OGH 7Ob40/16g

OGH7Ob40/16g6.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin B* N*, vertreten durch Mag. Vinzenz Fröhlich und andere, Rechtsanwälte in Graz, gegen die Verlassenschaft nach dem am * verstorbenen Dr. G* N*, vertreten durch Dr. Christiane Loidl, Rechtsanwältin in Graz, wegen Feststellung der Vaterschaft, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 28. Jänner 2016, GZ 2 R 17/16h‑108, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E114296

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

1. Verfahrensverstöße bilden nur dann eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, wenn sie abstrakt geeignet sind, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen (RIS‑Justiz RS0043027). Die Erheblichkeit des Mangels in diesem Sinn ist vom Rechtsmittelwerber auch im Außerstreitverfahren darzulegen (RIS‑Justiz RS0043027 [T13]).

1.1 Soweit die Antragsgegnerin eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens im Unterbleiben einer Rekursverhandlung zur Aufnahme weiterer beispielhaft angeführter Beweismittel (Durchführung entsprechender Nachforschungen in nationalen und internationalen Tumordatenbanken, ob dort allenfalls Gewebeproben des mittlerweile verstorbenen Putativvaters erliegen, DNA‑Abnahme am Leichnam, Vergleich der DNA mit nicht näher genannten Angehörigen, Abnahme von DNA‑Spuren von gleichfalls nicht näher bezeichneten zur Verfügung stehenden Gebrauchsgegenständen) erblickt, legt sie schon die Relevanz nicht dar, weil offen bleibt, welches Ergebnis die Einholung der noch dazu völlig unkonkret gebliebenen Beweismittel gebracht hätte.

1.2 Abgesehen davon, kann auch in einem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren im Unterbleiben der Beweisaufnahme eine Verletzung des pflichtgemäßen Ermessens zur amtswegigen Wahrheitserforschung nicht erblickt werden, wenn der Beweisführer die Aufnahme eines von ihm beantragten Beweises durch sein Verhalten vereitelt. Der Untersuchungsgrundsatz findet nämlich dort seine Grenzen, wo eine weitere Beweisaufnahme nicht möglich ist oder deren Durchführung zu einer nicht absehbaren Prozessverschleppung führen würde (RIS‑Justiz RS0043158).

Dies ist hier der Fall: Zur Tagsatzung am 2. 9. 2013 erschien der Verstorbene nicht. Zu der vom gerichtlich bestellten Sachverständigen angesetzten Probeentnahme an der Universität Thessaloniki, Labor für DNA‑Tests, erschien er gleichfalls unentschuldigt nicht. Über seinen Vorschlag wurde am 6. 8. 2014 dem Gericht Thessaloniki Protodikeia ein Probeabnahmeset mit dem Ersuchen übermittelt, die Identität des Putativvaters zu überprüfen, eine DNA‑Probe bei ihm zu nehmen und diese dem Sachverständigen zu übermitteln. Nachdem er sich gegen die Ladung und die Probenabnahme am 2. 12. 2014 aussprach, wurde das Probeabnahmeset vom griechischen Gericht ungeöffnet rückgemittelt.

1.3 Hinsichtlich des Einwands, das Rekursgericht hätte die für 6. 4. 2016 vor dem griechischen Gericht zur Entscheidung über den Einspruch des Verstorbenen gegen die Ladung und Beweisaufnahme angesetzte Verhandlung abwarten müssen, bleibt ebenfalls offen, welche Verfahrensergebnisse die vermisste Vorgehensweise erbracht hätte.

2. Auch die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Eine solche ist nämlich nur gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wird (RIS‑Justiz RS0043347 [T1]).

Selbst wenn das Rekursgericht ‑ verkürzt ‑ davon spricht, dass das Rechtshilfeersuchen unerledigt rückgemittelt worden sei, legte es seiner Entscheidung ohnedies nur zugrunde, dass lediglich das Probeentnahmeset infolge Einspruchs des Verstorbenen ungeöffnet vom griechischen Gericht zurückgesandt wurde.

3. Nach § 148 Abs 2 ABGB (vormals § 163 Abs 2 ABGB) kann auf Antrag des Kindes der Mann als Vater festgestellt werden, welcher der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt beigewohnt hat, es sei denn, er weist nach, dass das Kind nicht von ihm abstammt (Vaterschaftsvermutung).

Das Kind hat die Wahl zwischen der Feststellung durch positiven Vaterschaftsbeweis und Zeugungsvermutung (RIS‑Justiz RS0122643 = 7 Ob 75/07f zum insoweit inhaltsgleichen § 163 Abs 2 ABGB).

Die Beurteilung der Vorinstanzen, die Antragstellerin konnte sich daher allein ‑ nicht bloß hilfsweise ‑ auf die Vaterschaftsvermutung stützen, entspricht der oberstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Antragstellerin hat die Beiwohnung nach den Feststellungen bewiesen, der nach dem Gesetz vom Mann zu erbringende Gegenbeweis ist nicht gelungen. Dagegen legte die Antragstellerin auch ein Privatgutachten vor, das die Wahrscheinlichkeit für die Vaterschaft des Verstorbenen mit 99,99 % ausweist.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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