OGH 7Ob326/63

OGH7Ob326/6319.12.1963

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zierer, Dr. Machek, Dr. Berger und Dr. Schopf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef P*****, vertreten durch Dr. Alois Feldner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Walter B*****, vertreten durch Dr. Josef Riz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 15.390 S samt Anhang, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 26. März 1963, GZ R 62/63-16, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 4. Dezember 1962, GZ 6 Cg 347/61-12, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Beklagte, der sich als Lebensmittelhändler auch mit der Herstellung von Frischgemüsepäckchen und dem Vertrieb selbst befasste, vereinbarte im Herbst 1960 mit dem Kläger, dass dieser mit seinem Lieferwagen und seinem Kraftwagenlenker Erwin U***** Gemüsepäckchen des Beklagten vertreibe. Die Abrechnung sollte in der Weise erfolgen, dass der Kläger dem Beklagten für jedes Gemüsepäckchen 2,20 S zu bezahlen habe, während er den Verkaufspreis nach freiem Ermessen bestimmen und kassieren könne. Die Gemüsepäckchen, die von den Großabnehmern innerhalb von drei Tagen nicht abgesetzt werden konnten, wurden gegen frische Stücke ausgetauscht, wobei den Verlust durch Retourware beide Teile zur Hälfte zu tragen hatten. Da diese Art der Geschäftsabwicklung Schwierigkeiten bereitete, kam es zwischen den Streitteilen Anfang November 1960 zu einer neuen Vereinbarung, nach welcher der Kläger seinen Lieferwagen dem Beklagten übergab, der ihn in der Folgezeit für seine Zwecke benützte, wofür er dem Kläger 1.000 S wöchentlich und 50 g für den Kilometer zu bezahlen hatte. Der Beklagte zahlte auch zweimal je 1.000 S dem Kläger. Schon nach der ersten Vereinbarung und ebenso nach der zweiten stand es im freien Ermessen des Beklagten, wie viele Gemüsepäckchen er herstelle und welche Menge er selbst vertreibe und welche er durch den Kläger absetzen lasse. Eine Pflicht zur Rechnungslegung und zur Auskunftserteilung über das Geschäft mit den Gemüsepäckchen bestand für den Beklagten nach der 2. Vereinbarung nicht. Anfang Dezember 1960 führte Erwin U***** als Lenker im Auftrag und im Dienst des Beklagten mit dem Lieferwagen des Klägers einen Gemüsetransport nach Vorarlberg durch. Bei dieser Fahrt wurde der Wagen total beschädigt.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil den Anspruch des Klägers auf Ersatz des Wertes des Wagens und des ihm durch den Unfall entstandenen Schadens (Kosten des Abschleppens und der Inanspruchnahme eines Leihwagens) im Gesamtbetrag von 15.390 S samt Zinsen als dem Grunde nach zu Recht bestehend.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Vorbehalt der Rechtskraft auf.

Beide Untergerichte lehnten die Ansicht des Beklagten, es sei zwischen den Streitteilen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zustandegekommen, ab und beurteilten den Sachverhalt rechtlich dahin, dass es sich um ein Mietverhältnis handle. Ein Gesellschaftsverhältnis im Sinne des § 1175 ABGB setze eine doch wenigstens lose Gemeinschaftsorganisation voraus, die jedem Partner eine gewisse Einwirkung auf die Geschäfte der Gesellschaft gebe. Nach dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt habe der Kläger nach der späteren Vereinbarung keinen Einfluss auf die Gestaltung und Abwicklung des Gemüsepäckchensgeschäftes gehabt. Der Beklagte konnte nach seinem Belieben die Ware herstellen und vertreiben. Der Kläger habe keine Möglichkeit gehabt, auf die Verwendung des Wagens Einfluss zu nehmen. Es habe keine Auskunftspflicht und keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Geschäftsführung des Beklagten bestanden. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes müsse die Einwendung des Beklagten geprüft werden, dass ihn an dem Verlust des Wagens kein Verschulden treffe. Das erstgerichtliche Verfahren sei in diesem Punkt mangelhaft geblieben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten ist nicht begründet.

Der Beklagte bemängelt, dass die Untergerichte nur die zweite Vereinbarung, nicht aber auch die erste Vereinbarung rechtlich beurteilt hätten. Diese könne nur als ein Gesellschaftsverhältnis nach § 1175 ABGB beurteilt werden. Aus den von den Untergerichten festgestellten Merkmalen folgert der Beklagte, dass eine gemeinsame wirtschaftliche Organisation bestanden habe, auf welche übrigens nur im Notfall zur Beurteilung zurückzugreifen sei. Da ein Austritt oder eine Aufkündigung des Gesellschaftsverhältnisses nicht erfolgt sei und die Abänderungen nach der zweiten Vereinbarung nur die Organisationsform betreffen, bestehe das Gesellschaftsverhältnis fort. Eine Einwirkung auf die Geschäfte der Gesellschaft seitens des Klägers sei im Hinblick darauf, dass er nur Sachleistungen erbrachte, gar nicht zulässig gewesen. Übrigens habe der Kläger insofern ein Einwirkungsrecht gehabt, als ihm der Wagen an Samstagen und Sonntagen zur Verfügung stehen sollte und dass der Beklagte seine Zustimmung einzuholen hatte, wenn er den Wagen in einer über den Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses hinausgehenden Weise benützen wollte. Gegen die Annahme eines Mietverhältnisses spreche auch die Höhe des sogenannten Zinses.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Selbst wenn die ursprüngliche Vereinbarung ein Gesellschaftsverhältnis gewesen wäre, wäre für den Beklagten nichts gewonnen, weil dieses durch die spätere Vereinbarung dadurch konkludent aufgelöst wurde, dass an seiner Stelle ein Bestandverhältnis vereinbart wurde. Denn mit dieser zweiten Vereinbarung wurde jedenfalls eine allfällige, an sich schon lose Gemeinschaftsorganisation und ein ebenso schwaches Gestaltungsrecht der Gesellschafter völlig beseitigt und damit ein wesentliches Erfordernis des Bestandes einer Gesellschaft beseitigt. Die Ansicht des Beklagten, dieses Merkmal sei bloß subsidiärer Natur, kann nicht geteilt werden. Dazu kommt, dass weder eine Beteiligung am Gewinn noch am Umsatz nach der zweiten Vereinbarung bestanden hat. Auch dies ist aber ein sehr bedeutsames Indiz für das Nichtbestehen einer Gesellschaft. Dass die vereinbarte Entschädigung nach Ansicht des Beklagten über den üblichen Bestandzins wesentlich hinausging, ändert nichts daran, dass ein fixes Entgelt gegen die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses spricht. Der Umstand, dass der Beklagte die Zustimmung des Klägers einholen musste, als er den Wagen zum Transport von Möbeln verwenden wollte, und dass sich der Kläger die Benützung des Wagens für gewisse Tage der Woche vorbehalten haben soll, schließt nicht die Annahme eines Bestandverhältnisses aus. Es ist mit dem Wesen des Bestandvertrages nicht unvereinbar, dass der Bestandgegenstand nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden darf und dem Bestandgeber für gewisse Zeiten zur Verfügung stehen muss.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

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