OGH 7Ob543/85

OGH7Ob543/8518.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Rita F***, Hausfrau, Herrliberg, Aussichtsstraße 11, Schweiz, vertreten durch Dr. Ludwig Hoffmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei E*** A, Privater, Innsbruck, Hunoldstraße 20/1, vertreten durch Dr. Hans Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 2,319.506,51 infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 12.Februar 1985, GZ 2 R 44/85-11, womit die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes Innsbruck vom 21.Dezember 1984, GZ 11 Cg 499/84-5, abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine neue Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Maria B, die Mutter der Streitteile, ist am 22.10.1983 verstorben. Zu ihren Erben sind auf Grund des Testamentes vom 19.9.1983 der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei (im folgenden nur Beklagter) und die beiden mj. Kinder der Klägerin und gefährdeten Partei (im folgenden nur Klägerin) je zu einem Drittel berufen. Mit Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 25.1.1981 hatte Maria B ihre gesamten Liegenschaften dem Beklagten geschenkt. Eine dieser Liegenschaften schenkte Maria B jedoch am 7.10.1983 der Klägerin mit der Auflage, diese Liegenschaft nur an ihre beiden Kinder weiterzugeben, und mit der Belastung durch ein Veräußerungs- und Belastungsverbot. Nach dem bisherigen Stand der Verlassenschaftsabhandlung betragen die Nachlaßaktiven S 2,069.196,93 und die Nachlaßpassiven S 616.597,20, der Reinnachlaß sohin S 1,452.599,73 ohne Liegenschaften. Der Wert der Liegenschaften wurde im Verlassenschaftsverfahren mit rund S 14 Mill. geschätzt.

Die Klägerin beansprucht ihren Pflichtteil. Sie behauptet das Vorhandensein eines weiteren Nachlaßvermögens in den USA. Die Erblasserin habe dem Beklagten wiederholt Geldbeträge im Gegenwert von zusammen rund 178.000 US-Dollar in die USA zur Veranlagung überwiesen. Der Beklagte habe im Jahre 1961 einen Geldbetrag von S 70.000 und in der Folge weitere der Klägerin unbekannte Schenkungen erhalten. Mit der vorliegenden Stufenklage begehrt die Klägerin vom Beklagten unter Vorlage eines Vermögensverzeichnisses die Bekanntgabe des von ihm auf Grund der ihm von der Erblasserin überwiesenen Geldbeträge angeschafften Vermögens, die Bekanntgabe derjenigen Schenkungen, die er von der Erblasserin außer der Schenkung auf den Todesfall erhalten habe, sowie die Ablegung eines Eides. Ferner begehrt die Klägerin einen der Erbquote des Beklagten entsprechenden Nachlaßpflichtteil auf der Basis des bisherigen Reinnachlasses von S 484.199,91 und unter ausdrücklicher Berufung auf § 785 ABGB einen der Erbquote des Beklagten entsprechenden Schenkungspflichtteil von S 1,835.306,60, den zuletzt genannten Betrag bei sonstiger Exekution in die geschenkten Liegenschaften. Zur Sicherung der geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsansprüche und der nach Ablegung des Eides vorbehaltenen weiteren Pflichtteilsergänzungsansprüche begehrte die Klägerin 1.) ein Veräußerungs- und Belastungsverbot hinsichtlich der dem Beklagten auf den Todesfall geschenkten Liegenschaften, 2.) das Verbot an den Notar Dr. Ivo C in Telfs, über die Originalausfertigung des Notariatsaktes (Schenkungsvertrag) in der Form zu verfügen, daß er diese Urkunde dem Beklagten oder einem sonstigen Dritten ausfolgt oder die grundbücherliche Durchführung dieses Schenkungsvertrages auf den Todesfall beantragt, 3.) das Verbot an den Gerichtskommissär Dr. Heinz D, dem Beklagten den ihm zukommenden Reinnachlaß, der auf einem bestimmt bezeichneten Konto eingezahlt werde, nach Abzug der anteiligen Abhandlungskosten und Gerichtsgebühren auszubezahlen sowie das Verbot an den Beklagten, über dieses Guthaben zu verfügen. Die Klägerin behauptet, daß sich das Original des Schenkungsvertrages in Händen des Notars Dr. C befinde und der Nachlaß auf einem Treuhandkonto des Gerichtskommissärs vorerst gesammelt werde. Der Beklagte habe seinen ständigen Wohnsitz in den USA und es bestehe die Gefahr, daß er nach Veräußerung der Liegenschaften wieder dorthin zurückkehre. Eine Gefährdung der Ansprüche der Klägerin ergebe sich auch deshalb, weil der Beklagte im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens die eidesstättige Erklärung abgegeben habe, daß ihm kein weiteres Nachlaßvermögen bekannt sei. Diese Erklärung sei unrichtig und der Beklagte verheimliche offensichtlich Vermögen.

