OGH 7Ob533/86

OGH7Ob533/8624.4.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta, Dr.Egermann und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter T***, Kaufmann, Wien 1., Kärntnerstraße 51, vertreten durch Dr.Christa A.H***, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Werner M***, Kaufmann, Wien 21., Hermann Bahrstraße 20, vertreten durch Dr.Rudolf Meisel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung eines Bestandverhältnisses (Streitwert 129.939,60 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 21.Juni 1985, GZ.41 R 495/85-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 3.Jänner 1985, GZ.6 C 2402/84-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag des Klägers auf Zuspruch von Kosten für das Revisionsverfahren wird abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß er durch den Eintritt in den zwischen Frieda N*** und Stefanie und KommRat Fritz W*** am 25.9.1971 abgeschlossenen Mietvertrag Hauptmieter des Geschäftslokales Nr.1 in Wien 21., Brünnerstraße 19, geworden sei. Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen, wobei sie von folgenden wesentlichen Feststellungen ausgingen:

Mit Mietvertrag vom 25.9.1961 mieteten KommRat Fritz W*** und Stefanie W*** von dem damaligen bücherlichen Eigentümer des Hauses Wien 21., Brünnerstraße Nr.19, das ebenerdige Geschäftslokal Nr.1 zum Zwecke des Betriebes eines Einzelhandels mit Lederwaren usw. Der am 16.10.1961 beginnende Mietvertrag wurde für die Dauer von 20 Jahren abgeschlossen, wonach er in einen Mietvertrag auf unbestimmte Dauer übergehen sollte. Den Eheleuten W*** wurde das Recht zuerkannt, die Mietrechte bis Ende des Jahres 1976 an Dritte zu übergeben. Nach Ablauf dieses Zeitraumes sollte dieses Recht erloschen sein.

Die Eheleute W*** haben im Bestandobjekt bis Ende 1970 ein Geschäft mit Lederwaren betrieben. 1970 haben sie dieses Geschäft dem Kläger und Josef T*** verpachtet. Das Pachtverhältnis begann am 1.1.1971 und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Zwischen den Verpächtern und Pächtern wurde vereinbart, daß die Pächter den der Höhe nach bestimmten Pachtzins zu bezahlen haben und daneben zu den jeweiligen Fälligkeiten den für die pachtgegenständlichen Geschäftslokalitäten vorgeschriebenen Hauptmietzins einschließlich Grundsteuer und Betriebskostenanteil zu entrichten haben. Den Pächtern wurde gestattet, die Zahlung des Hauptmietzinses samt Zuschlägen direkt an die Hausverwaltung für Rechnung der Verpächter zu entrichten. Der Vermieterin N*** wurde bekanntgegeben, daß nunmehr der Kläger den Mietzins zahlt. Auf Grund dieser Vereinbarung im Pachtvertrag zahlte der Kläger seit Beginn des Pachtverhältnisses den Mietzins für das Bestandobjekt an die Hausinhabung. Diese hat ihm den Mietzins samt Wertsicherung und Betriebskosten vorgeschrieben. An diesen Vorschreibungs- und Zahlungsmodalitäten hat sich bisher nichts geändert.

Während des Pachtverhältnisses erhielt der Kläger ein lukratives Angebot für das Bestandobjekt, das er mit der Hausinhabung erörterte. Anläßlich dieses Gespräches wurde ihm von der Hausinhabung angeboten, ihn als Hauptmieter anzuerkennen. Der Kläger wollte jedoch die Eheleute W*** nicht übergehen und schloß mit ihnen einen Leibrentenvertrag. Nach diesem am 16.2.1981 abgeschlossenen Vertrag verkauften und übergaben die Eheleute W*** dem Kläger für den Fall der Auflösung des Pachtverhältnisses die bisher pachtgegenständlichen Lederwarengeschäfte gegen eine Leibrente. Es kann nicht festgestellt werden, daß die Hausinhabung von dem Leibrentenvertrag verständigt worden ist. Jedenfalls hat sie einer Übertragung der Mietrechte an den Kläger nicht zugestimmt. Am 12.8.1981 hat der Kläger das von ihm betriebene Unternehmen unterverpachtet. Von der Unterverpachtung verständigte er die Hausinhaberin, die mit Schreiben vom 12.8.1981 replizierte, keinen Einwand zu haben, daß die vom Kläger gepachteten Geschäftsräumlichkeiten, die er im Rahmen seiner Firma "Steffi Lederwaren" benützte, unterverpachtet werden. Dennoch brachte die Hauseigentümerin gegen Stefanie W*** 1983 eine Kündigung wegen unzulässiger Weitergabe gegen ein nicht gerechtfertigtes hohes Entgelt ein. Nach Vorlage der Zustimmungserklärung der Hausinhabung zog diese die Aufkündigung zurück. Bei seiner Einvernahme am 11.10.1983 sprach der Kläger als Zeuge davon daß er das Unternehmen gepachtet hat und es 1981 unterverpachtete. Vom Leibrentenvertrag war damals nicht die Rede.

