Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Ausspruch, das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft den Kläger, zu entfallen hat.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden gegenseitig aufgehoben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.670,20 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 2.800,-- Barauslagen und S 1.811,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile haben am 20. Juni 1987 die Ehe geschlossen. Die häusliche Gemeinschaft ist seit 10. August 1987 aufgehoben. Das Erstgericht schied die Ehe gemäß § 55 Abs. 1 EheG und sprach auf Antrag der Beklagten aus, daß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe den Kläger trifft.
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes ist die Beklagte eine ehemalige Schülerin des Klägers. Der Kläger wußte, daß die Beklagte geschieden war und anschließend 13 Jahre lang eine Lebensgemeinschaft führte. Er hatte bereits bei der Eheschließung Zweifel an der Richtigkeit seines Schrittes. Er hoffte jedoch, daß die Eheschließung für ihn das Richtige sein werde, dies auch im Hinblick darauf, daß er bereits einen Herzinfarkt erlitten hatte und dachte, er könnte möglicherweise eine Frau brauchen, die sich allenfalls um ihn kümmert. Die eheliche Gemeinschaft war insgesamt nur etwa 6 Wochen lang aufrecht, wobei die Streitteile auch in dieser Zeit meist nur das Wochenende zusammen verbrachten. Nach der Eheschließung und noch im Juni 1987 kam es zwischen den Streitteilen zu einem Gespräch über das Wirtschaftsgeld, das die Beklagte vom Kläger bekommen sollte. Der Kläger vertrat die Auffassung, ein Betrag von S 5.000,-- monatlich müsse ausreichend sein, während die Beklagte S 6.000,-- monatlich begehrte. Letztlich stimmte der Kläger dem Begehren der Beklagten zu, verlangte von ihr jedoch, daß sie am Monatsende eine überschlagsmäßige Abrechnung präsentiere. Anläßlich der ersten und zugleich auch der letzten Abrechnung kam es am 31. Juli 1987 zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den Streitteilen. Auslösend hiefür war, daß der Kläger feststellte, daß die Beklagte lediglich ca. S 1.000,-- für den gemeinsamen Haushalt aufgewendet hatte. Diese Auseinandersetzung endete damit, daß der Kläger die Beklagte aufforderte, sie möge ihn in Ruhe lassen. Diesem Wunsch kam die Beklagte nach. Sie begab sich in ihre Wohnung in Tenneck, die sie bei der Eheschließung nicht aufgegeben hatte. Am 1. August 1987 besuchte der Kläger das Grab seiner Eltern in Werfen. Bei dieser Gelegenheit brachte er der Beklagten zugleich Topfblumen aus der ehelichen Wohnung mit. Es kam zu einer Aussprache zwischen den Streitteilen. Die Beklagte ersuchte den Kläger, er möge vergessen, was am Vortag vorgefallen war. Sie zeigte dem Kläger ein Sparbuch mit einem Einlagenstand von S 5.000,--, wobei es sich um jenen Betrag handelte, den sie aus dem vom Kläger gegebenen Wirtschaftsgeld gespart hatte. Bereits an diesem Tag erklärte der Kläger der Beklagten, er habe jegliches Vertrauen zu ihr verloren. Am 10. August 1987 kam es in der Ehewohnung zu einer neuerlichen Unterredung der Streitteile. Die Beklagte erzählte dem Kläger von ihrem ehemaligen Lebensgefährten, der jugoslawischer Staatsangehöriger war und meinte, daß man mit den Jugoslawen tue, was man wolle. Nachdem der Kläger erfahren hatte, daß es sich beim ehemaligen Lebensgefährten der Beklagten um einen Jugoslawen handelte, erlitt er förmlich einen Schock und meinte, daß damit ein Schatten über ihrer Beziehung liege und sie darüber reden müßten. Die Tatsache, daß ihr ehemaliger Lebensgefährte Jugoslawe war, hatte die Beklagte dem Kläger nie verheimlicht. Der Kläger interessierte sich früher nicht dafür. Nach den obigen Aussagen kam es zu einem Eklat. Die Beklagte begann in der Küche zu toben und zu schreien, wobei sie den Kläger mit keinen Schimpfnamen bedachte. Letztlich forderte der Kläger die Beklagte wieder auf, sie solle ihn in Ruhe lassen und bat sie, sie solle gehen. Die Beklagte meinte darauf, sie würde dies tun, wenn sie monatlich S 3.000,--, also das halbe Wirtschaftsgeld, erhalte. Nach dem Auszug der Beklagten am 10. August 1987 kam es zu keinerlei Auseinandersetzungen mehr. Es wurden lediglich einige Briefe gewechselt.
