OGH 7Ob28/93

OGH7Ob28/932.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****versicherung V.a.G., ***** vertreten durch Dr.Ernst Stolz, Dr.Sepp Manhart, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei Manfred H*****, geboren ***** 1942, ***** vertreten durch Dr.Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen S 346.516 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 25.Juni 1993, GZ 4 R 141/93-12, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 18.Februar 1993, GZ 3 Cg 471/92g-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.247,20 (darin enthalten S 2.041,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 14.März 1991 brach in dem im Eigentum des Werner P***** stehenden Objekt *****, ein Brand aus, der sowohl dieses Bauobjekt als auch ein Nachbargebäude beschädigte. Das Wohnobjekt setzte sich aus mehreren Gebäuden zusammen, und zwar aus einem etwa 250 Jahre alten Doppelwohnhaus, einem Zwischentrakt und einem Nebengebäude. Das Doppelwohnhaus wurde vom Eigentümer und einem Mieter bewohnt. Der Zwischentrakt enthielt zwei Garagen in Massivbauweise und war unmittelbar an das Doppelwohnhaus angebaut. An den Zwischentrakt schloß sich ein überdachter Autoabstellplatz und das Nebengebäude, bestehend aus einem Wohntrakt und einem Stadel, an. Der Beklagte mietete vor mehr als 20 Jahren von seinem Schwager Werner P***** den Wohntrakt im Nebengebäude und baute ihn auf eigene Kosten bewohnbar aus. Daneben mietete er auch die unmittelbar an das Wohnhaus angrenzende erste Garage und richtete darin eine Hobbywerkstätte ein. Er bezahlte für die gesamten Räumlichkeiten ein Entgelt von zuletzt S 1.000, wobei zwischen Mietzins und Betriebskosten nicht differenziert wurde. Der Beklagte stellte kurz nach Beginn des Mietverhältnisses in der als Hobbywerkstätte eingerichteten Garage einen Ofen für feste Brennstoffe auf und verlegte das dafür nötige Rauchabzugsrohr. Dieses Rohr führte von dem in der Garage aufgestellten Ofen durch einen nur von dieser zugänglichen Abstellraum und von dort in den gemauerten, zum angrenzenden Doppelhaus gehörenden Rauchfang. Es wies eine Länge von 3,3 m auf und war dreimal abgewinkelt. Eine Zustimmung des Vermieters zur Aufstellung des Ofens wurde nicht eingeholt, doch registrierte Werner P***** bei gelegentlichen Besuchen den aufgestellten Ofen und auch die Art der Verlegung des Rauchabzugrohres, erhob dagegen aber keine Einwendungen und duldete den Betrieb des Ofens durch Jahre hindurch. Im Dezember 1990 ersetzte der Beklagte den alten Ofen durch einen emaillierten Zusatzofen an derselben Stelle und verlegte neue Rauchabzugsrohre in derselben Art und Weise, wie auch die bestehenden Rauchabzugsrohre verlegt waren. Im letzten waagrechten Teil vor Einmündung in den Rauchfang betrug der Abstand zu einem hölzernen Wechselbalken nur 14 cm und zur Holzdecke rund 30 cm. Zwischen Rauchabzugsrohr und Holzdecke waren - wie schon beim vorhergehenden Ofen - weder Brandschutz- noch Hitzeschutzmaterialien angebracht, sodaß die Hitze des Rauchabzugsrohres ungehindert auf die Holzdecke einwirken konnte. Obwohl der Beklagte als pensionierter Schreinergeselle die Eigenschaften von Holz kennen mußte, machte er sich wegen der Brandgefährlichkeit der von ihm gewählten Konstruktion keine Gedanken, zumal der vorige Ofen und das in derselben Art und Weise verlegte Rauchabzugsrohr über viele Jahre problemlos betrieben wurden. Werner P***** nahm auch den Einbau des neuen Ofens zur Kenntnis und erhob keine Einwendungen. Der Ofen und das Rauchabzugsrohr wurden weder von einem Kaminkehrer, noch einem Vertreter der Baubehörde oder von einem Sachverständigen begutachtet. Am 4.März 1991 beheizte der Beklagte den Ofen zunächst mit Holz und dann mit Eierkohle. Durch die Hitzeeinwirkung des Rauchabzugsrohres entzündete sich in der Folge die Holzdecke bzw der hölzerne Deckenbalken im Abstellraum, und zwar in dem Bereich, in dem das Rauchabzugsrohr nur einen geringen Abstand zu diesen hölzernen Bauteilen aufwies. Das Feuer breitete sich auf das gesamte Doppelwohnhaus aus und konnte erst durch die Feuerwehr unter Kontrolle gebracht werden. Der Brand verursachte am Gebäude des Werner P***** einen Schaden von zumindest S 210.000 sowie an dessen Inventar in der Höhe von S 224.690. Am Inventar des Beklagten entstand ein Schaden von S 23.960. Am Nachbarhaus entstand ein weiterer Schaden in der Höhe von S 24.401.

