Spruch:
Eine Zession zahlungshalber fällt nicht unter die Norm des § 879 Z. 2 ABGB.
Wenn eine ganz bestimmte, rechtlich qualifizierte Forderung abgetreten wird, sind andere Ansprüche, die allenfalls aus dem gleichen Sachverhalt abgeleitet werden könnten, von der Zession nicht erfaßt.
Entscheidung vom 28. November 1956, 7 Ob 474/56.
I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Kläger stützte sein auf Zahlung von 3330 S gerichtetes Begehren in der Klage auf eine dem Beklagten mit Schreiben vom 4. November 1953 bekanntgegebene Zession. Der Zedent Viktor V. habe eine von ihm gemietete, aber nicht benützte Garage dem Beklagten gegen Ersatz der Garagenmiete von monatlich 150 S zur Verfügung gestellt. Für die 22 Monate vom 1. Dezember 1951 bis 1. Oktober 1953 mache dies 3300 S aus, wozu noch 30 S Anwaltskosten kämen.
Der Beklagte brachte demgegenüber vor, V. sei nur Untermieter der Garage gewesen, der Hauptmieter J. habe für die Garage keinen Zins gezahlt; eine Vereinbarung über die Garagenmiete sei zwischen V. und dem Beklagten nicht zustandegekommen. Die Garagenmiete sei wesentlich überhöht; der Beklagte habe die Garage nur kurze Zeit benützt. Die Zession sei unwirksam, es fehle ein gültiger Rechtsgrund. Außerdem wurde aufrechnungsweise eine Schadenersatzforderung eingewendet.
Als der Kläger unter Beweis stellte, J. habe eine Investitionsablöse von V. erhalten und ihm die ausschließliche Verfügung und Nutzung überlassen, behauptete der Beklagte, dies bedeute eine Klagsänderung. In der Folge stützte der Kläger sein Begehren auch auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes wegen Vereitlung einer anderweitigen Vermietung der Garage, allenfalls auch darauf, daß V. für die Garage eine Miete von 1253 S 85 g während der strittigen Zeitspanne und einen Baukostenbeitrag von 5000 S für die Garage bezahlt habe, was der Beklagte ebenfalls als unzulässige Klagsänderungen bekämpfte.
Im ersten Rechtsgang wurde festgestellt, daß die Garage zur Wohnung Nr. 3 gehört, deren Hauptmieter Herta St. verw. J. ist; V. hat Wohnung und Garage auf Grund eines Untermietvertrages mit der Verpflichtung übernommen, den Zins an die Hausverwaltung zu bezahlen; V. wurde das ausschließliche Verfügungsrecht über Wohnung und Garage eingeräumt.
Der Erstrichter wies im ersten Rechtsgang das Klagebegehren mit der Begründung ab, die behauptete Vereinbarung eines Garagenzinses von 3300 S sei nicht erwiesen, eine Zession sonstiger Ansprüche nicht behauptet worden; die als erwiesen angenommene Zession der vereinbarten Mietzinsforderung zahlungshalber sei zudem gemäß § 879 Z. 2 ABGB. nichtig.
Dieses Urteil hob das Berufungsgericht mit Beschluß vom 7. Oktober 1955 gemäß § 496 Abs. 1 Z. 2 und 3 ZPO. auf; eine Zession zahlungshalber falle nicht unter die Norm des § 879 Z. 2 ABGB.; bei der Zession einer Geldforderung sei es nicht nötig, den Rechtsgrund der Forderung anzugeben oder sich darauf festzulegen; es sei daher gleich, ob die dem Kläger abgetretene Forderung auf einer Mietzinsvereinbarung oder auf einem Schadenersatzanspruch beruhe. Der Kläger habe die Vereinbarung eines Zinses von 3300 S gar nicht behauptet, sondern nur vorgebracht, der Beklagte habe sich verpflichtet, dem V. die Garagenmiete von 150 S monatlich zu ersetzen; das spätere Vorbringen des Klägers, V. habe für die strittige Zeitspanne an Mietzins 1253 S 85 g und einen Baukostenbeitrag entrichtet, stelle keinen neuen Klagsgrund dar; der Erstrichter müsse daher Beweise darüber aufnehmen, ob sich der Beklagte verpflichtete, dem V. die Garagenmiete, die er an die Hausinnehabung bezahlte, zu ersetzen, ferner wie hoch allenfalls die von V. bezahlte Garagenmiete war.
