Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 16.320,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.483,65 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte von beiden Beklagten die Zahlung von letztlich S 678.279,10 s.A. (AS 207) und brachte vor, sie habe dem Erstbeklagten einen Kredit gewährt, der trotz Fälligkeit der Rückzahlung in der Höhe des Klagebetrages unberichtigt aushafte. Der Zweitbeklagte sei dem Schuldverhältnis als Bürge und Zahler beigetreten.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Der Erstbeklagte wendete ein, er sei zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Kreditvertrages nicht geschäftsfähig gewesen. Er habe an paranoider Schizophrenie gelitten und sei außerstande gewesen, die Tragweite des Vertrages zu beurteilen.
Eine Darstellung der Einwendungen des Zweitbeklagten erübrigt sich, weil die der Klage hinsichtlich des Zweitbeklagten stattgebende Entscheidung des Erstgerichtes rechtskräftig geworden ist.
Das Erstgericht wies die Klage hinsichtlich des Erstbeklagten ab und traf folgende Feststellungen:
Der Zweitbeklagte - der Vater des Erstbeklagten - unterhielt als Ingenieurkonsulent für das Bauwesen bis zum Jahr 1981 ein Büro, dessen finanzielle Angelegenheiten über ein bei der Klägerin bestehendes Konto abgewickelt wurden. Seit dem Beginn des Jahres 1979 war der dem Zweitbeklagten eingeräumte Kreditrahmen von S 350.000,-- laufend erheblich überzogen; der Passivsaldo überstieg im Oktober 1979 die Millionengrenze. Im Jänner 1980 kündigte Erich L***, der Sachbearbeiter der Klägerin, an, daß weitere Behebungen nicht mehr geduldet würden. Der Zweitbeklagte befürchtete, die Gehälter seiner Angestellten nicht mehr zahlen zu können. Er wandte sich deshalb im Februar 1980 an den Erstbeklagten, zu dem er seit vielen Jahren nur mehr sehr wenig Kontakt unterhalten hatte. Der Erstbeklagte war bis November 1979 bei einer Baufirma beschäftigt gewesen und hatte zu dem Zeitpunkt, da sich der Zweitbeklagte an ihn wandte, die Absicht, sich selbständig zu machen. Der Zweitbeklagte informierte den Erstbeklagten, daß er dringend S 400.000 benötige. Der Erstbeklagte nahm sich die verzweifelte Lage des Zweitbeklagten sehr zu Herzen. Dies wurde noch dadurch verstärkt, daß sich der Erstbeklagte vor die Notwendigkeit gestellt sah, als Beistand seiner wegen Geistesschwäche entmündigten und im Landesnervenkrankenhaus untergebrachten Mutter - der geschiedenen Gattin des Zweitbeklagten - selbst finanzielle Ansprüche gegen den Zweitbeklagten zu erheben. Der Zweitbeklagte war seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner geschiedenen Frau nicht nachgekommen, weshalb Anfang 1980 Verpflegungsgebühren des Landesnervenkrankenhauses Hall in einer Höhe von etwa S 100.000 unberichtigt waren.
Als der Zweitbeklagte dem Erstbeklagten erzählte, daß sich seine nunmehrige Ehegattin weigere, eine von der Klägerin verlangte Hypothek auf ihre Liegenschaft eintragen zu lassen, erbot sich der Erstbeklagte, zu diesem Zweck seine Eigentumswohnung in Telfs zur Verfügung zu stellen. Er ging hiebei davon aus, daß es dem Zweitbeklagten, wie dieser versicherte, innerhalb eines Monats gelingen werde, seine Frau doch noch (zur Verpfändung ihrer Liegenschaft) zu überreden.
Die beiden Beklagten begaben sich im März 1980 zur Klägerin und verhandelten mit Erich L***. Der Erstbeklagte bot der Klägerin seine Eigentumswohnung als Sicherheit an und unterfertigte eine Bürgschaftserklärung für eine Schuld des Zweitbeklagten in der Höhe von S 500.000.
