Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.059,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei ist die Rechtsnachfolgerin der V***** K*****, vormals V***** R***** regGenmbH. Am 8.10.1974 schloß die V***** R***** regGenmbH mit der Post- und Telegraphendirektion für Kärnten in Klagenfurt namens der Republik Österreich (Post- und Telegraphenverwaltung) einen Mietvertrag, mit dem die V***** im Mietvertrag näher bezeichnete Räume des in ihrem Eigentum stehenden Hauses in F*****, H*****platz 8, mit einer Nutzfläche von insgesamt 360,86 m2 vermietete.
Die beklagte Partei wurde mit dem Bundesgesetz über die Einrichtung und Aufgaben der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft (Poststrukturgesetz-PTSG) zur Besorgung der bisher von der Post- und Telegraphenverwaltung wahrgenommenen Aufgaben errichtet. Das PTSG ist mit 1.5.1996 in Kraft getreten.
Die beklagte Partei entrichtete zuletzt einen Mietzins von S 11.514,83, der unter dem für die gemieteten Bestandräume angemessenen Mietzins liegt. Mit Schreiben vom 27.9.1996 forderte die klagende Partei von der beklagten Partei ab 1.6.1997 die Anhebung des Mietzinses auf S 92,-- pro Quadratmeter.
Die klagende Partei begehrt S 52.042,28 sA als Differenz zwischen dem tatsächlich von der beklagten Partei bezahlten und dem behaupteten angemessenen Mietzins von S 32.199,12 für die Monate Oktober und November 1996. Es lägen die Voraussetzungen für die Anhebung des Mietzinses gemäß § 12a Abs 3 MRG vor. Die Bestimmung des § 10 Abs 7 PTSG, der die Anwendung des § 12a Abs 3 MRG ausschließe, sei verfassungswidrig. Sie widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz und dem Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums.
Die beklagte Partei verwies zur Bestreitung des Klageanspruches auf § 10 Abs 7 PTSG.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Infolge der Bestimmung des § 10 Abs 7 PTSG sei nicht davon auszugehen, daß sich die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten auf das zuvor in den Bestandräumlichkeiten betriebenen Unternehmen geändert hätten.
In ihrer gegen dieses Urteil erhobenen Berufung stellte die klagende Partei unter anderem den Antrag, das Berufungsverfahren zu unterbrechen und "die im gegenständlichen Verfahren auftretenden europarechtlichen Fragen dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen". Sie behauptete, § 10 Abs 7 PTSG stehe mit den Wettbewerbsregeln und den Bestimmungen betreffend die staatlichen Beihilfen des EG-Vertrages (Art 90 und92 EGV) im Widerspruch.
Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Antrag mit dem in seine Urteilsausfertigung aufgenommenen Beschluß zurück und bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Zum einen habe die Post- und Telegraphenverwaltung kein Unternehmen dargestellt, weil durch diese öffentlich-rechtliche Organisationseinheit überwiegend hoheitliche Tätigkeiten (Postwesen, Postauto- und Fernmeldewesen) ausgeübt worden seien. Zum anderen fänden § 12a Abs 1 und 3 MRG nur dann Anwendung, wenn durch die gesellschaftsrechtlichen Veränderungen die Gefahr der wirtschaftlichen Verwertung oder Ausnützung des Mietrechtes zu Lasten des Vermieters bestehe. Diese Gefahr sei aber hier nicht gegeben, weil schon vor dem Inkrafttreten des PTSG ein Postamt in den Bestandräumlichkeiten betrieben worden sei, woran sich durch die Errichtung der Post und Telekom Austria AG nichts geändert habe. Die von der klagenden Partei begehrte Mietzinserhöhung sei daher schon nach der Rechtslage nach dem MRG nicht berechtigt, weshalb die klagende Partei durch die Bestimmung des § 10 Abs 7 PTSG nicht beschwert sein könne. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Errichtung der Post und Telekom Austria AG die Rechtsfolgen des § 12a MRG auslöse und ob Bedenken an der Konformität der Bestimmung des § 10 Abs 7 PTSG mit dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union und gegen ihre Verfassungsmäßigkeit bestünden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist mangels einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Anwendbarkeit des § 12a Abs 3 MRG auf das ausgegliederte Unternehmen der ehemaligen Post- und Telegraphenverwaltung zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Bei den unter diesem Revisionsgrund bekämpften "Feststellungen" des Gerichtes zweiter Instanz handelt es sich ausschließlich um rechtliche Erwägungen, auf die im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge einzugehen ist.
§ 2 PTSG beschreibt den "Unternehmensgegenstand" der Post und Telekom Austria AG und führt aus, daß die AG zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt ist, die im Hinblick auf den übertragenen Unternehmensgegenstand notwendig oder nützlich erscheinen. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß die Post und Telekom Austria AG ein Unternehmen im Sinn des § 12a MRG betreibt, auch wenn § 12a MRG keine Definition des Unternehmensbegriffes enthält. Es war auch bisher nicht strittig, daß die Post ein (staatliches) Unternehmen war (Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 42 f; Adamovic/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 210 f), wobei gerade die vom Gericht zweiter Instanz beispielhaft dargestellten Hauptaufgaben (Erbringung von Beförderungsleistungen, Einrichtung und Betrieb von Fernmeldeanlagen, Betrieb von Postautobussen) entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz nicht behördliche Tätigkeiten, sondern typisch betrieblich-wirtschaftliche Tätigkeiten darstellten (vgl Adamovic/Funk, aaO, 211). Die Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz, daß § 12a Abs 3 MRG schon deshalb nicht zur Anwendung komme, weil in den vermieteten Räumlichkeiten kein Unternehmen betrieben worden sei, ist daher - abgesehen davon, daß strittig ist, ob alle Arten von juristischen Personen der Bestimmung des § 12a Abs 3 MRG unterworfen sind oder nur jene, die ein Unternehmen im weitesten Sinn betreiben (vgl 4 Ob 2357/96p mwN) - verfehlt.
