OGH 7Ob255/10s

OGH7Ob255/10s30.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** A*****, vertreten durch Niederbichler Rechtsanwalt GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei V*****‑Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Roschek & Biely Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 5. August 2010, GZ 1 R 96/10d‑10, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 11. Jänner 2010, GZ 16 C 653/09s‑6, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2011:0070OB00255.10S.0330.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Beklagten auf Zuspruch der Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Wirksamkeit einer fristwidrigen Kündigung des Versicherungsvertrags durch den Versicherungsnehmer mangels unverzüglicher Zurückweisung durch den Versicherer abgewichen sei.

Die Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Zurückweisung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Nach ständiger Rechtsprechung wird das Versicherungsverhältnis im besonderen Maß vom Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht (RIS‑Justiz RS0018055). Nach diesem Grundsatz ist der Versicherer verpflichtet, eine seiner Auffassung nach unwirksame Kündigung jeder Art ohne Verzug zurückzuweisen. Unterlässt dies der Versicherer, dann muss er sich so behandeln lassen, als wäre der Versicherungsvertrag wirksam gekündigt worden (7 Ob 97/01t mwN; RIS‑Justiz RS0013443).

Das Berufungsgericht ist zwar von dieser Rechtsprechung abgewichen. Daraus resultiert aber keine erhebliche Rechtsfrage, weil die weitere Begründung des Berufungsgerichts, dass der beklagte Versicherer entsprechend der Rechtsprechung ohnehin unverzüglich die fristwidrige Kündigung zurückgewiesen habe, nicht zu beanstanden ist.

Die Beurteilung, innerhalb welchen Zeitraums die Zurückweisung zu erfolgen hat, ist von den Umständen des jeweiligen Falls abhängig. Eine starre Eingrenzung auf einen bestimmten Zeitraum, der als unverzüglich gilt, ist nicht möglich (7 Ob 97/01t mwN).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Zurückweisung einer völlig außerhalb der Frist des § 14a KHVG und damit ohne jeden Anlass erfolgten Kündigung des Versicherungsnehmers durch den Versicherer innerhalb von weniger als drei Wochen im Einzelfall als unverzüglich zu beurteilen ist, hält sich im Rahmen der Judikatur und stellt keine zu korrigierende Ermessensüberschreitung dar.

Es liegt daher keine erhebliche Rechtsfrage zur Entscheidung vor.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO. Die Beklagte wies auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hin. Die Revisionsbeantwortung war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

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