Frieda N*** veräußerte das Haus Wien 21., Brünnerstraße 19 an den Beklagten, dessen Eigentumsrecht inzwischen im Grundbuch einverleibt ist. Der Beklagte schrieb den Mietzins Stefanie W*** vor, die die Vorschreibung an den Kläger weiterleitete, der den Mietzins an den Beklagten unter seinem Namen bezahlte. Diese Mietzinszahlung hat der Beklagte nicht angenommen.

Rechtlich führten die Vorinstanzen aus, im Hinblick auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Leibrentenvertrages komme hier die Bestimmung des § 12 Abs.3 MRG nicht zur Anwendung. Durch den Abschluß diese Leibrentenvertrages sei es daher nur zu einem gespaltenen Schuldverhältnis gekommen, weshalb der Kläger aus diesem Vertrag keine Hauptmietrechte ableiten könne. Zwar wäre es auch vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes grundsätzlich möglich gewesen, daß ein Erwerber des Unternehmens Hauptmieter werde, doch hätte dies eine Zustimmung des Vermieters, die auch schlüssig erfolgen konnte, vorausgesetzt. In der bloßen Annahme des Hauptmietzinses vom Kläger durch die Hausinhabung sei jedoch schlüssig ein direktes Bestandverhältnis zwischen den beiden deshalb nicht zustandegekommen, weil eine solche Art der Zinszahlung in dem der Hausinhabung bekanntgegebenen Pachtvertrag vorgesehen gewesen sei.

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt.

Der Kläger bezeichnet seine Revision zwar als außerordentliche und macht den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend, doch kann die vorliegende Entscheidung gemäß § 502 Abs.4 Z 2 ZPO nur mit ordentlicher Revision bekämpft werden.

Rechtliche Beurteilung

Da jedoch die Revision sämtlichen Inhaltserfordernissen einer ordentlichen Revision entspricht und auch eine Zustellung an die Gegenseite erfolgt ist, konnte der Oberste Gerichtshof ohne weiteres Verfahren sachlich über diese Revision entscheiden. Die vom Kläger erhobenen Revision ist jedoch nicht gerechtfertigt.

Bei der Behandlung der Rechtsrüge muß der Oberste Gerichtshof von den Feststellungen der Vorinstanzen ausgehen. Diese laufen in den wesentlichen Punkten darauf hinaus, daß der Kläger nicht unmittelbar von der damaligen Hausinhabung, sondern von einem Bestandnehmer ein Unternehmen gepachtet hat. Demnach kam es zwischen ihm und der Hausinahbung nicht zu einem Vertragsverhältnis. Auf Grund des zwischen dem Kläger und seinen Verpächtern abgeschlossenen Vertrages hat der Kläger entsprechend den Vertragsbestimmungen den Bestandzins direkt an die Hausinhabung bezahlt. Der Hausinhabung war der Inhalt des Pachtvertrages zwischen dem Kläger und den Bestandnehmern bekanntgegeben worden. Auf Grund des Inhaltes dieses Pachtvertrages hat die Hausinhabung den Hauptmietzins direkt dem Kläger vorgeschrieben. Ein endgültiger Erwerb des Unternehmens durch den Kläger erfolgte erst durch den zwischen ihm und den Hauptbestandnehmern am 16.2.1981 abgeschlossenen Leibrentenvertrag, der jedoch der Hausinhabung nicht bekanntgegeben wurde. Ferner steht fest, daß die Hausinhabung nie einer Übertragung der Hauptmietrechte an den Kläger zugestimmt hat.

Soweit die Revision ihren Ausführungen andere als die oben wiedergegebenen Feststellungen zugrundelegt, entspricht sie nicht dem Gesetz und ist in diesem Punkte unbeachtlich.

Geht man von den getroffenen Feststellungen aus, so erweist sich die Entscheidung der Vorinstanzen als zutreffend.