Werner P***** hatte seine Liegenschaft bei der klagenden Partei mit einer Bündelversicherung, bestehend aus Feuerversicherung, Haushaltsversicherung, Leitungswasserschadenversicherung und Haftpflichtversicherung, versichert. Als Versicherungsort wird die Liegenschaft ***** angeführt. Für die Feuerversicherung sind getrennte Versicherungssummen für das Wohnhaus (S 1,500.000), die angebaute Garage (S 100.000) und das freistehende Nebengebäude (S 400.000) angeführt. Alle drei zur Liegenschaft gehörende Objekte sind Gegenstand der in diesem Bündelversicherungsvertrag enthaltenen Feuerversicherung; in dem Vertrag war eine einheitliche Prämie festgesetzt.

Die klagende Partei bezahlte im Rahmen der Feuerversicherung an Werner P***** mehr als S 210.000 für den Gebäudeschaden, weiters S

224.690 für den Schaden am Inventar. Als Feuerversicherer des Nebenhauses bezahlte sie dessen Eigentümerin S 24.401. Der dem Beklagten entstandene Schaden von S 23.940 wurde ihm von seiner Versicherung ersetzt. Diese trat ihren Anspruch zur Geltendmachung gegenüber Werner P***** bzw gegenüber der klagenden Partei an den Beklagten ab. Der Beklagte wurde wegen Vergehens der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst nach dem § 170 Abs 1 (§ 169 Abs 1) StGB rechtskräftig verurteilt.

