OGH 7Ob360/98m

OGH7Ob360/98m19.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Dr. Huber und Hon-Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gerold H*****, und 2. Sabine H*****, vertreten durch Dr. Ulrich Sinnißbichler, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Aloisia U*****, vertreten durch Dr. Gerhard Schatzlmayr und Dr. Klaus Schiller, Rechtsanwälte in Schwanenstadt, wegen S 531.000,54 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 8. September 1998, GZ 1 R 198/98i-15, womit das Versäumungsurteil des Landesgerichtes Wels vom 25. Juni 1998, GZ 6 Cg 81/98p-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 23.631,30 (darin S 3.938,55 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit der vorliegenden Anfechtungsklage begehren die Kläger von der Beklagten die Zustimmung zur zwangsweisen Versteigerung der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** R*****, Bezirksgericht Frankenmarkt zugunsten ihrer vollstreckbaren Forderungen gegen die Beklagte in der Höhe von S 391.708,23 sA und von S 98.134,89 sA. Nachdem die mit der eigenhändigen Zustellung der Klage an die Beklagte am 27. 5. 1998 vom Erstgericht für die Erstattung einer Klagebeantwortung in Lauf gesetzte dreiwöchige Frist ungenützt verstrichen ist, stellte die klagende Partei einen Antrag auf Fällung eines Versäumungsurteiles im klagsstattgebenden Sinn, dem das Erstgericht stattgab.

Der Klage liegen folgende Behauptungen zugrunde:

Die Beklagte schulde den Klägern aufgrund mehrerer rechtskräftiger Urteile den Betrag von insgesamt S 531.000,54 sA. Mit Notariatsakt vom 7. 8. 1996 habe die Beklagte die ihr gehörige Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** R*****, BG Frankenmarkt an ihre Tochter Josefine S***** übergeben. Bei der übergebenen Liegenschaft handle es sich um das gesamte Vermögen der Beklagten. Die Schenkung sei in der ausschließlichen Absicht, die Kläger zu benachteiligen, erfolgt. Die Einverleibung des Eigentumsrechts an die Tochter der Beklagten sei zu einem Zeitpunkt geschehen, als beiden die Forderung der Kläger bekannt gewesen sei und beide gewußt hätten, daß die Beklagte nicht mehr in der Lage sein werde, die Forderung der Kläger zu befriedigen. Darüberhinaus sei zwischen der Beklagten und deren Tochter ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Beklagten vereinbart worden in der Absicht, eine Versteigerung der Liegenschaft zu verhindern. Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes hätten die Kläger das Rechtsgeschäft betreffend Josefine S***** bereits angefochten. Letztere sei aufgrund der Urteile des BG Frankenmarkt zu ***** und ***** des LG Wels schuldig erkannt worden, die Exekution der Kläger in die klagsgegenständliche Liegenschaft zu dulden. Die Versteigerung scheitere an der fehlenden Zustimmung der Beklagten. Aufgrund des Solidarverhältnisses zwischen der Beklagten und ihrer Tochter sei erstere verpflichtet, dazu ihre Zustimmung zu erteilen. Das zwischen der Beklagten und ihrer Tochter abgeschlossene Rechtsgeschäft, nämlich der Übergabsvertrag vom 7. 8. 1996 sowie das Gesuch um Einverleibung des Eigentumsrechts der Josefine S***** werde gemäß §§ 2, 3 AnfO angefochten. Trotz Aufforderung verweigere die Beklagte die Zustimmung zur Veräußerung.

Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung von der Beklagten erhobenen Nichtigkeitsberufung keine Folge und sprach aus, daß die Erhebung der ordentlichen Revision zulässig sei.

Anfechtungsgegner sei nach § 2 Z 1 AnfO grundsätzlich der "andere Teil", also derjenige, mit dem der Schuldner kontrahiert habe, zu dessen Gunsten die anfechtbare Rechtshandlung gesetzt worden sei und der somit daraus einen Vorteil ziehe. Allerdings sehe § 11 Abs 2 AnfO als zulässigen Anfechtungsgegner auch den "Rechtsnehmer" an. Rechtsnehmer könne auch der Schuldner selbst sein. Lasse sich der Schuldner an der von ihm verschenkten Liegenschaft ein Veräußerungs- und Belastungsverbot einräumen, gleichgültig ob im Zusammenhang mit der anfechtbaren Rechtshandlung (hier Schenkungsvertrag mit Frau S*****) oder erst zu einem späteren Zeitpunkt, so sei er nach Auffassung des Berufungsgerichtes als Rechtsnehmer im Sinne des § 11 Abs 2 AnfO legitimiert. Die Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen gegenüber dem Rechtsnehmer wie sie im § 11 Abs 1 Z 1 bis 3 AnfO normiert seien (bedenkliche Umstände, Unentgeltlichkeit, nahe Angehörigeneigenschaft), hätten die Kläger in der Klage ausreichend behauptet. Die Kläger hätten auch zur Benachteiligungsabsicht ein ausreichendes Vorbringen erstattet, da sie ausgeführt hätten, bei der übergebenen Liegenschaft handle es sich um das einzige Vermögen der Schuldnerin. Auch daß die Liegenschaft geschenkt worden sei, hätten die Kläger entgegen der Auffassung der beklagten Partei ausreichend und ausdrücklich behauptet. Daß die Tochter der Beklagten noch über ausreichendes Vermögen verfüge, sei bedeutungslos, da sie nicht Schuldner der Kläger sei. Richtig sei, daß die Kläger die Behauptungs- und Beweislast für die Befriedigungstauglichkeit treffe. Für die Befriedigungstauglichkeit sei die Wahrscheinlichkeit der Verbesserung der Befriedigungslage ausreichend. Es genüge, wenn ohne das geschlossene Geschäft für den Gläubiger eine bessere Lage bestünde. Im Zweifel sei zugunsten der Anfechtung zu entscheiden. Daß die Liegenschaft etwa mit Pfandrechten so überlastet wäre, daß die Befriedigungstauglichkeit nicht gegeben wäre, werde in der Berufung nicht ausgeführt. Grundsätzlich dürfe davon ausgegangen werden, daß die Veräußerung einer Liegenschaft geeignet sei, zumindest einen Teil der Schulden abzudecken. Im übrigen ergebe sich aus der Tatbestandswirkung der Urteile des BG Frankenmarkt und des Teilurteils des LG Wels, mit welchen Frau Schmidt zur Duldung der Exekution verpflichtet wurde, daß die Befriedigungstauglichkeit gegeben sei. Daß das Verbot auch verbüchert wurde, ergebe sich entgegen der Meinung der Berufungswerber aus der Behauptung der Kläger, daß das BG Vöcklabruck als Exekutionsgericht den Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung im Hinblick auf das bestehende Veräußerungs- und Belastungsverbot der Beklagten abgelehnt habe. Auch das Begehren auf Zustimmung zur Exekutionsführung erscheine richtig, da von der Beklagten mehr als ein bloßes Dulden verlangt werde, um eine Zwangsversteigerung zu ermöglichen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision der Beklagten ist unzulässig und war daher zurückzuweisen.