Richtig erkannt haben die Vorinstanzen, daß Unternehmensveräußerungen, auf die zwar alle Kriterien des § 12 Abs.3 MRG zutreffen, die aber bereits vor dem Inkrafttreten des MRG vollzogen waren, mangels besonders angeordneter Rückwirkung keinen gesetztlichen Mietrechtsübergang nach der genannten Gesetzesstelle bewirken (EvBl.1983/143, RdW 1985,274 u.a.). Daraus ergibt sich aber, daß durch den zwischen dem Kläger und den Hauptbestandnehmern abgeschlossenen Leibrentenvertrag keine Mietrechtsübertragung im Sinne des § 12 Abs.3 MRG erfolgt ist. Es ist zwar richtig, daß auch vor Inkraftreten des Mietrechtsgesetzes Volleintritte in bestehende Bestandverhältnisse möglich waren, doch setzten solche eine Zustimmung des Bestandgebers voraus. Eine ausdrückliche Zustimmung ist im vorliegenden Fall nach den getroffenen Feststellungen nicht erfolgt.

Die direkte Vertragsbeziehungen begründende Zustimmung des Bestandgebers zu einer Übertragung der Mietrechte konnte allerdings auch schlüssig erfolgen. Bei der Prüfung einer Handlung auf ihre konkludente Aussage ist jedoch Vorsicht geboten, weil die Gefahr besteht, daß dem Handelnden Äußerungen unterstellt werden, die nicht in seinem Sinn gelegen sind (SZ 50/99, MietSlg.31.155 u.a.). Es darf also kein vernünftiger Grund bestehen, an einem Willensentschluß desjenigen, der eine bestimmte Handlung begangen hat, zu zweifeln. Die bloße Vorschreibung des Mietzinses an eine bestimmte Person und die Entgegennahme des vorgeschriebenen Mietzinses von dieser kann demnach als schlüssige Zustimmung zum Eintritt dieser Person in ein bestehendes Bestandverhältnis nur dann gewertet werden, wenn nach den Umständen des Falles die Handlungsweise des Bestandgebers eindeutig seinen Willen, den Dritten nunmehr als Bestandnehmer anzuerkennen, erkennen läßt. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn dem Bestandgeber seitens seines bisherigen Bestandnehmers ein Vertrag mit einem Dritten vorgelegt wird, demzufolge der Dritte im Rahmen des Unterbestandverhältnisses verpflichtet ist, als Teil des Unterbestandzinses den Hauptbestandzins zu bezahlen, wobei ihm eine direkte Bezahlung an die Hausinhabung freigestellt wird. Schreibt in einem solchen Fall die Hausinhabung im Hinblickauf den ihr bekanntgegebenen Unterbestandvertrag dem Unterbestandnehmer den Hauptbestandzins direkt zur Zahlung vor, so gibt sie damit nur zu erkennen, daß sie dem Unterbestandvertrag zustimmt und bereit ist, die von den Vertragsparteien des Unterbestandsvertrages vorgesehenen Zahlungsmodalitäten zu akzeptieren. Die direkte Vorschreibung des Hauptbestandzinses an den Unterbestandnehmer und die Entgegennahme des Hauptmietzinses von diesem lassen in einem solchen Fall keineswegs den Schluß zu, der Bestandgeber wolle nunmehr den Unterbestandnehmer als Hauptbestandnehmer anerkennen. Im vorliegenden Fall kann der Kläger die angebliche Zustimmung der Hausinhabung zu seinem Volleintritt in die Bestandrechte nur aus der Vorschreibung und Annahme des Hauptmietzinses ableiten. Bis zum Abschluß des Leibrentenvertrages kann dies schon deshalb nicht zu einem Volleintritt des Klägers in das Bestandverhältnis führen, weil der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt selbst gar nicht die Absicht hatte, Hauptmieter zu werden. Er hat den Hauptbestandzins an die Hausinhabung nicht etwa in der Absicht bezahlt, eigene Bestandrechte zu erwerben, sondern nur in Erfüllung seiner Verpflichtung gegenüber seinen Bestandgebern. An der bisherigen Vorgangsweise hat sich jedoch durch den Abschluß des Leibrentenvertrages nichts geändert. Insbesondere war eine solche Änderung für die Hausinhabung nicht erkennbar, weil dieser der Inhalt des Leibrentenvertrages und nicht einmal dessen Abschluß bekanntgegeben worden ist. Demnach kann in der Tatsache, daß die Hausinhabung bezüglich des Hauptmietzinses wie bisher vorgegangen ist, nicht eine Zustimmung zum Volleintritt des Klägers in das Hauptbestandverhältnis erblickt werden. Wurde aber durch den Leibrentenvertrag nur ein sogenanntes gespaltenes Schuldverhältnis begründet, so hat der Kläger keine Mietrechte gegenüber der Hausinhabung erworben. Sein auf Feststellung solcher Mietrechte gerichtetes Klagebegehren erweist sich demnach als unbegründet.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Durch sein Unterliegen wäre der Kläger kostenersatzpflichtig, doch hat der Beklagte keine Revisionsbeantwortung erstattet.

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