Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.433,60 (darin enthalten S 905,60 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** die aus den Grundstücken 114/1 und 115 besteht. Am Grundstück 114/1 steht der Beklagten ein verbüchertes Vorkaufsrecht zu. Mit Vermessungsurkunde des Dipl.Ing.Dr.Bruno B***** vom 31.3.1992, GZ ***** wurde das Grundstück 114/1 in dieses von restlich 533 m2 und das neue Grundstück 114/13 mit 3.117 m2 geteilt. Das Grundstück 115 hat 11 m2. Mit Kaufvertrag vom 18.5.1992 verkaufte die Klägerin die Grundstücke 114/13 und 115 an die Firma Anton P***** GesellschaftmbH um einen Kaufpreis von S 1,800.000,--. Im Punkt XIV. dieses Vertrages ist festgehalten:
"... ist die Liegenschaft der Verkäuferin in EZ 187 gemäß einem Kaufvertrag vom 29.1.1958 belastet mit einem Vorkaufsrecht zugunsten der Frau Erna S***** M*****. Der Schriftenverfasser Notar Dr.Alois S***** erhält von beiden Kaufvertragsparteien dieses Vertrages hiermit die Ermächtigung und den Auftrag, gleich nach Unterfertigung und Vergebührung dieses Kaufvertrages eine Kopie desselben und auch der Vermessungsurkunde des Dr.B***** zu dessen Geschäftszahl ***** der vorkaufsrechtsberechtigten Erna S*****, bzw deren Bevollmächtigten zuzusenden und gleichzeitig das vertragsgegenständliche Kaufobjekt zu den gleichen Bedingungen, wie solche vorhin in diesem Kaufvertrage beurkundet worden sind, zum Kaufe gemäß den Bestimmungen der §§ 1072 ff des ABGB anzubieten. Sollte die vorkaufsberechtigte Erna S*****, in der hiefür vorgesehenen gesetzlichen Frist von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, hat Erna S***** die Verpflichtung, in diesen Kaufvertrag als Käuferin einzutreten und alle Bedingungen dieses Kaufvertrages zu erfüllen. Ein vom Schriftenverfasser Notar Dr.Alois S***** auf dieser Originalurkunde zu erstellender Nachtrag mit neuer Aufsandungsklausel wird von der Verkäuferin Therese S***** und der das Vorkaufsrecht ausübenden Käuferin Erna S*****, beglaubigt zu unterfertigen sein".
Die Klägerin begehrt, der Beklagten gegenüber festzustellen, daß das auf der klägerischen Liegenschaft EZ ***** KG ***** einverleibte Vorkaufsrecht hinsichtlich der den Gegenstand des Kaufvertrages vom 18.5.1992 bildenden Liegenschaft erloschen ist, ferner die Beklagte schuldig zu erkennen, der Einverleibung der Löschung des Vorkaufsrechtes hinsichtlich der den Gegenstand des Kaufvertrages vom 18.5.1992 bildenden Liegenschaft EZ ***** zuzustimmen. Sie brachte vor, daß die Beklagte trotz gehöriger Anbietung innerhalb der 30-tägigen Frist des § 1075 ABGB von ihrem Einlösungsrecht keinen Gebrauch gemacht habe. Das Vorkaufsrecht sei daher erloschen. Dennoch bestehe die Beklagte weiterhin auf ihrem Vorkaufsrecht. Eine Ausfertigung des Kaufvertrages sei dem Vertreter der Beklagten am 20.5.1992 zur vertragsgemäßen Ausübung des Vorkaufsrechtes übermittelt worden. Die Beklagte habe daher die Möglichkeit gehabt, ihr Vorkaufsrecht an den tatsächlich veräußerten Liegenschaftsteilen auszuüben.
Die Beklagte beantragt Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, daß das Vorkaufsrecht mit Kaufvertrag vom 29.1.1958 derart vereinbart worden sei, daß die Beklagte berechtigt sei, das Vorkaufsrecht am gesamten Grundstück (114/1) oder an Grundstücksteilen auszuüben. Die Klägerin habe jedoch die Ausübung des Vorkaufsrechtes nur am gesamten Grundstück angeboten. Der Kaufvertrag vom 18.5.1992 enthalte als Kaufgegenstand darüberhinaus das Grundstück 115. Als Kaufpreis sei ein Pauschalkaufpreis von S 1,800.000,-- eingesetzt worden. Die Beklagte hätte somit auch das Grundstück 115 miterwerben müssen, falls sie ihr Vorkaufsrecht ausüben hätte wollen. Dies stelle eine unzulässige Erschwerung der Ausübungsmöglichkeiten des Vorkaufsrechtes dar. Im übrigen sei nach den Bestimmungen des Kaufvertrages vom 18.5.1992 der Vorkaufsfall noch gar nicht eingetreten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es traf neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt noch nachstehende Feststellungen:
Im Punkt V. des Kaufvertrages vom 29.1.1958 heißt es: "Für den Fall als Theresia S*****, die restliche Gp 114/1 oder Teile daraus verkaufen sollte, räumt sie den Käufern Albert und Erna S***** das Vorkaufsrecht an diesem Grundstück oder Grundstückteilen - insoweit diese hieran interessiert sind - das Vorkaufsrecht ein und willigt in die Einverleibung des Vorkaufsrechtes auf Gp 114/1 in ***** zugunsten der Genannten ausdrücklich ein." Das Vorkaufsrecht des Albert S***** ist gelöscht.