Gemäß § 396 ZPO ist bei Säumnis (hier der Beklagten) das tatsächliche Vorbringen der erschienenen Partei, soweit dasselbe nicht durch die vorliegenden Beweismittel widerlegt wird, für wahr zu halten und auf dieser Grundlage auf Antrag der erschienenen Partei über das Klagebegehren durch Versäumungsurteil zu entscheiden. Die Wahrheitsfiktion bedeutet mehr als eine Geständnisfiktion, weil damit jede Beweisaufnahme ausgeschlossen wird. Dies ist die rigorose Konsequenz der Präklusionswirkung der Versäumung (vgl Rechberger in Rechberger ZPO §§ 396 f Rz 2). Voraussetzung der Einzelanfechtung aufgrund einer anfechtbaren Rechtshandlung ist die im Zeitpunkt der Erhebung der Klage bestehende "Befriedigungsverletzung" und die im Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses bestehende "Befriedigungstauglichkeit" (vgl MGA AnfO7 § 1/8 ff). Dementsprechende Klagsbehauptungen hat daher eine Anfechtungsklage, die zur Fällung eines klagsstattgebenden Versäumungsurteiles geeignet sein soll, zu enthalten. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß im vorliegenden Fall nicht die Voraussetzungen für die Fällung eines Unschlüssigkeitsurteiles vorliegen. Die nunmehrige Eigentümerin der Liegenschaft, in die die Kläger Exekution führen wollen, die Tochter der Beklagten, wurde durch ein Urteil des Bezirksgerichtes Frankenmarkt verpflichtet, diese Exekution aufgrund der Forderungen der Kläger gegen die Beklagten zu dulden, erstere trifft aber nur diese und sonst keine andere (schuldrechtliche) Verpflichtung gegenüber den Klägern. Die Frage, ob die Tochter der Beklagten noch über anderes Vermögen verfügt, auf das die Kläger greifen könnten, ist daher rechtlich irrelevant. Die nächste die Tochter der Beklagten treffende Verpflichtung aus dem Urteil des Landesgerichtes Wels wird in der Klagserzählung unmittelbar anschließend an die vorangegangene Urteilsverpflichtung mit dem Wort "ebenso" eingeleitet. Damit wird behauptet, daß es sich auch bei diesem Urteil um ein solches der gleichen Art handelt.

Allein die Klagsbehauptung, daß die Beklagte ihr gesamtes "Vermögen" in Form der übertragenen Liegenschaft ihrer Tochter im Rahmen der anfechtbaren Handlung übertragen hat, reicht für die Annahme aus, daß den Klägern bei einer zwangsweisen Versteigerung eine teilweise Befriedigung ihrer Forderung möglich ist (vgl 6 Ob 2375/96). Es wäre Sache der Beklagten gewesen, im Rahmen einer Bestreitung, Behauptungen über die Befriedigungsuntauglichkeit zu erheben. Von vornherein ist diese entgegen der Revisionsbeantwortung allerdings nicht anzunehmen (vgl MGA AnfO7 § 2/42).

Der Umstand der Verbücherung des angefochtenen Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten der Beklagten ergibt sich allein aus der Klagsbehauptung, daß die von den Klägern beantragte Zwangsversteigerung vom zuständigen Exekutionsgericht allein aufgrund dieser Sperre abgewiesen worden ist.

Richtig wäre an und für sich, daß nach herrschender Rechtsprechung der Anfechtungsanspruch in einer Duldung der Zwangsversteigerung besteht (vgl MGA AnfO7 § 13/1). Da aus der Klagserzählung aber eindeutig zu entnehmen ist, daß die Kläger nur die Verwirklichung ihres von der Beklagten bisher blockierten Zwangsversteigerungsverfahrens in die gegenständliche Liegenschaft bezwecken, ist ihr Urteilsbegehren auch in diesem Sinne zu deuten.

Im übrigen kommt der Frage der Auslegung einzelner Klagsbehauptungen auf ihre Behauptungstauglichkeit in bezug auf den geltend gemachten Anspruch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, sodaß die Revision zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Da die Kläger in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der erhobenen Revision hinwiesen, waren ihnen Kosten zuzuerkennen.

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