Die klagende Partei begehrt unter Berufung auf § 67 VersVG sowie unter Berücksichtigung einer Teilzahlung von S 109.870 durch die Haftpflichtversicherung des Beklagten sowie eines weiters anerkannten Betrages von S 2.705 restliche S 346.516 (Gebäudeschaden des Werner Plant S 210.000, Inventarschaden S 224.690, Gebäude- und Inventarschaden am Nachbarhaus S 24.401 = S 459.091 abzüglich der Teilzahlung von S 109.870 sowie des anerkannten Betrages von S 2.705). Der Beklagte habe den Brand grob fahrlässig herbeigeführt, weil er in der von ihm benützten Garage einen Ofen installiert und bei der Verlegung der dazugehörigen Rauchabzugsrohre gegen wesentliche Bestimmungen der Vorarlberger Bautechnikverordnung verstoßen habe. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten habe jede Schadenersatzleistung unter Hinweis auf Art 10 AFB 1984 abgelehnt. Ein Regreßverzicht liege aber nicht vor, weil der Beklagte nicht Mieter im abgebrannten Wohnhaus, sondern im freistehenden Nebengebäude gewesen sei, weder ganz noch teilweise die Versicherungsprämie bezahlt und außerdem den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt habe.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Es lägen die Voraussetzungen zur Annahme eines Regreßverzichtes nach Art 10 der AFB 1984 vor, weil er Mieter eines Teiles des Hauses samt Garage gewesen sei und die anteiligen Prämien an Feuerversicherung getragen habe. Der Schade sei auch weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt worden; der Beklagte habe lediglich einen seit Jahrzehnten bestehenden Ofen samt Abzugsrohr auf die bereits bestehende Art der Verlegung ersetzt. Auch den Hauseigentümer Werner P***** treffe ein Mitverschulden, das sich die Klägerin bei den auf sie übergegangenen Schadenersatzforderungen anrechnen lassen müsse. Der Hauseigentümer habe Kenntnis von Installation und Inbetriebnahme des Ofens gehabt und dagegen keine Einwände erhoben. Aufrechnungsweise wurde als Gegenforderung die vom Beklagten an seinem Inventar erlittenen Schäden in der Höhe von S 29.350 eingewendet.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit einem Betrag von S 61.619,33 und die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung des Beklagten mit dem Betrag von S 9.788,33 als zu Recht bestehend an und verhielt den Beklagten zur Bezahlung eines Betrages von S 51.836. Das Mehrbegehren von S 294.680 wies es ab. Es erörterte rechtlich, daß der Beklagte durch die von ihm gewählte Installation des Ofens und des Rauchabzugsrohres in mehrfacher Hinsicht gegen die Bestimmungen des Baugesetzes und der Bautechnikverordnung verstoßen und deshalb ein Verschulden am Brandausbruch zu vertreten habe. Sein Verschulden sei jedoch nicht als grob fahrlässig einzustufen, weil er über viele Jahre hinweg einen Ofen in seiner Hobbywerkstätte betrieben habe. Der Eintritt des Schadens habe ihm nicht als wahrscheinlich voraussehbar sein müssen, als er den alten Ofen ersetzt und die Rauchrohre neu verlegt habe. Aber auch der Eigentümer des Objektes Werner P***** habe ein Verschulden zu vertreten, weil ihm die Aufstellung des Ofens durch den Beklagten sowie die Art der Verlegung des Rauchabzugsrohres bekannt gewesen sei und er diese Konstruktion dennoch geduldet und als Hauseigentümer bei der zuständigen Behörde nicht angezeigt habe. Die Ansprüche des durch den Brand geschädigten Dritten seien im Rahmen der von der klagenden Partei als Feuerversicherer erbrachten Leistungen auf die klagende Partei übergegangen. Hinsichtlich des Gebäudeschadens sei die Bestimmung des Art 10 der AFB 1984 zu beachten. Der Beklagte habe sowohl die Garage als auch einen Teil des Nebengebäudes vom Versicherungsnehmer der Klägerin gemietet, einen Teil der Feuerversicherungsprämie durch Leistung eines Entgeltes an den Hauseigentümer bezahlt und den Brand nicht grob fahrlässig verschuldet. Ein Ersatz des Gebäudeschadens stehe der Klägerin daher nicht zu. Beim Ersatz des Inventarschadens habe sich die klagende Partei das Verschulden ihres Versicherungsnehmers von einem Drittel anrechnen zu lassen, hingegen gebühre ihr der Ersatz der an die Eigentümerin des Nachbarhauses erbrachten Leistungen zur Gänze. Gegen die berechtigte Klagsforderung sei die berechtigte Forderung des Beklagten von einem Drittel des von ihm erlittenen Schadens aufzurechnen.

