OGH 7Ob263/65

OGH7Ob263/6513.10.1965

SZ 38/163

Normen

ABGB §271
ABGB §271

 

Spruch:

Wird der Vater über den Antrag der Mutter, sie zwecks Hereinbringung von Unterhaltsbeiträgen zur besonderen Sachwalterin zu bestellen, nicht vernommen, bedeutet dies weder Nichtigkeit noch Mangelhaftigkeit

Entscheidung vom 13. Oktober 1965, 7 Ob 263/65

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz

Text

Die eheliche Mutter beantragte, sie zur besonderen Sachwalterin für die beiden Minderjährigen zu bestellen und den ehelichen Vater zu verpflichten, für die Kinder einen monatlichen Unterhaltsbetrag von je 1000 S zu bezahlen.

Das Erstgericht hat die Mutter zur besonderen Sachwalterin der Minderjährigen zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den ehelichen Vater bestellt.

Das Rekursgericht hat den erstrichterlichen Beschluß mit der Begründung aufgehoben, daß das Verfahren mangelhaft geblieben sei, weil es das Erstgericht unterlassen habe, den ehelichen Vater und gesetzlichen Vertreter der Kinder vor der Entscheidung über den Antrag der Mutter auf Bestellung zur besonderen Sachwalterin zu hören und ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Mutter Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Grundsätzlich ist zwar auch im Verfahren außer Streitsachen allen Beteiligten Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt zu vertreten, die Verletzung des beiderseitigen Gehörs hat auch im Außerstreitverfahren Nichtigkeit zur Folge. Dieser Grundsatz kann aber für die Bestellung der Mutter zur besonderen Sachwalterin nicht herangezogen werden. Der Mutter kann die Stellung eines Antrages, den Vater zur Unterhaltspflicht heranzuziehen, nicht verwehrt werden. Der Anspruch gegen den Vater, der den Minderjährigen selbst zusteht ist im offiziösen Verfahren festzustellen. Ob die Bestellung eines Kollisionskurators nach § 271 ABGB. zur Geltendmachung der Ansprüche der Minderjährigen notwendig ist, ist eine Frage, die in der Rechtsprechung nicht einheitlich behandelt wird (bejahend:

GlUNF. 3866 und aus neuerer Zeit 1 Ob 71/54, verneinend: SZ. V 117, 2 Ob 119/59, 8 Ob 325/64 mit ablehnender Glosse von Bydlinski in JBl. 1965 S. 368). Die Lehre (Klang[2] I/2 46) neigt zur Auffassung, daß Ansprüche nach § 141 ABGB. nicht ohne gerichtsmäßige Vertretung geltend gemacht werden können, daher die Bestellung eines Kurators nach § 271 ABGB. notwendig sei. Die Bestellung der Mutter zur besonderen Sachwalterin zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen der mj. ehelichen Kinder entspricht dem Gesetz und da es sich um einen Antrag der Mutter im offiziösen außerstreitigen Verfahren handelt, ist der Antrag vom Außerstreitrichter zu behandeln und darüber eine Entscheidung zu fällen. Die Bestellung der Mutter zur besonderen Sachwalterin bereits vor Beginn der entsprechenden Ermittlungen ist zwar nicht üblich beeinträchtigt aber auch nicht die Rechte des Vaters und gesetzlichen Vertreters. Er kann sich, da das hierüber eingeleitete Verfahren gegen ihn gerichtet ist, gegen eine solche Bestellung auch nicht zur Wehr setzen. Es ist daher auch nicht zu erkennen, welchem Zweck seine Anhörung zu dem Antrag auf Bestellung zum besonderen Sachwalter dienen sollte. In der Unterlassung seiner Vernehmung zu diesem Antrag liegt daher weder eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens noch eine Nichtigkeit. Das seine Interessen berührende Verfahren beginnt erst mit den entsprechenden Ermittlungen zur Frage der Unterhaltsleistung.

Die Aufhebung des erstrichterlichen Beschlusses auf Bestellung der Mutter zur besonderen Sachwalterin ist daher unbegrundet und nur geeignet, das Verfahren zu verzögern.

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