Das Erstgericht erließ die begehrte einstweilige Verfügung mit Ausnahme des Veräußerungs- und Belastungsverbotes gegen den Erlag einer Sicherheitsleistung von S 100.000. Es nahm als bescheinigt an, daß der Beklagte mit seiner Lebensgefährtin bis zum Tode seiner Mutter in den USA gelebt habe. Er habe regelmäßig mit seiner Mutter korrespondiert. Hiebei sei es um die Anlage von Vermögen seiner Mutter in den USA gegangen. Im Verlassenschaftsverfahren habe er an Eides Statt erklärt, daß sich in den USA kein Vermögen der Erblasserin befinde. Aus der Korrespondenz ergebe sich ein schlechtes Verhältnis zwischen den Streitteilen und daß der Beklagte Vermögen in den USA verheimlicht. Seit dem Tode seiner Mutter wohnt der Beklagte in Innsbruck.

Das Erstgericht nahm eine Gefährdung des Anspruches der Klägerin als bescheinigt an, weil die feindselige Gesinnung der Streitteile zueinander gerichtsbekannt und eine Rückkehr des Beklagten in die USA sowie eine Verbringung seines Vermögens dorthin möglich seien. Bescheinigt sei aber auch, daß der Beklagte Vermögen verheimliche. Das Rekursgericht änderte den nur in seinem stattgebenden Teil angefochtenen erstgerichtlichen Beschluß (einstweilige Verfügung) dahin ab, daß es den Antrag der Klägerin zur Gänze abwies. Es verneinte das Vorliegen einer Gefährdung. Bei einer Geldforderung sei eine subjektive Gefährdung durch positives Handeln des Antragsgegners erforderlich. Daran fehle es im vorliegenden Fall. Bei den Erwägungen des Erstgerichtes über die Möglichkeit der Rückkehr des Beklagten in die USA und der Verbringung seines Vermögens dorthin handle es sich nur um Vermutungen. Die Erklärung des Beklagten, in Innsbruck seinen ständigen Wohnsitz genommen zu haben, sei unwiderlegt geblieben und finde in dem Wert des ihm auf Grund der Schenkung auf den Todesfall zugekommenen Liegenschaftsvermögens eine Stütze.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist berechtigt.