Das Berufungsgericht gab der von beiden Parteien gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung nicht Folge. Es trat der Rechtsansicht des Erstgerichtes bei, daß der Beklagte seiner Beweispflicht über das Vorliegen der Voraussetzungen eines Regreßverzichtes nach Art 10 AFB nachgekommen sei. Der Beklagte sei zwar nur Mieter des Nebengebäudes samt Garage gewesen, doch ändere dies nichts daran, daß das durch den Brand beschädigte Wohnhaus nur ein Teil eines versicherten Wohngebäudes gewesen sei, für das ein einheitlicher Feuerversicherungsvertrag mit einheitlicher Prämie abgeschlossen worden sei. Den Versicherungsbedingungen lasse sich nicht entnehmen, daß sich der Regreßverzicht des Versicherers nach Art 10 Abs 1 AFB bei Verursachung des Brandschadens durch einen Wohnungsmieter lediglich auf den Brandschaden im Bereich jenes Teiles des versicherten Wohngebäudes beziehe, der Gegenstand des betreffenden Mietvertrages sei. Die 2. Instanz billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach der Beklagte durch Bezahlung eines Pauschalmietzinses ohne Differenzierung zwischen Betriebskosten und Hauptmietzins auch einen Teil der Versicherungsprämie für das versicherte Wohngebäude bezahlt habe. Sie verneinte auch das Vorliegen grober Fahrlässigkeit und billigte die Verschuldensabwägung des Erstgerichtes. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für den Regreßverzicht des Feuerversicherers gegenüber einem Mieter gemäß Art 10 Abs 1 AFB 1984 nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, sie dahingehend abzuändern, daß dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin vertritt weiter den Rechtsstandpunkt, der Beklagte als Mieter des freistehenden - nach den Feststellungen allerdings mit dem Hauptgebäude zusammenhängenden - Nebengebäudes sei nicht als Mieter einer Wohnung des versicherten Wohngebäudes anzusehen. Der Regreßverzicht des Versicherers erstrecke sich ausschließlich auf das versicherte Wohngebäude, selbst wenn dieses aus mehreren Wohnungen bestehe, nicht aber auch auf mehrere selbständige Gebäude, die - aus welchen Gründen immer - in einem Vertrag versichert seien. Nur Mieter eines Wohngebäudes, die in diesem selbst eine Wohnung gemietet hätten und diese eigentumsähnlich nutzten, sollten daher nach den Regreßverzichtsbestimmungen des Art 10 AFB den Umfang des Versicherungsschutzes des Eigentümers als Versicherungsnehmer genießen, weil es ihnen selbst verwehrt sei, eine Gebäudefeuerversicherung für den von ihnen gemieteten Teil des Gebäudes abzuschließen.

Das Revisionsgericht teilt diese Rechtsauffassung nicht.

Nach Art 10 Abs 1 AFB 1984 geht gemäß § 67 VersVG für den Fall, daß dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen einen Dritten zusteht, der Anspruch auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Nach Satz 2 dieser Bestimmung verzichtet der Versicherer auf seinen Regreßanspruch, wenn sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Wohnungsmieter des versicherten Wohngebäudes ... richtet, soweit der Mieter die Prämie für das versicherte Wohngebäude zum Zeitpunkt des Schadensfalles ganz oder teilweise getragen und der Regreßpflichtige den Schaden weder vorsätzlich noch grob fahrlässig im Sinne des § 61 VersVG herbeigeführt hat.

Entscheidungswesentlich ist daher die Frage, ob diese Bestimmung, auch im Zusammenhang mit den weiteren Bestimmungen der AFB, dahin auszulegen ist, daß als "Wohnungsmieter des versicherten Wohngebäudes" nur jener Mieter verstanden werden kann, der im versicherten "Wohnhaus" (Versicherungsurkunde ./A) eine Wohnung benützt, oder ob sie auch den Mieter einer Wohnung in einem Nebengebäude auf derselben Liegenschaft umfaßt.

Dazu sind aber die AFB und auch der konkrete Versicherungsvertrag heranzuziehen.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassende Allgemeine Versicherungsbedingungen so ausgelegt werden müssen, wie dies ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer verstehen mußte, wobei Unklarheiten zu Lasten des Versicherers gehen. In allen Fällen ist aber der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (VersR 1992, 83; VersRdSch 1990, 315; SZ 62/29; Prölss/Martin25, 28 ff).

Nach dem objektiv erkennbaren Zweck sollte der Regreß gegen einen Wohnungsmieter des versicherten Gebäudes ausgeschlossen werden. Zu berücksichtigen ist dabei, daß dieser praktisch keine Möglichkeit hat, sich gegen etwaige Haftpflichtansprüche wegen Beschädigungen der Mietsache zu versichern (vgl Honsell, Der Regreß des Sachversicherers nach § 67 VVG bei Gebrauchsüberlassung an Dritte im österreichischen Recht, VersR 1985, 301 ff) und daß ihm auch der Abschluß einer eigenen Feuerversicherung über das gemietete Objekt verwehrt ist.