Im zweiten Rechtsgange legte der Kläger bei der Tagsatzung vom 30. November 1955 ein Schreiben des Viktor V. an den Beklagten vom 23. November 1955 vor, wonach er dem Kläger alle Ansprüche welcher Art immer aus der Garagenbenützung zediert habe. Der Beklagte sprach sich gegen die Zulassung der vom Kläger zugleich beantragten Beweise über die Angemessenheit des Betrages von 150 S monatlich mit der Begründung aus, die Klage sei auf den Rechtsgrund des Benützungsentgeltes bisher nicht gestützt worden.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren nunmehr statt und stellte fest, daß der Beklagte, der im Jahre 1951 in das Haus einzog, in dem sich noch eine weitere Garage befindet, noch vor dem Februar 1952 mit V. einen Garagentausch für die Zeit, bis V. selbst einen Wagen haben werde, vereinbarte; damals kamen sie auch überein, daß der Beklagte dem V. die Garagenmiete in der Höhe von 150 S monatlich ersetzen werde, wobei der Beklagte in Aussicht nahm, er werde seinerseits den Betrag von F. eintreiben, der die andere Garage in Benützung nahm. Der Erstrichter stellte weiters fest, daß es zur Vereinbarung eines Betrages von 150 S monatlich deshalb kam, weil V. für die Garage an die Hausinnehabung 70 S monatlich und an Herta St, weitere 80 S monatlich bezahlte. Nach 22 Monaten seien die Garagen wieder getauscht worden, wobei der Beklagte ausdrücklich anerkannte, V. 3300 S zu schulden, und versprach, er werde den Betrag durch die Firma, deren Direktor er ist, überweisen lassen. Der Betrag von 150 S monatlich liege übrigens unter den zur strittigen Zeit bezahlten Sätzen. Die Rechtssache des Beklagten gegen F. wegen Bezahlung eines Entgeltes für die Benützung der Tauschgarage wurde außergerichtlich verglichen; der Beklagte erhielt 1850 S.
Das Berufungsgericht erklärte im Punkt 1. seiner Entscheidung das Verfahren hinsichtlich des Teilbetrages von 30 S (Anwaltskosten) wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges für nichtig und wies das Klagebegehren in diesem Umfang zurück. Im Punkt 2. hob es das erstrichterliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt mit der Begründung auf, der Erstrichter habe die ihm erteilten Aufträge nicht befolgt.
Der Oberste Gerichtshof gab den nur gegen Punkt 2. des Beschlusses gerichteten Rekursen beider Parteien Folge, hob Punkt 2. des Beschlusses auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfange an das Berufungsgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Berufungsgericht hatte dem Erstrichter im Aufhebungsbeschluß vom 7. Oktober 1955 den Auftrag erteilt, festzustellen, ob sich der Beklagte verpflichtet habe, dem V. die Garagenmiete, die dieser an die Hausinnehabung bezahlte, zu ersetzen, allenfalls wie hoch die Garagenmiete war. Der Erstrichter hat nach Verfahrensergänzung festgestellt, daß V. selbst monatlich 150 S bezahlte, hievon allerdings an die Hausinnehabung nur 70 S, die restlichen 80 S hingegen an Herta St. verw. J.; er hat weiters festgestellt, daß V. und der Beklagte den Ersatz von 150 S monatlich vereinbarten. Es trifft daher nicht zu, daß der Erstrichter die ihm erteilten Aufträge nicht befolgt habe. Ob seine Feststellungen ausreichend und unbedenklich begrundet sind, ist hier nicht zu untersuchen; das wird das Berufungsgericht in seiner neuen Entscheidung zu prüfen haben.
Entgegen den Rekursausführungen des Beklagten bestehen keine Bedenken gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß eine Zession zahlungshalber nicht unter die Norm des § 879 Z. 2 ABGB. fällt. Diese Vorschrift will verhindern, daß der Anwalt, der die Erfolgsaussichten einer Streitsache besser beurteilen kann als der Klient, zu dessen Nachteil spekuliert und aus der zedierten Forderung einen Gewinn zieht, d. h. mehr erhält, als er dem Klienten dafür zahlt oder gutschreibt. Diese Möglichkeit besteht zwar bei einer Zession an Zahlungs Statt, nicht aber bei einer Zession zahlungshalber; jene stellt ein sofort wirksames entgeltliches Geschäft, nämlich die Berichtigung der Forderung des Anwaltes gegen den Klienten in der vereinbarten Höhe dar; diese schafft bloß ein auftragsähnliches Verhältnis im Sinn einer Vereinbarung, der Anwalt möge aus der übertragenen Forderung Zahlung zu erlangen versuchen und sodann mit dem erhaltenen Betrag seine Forderung an seinen Klienten in diesem Umfang berichtigen (vgl. hiezu Gschnitzer in Klang 2. Aufl. zu § 879 ABGB.; ZBl. 1932 Nr. 349, ZBl. 1933 Nr. 88, Rspr. 1934 Nr. 176, SZ. XIX 292, SZ. XIII 32 und SZ. XXVI 142).
