European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00519.840.0322.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.553,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 600 S Barauslagen und 268,50 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die klagende Bank gewährte dem Beklagten und dessen Ehefrau im Jahre 1977 ein Darlehen von 60.000 S. Mit vollstreckbarem Versäumungsurteil vom 30. 5. 1980 wurden beide Darlehensnehmer zur ungeteilten Hand zur Rückzahlung des aushaftenden Darlehensbetrags verurteilt. Fahrnisexekutionen führten jedoch zu keiner Deckung. Aufgrund eines Übergabsvertrags vom 23. 8. 1973 ist die Ehefrau des Beklagten grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG *****. Zugunsten des Beklagten ist auf dieser Liegenschaft das Veräußerungs‑ und Belastungsverbot einverleibt. Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei die Zustimmung des Beklagten zur Immobiliarexekution auf die Liegenschaft seiner Ehefrau.
Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Es stellte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus fest, dass das Darlehen des Beklagten und seiner Ehefrau durch eine Lebensversicherung gesichert wurde, wobei die Versicherungsprämie und die Darlehenszinsen durch monatliche Zahlungen der Darlehensnehmer gedeckt werden sollten. In ihrer Selbstauskunft zum Darlehensvertrag hatten der Beklagte und seine Frau auf Liegenschaftsbesitz und bestehende Pfandrechte, nicht aber auf das zugunsten des Beklagen bestehende Belastungs‑ und Veräußerungsverbot verwiesen. Ein Pfandrecht wurde damals im Hinblick darauf, dass es sich um einen Kleinkredit in Verbindung mit einer Lebensversicherung handelte, die der klagenden Partei als ausreichende Sicherheit erschien, nicht begründet. Die letzte Tilgungsrate wurde von den Darlehensschuldnern am 7. 2. 1980 geleistet. Das Versäumungsurteil gründet sich auf den eingetretenen Terminsverlust. Nachher entstanden noch die in der Klage angeführten Exekutionskosten. Nach der Rechtsansicht des Erstrichters könne das Klagebegehren nur im Falle der Einwilligung des beklagten Verbotsberechtigten Erfolg haben. Eine solche Zustimmung könne wohl auch stillschweigend erteilt werden, besonders bei gemeinsamer vertraglicher Verpfändung. Die bloße Begründung einer Solidarverpflichtung durch den Liegenschaftseigentümer und den Verbotsberechtigten sei hingegen nur in besonderen Fällen als stillschweigende Zustimmung zur Duldung der Exekution in die verbotsbelastete Liegenschaft anzusehen. Die klagende Partei hätte solche Umstände beweisen müssen. Im vorliegenden Fall spreche nichts für eine solche Annahme, zumal die klagende Partei sich mit dem Abschluss einer Lebensversicherung begnügt habe. Daran könne die Verschweigung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots in der Darlehensauskunft nichts ändern. Auch eine Sittenwidrigkeit sei im Vorgehen des Beklagten und seine Ehefrau nicht zu erblicken.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne des Klagebegehrens ab. Es vertrat aufgrund der unbekämpften Tatsachenfeststellungen die Rechtsansicht, dass bereits die Eingehung einer Solidarschuld durch den Verbotsberechtigten als stillschweigend erklärte Zustimmung zur späteren Exekution in die Liegenschaft des Mitverpflichteten zu werten sei und dass die klagende Partei wegen des Fehlens der Zustimmung des Beklagten zur Exekutionsführung auf die Liegenschaft zu Recht den Prozessweg beschritten habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung ist nicht berechtigt.
Der Revisionswerber lässt die mit der herrschenden Lehre ( Heller‑Berger‑Stix , EO 4 906; Spielbüchler in Rummel , ABGB, Rdz 11 zu § 364c) und Rechtsprechung (NZ 1980, 156 ua) übereinstimmende Rechtsansicht des Berufungsgerichts unbekämpft, dass grundsätzlich schon die Eingehung einer Solidarschuld durch den Verbotsberechtigten als Zustimmung zur späteren Exekution in die Liegenschaft zu werten ist. Entgegen seiner Meinung kommt dem weiteren Umstand keine Bedeutung zu, dass im vorliegenden Fall beide Kreditnehmer auf Liegenschaftsbesitz hingewiesen haben, sodass es der klagenden Partei möglich gewesen wäre, auch schon vor der Bewilligung der Darlehenszuzählung die pfandrechtliche Sicherstellung des Darlehens auf einer Liegenschaft zu erwirken. Kein Gläubiger verliert dadurch, dass er sich zunächst nicht aller möglichen Sicherheiten bedient, das Recht, später auf weiteres Schuldnervermögen zu greifen. Dasselbe hat für den vorliegenden Fall einer Solidarverpflichtung des durch ein Veräußerungs‑ und Belastungsverbot Begünstigten zu gelten, weil er und der Belastete gemeinsam die volle Verfügungsgewalt über die Sache haben, sodass die Haftung des Begünstigten neben dem Belasteten das Verbot einer Vollstreckung durchbricht ( Spielbüchler aaO; NZ 1980, 156). Die vorläufige Unterlassung einer Sicherstellung auf der betreffenden Liegenschaft stellt mangels einer besonderen Vereinbarung keine Einschränkung der bereits durch die Solidarverpflichtung schlüssig eingeräumten Zustimmung zur späteren Exekutionsführung dar. Auch die bisherige Rechtsprechung betraf gerade solche Fälle, in denen die Solidarhaftung nicht zugleich zur Verpfändung der Liegenschaft führte. Bei der dargestellten Rechtslage kann es auch nicht darauf ankommen, aus welchen Gründen – hier, weil der Kleinkredit scheinbar auf andere Weise ausreichend gesichert war – zunächst auf eine weitere Besicherung verzichtet wurde; ein endgültiger Verzicht auf eine Exekutionsführung zu Lasten des solidarisch Haftenden und in der Folge ebenfalls zur Zahlung verurteilten Beklagten kann darin bei Berücksichtigung aller Umstände (§ 863 ABGB) keineswegs erblickt werden.
Mit Recht hat das Berufungsgericht auch die Berechtigung der Prozessführung schon deshalb bejaht, weil vom Beklagten die Einwendung des mangelnden Rechtsschutzinteresses nicht schon in erster Instanz erhoben wurde ( Fasching III 171; SZ 21/124 ua). Der Hinweis des Revisionswerbers, dass der Mangel der Sachlegitimation auch ohne ausdrücklichen Einwand zu berücksichtigen sei, geht ins Leere, weil hier nicht die Sachlegitimation, sondern das Rechtsschutzinteresses in Frage steht.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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