Bei einer weiteren Besprechung machte L*** den Beklagten den Vorschlag einer Umschuldung in der Weise, daß dem Erstbeklagten ein Kredit in der Höhe von S 1 Mio. eingeräumt werde. Der Erstbeklagte solle die Schuld des Zweitbeklagten übernehmen und dieser hiefür als Bürge und Zahler haften. Beide Beklagte waren mit dieser Vorgangsweise einverstanden. Die Klägerin bot daher dem Erstbeklagten am 26. März 1980 schriftlich die Einräumung eines Kredits von S 1 Mio. gegen viertrangige Einverleibung einer Höchstbetragshypothek von S 625.000 auf der Eigentumswohnung des Erstbeklagten an. Der Kredit wurde vorläufig mit 30. September 1980 begrenzt und sollte kontokorrentmäßig ausnützbar sein. Außerdem sollte der Erstbeklagte der Klägerin seine Lebensversicherung über S 200.000 abtreten. Der Erstbeklagte nahm dieses Anbot am 27. März 1980 schriftlich an. Der Zweitbeklagte unterfertigte eine Erklärung, wonach er als Bürge und Zahler für den Kredit hafte. Bereits in der Hypothekarkreditzusage vom 26. März 1980 war vorgesehen, daß der Zweitbeklagte an die Klägerin Kundenforderungen abtrete. Es handelte sich um eine in Höhe von S 2,150.000 gegenüber der Firma BOE Bauentwicklungsgesellschaft mbH & Co KG bestehende Forderung, die in der Folge vom Zweitbeklagten tatsächlich an die Klägerin abgetreten wurde.
Der Erstbeklagte hatte damals die Absicht, im Büro des bereits 67-jährigen Zweitbeklagten mitzuarbeiten. Da er über keine abgeschlossene Hochschulbildung verfügt, bestand allerdings keine Möglichkeit einer Übernahme dieses Büros. Der Erstbeklagte begann im Büro des Zweitbeklagten zu arbeiten und brachte drei Aufträge mit. Der Erstbeklagte befand sich damals in einer so schlechten physischen Verfassung, daß er die im Rahmen dieser Aufträge zu erbringende Arbeit kaum zu leisten vermochte. Er konnte daher nur einen der Aufträge teilweise ausführen, die anderen Aufträge mußte er zurücklegen. Von den anderen Angestellten des Zweitbeklagten wurde beanstandet, daß der Erstbeklagte sein Gehalt nicht verdiene. Es kam einige Male vor, daß der Erstbeklagte an seinem Schreibtisch einschlief oder zu Mittag nach Hause ging und erklärte, er könne nicht mehr. Der Erstbeklagte hatte lange Kontroversen mit Dipl.Ing. D***. einem freien Mitarbeiter im Büro des Zweitbeklagten. Die Mitarbeit des Erstbeklagten im Büro des Zweitbeklagten wurde durch einen am 9. Mai 1980 beim Erstbeklagten manifest gewordenen akuten Schub einer paranoiden Schizophrenie beendet, der am 14. Mai 1980 dessen Einlieferung in die Psychiatrische Universitätsklinik erforderlich machte, wo der Erstbeklagte bis zum 23. Mai 1980 stationär behandelt wurde.
Der Einlieferung in die Klinik war vorausgegangen, daß sich der Erstbeklagte zuletzt auch von der Polizei verfolgt fühlte. Von seiner Ehegattin nahm der Erstbeklagte an, daß diese ein mit Mikrophonen ausgestattetes Bauchkettchen trage. Schon seit Ende Februar 1980 hatte der Erstbeklagte an massiven Schlafstörungen gelitten und konnte in der Nacht fast überhaupt nicht mehr schlafen. Dem Zusammenbruch vom 9. Mai 1980 gingen Angstzustände voraus. Der Erstbeklagte glaubte, daß belastende Papiere in seiner Wohnung seien und war überzeugt, daß er eines Mordes beschuldigt werde. Er ließ das Schluß der Wohnungstüre auswechseln. Ende März oder Anfang April 1980 suchte der Erstbeklagte den ihm privat bekannten Rechtsanwalt Dr. Roilo auf und erzählte ihm von seinen Problemen, wobei er auch die Vermutung äußerte, daß im Büro des Zweitbeklagten Betrügereien vorkämen. Ob es in diesem Büro tatsächlich zu irgendwelchen Unregelmäßigkeiten gekommen ist, kann nicht festgestellt werden. Der Erstbeklagte erzählte Dr. Roilo auch, daß er bis Ende April oder Ende Mai 1980 für seinen Vater bürge. Von einer Verpfändung seiner Wohnung erwähnte der Erstbeklagte nichts. Er fragte Dr. Roilo im Zusammenhang mit der Kreditaufnahme auch nicht um Rat. Dr. Roilo gewann den Eindruck, daß der Erstbeklagte in seinen Gedankengängen verworren war und daß er nervös, gereizt und mißtrauisch wirkte. Der Erstbeklagte ersuchte Dr. Roilo, für ihn bei einer Bank eine Erkundigung einzuholen und verdächtigte ihn dann, daß er auf Seite dieser Bank stehe und gegen den Erstbeklagten agiere. Dr. Roilo konnte bis Ende April 1980 im Zustand des Erstbeklagten keine Änderung (in der Richtung einer Verschlechterung) feststellen.