Mit Schreiben vom 20.5.1992 sandte der Urkundenverfasser Dr.S***** dem Beklagtenvertreter eine Ablichtung des Kaufvertrages vom 18.5.1992, in dem es unter anderem heißt: "In Ermächtigung und im Auftrage dieser bisherigen Verkaufsvertragsparteien des vorgelegten Kaufvertrages wird hiemit diese Kaufliegenschaft zu den gleichen Vertragsbedingungen, wie im vorliegenden Kaufvertrag beurkundet, der Frau Erna S***** zum Kauf angeboten, gemäß den Bestimmungen der §§ 1072 ff des ABGB; es kann somit Frau Erna S***** von ihrem Vorkaufs- bzw. Einlösungsrechte Gebrauch machen; diesbezüglich wird nochmals auf all die Feststellungen und Vereinbarungen mit vorgelegtem Kaufvertrag und insbesondere Punkt XIV. dieser Verkaufsurkunde hingewiesen ..."
Innerhalb von 30 Tagen erhielt Dr.S***** vom Beklagtenvertreter auf dieses Schreiben keine Antwort.
Der Kaufvertrag vom 18.5.1992 wurde vorbehaltlich der Grundteilungsgenehmigung und der Grundverkehrsgenehmigung geschlossen. Nicht festgestellt werden kann, daß diese Bestimmungen des Kaufvertrags erfüllt sind.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß das Anbot auf Einlösung des Vorkaufsrechtes nur dann wirksam sei, wenn ein bindender Antrag eines Dritten vorliege oder der Vorkaufsverpflichtete bereits einen Kaufvertrag mit einem Dritten abgeschlossen habe, daß aber ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft auch als Vorkaufsfall aufschiebend bedingt wirke, sodaß die Pflicht zum Einlösungsangebot für die Verpflichteten und die Einlösungsbefugnis des Berechtigten noch nicht bestünden, sondern erst mit Bedingungseintritt begründet würden. Die Einlösungsbefugnis der Berechtigten sei noch nicht begründet worden, weil die Grundteilungsbewilligung und die Grundverkehrsgenehmigung noch nicht bewiesen seien. Das Vorkaufsrecht bestehe nur in bezug auf das Grundstück 114/1. Die Klägerin habe aber mit Kaufvertrag vom 18.5.1992 nicht nur dieses Grundstück zum Teil, sondern auch das in dieser EZ vorkommende Grundstück 115 verkauft; sowohl aus dem Kaufvertrag als auch aus dem Schreiben des Notars Dr.S***** an den Beklagtenvertreter gehe hervor, daß die Beklagte ihr Vorkaufsrecht nur in der Form ausüben könne, daß sie die gesamte Kaufliegenschaft zu den gleichen Vertragsbedingungen, wie sie sich aus dem Vertrag vom 18.5.1992 ergäben, übernehme. Das Angebot auf Einlösung sei daher, weil es sich mit dem eingeräumten Vorkaufsrecht nicht decke und für die Beklagte eine unzumutbare Erschwernis bedeute, nicht rechtsgültig.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung nicht Folge. Es ließ die in der Berufung aufgeworfene Frage, ob der Vorkaufsfall dann, wenn die Wirksamkeit des den Vorkaufsfall bildenden Rechtsgeschäftes von der in einer Bauordnung statuierten Grundteilungsbewilligung abhänge, erst mit deren Erteilung gegeben sei, dahingestellt, weil ein ordnungsgemäßes Einlösungsangebot nicht vorliege. Die Klägerin habe der Beklagten die Einlösung der gesamten Verkaufsliegenschaft angeboten. In dieser Gesamtliegenschaft sei auch das vom Vorkaufsrecht nicht umfaßte Grundstück 115 enthalten gewesen. Die Klägerin habe nicht behauptet und den Beweis angetreten, daß das vom Vorkaufsrecht nicht umfaßte Grundstück 115 untrennbar mit dem vom Vorkaufsrecht umfaßten Teil des Kaufgegenstandes verbunden sei. Werde aber eine vom Vorkaufsrecht betroffene Sache durch sogenannten "Mengenkauf" zusammen mit anderen Sachen, an denen kein Vorkaufsrecht bestehe, um einen Gesamtpreis verkauft, dann müßten vom Verpflichteten statt der Vorkaufssache die mehreren Sachen zur Einlösung angeboten werden, wenn die nicht vom Vorkaufsrecht umfaßte Sache untrennbar mit der vom Vorkaufsrecht belasteten Sache verbunden sei. Die Behauptungs- und Beweislast treffe die Klägerin.