Die Frage der Individualisierung einer Forderung bei der Zession ist einerseits unter dem Gesichtspunkt der §§ 1395, 1396 ABGB. (Erkennbarkeit, an wen mit befreiender Wirkung zu leisten ist), andererseits unter dem Gesichtspunkt der Rechtswirksamkeit der Zession zu beantworten. Abgesehen von den hier nicht zu erörternden Fällen der Wechsel- und Wertpapierübertragung besteht keine Geldforderung abstrakt; sie kann nur unter Bedachtnahme auf das ihr zugrunde liegende Schuldverhältnis betrachtet werden; andernfalls käme der Schuldner gar nicht in die Lage, seine Einwendungen gegen die Forderung anzubringen (7 Ob 341/56). Damit ist aber nicht gesagt, daß die Parteien die zedierte Forderung selbst rechtlich qualifizieren müßten; es genügt die Bezugnahme auf die rechtserzeugenden Tatsachen, die allenfalls auch konkludent erfolgen kann. Wenn aber eine ganz bestimmte, rechtlich qualifizierte Forderung abgetreten wird, sind andere Ansprüche, die allenfalls aus dem gleichen Sachverhalt abgeleitet werden könnten, von der Zession nicht erfaßt.
Das in der Klage erwähnte Schreiben vom 4. November 1953, mit dem der Beklagte ursprünglich von der Zession verständigt wurde, liegt nicht vor. Daß V. dem Kläger die in der Klage genannte Forderung auf Zahlung von 3300 S abgetreten hat, wurde vom Beklagten aber nicht bestritten; im Gegenteil, in seinem Rekurs gibt er ausdrücklich zu, daß die in der Klage bezeichnete Forderung aus der Mietzinsvereinbarung zediert wurde. Sollte das Berufungsgericht nach Prüfung der Berufung des Beklagten die Feststellung des Erstgerichtes über den Abschluß dieser Vereinbarung übernehmen, bestunde daher kein Grund zu einer Untersuchung, ob die Zession auch andere Ansprüche umfaßte.
Da der Erstrichter im wesentlichen gerade jenen Sachverhalt als erwiesen angenommen hat, auf den das Begehren in der Klage - abgesehen von der Zession - gestützt wurde, wäre derzeit eine Erörterung, inwiefern der Kläger im Verlauf des Prozesses hilfsweise Klagsänderungen vornahm, entbehrlich. Diese Frage ist deshalb zu streifen, weil das Berufungsgericht den Rechtskraftvorbehalt seines Aufhebungsbeschlusses ausdrücklich mit einem Zweifel an seinem im ersten Rechtsgang in diesem Belang eingenommenen Standpunkt begrundet hat.
Daß dem Schadenersatzbegehren ein neuer Klagsgrund entspricht, kann nicht bezweifelt werden.
Das Vorbringen, V. habe für die Garage Zins und Baukostenbeitrag oder Investitionsablöse bezahlt, war zunächst eine Erwiderung auf die Behauptung des Beklagten, V. sei gar nicht Hauptmieter gewesen, auch J. habe keinen Zins für die Garage bezahlt; insofern hat das Berufungsgericht im Aufhebungsbeschluß vom 7. Oktober 1955 zutreffend ausgesprochen, dies stehe mit den Klagsbehauptungen im Einklang. Da der Kläger bei der Tagsatzung vom 2. Dezember 1954 aber auch vorbrachte, er stütze das Klagebegehren hilfsweise auch auf diese Umstände, war damit offensichtlich mehr gemeint als bloß die Bestreitung der Behauptung des Beklagten, V. sei gar nicht Hauptmieter der Garage gewesen; darunter kann nur die hilfsweise Heranziehung eines weiteren Klagsgrundes erblickt werden, vermutlich bereits in der Richtung des im zweiten Rechtsgang berührten Benützungsentgeltes, eines Bereicherungsanspruches od. dgl. Ob auf diese Klagsgrunde einzugehen war, wird gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf § 235 Abs. 3 ZPO. zu beurteilen sein. Da der erste Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes nicht nur auf § 496 Abs. 1 Z. 2 ZPO., sondern auch auf Z. 3 dieser Gesetzesstelle gestützt wurde, waren die Parteien im Rahmen zulässiger Klagsänderungen von neuem Vorbringen nicht ausgeschlossen. Dies kann mit Rücksicht auf die Behauptung einer weiteren Zessionsverständigung nach Aufhebung des ersten Urteils von Bedeutung sein, wobei gegebenenfalls zwischen dem Zeitpunkt der Zession und dem Zeitpunkt der Verständigung an den Schuldner zu unterscheiden sein wird. Ob eine neuerliche Berufungsverhandlung erforderlich ist, wird das Berufungsgericht zu, beurteilen haben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)