Erich L*** hatte in bezug auf die geistige Gesundheit des Erstbeklagten keine Bedenken. Er hatte vielmehr den Eindruck, daß dieser schwungvoll an die Lösung der Probleme herangehen wollte. Nach der am 23. Mai 1980 erfolgten Entlassung aus der Klinik war der Erstbeklagte noch lange Zeit depressiv verstimmt und ängstlich. Er mußte im Mai 1981 neuerlich in stationäre psychiatrische Behandlung genommen werden. In der Folge besserte sich sein Geisteszustand, sodaß der Sachverständige Dr. Heinrich Hetzel anläßlich der im Jahre 1982 durchgeführten Untersuchung keine Zeichen einer manifesten Psychose feststellen konnte. Plötzlich beginnende schizophrene Schübe sind eine große Seltenheit. Nur ein Prozent dieser Erkrankungen beginnt als sogenannte Katastrophenschizophrenie plötzlich. Für diese Form der Erkrankung besteht im Gegensatz zum Verlauf der Erkrankung des Erstbeklagten eine sehr ungünstige Prognose. Bei den nicht plötzlich beginnenden schizophrenen Schüben besteht zu Beginn der Erkrankung über mehrere Wochen bis Monate hindurch ein pseudoneurastenisches Zustandsbild, das sehr häufig verkannt wird. In dieser Zeit leidet der Erkrankte häufig an Ermüdbarkeit, Schlaf- und Appetitlosigkeit, Mangel an Antrieb und KonzentratiON Bei Beginn der Erkrankung besteht oft, noch bevor sie für einen Laien erkennbar ist, ein Mangel an Einheitlichkeit und Ordnung aller psychischen Vorgänge. Der Erkrankte macht sich unbekümmert ein Bild der Welt nach dem eigenen Wesen und den eigenen Wünschen und Ängsten. Erst langsam ergeben sich dann später zu beobachtende Symptome wie Denkstörungen, Wahnideen und anderes.
Ein pseudoneurastenisches Zustandsbild bestand beim Erstbeklagten bereits am 26. und 27. März 1980. Der Erstbeklagte litt bereits damals an schweren Schlafstörungen. Er sprach und aß wenig und war unruhig. Er hatte Angstzustände und war depressiv. Er befand sich zum damaligen Zeitpunkt in einem Prodromalstadium einer endogenen Psychose. Auf Grund dieses Zustandes war der Erstbeklagte nicht in der Lage, die schwerwiegenden Konsequenzen seiner gegenüber der Klägerin abgegebenen Verpflichtungserklärung abzuschätzen. Von Dipl.Ing. D*** und Dipl.Ing. Saurwein, die als freie Mitarbeiter an dem Auftrag der Fa. BOE gearbeitet hatten, wurden in der Folge 70 % des von der Fa. BOE zu zahlenden Werklohnes beansprucht. Als dies an die Klägerin herangetragen und von den genannten Ingenieuren die Einstellung ihrer Arbeit angekündigt wurde, vereinbarte die Klägerin mit dem Zweitbeklagten, daß nur 30 % der Forderungen gegenüber der Fa. BOE abzutreten seien. Die Fa. BOE bezahlte in der Folge auf das gegenständliche Konto S 390.000 sowie jeweils 30 % von S 306.000, 291.000, 300.000 und 172.696. Die Kreditzusage wurde von der Klägerin zunächst bis 1. Juni 1981 und in der Folge bis 1. Juni 1982 verlängert. Am 11. Mai 1981 betrug der Saldo S 1,258.609,24. Mit Schreiben vom 5. Oktober 1981 kündigte die Klägerin den damals mit S 1,209.062,-- aushaftenden Kredit auf und verlangte vom Erstbeklagten die Abdeckung bis zum 14. Oktober 1981. Der Grund für die Fälligstellung lag darin, daß die Klägerin von einem vom Zweitbeklagten gestellten Konkursantrag Kenntnis erlangt hatte, der mangels Vermögens abgewiesen worden war.