§ 10 Abs 7 PTSG lautet:
"Eigentumsübertragungen und sonstige Änderungen, die aufgrund des vorliegenden Bundesgesetzes erfolgen, lösen die Rechtsfolgen des § 12a Abs 3 MRG keinesfalls aus."
Wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend erkannt hat, stellt sich die Frage der Konformität dieser Bestimmung mit den Wettbewerbs- und Beihilfenregelungen des EG-Rechtes und der Verfassungskonformität nur, wenn bei ihrem Entfall die Anwendbarkeit des § 12a MRG zu bejahen wäre.
Die Ausführungen der Parteien und der Vorinstanzen zur Anwendung des § 12a Abs 3 MRG, und zwar insbesondere zur Frage, ob eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten stattgefunden habe, gehen jedoch ins Leere.
Das ehemals öffentliche Unternehmen der Post wird nunmehr von der durch das PTSG errichteten Aktiengesellschaft geführt, auf die das bisher im Eigentum des Bundes gestandene Vermögen der Post- und Telegraphenverwaltung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit Inkrafttreten des PTSG übergegangen ist (§§ 1, 10 PTSG). Alle Aktien stehen im Eigentum der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft, die ebenfalls mit Inkrafttreten des PTSG als GmbH errichtet wurde. Diese übt auch die Aktionärsrechte aus. Die Anteilsrechte der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft werden vom Bundesminister für Finanzen verwaltet (§ 11 PTSG).
Der dargestellte Sachverhalt fällt schon deshalb nicht unter § 12a Abs 3 MRG, weil keine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten "innerhalb" des Mieters, wie dies § 12a Abs 3 MRG voraussetzt, sondern ein Mieterwechsel (vom Bund auf die Aktiengesellschaft) stattgefunden hat (vgl 5 Ob 263/97f; 5 Ob 378/97t). Der Fall des Mieterwechsels ist jedoch Tatbestandsmerkmal des § 12a Abs 1 MRG (5 Ob 263/97 f). § 12a Abs 1 MRG setzt einen Mieterwechsel durch einen Veräußerungsvorgang voraus. Eine Unternehmensveräußerung im Sinn dieser Bestimmung liegt nur dann vor, wenn die Rechtsnachfolge des Erwerbers auf einem auf endgültige Eigentumsübertragung gerichteten Rechtsgeschäft beruht (4 Ob 2357/96p; 5 Ob 378/97t). Die Ausgliederung der Post war aber ein Akt der Gesetzgebung. Eine Börseneinführung der Aktiengesellschaft hat (erst) bis zum 31.12.1999 zu erfolgen (§ 1 Abs 2 PTSG). Eine privatrechtliche Veräußerung der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft als bisheriger alleiniger Aktionär oder von Anteilen an dieser Gesellschaft hat nicht stattgefunden. Die Rechtsnachfolge nach dem Bund gründet sich demnach nicht auf ein Rechtsgeschäft. Welcher Art die Aufgaben sind, die das ausgegliederte Rechtssubjekt wahrzunehmen hat, macht hiebei keinen Unterschied (5 Ob 378/97t). Der Mangel eines privatrechtlichen Veräußerungsgeschäftes schließt die Verwirklichung des im § 12a Abs 1 MRG geregelten Tatbestandes und damit auch diejenige des § 12a Abs 3 MRG, der bloß die Umgehung des § 12a Abs 1 MRG verhindern soll, aus (5 Ob 2343/96m).
§ 12a Abs 3 MRG ist schon aus diesen Gründen auf die Ausgliederung der Post aus der Bundesverwaltung ebenso unanwendbar wie auf die vom Obersten Gerichtshof bereits abgehandelten Fälle der Ausgliederung der Arbeitsmarktverwaltung (4 Ob 2357/96p) und der Bundesbahn (5 Ob 378/97t). Die Bestimmung wäre auch dann nicht anzuwenden, wenn dies nicht im PTSG angeordnet wäre. § 10 Abs 7 PTSG stellt nur klar, daß die Ausgliederung der Post keinen Tatbestand verwirklicht, der zur Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 3 MRG berechtigt. § 10 Abs 7 PTSG verletzt die klagende Partei weder in ihrem verfassungsmäßig gewährleisteten Recht auf gleiche Behandlung noch in ihrem Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Daß die klagende Partei weiterhin einen unangemessen niedrigen Mietzins erhält, folgt nicht aus § 10 Abs 7 PTSG, sondern aus den Mietzinsbeschränkungen des Mietrechts. Es stellt sich somit auch nicht die Frage der Konformität des § 10 Abs 7 PTSG mit den Wettbewerbs- und Beihilfenregelungen des EG-Vertrages.
Die angefochtene Entscheidung war daher zu bestätigen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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