Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 3.338,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 320,- Barauslagen und S 274,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 143 der Katastralgemeinde Ferlach, auf der sich eine Hütte befindet. Mit Vertrag vom 29.10.1963 hat er das Grundstück mit der Hütte samt einem angrenzenden Grundstreifen der Beklagten auf 20 Jahre vermietet. Vertragswille war, daß die Beklagte die vorhandene Baulichkeit in eine Almhütte umbaut, die den Mitgliedern der Beklagten und Besuchern als Unterkunft dienen sollte. Tatsächlich hat die Beklagte die Hütte entsprechend ausgebaut. Diese Hütte wird nunmehr als sogenannte Selbstversorgerhütte von der Beklagten betrieben und an Wochenenden von ihren Mitgliedern offengehalten. Auch Wanderern ist es gestattet, dort einzukehren und zu übernachten. Ein Entgelt wird hiefür nicht begehrt, freiwillige Spenden werden aber angenommen. In der Hütte gibt es nichts zu kaufen. Die Wanderer können aber auf dem dort vorhandenen Herd selbst mitgebrachte Speisen kochen. Allenfalls kann man Tee und Zucker bekommen.
Die Beklagte hat dem Kläger ursprünglich jährlich S 20,-, in den letzten Jahren S 200,- an Mietzins entrichtet.
Das Erstgericht hat die Aufkündigung des Bestandverhältnisses durch den Kläger für rechtswirksam erklärt und hiebei den Rechtsstandpunkt vertreten, es handle sich um ein Mietverhältnis, doch sei Bestandgegenstand nicht ein Geschäftsraum, weshalb die Kündigungsbeschränkungen des Mietrechtsgesetzes auf das Bestandverhältnis nicht anwendbar seien. Der Kläger sei daher berechtigt gewesen, den Bestandvertrag nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Dauer ohne Angabe eines Kündigungsgrundes zu kündigen. Das Berufungsgericht hat die Kündigung aufgehoben und ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-, nicht aber S 300.000,- übersteigt und die Revision zugelassen. Rechtlich führte es aus, schon nach den Bestimmungen des § 1 Abs. 1 MietenG sei ein Raum nicht nur dann als "Geschäftsraum" zu bezeichnen gewesen, wenn in ihm eine auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeit entfaltet wurde, sondern auch dann, wenn ohne eine Gewinnabsicht nach dem Willen der Vertragsteile mit der Benützung des Objektes öffentliche Interessen, humanitäre, geistige und kulturelle Ziele oder sonstige statutenmäßige Vereinsziele verfolgt wurden. Das Mietrechtsgesetz habe daran nichts geändert. Demnach handle es sich im vorliegenden Fall um eine Geschäftsraummiete, die den Kündigungsbeschränkungen des Mietrechtsgesetzes unterliege. Mangels Geltendmachung eines Kündigungsgrundes nach diesem Gesetz müsse die Aufkündigung aufgehoben werden.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.
Daß dem vorliegenden Rechtsstreit ein Miet- und nicht ein Pachtverhältnis zugrundeliegt, ist nicht mehr strittig, weshalb diesbezüglich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen veriesen werden kann.
Fest steht, daß der Beklagten die Hütte zu der ihrem Vereinszweck dienenden Versorgung ihrer Mitglieder oder von Besuchern in Bestand gegeben worden ist und daß die Beklagte sie zu diesem Zweck verwendet. Der Kläger bestreitet gar nicht mehr, daß eine solche Art der Verwendung die Unterstellung des Bestandverhältnisses unter § 1 Abs. 1 MietenG zur Folge hätte, weil nach dieser Bestimmung Geschäftsräume nicht nur solche waren, die der Erzielung eines Gewinns dienten, sondern auch solche, die zur Entfaltung jeder humanitären, geistigen oder kulturellen Zwecken dienenden Tätigkeit oder auch einer dem Aufgabenbereich des Bestandnehmers entsprechenden Tätigkeit verwendet wurden (SZ 44/18, MietSlg. 34.371, 30.266, 23.227 ua.). Strittig ist demnach nur, ob an dieser Rechtslage durch das Mietrechtsgesetz etwas geändert wurde. Daß die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes in den hier wesentlichen Fragen auch für Bestandverträge, falls diese unter § 1 dieses Gesetzes zu subsumieren sind, gelten, die vor seinem Inkrafttreten abgeschlossen worden sind, ergibt sich aus § 43 Abs. 1 MRG.
Nach § 1 Abs. 1 MRG gilt dieses Gesetz für die Miete von Geschäftsräumlichkeiten aller Art. Vergleicht man diese Bestimmung mit § 1 Abs. 1 MG, so ergibt sich praktisch eine Übereinstimmung, weil das letztgenannte Gesetz nach seinem Wortlaut ebenfalls auf die Miete von Geschäftsräumlichkeiten aller Art Anwendung zu finden hatte. Geändert wurde lediglich der erläuternde Klammerausdruck derart, daß nunmehr die im Mietengesetz angeführten Lagerplätze gestrichen und anstatt der dort angeführten "Verkaufsräumen" nunmehr "Geschäftsräume" genannt sind. Tatsächlich hatte der Gesetzgeber bei der Erlassung des Mietrechtsgesetzes nicht die Absicht, den Mieterschutz von Geschäftsräumen erheblich einzuschränken. Vielmehr hatte er eine sehr weite Fassung im Auge. Lediglich die Unterstellung unverbauter Flächen unter das Mietrechtsgesetz sollte entfallen. Der Begriff der "Geschäftsräumlichkeit" des Mietrechtsgesetzes unterscheidet sich daher vom § 1 Abs. 1 MG nicht durch den Verwendungszweck, sondern durch die Beschränkung auf Raummiete (Würth-Zingher, MRG 2 , Anm. 5 zu § 1 MRG, Würth in Rummel, Rdz 3 zu § 1 MRG). Demnach kommt es auch nach dem Mietrechtsgesetz auf eine Erwerbsabsicht bei der Miete von Räumen nicht an. Vielmehr genügt es, daß der gemietete Raum der Verfolgung humanitärer, geistiger und kultureller Ziele oder zur Erreichung eines statutenmäßigen Vereinszieles dient (Bernat in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz, 105).
Da also die Auslegung des Begriffes "Geschäftsräumlichkeit" im Sinne des § 1 Abs. 1 MG durch das Berufungsgericht der ständigen Judikatur entspricht, bezüglich der Inbestandnahme von Räumlichkeiten durch das Mietrechtsgesetz an dieser Rechtslage nichts geändert wurde und die Art der Verwendung der aufgekündigten Baulichkeit durch die Beklagte den für Geschäftsraummieten durch die Judikatur aufgezeigten Kriterien entspricht, hätte der Bestandvertrag gemäß § 30 Abs. 1 MRG nur aus wichtigen Gründen aufgekündigt werden können. Solche wichtige Gründe hat der Kläger nicht angeführt.
Da das vorliegende Bestandverhältnis, wie dargelegt, unter § 1 MRG fällt, spielt hier die Übergangsregelung des § 49 Abs 1 MRG keine Rolle.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO, doch war hiebei zu berücksichtigen, daß gemäß § 10 Z 2 RATG, mangels eines diesen Betrag übersteigenden Mietzinsvielfachen, von einem Streitwert von S 24.000,- auszugehen war.
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