Zum 31. Dezember 1983 haftete der Kredit mit S 678.279,10 aus. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht zu dem gegenüber dem Erstbeklagten erhobenen Anspruch aus, daß bei der Beurteilung, ob ein im Zustand der Geistesschwäche unternommenes Rechtsgeschäft gültig oder ungültig sei, sowohl auf den Grund der Geistesschwäche, als auch auf die Beschaffenheit des Geschäftes Bedacht zu nehmen sei. Da der Erstbeklagte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht in der Lage gewesen sei, die Tragweite des Rechtsgeschäftes zu beurteilen, sei seine Handlungsfähigkeit zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht gegeben gewesen. Der vom Erstbeklagten am 26. und 27. März 1980 mit der Klägerin abgeschlossene Kreditvertrag sei daher ungültig.
Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin hinsichtlich des Erstbeklagten erhobenen Berufung nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich. Gemäß § 865 ABGB seien Kinder unter 7 Jahren und Personen über 7 Jahre, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, außer in den Fällen des § 151 Abs 3 ABGB unfähig, ein Versprechen zu machen oder es anzunehmen. Wer einen Vertrag wegen Handlungsunfähigkeit eines Vertragspartners anfechte, habe - für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Sachwalterschaft für behinderte Personen, BGBl. Nr. 136/1983, am 1. Juli 1984 - diesen Umstand zu beweisen, solange eine Entmündigung nicht ausgesprochen worden sei. Eine absolute Handlungsunfähigkeit sei nur bei einem Geisteszustand gegeben, der jenem eines Kindes unter 7 Jahren gleichkomme. Bei einer Geistesschwäche minderen Grades sei von Fall zu Fall zu prüfen, ob die Person im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der Lage gewesen sei, die Tragweite des konkreten, zur Entscheidung stehenden Vertrages zu beurteilen. Würden diese Maßstäbe angelegt, könne in der Verneinung der Handlungsfähigkeit des Erstbeklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages mit der Klägerin eine rechtliche Fehlbeurteilung nicht erkannt werden.
Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt, es hinsichtlich des Erstbeklagten dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Der Erstbeklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Klägerin wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Erstbeklagte sei zur Zeit der Unterfertigung des Kreditvertrages nicht geschäftsfähig gewesen. Zur Bejahung der Geschäftsfähigkeit genüge es, daß das Geschäft in seinen Grundzügen erkannt werde. Daß der Erstbeklagte die Bedeutung und das Risiko einer Pfandbestellung bzw. Schuldübernahme erfaßt habe, ergebe sich aus der Tatsache, daß er nur vorübergehend habe haften wollen und daß deshalb vereinbart worden sei, den Kredit vorerst nur bis zum 30. September 1980 laufen zu lassen. Das finanzielle Risiko des Erstbeklagten zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung sei nicht allzu groß gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits ein Werkvertrag mit einer Auftragssumme von S 2,150.000 abgeschlossen gewesen sei und diese Forderung ebenfalls als Sicherstellung habe dienen sollen. Die Klägerin sei im Jahre 1981 mit einer Abtretung dieser Forderung zu 70 % an Dipl.Ing.D*** und Saurwein nur einverstanden gewesen, damit der Auftrag zu Ende geführt werde. Die Abtretung sei daher zum Vorteil der beiden Beklagten erfolgt. Zu beurteilen sei, ob eine Person mit durchschnittlichen geistigen Fähigkeiten nicht genau so gehandelt hätte wie der Erstbeklagte. Dies sei im vorliegenden Fall zu bejahen. Die Schwierigkeiten des Zweitbeklagten seien nur vorübergehend gewesen.
Die Klägerin geht damit im wesentlichen nicht von den getroffenen Feststellungen aus.
Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, ist die Sache nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Sachwalterschaftsgesetzes zu beurteilen. Nach § 865 ABGB ist derjenige, der den Gebrauch der Vernunft nicht hat, unfähig, ein Versprechen zu machen oder es anzunehmen. Diese Handlungsunfähigkeit liegt nur bei Personen vor, deren Geisteszustand dem eines Kindes unter 7 Jahren gleichkommt. Ihnen spricht das Gesetz die Fähigkeit einer Willensäußerung im Rechtssinn überhaupt ab. Solange jemand nicht entmündigt ist, kann die Anfechtung eines Vertrages gemäß § 865 ABGB daher nur bei Vorliegen einer solchen Handlungsunfähigkeit erfolgreich sein, hingegen nicht bei Bestehen einer nur eine beschränkte Entmündigung rechtfertigenden beschränkten Handlungsfähigkeit. Ob bei Geistesschwäche minderen Grades volle Handlungsfähigkeit bis zum Ausspruch der beschränkten Entmündigung anzunehmen ist, oder ob auch dann die Grenzen der Handlungsfähigkeit in ausdehnender Auslegung des § 865 ABGB von Fall zu Fall geprüft werden müssen, war lange Zeit strittig. Die herrschende Rechtsprechung teilt die Auffassung Ehrenzweigs 2 I/1, 180, wonach bei der Beurteilung, ob ein im Schwachsinn unternommenes Rechtsgeschäft gültig sei, sowohl auf den Grad des Schwachsinns, als auch auf die Beschaffenheit des Geschäfts Bedacht genommen werden müsse. Derjenige, dessen Geisteszustand dem eines Kindes zwischen 7 und 14 Jahren gleichzusetzen sei, sei zwar nicht absolut unfähig, die Folgen seiner Handlungen einzusehen, er könne aber relativ unfähig sein, die Folgen eines bestimmten Geschäfts einzusehen. Die Grenzen seiner Handlungsfähigkeit seien daher, solange keine beschränkte Entmündigung ausgesprochen sei, von Fall zu Fall zu prüfen. Entscheidend ist, ob die Person im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der Lage war, die Tragweite des konkreten, zur Entscheidung stehenden Vertrages zu beurteilen. Das in Betracht kommende Geschäft muß von der Geistesstörung "tangiert" worden sein. Es kommt darauf an, ob die geistigen Fähigkeiten für die Beurteilung des konkreten Geschäftes ausreichend waren (SZ 55/166; JBl 1977, 537; JBl 1960, 558; MietSlg. 22.068; Koziol-Welser, Grundriß I 7 51). Die Handlungsunfähigkeit ist vom Anfechtenden zu beweisen (JBl 1977, 537; JBl 1962, 500). Der Mangel der Handlungsfähigkeit wirkt absolut, also auch gegenüber Dritten, die die Tatsachen, welche die Handlungsfähigkeit ausschließen, nicht kannten und auch nicht kennen konnten (JBl 1962, 500 ua). Mängel des Intellekts, denen zufolge jemand die Tragweite eines bestimmten Geschäfts nicht zu überblicken und dessen Folgen nicht einzusehen vermag, begründen nicht Handlungsunfähigkeit nach § 865 ABGB (SZ 31/48). Die Vorinstanzen haben ihren Entscheidungen eben diese Rechtsauffassung zugrundegelegt. Sie sind dabei von der Feststellung ausgegangen, daß der Erstbeklagte sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages im März 1980 in einem Prodromalstadium einer endogenen Psychose befand und auf Grund dieses Zustandes nicht in der Lage war, die schwerwiegenden Konsequenzen seiner gegenüber der Klägerin abgegebenen Verpflichtungserklärung abzuschätzen. Die Klägerin hat diese vom Erstgericht getroffene Feststellung in ihrer an die zweite Instanz erhobenen Berufung bekämpft. Das Berufungsgericht hat sich mit der Beweisrüge in ausführlicher Weise befaßt (S 14 bis 16 des angefochtenen Urteils = AS 304 bis 306), die vorgenannte Feststellung jedoch als unbedenklich und der Beweislage entsprechend bezeichnet. War aber der Erstbeklagte zufolge seines zur Zeit der Vertragserrichtung bestehenden Geisteszustandes nicht in der Lage, die Konsequenzen seiner sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen abzuschätzen, ist es im Ergebnis ohne weitere Bedeutung, daß er offensichtlich auch das Ausmaß der mit der Abtretung des Werklohns aus dem Auftrag der Fa. BOE durch den Zweitbeklagten gegebenen Sicherheit nicht einzuschätzen vermochte. Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen das gegen den Erstbeklagten gerichtete Klagebegehren abgewiesen, sodaß der Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)