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage des Vorliegens des Vorkaufsfalles bei der Notwendigkeit einer Grundteilungsbewilligung keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Dies treffe auch zur Frage der Beweislast hinsichtlich der besonderen Voraussetzungen bei Vorliegen eines Mengenkaufs zu.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Revision vertritt die Rechtsansicht, daß einerseits ausreichende Anhaltspunkte für die Ermittlung des Kaufpreises der Liegenschaftsanteile vorhanden gewesen wären, daß aber eine gesonderte Verwertung des nur 11 m2 umfassenden Grundstücks 115 unwirtschaftlich sei, und daß andererseits auch die Notwendigkeit einer Grundteilungsbewilligung und der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrages einer Einlösung nicht entgegengestanden sei.
Dazu ist zu erwägen:
Unbestritten geblieben ist, daß der Kaufvertrag vom 18.5.1992 vorbehaltlich der Grundteilungsgenehmigung und der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung geschlossen wurde. Daß eine derartige grundverkehrsbehördliche Genehmigung tatsächlich erforderlich ist, wird auch von der Revisionswerberin nicht mehr bestritten.
Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin kommt jedoch der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung im vorliegenden Fall Bedeutung zu.
Die Frage, ob der Vorkaufsfall bei einem genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäft erst nach Vorliegen der behördlichen Genehmigung hergestellt wird, wird von der Literatur unterschiedlich beantwortet. Faistenberger (Das Vorkaufsrecht 54 ff) vertritt die Rechtsansicht, daß die grundverkehrsbehördliche Genehmigung eines Kaufvertrages nach den Grundverkehrsgesetzen für den Vorkaufsfall belanglos sei, weil sie nach dem Inhalt der Grundverkehrsgesetze nur die Übereignung betreffe. Werde die Genehmigung verweigert, so erlösche bloß wegen nachträglicher Unerlaubtheit der Leistung die Übereignungspflicht nach §§ 880, 1048 und 1447 ABGB. Anderer Ansicht hingegen sind Bydlinski (in Klang2 IV/2, 776) und Aicher (in Rummel2 Rz 18 zu § 1072 ABGB). Nach deren Lehrmeinung wird der Vorkaufsfall bei einem genehmigunsgspflichtigen Rechtsgeschäft erst nach Vorliegen der behördlichen Genehmigung hergestellt, weil die behördliche Genehmigung als "Rechtsbedingung" wirkt (so auch Steiner, Grundverkehrsbehördliche Genehmigung und Bedingungslehre JBl 1974, 506 ff).
Auch in der deutschen Lehre wird überwiegend die Auffassung vertreten, daß ein der behördlichen Genehmigung bedürftiger Vertrag noch keinen Vorkaufsfall darstellt (Schurig, Das Vorkaufsrecht im Privatrecht, 145 mwN).
Schließlich hat auch der Oberste Gerichtshof bereits die Meinung vertreten, daß der Vorkaufsfall so lange nicht eintrete, als der Vertrag zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten wegen einer hiefür notwendigen Genehmigung noch in Schwebe ist (SZ 54/180).
Auch der erkennende Senat schließt sich der von Aicher und Bydlinski vertretenen Rechtsmeinung, ein der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürftiger Kauf werde erst bei Vorliegen dieser Genehmigung zum Vorkaufsfall, an.
Da eine derartige Genehmigung unbestritten bei Schluß der Verhandlung erster Instanz nicht vorlag, konnte die Frist des § 1075 ABGB nicht in Gang gesetzt werden.
Da dem Klagebegehren bereits auf Grund dieser Überlegungen kein Erfolg beschieden sein konnte, erübrigt es sich darauf einzugehen, ob die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, auch die besonderen Umstände darzulegen, aus denen sich die Untrennbarkeit des vom Vorkaufsrecht nicht umfaßten Grundstückes 115 mit der übrigen Kaufliegenschaft darzutun.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
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