorschusses ausgelegt werden, weil sonst die Innehaltung trotz Weiterbestehens der Fälligkeit rechtswidrig wäre.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der durch das Jugendamt vertretenen Minderjährigen mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß die zuviel ausbezahlten Vorschußbeträge von den in Hinkunft fälligen Vorschußzahlungen in Monatsraten einzubehalten sind.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Nach § 7 Abs.1 UVG hat das Gericht die Vorschüsse ganz oder teilweise zu versagen, soweit begründete Bedenken bestehen, daß die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (noch) besteht oder, der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend, zu hoch festgesetzt ist (Z 1) oder in den Fällen des § 4 Z 2 und 3 UVG das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist (Z 2). Richtig ist, daß der Wortlaut des § 19 Abs.1 UVG nur eine Einbehaltung von zu Unrecht (in der Vergangenheit) ausbezahlten Beträgen, soweit notwendig in Teilbeträgen, von künftig fällig werdenden Vorschüssen vorsieht. Nach Abs.3 leg. cit. gilt § 16 UVG für die Innehaltung sinngemäß. Eine ähnliche Anordnung sieht § 20 Abs.2 letzter Satz UVG vor.
Zweck der Innehaltung ist offensichtlich einerseits, das nicht mehr bzw. nur mehr teilweise unterhaltsberechtigte und meistens teilweise selbsterhaltungsfähige Kind unter möglichster Schonung seiner wirtschaftlichen Existenz vor hohen Rückzahlungsverpflichtungen zu bewahren, andererseits die Republik vor einem allenfalls nicht mehr einbringlich zu machenden Überbezug zu schützen. Die Begriffe der "Einbehaltung" und der "Innehaltung" sind nicht deckungsgleich und haben verschiedene gesetzliche Voraussetzungen und Auswirkungen. Während die Einbehaltung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes zu erfolgen hat (vgl. die von Knoll, UVG in ÖA 12.Lieferung Dezember 1989 zu Rz 8 und 9 des § 19 zitierte Rechtsprechung der zweiten Instanzen), ist die Verfügung der Innehaltung nicht von diesen Voraussetzungen abhängig. Zu teilen ist die Lehrmeinung Knolls (aaO Rz 11), daß, um der Gesetzesbestimmung des § 19 Abs.3 UVG einen wirksamen Sinngehalt zu geben, es zulässig ist, die Innehaltung auch ohne Rekurs aufgrund eines beachtlichen Unterhaltsherabsetzungsantrages und auch bei amtswegigem Auftreten begründeter Bedenken gegen eine weitere Auszahlung des Unterhaltsvorschusses in bisheriger Höhe anzuordnen. Richtig ist, daß mit einer Anordnung nach § 19 Abs.3 UVG anders als sonst bei § 16 UVG rechtskräftig zuerkannte Rechtsschutzansprüche auf unanfechtbare Weise mit all den für den Vorschußansprecher sich ergebenden Konsequenzen suspendiert werden. Das Gebot des Gesetzgebers im § 19 Abs 1 UVG, Überbezüge von den in Zukunft fällig werdenden Unterhaltsvorschüssen in Abzug zu bringen, bezieht sich auf zu Unrecht ausgezahlte Beträge. Innebehaltene Beträge sind dem Kind noch nicht zugekommen, sie wurden ihm noch nicht "ausgezahlt". Nach dem Sinn der vom Rekursgericht zutreffend aufgezeigten Wertungen des Gesetzgebers bezieht sich die Anordnung des § 19 Abs 1 Schlußteil UVG, Übergenüsse von künftig fällig werdenden Vorschüssen einbringlich zu machen, daher nicht auf durch Innehaltung angesammelte Übergenüsse; § 19 Abs 1 UVG nimmt auf die Möglichkeit, über innebehaltene Beträge zu verfügen, nicht Bedacht. Die Worte "künftig fällig werdenden..." sind daher im Fall der Innehaltung so zu verstehen, daß sie sich nur auf den in Zukunft liegenden Auszahlungszeitpunkt beziehen, daß also die Einbehaltung zu Unrecht ausgezahlter Beträge (hier: für August und September 1993 je S 1.500,--) von künftig auszuzahlenden Vorschüssen (hier: vom innebehaltenen Betrag für Oktober und November 1993 von zusammen S 5.600,--) zu erfolgen hat. Es kann wohl nicht im Sinn des Gesetzes liegen, Vorschußbeträge, auf die das Kind keinen Anspruch mehr hat, nach Innehaltung doch auszubezahlen, nur um sie in der Folge wieder zurück zu fordern.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
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