Der Standpunkt der Klägerin, daß es sich bei den zu sichernden Ansprüchen um keine reinen Geldansprüche handle, weil auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 785 ABGB geltend gemacht werde, ist allerdings schon nach dem Wortlaut des die zu sichernden Ansprüche betreffenden Urteilsbegehrens verfehlt. Im übrigen ist auch der Schenkungspflichtteil eine Geldforderung (Koziol-Welser 6 II 310) und aus dem Nachlaß zu decken (Welser in Rummel, ABGB, Rdz 22 f. zu § 785). Auch bei Nichtzulangen des Nachlasses hat das Klagebegehren gegen den Beklagten auf Zahlung des Ausfalles und somit auf einen Geldbetrag zu lauten (Welser aaO Rdz 27 und Schubert aaO Rdz 3 zu § 951 je mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Aus den Bestimmungen der §§ 74 und 75 der 3.Teilnovelle ist für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen, weil diese lediglich die Rechte der Erbengläubiger in Ansehung des Erbgutes vor der Einantwortung regeln und für Geldforderungen nur die zulässigen Sicherungsmittel erweitern (vgl. Welser aaO Rdz 5 zu § 822), nicht jedoch das Erfordernis der Gefahrenbescheinigung abschwächen. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 379 Abs 2 EO wird vielmehr nach § 75 der 3.Teilnovelle ausdrücklich gefordert. Zur Sicherstellung von Geldforderungen können nach § 379 Abs 2 EO einstweilige Verfügungen getroffen werden, wenn wahrscheinlich ist, daß ohne sie der Gegner der gefährdeten Partei durch Beschädigen, Zerstören, Verheimlichen oder Verbringen von Vermögensstücken, durch Veräußerung oder andere Verfügungen über Gegenstände seines Vermögens insbesondere durch darüber mit dritten Personen getroffene Vereinbarungen die Hereinbringung der Geldforderung vereiteln oder erheblich erschweren würde (Z 1) oder wenn das Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte (Z 2). Nach dem erstgenannten Fall müssen konkrete Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich machen, daß ohne die Erlassung der einstweiligen Verfügung die Hereinbringung der Forderung der gefährdeten Partei durch das Verhalten des Gegners vereitelt oder erheblich erschwert würde (subjektive Gefährdung), wobei nach Lehre und Rechtsprechung die Bescheinigung von Eigenschaften oder Verhaltensweisen des Gegners hinreicht, nach denen Vereitlungshandlungen sehr wahrscheinlich sind (Heller-Berger-Stix, 2706; JBl.1979, 323 mwN). Solche Verhaltensweisen sind im § 379 Abs 2 Z 1 EO beispielsweise aufgezählt. Unter ihnen ist auch die Verheimlichung von Vermögensstücken genannt. Die Bescheinigung eines solchen Verhaltens rechtfertigt daher die Annahme einer subjektiven Gefährdung. Das Erstgericht hat, wenn auch erst im Rahmen seiner Rechtsausführungen, auf Grund der in Fotokopie vorgelegten Korrespondenz als bescheinigt angenommen, daß der Beklagte Vermögen in den USA verheimliche. Auf die Lage des Vermögens kann es nach den dargelegten Grundsätzen nicht ankommen, weil ein Verhalten genügt, das zur Besorgnis Anlaß gibt, es könnten Vereitlungs- oder Erschwerungshandlungen vorgenommen werden. Auf diese Feststellung wurde vom Rekursgericht offensichtlich nicht Bedacht genommen. Da das Rekursgericht im Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen vom Erstgericht (selbst unmittelbar) aufgenommene Beweise umwürdigen kann (ÖBl.1980, 41; EvBl.1964/392 ua), wird das Rekursgericht zunächst zu der vom Beklagten bekämpften Feststellung über die Verheimlichung von Vermögensstücken Stellung zu nehmen haben. Sollte das Rekursgericht das vom Erstgericht angenommene Verhalten des Beklagten nicht als bescheinigt ansehen, wäre allerdings eine Gefährdung zu verneinen, weil es dann an konkreten Umständen fehlte, die eine Besorgnis im Sinne des § 379 Abs 2 Z 1 EO rechtfertigen könnten. Es lägen dann auch nicht die Voraussetzungen nach Z 2 leg.cit. vor, weil der Beklagte im Inland hinreichendes Vermögen besitzt und kein Grund zur Annahme gegeben wäre, daß dieses Vermögen dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden könnte (JBl.1979, 323; JBl.1952, 348).

Insoweit die Klägerin auch Ansprüche nach Art.E EGZPO erhebt, ist zu bemerken, daß grundsätzlich auch eine Sicherung der vorbehaltenen Ansprüche nicht ausgeschlossen ist. Soweit allerdings eine bestimmte Höhe der vorbehaltenen Ansprüche nicht bescheinigt wird, wird eine Sicherung nur gegen Erlag einer Sicherheitsleistung in Betracht kommen.

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf den §§ 402, 78 EO und 52 Abs 1 ZPO.

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