OGH 7Ob2/66

OGH7Ob2/6619.1.1966

SZ 39/10

Normen

Kraftfahrgesetz 1955 §55 (6)
VersVG §158
Kraftfahrgesetz 1955 §55 (6)
VersVG §158

 

Spruch:

War der Versicherungsnehmer zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles nicht mehr Halter des Kraftfahrzeuges und hat er den Unfall nicht verschuldet, so kann gegen ihn auch keine Forderung gemäß § 158f VersVG. übergehen

Entscheidung vom 19. Jänner 1966, 7 Ob 2/66

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz

Text

Friedrich G. kaufte im Jahre 1959 von seinem Onkel, dem Vater des Beklagten, einen PKW Mercedes um 53.000 S. Am 14. Mai 1959 schloß er mit dem Beklagten den schriftlichen "Kauf- bzw. Tauschvertrag" Beilage I, demzufolge G. dem Beklagten den Mercedes übergab und dieser ihm dafür seinen Opelwagen überließ, wobei der Beklagte noch eine Aufzahlung von 5000 S zu leisten hatte. Unter bestimmten Bedingungen wurde ein Rückkauf des Opel vereinbart. Am 15. Mai 1959 wurde bei der AVA-Kreditstelle in K. die Überschreibung des für den Opelwagen gewährten Kredites auf den eingetauschten Mercedes beantragt. Noch am 14. Mai 1959 übergab der Beklagte G. den Opelwagen mit der Zulassungs- und der Steuerkarte und forderte ihn auf, das Fahrzeug bei der Bezirkshauptmannschaft St. V. auf seinen Namen umzumelden und nicht früher zu fahren, bevor dies geschehen sei. Der Typenschein war bei der AVA wegen des für den Opel aufgenommenen Kredites hinterlegt worden. Erst nach dem Unfall begab sich der Beklagte mit G. zu dem Bediensteten der Bezirksstelle St. V, der Beklagten namens Franz W. sen. und teilte ihm die Veräußerung des Wagens mit. Er erstattete auch die Schadensanzeige und unterfertigte mit G. als Lenker des Fahrzeuges einen darauf bezüglichen Vordruck. Darin wird die Frage, ob von fremder Seite erhobene Schadenersatzansprüche gerechtfertigt seien, bejaht und die Klägerin ermächtigt, ohne weitere Verständigung darüber mit den Geschädigten zu verhandeln und einen Vergleich abzuschließen. Zu einer Ummeldung des Fahrzeuges auf den Namen G. kam es vor dem Unfall nicht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Auf Grund des vorangeführten, nach Beweiswiederholung festgestellten Sachverhaltes wies das Berufungsgericht in Abänderung des Ersturteiles das Klagebegehren auf Bezahlung des Betrages von 36.088.70 S, den die Klägerin auf Grund des am 12. August 1959 durch Friedrich G. verursachten Unfalles den Eheleuten R. und dem Sozialversicherungsträger gemäß § 158c VersVG. bezahlt hatte, ab.

Das Berufungsgericht kam zu dem Ergebnis, daß zur Zeit des Unfalles nicht der Beklagte, sondern G. Halter des Wagens gewesen sei. Nur gegen diesen hätten die Eheleute R. Ansprüche stellen können, weshalb auch die Klägerin die Möglichkeit habe, von G. Ersatz zu verlangen. Der Beklagte hingegen sei nicht Halter und deshalb für das Verschulden G.'s nicht verantwortlich. Der bloße Umstand, daß er ohne Umschreibung des Wagens auf den Namen G.'s die Benützung ermöglicht habe, sei nicht für den Unfall ursächlich gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin bekämpft gar nicht mehr die Annahme des Berufungsgerichtes, daß der Beklagte zur Zeit des Unfalles nicht mehr Halter des Wagens gewesen sei. Sie führt jedoch aus, der Beklagte hafte schon nach den Bestimmungen des ABGB. Er habe G. den Wagen überlassen und nichts getan, um die unbefugte Benützung des Wagens zu verhindern, sich vielmehr mit dem bloßen Verbot begnügt. Die Klägerin meint damit offenbar, daß der Wagen wegen des Fehlens ihrer Deckungspflicht gemäß § 55 (6) KfG. nicht benützt werden durfte. Zweifellos hat der Beklagte nicht das Erforderliche getan, um eine Verletzung dieser Bestimmung zu verhindern, vielmehr hat er sie durch sein Verhalten ermöglicht, umsomehr, als er selbst nicht behaupten kann, G. darauf hingewiesen zu haben, daß das Versicherungsverhältnis krank war. Verfehlt ist jedoch die Annahme, daß er deshalb den Unfall verschuldet und gegenüber dem Verletzten und dem Sozialversicherungsträger ersatzpflichtig geworden wäre. Denn § 55 (6) KfG. dient nicht der Verhinderung von Verkehrsunfällen. Der vorliegende Unfall hätte sich genauso ereignet, wenn der Beklagte rechtzeitig die Prämie gezahlt hätte. Durch diese Bestimmung soll vielmehr gewährleistet werden, daß die Deckungspflicht des Haffpflichtversicherers im Schadensfall gegeben ist. Eine Verursachung im Rechtssinn liegt aber bei Übertretung einer Schutznorm nur vor, wenn gerade der Schaden entstanden ist, dessen Eintritt die übertretene Vorschrift verhindern soll (Entscheidungen EvBl. 1960 Nr. 127, ZVR. 1961 Nr. 72, 75 u. a.). Nun haben die Beschädigten von der Klägerin Ersatz erhalten. Es stand ihnen aus dem Verhalten des Beklagten kein Ersatzanspruch zu.

Eine Schadenersatzpflicht des Beklagten könnte gegenüber der Klägerin nur unmittelbar, und zwar daraus abgeleitet werden, daß sie durch das Verhalten des Beklagten gezwungen war, trotz Leistungsfreiheit die Verletzten und den Sozialversicherungsträger schadlos zu halten. Diese könnte sich nur auf ein vom Beklagten an der Klägerin begangenes Delikt stützen. Ein solcher Anspruch wurde aber nicht erhoben. Die vorliegende Klage ist bloß auf § 158 f. VersVG., also auf einen Übergang der Forderungen der Entschädigten gegen den Beklagten, gestützt. Es handelt sich hiebei um einen ganz anderen Anspruch, sodaß der Klägerin aus dem Titel eines unmittelbar an ihr begangenen Deliktes nichts zugesprochen werden konnte.

Da der Beklagte den Eheleuten R. und dem Sozialversicherungsträger nichts schuldete, konnte auch keine gegen ihn bestehende Forderung gemäß § 158 f. VersVG. auf die Klägerin übergegangen sein. Voraussetzung einer solchen Legalzession ist immer, daß gegen den Regreßbeklagten eine Forderung besteht. Es braucht daher nicht untersucht zu werden, ob der Beklagte zur Zeit des Unfalls noch Versicherungsnehmer war.

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