Daraus folgt zunächst, daß auf den Regreß für Ersatzansprüche, die dem feuerversicherten Vermieter im Bereich der benützten Wohnung entstanden sind, ausdrücklich verzichtet wird.

Dem Vermieter stehen aber bei Verschulden des Mieters auch weitergehende Ersatzansprüche zu, wenn bei einem von der gemieteten Wohnung ausgehenden Brand nicht nur diese, sondern auch das übrige Gebäude beschädigt wird. Dem Wortlaut der Bestimmung des Art 10 Abs 1 AFB kann von einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer nicht entnommen werden, daß sich der darin statuierte Regreßverzicht nur auf jene Schäden beziehen soll, die im Bereich der beschädigten Wohnung entstanden sind. Dies ergibt sich schon daraus, daß nur allgemein von einem "Wohnungsmieter des versicherten Wohngebäudes" gesprochen wird, ohne ausdrücklich den Regreßverzicht auf die im Bereich der gemieteten Wohnung entstandenen Schäden einzuschränken. Auch unter Berücksichtigung der Unklarheitenregel umfaßt daher der Regreßverzicht des Art 10 Abs 1 AFB - und der vorliegenden übrigen Voraussetzungen - nicht nur Schäden im Bereich der gemieteten Wohnung, sondern auch am übrigen Gebäude.

Ist aber der Regreß gegen einen Wohnungsmieter des versicherten Wohngebäudes für Schäden am übrigen Gebäude durch die genannte Bestimmung ausgeschlossen, kann es keinen Unterschied bilden, ob diese Wohnung im (Haupt)Wohnhaus oder im Neben-(Wohn-)Gebäude auf derselben Liegenschaft liegt.

Im vorliegenden Fall war das Nebengebäude jedenfalls für Wohnzwecke vermietet und die unmittelbar an das Hauptgebäude anschließende Garage als Hobbywerkstätte benützt. Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß auch das Nebengebäude als Teil des versicherten Wohngebäudes angesehen wurde, auch wenn es von diesem räumlich getrennt war. Dafür spricht auch der Umstand, daß sowohl das Nebengebäude als auch die Garage im Versicherungsvertrag aufgezählt wurden und eine einheitliche Prämie für alle Gebäudeteile vorgeschrieben und bezahlt wurde. Nach dem Vertragszweck sollten alle auf der einen einheitlichen Grundbuchskörper bildenden Liegenschaft befindlichen Gebäudeteile in einem einzigen Vertrag gegen Feuer versichert sein. Dieser einheitliche Vertragszweck und die räumliche Nähe der Gebäude bedingen die rechtliche Gleichbehandlung eines Wohnungsmieters einer im Nebengebäude liegenden Wohnung mit dem Mieter einer Wohnung im Hauptwohnhaus. Dem steht auch die Festlegung unterschiedlicher Haftungshöchstbeträge für die einzelnen Gebäudeteile nicht entgegen, weil damit nur der den verschiedenen Gebäudeteilen zukommende Versicherungswert festgehalten wurde, nicht aber auch eine Änderung der Rechtsposition der Wohnungsmieter je nach dem, ob sie eine Wohnung im Nebengebäude bzw im Hauptgebäude gemietet haben, herbeigeführt werden sollte.

Die Vorinstanzen haben daher zu Recht angenommen, daß der Beklagte als Mieter des versicherten Wohngebäudes anzusehen sei, ohne daß es dabei darauf ankäme, ob diese Wohnung im Hauptgebäude selbst ("Wohnhaus") oder im "Nebengebäude" lag.

Soweit die Revision das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen für die Annahme eines Regreßverzichtes (Zahlung der Prämie für das versicherte Wohngebäude durch den Mieter sowie weder vorsätzliche noch grob fahrlässige Schadensherbeiführung) verneint, ist auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 510 ZPO).

Der Revision war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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