Das Erstgericht erblickte das Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe darin, daß er dem Umstand, daß es sich bei dem ehemaligen Lebensgefährten der Beklagten um einen Jugoslawen handelte, eine entscheidende Bedeutung beimaß, um die Ehe nicht mehr fortzusetzen.
Das Berufungsgericht bestätigte das nur im Verschuldensausspruch angefochtene Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig ist. Es lastete dem Kläger an, daß er der treibende Teil für die Auflösung der Ehe gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist berechtigt.
Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist nur mehr der von der Beklagten beantragte Ausspruch nach § 61 Abs. 3 EheG, daß der Kläger die Zerrüttung (überwiegend) verschuldet habe. Für diesen Schuldausspruch genügt das unter Umständen geringergradige Zerrüttungsverschulden, doch muß der das Überwiegen rechtfertigende graduelle Unterschied augenscheinlich hervortreten (EFSlg. 60.285 f, 54.481, 51.665 ua). Für den beantragten Ausspruch ist es nicht wesentlich, ob der Kläger einen Scheidungstatbestand verwirklicht hat, sondern ob ihm eine Schuld an der Zerrüttung der Ehe zur Last fällt
(EFSlg. 46.254 ua) und, sofern auch die Beklagte ein Zerrüttungsverschulden trifft, dieses fast völlig in den Hintergrund tritt (EFSlg. 60.286, 51.666 ua). Bei Beurteilung der Frage, ob das Verschulden eines Teils überwiegt, ist nicht nur zu berücksichtigen, wer mit dem Verhalten, das später zur Zerrüttung der Ehe geführt hat, begonnen, sondern auch wer entscheidend dazu beigetragen hat, daß die Ehe unheilbar zerrüttet wurde (EFSlg. 51.667, 46.258 ua). Es kommt also nicht bloß auf die Schwere der Verfehlungen an sich, sondern auch darauf an, in welchem Umfang diese Verfehlungen zu der unheilbaren Zerrüttung der Ehe beigetragen haben. Der Umstand, daß das schuldhafte Verhalten eines Teils das des anderen hervorgerufen hat, führt dabei regelmäßig zur Annahme, daß dem Beitrag des ersteren zur Zerrüttung der Ehe größeres Gewicht beizumessen ist (EFSlg. 46.259; 1 Ob 601/89 ua).
Das von der Beklagten bei Beginn der Ehe verlangte monatliche Wirtschaftsgeld, das ganz offensichtlich nur der Deckung des Nahrungsaufwandes diente, war sichtlich zu hoch. Die Bedenken des Beklagten waren daher nicht unberechtigt. Sein Begehren auf zumindest überschlägige Abrechnung kann ihm daher nicht vorgeworfen werden. Tatsächlich hat die Beklagte auch nur S 1.000,-- für den Haushalt aufgewendet und einen Betrag von S 5.000,-- ohne den Kläger auch nur davon zu informieren, geschweige denn das Einvernehmen mit ihm herzustellen, auf ein Sparbuch gelegt. Das mangelnde Bemühen der Beklagten um ein Einverständnis stellt einen Vertrauensbruch und eine Verletzung des Einvernehmlichkeitsgebotes des § 91 ABGB dar
(vgl. EFSlg. 57.122, 54.379; Pichler in Rummel2 Rz 7 zu § 91). Zu Recht haben die Vorinstanzen aus diesem Verhalten der Beklagten den Schluß gezogen, daß dadurch das Vertrauen des Klägers zerstört wurde, mußte doch dadurch beim Kläger der Eindruck entstehen, daß der Beklagten der wahre Ehewille fehlt und sie nur auf die Wahrnehmung ihrer wirtschaftlichen Interessen bedacht ist. Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich auch, daß diese Eheverfehlung der Beklagten ursächlich für das weitere Verhalten des Klägers war und einen entscheidenden Einfluß auf die Zerrüttung der Ehe hatte. Selbst wenn man daher mit den Vorinstanzen dem Kläger ein Zerrüttungsverschulden anlastet, kann nicht mehr gesagt werden, daß das Verschulden der Beklagten völlig in den Hintergrund tritt. Ein Ausspruch auch nur des überwiegenden Verschuldens des Klägers an der Zerrüttung der Ehe ist daher nach den obgenannten Grundsätzen nicht berechtigt.
Demgemäß ist der Revision Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 45 a, 41 und 50 ZPO.
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