OGH 7Ob246/65

OGH7Ob246/6515.9.1965

SZ 38/137

Normen

VersVG §69
VersVG §158h
VersVG §69
VersVG §158h

 

Spruch:

Wird ein einheitlicher Versicherungsvertrag über zwei Fahrzeuge, für die ein Wechselkennzeichen genommen wurde, abgeschlossen, so tritt bei Veräußerung eines einzigen Fahrzeuges der Erwerber nicht in das Versicherungsverhältnis ein

Entscheidung vom 15. September 1965, 7 Ob 246/65

I. Instanz: Bezirksgericht Gloggnitz; II. Instanz: Kreisgericht Wr. Neustadt

Text

Die Klägerin begehrt Zuspruch von 13.163.30 S s. A. an Versicherungsprämien und bringt vor, sie habe ursprünglich einen Versicherungsvertrag mit Franz H. abgeschlossen, der sich auf zwei verschiedene Fahrzeuge bezog. Eines dieser beiden Kraftfahrzeuge habe der Beklagte von H. gekauft. Dieser habe die Klägerin sogleich davon verständigt, worauf diese den Beklagten mit Schreiben vom 23. Oktober 1963 belehrt habe, daß der Verträge auf ihn übergehe. Der Beklagte wendet ein, H. habe ihm keine Polizze übergeben, vielmehr sei diese auf den neuen Wagen H.s übertragen worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte fest:

Der Beklagte kaufte von Franz H. am 14. Oktober 1963 einen LKW. Marke Steyr 580 f. Für diesen bestand bei H. gemeinsam mit einem weiteren Fahrzeug eine gemeinsame Versicherung; beide Fahrzeuge hatten nur eine Kennzeichennummer, ein Wechselkennzeichen. Die Klägerin verständigte H., daß sich die ursprünglich für zwei Fahrzeuge ausgestellte Polizze nur mehr auf das verbleibende Fahrzeug zu beziehen habe. Der Beklagte ließ den gekauften Wagen bei einer anderen Gesellschaft versichern. Erst am 8. Februar 1964 sprach er die Kündigung des Versicherungsvertrages aus, die von der Klägerin als verspätet zurückgewiesen wurde.

Das Erstgericht kommt zu dem rechtlichen Ergebnis, daß der Beklagte in das Versicherungsverhältnis eingetreten sei.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab, es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen, vertrat aber die Ansicht, daß im Fall, als sich eine Polizze auf mehrere Fahrzeuge bezieht, das Versicherungsverhältnis bei Veräußerung eines einzigen Fahrzeuges nicht mitübergehe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin erklärt die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß bei Bestehen eines einzigen Versicherungsverhältnisses hinsichtlich zweier Kraftfahrzeuge dieses bei Verkauf eines Wagens nicht auf den Erwerber übergehe, ganz allgemein für unzutreffend, ohne dafür irgend etwas anzuführen. Die zweite Instanz schließt sich der von Pienitz[2] S. 339 ff. und Stiefel - Wussow[5] S. 165 vertretenen Ansicht an, daß bei Abschluß einer Versicherung auf Grund einer Sammelpolizze ein Übergang nur auf den Erwerber aller Fahrzeuge, nicht aber im Falle der Veräußerung eines einzelnen stattfinde (ebenso auch Thees - Hagemann[2] S. 287, Taube, VersR. 1957 S. 631). In diesen Fällen besteht die Versicherung gleichzeitig hinsichtlich aller Fahrzeuge; sie bleibt selbstverständlich bei Veräußerung eines einzelnen hinsichtlich des Restes aufrecht. Die oben angeführte Rechtsansicht wird damit begrundet, daß das Gesetz keine Handhabe dafür biete, die Versicherung auf die verschiedenen Fahrzeuge aufzuteilen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich davon allerdings dadurch, daß im Sinne des Punktes 9 (5) der VBzT. die Versicherung für zwei Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen genommen, nur für eines Prämie bezahlt wurde und die Haftpflicht sich nicht gleichzeitig auf beide Wagen erstrecken konnte.

Wäre die Ansicht der Klägerin richtig, so würde sich die Versicherung in der Weise ändern, daß nun für zwei Fahrzeuge statt für eines Prämien zu entrichten gewesen wären. Ein Versicherungsverhältnis würde sich in zwei verwandeln. Eine solche Neubegründung eines Versicherungsverhältnisses läßt sich mit §§ 69 ff. in Verbindung mit § 158h VersVG. in keiner Weise begrunden, ebensowenig, daß die Versicherung betreffend den im Eigentum des Verkäufers befindlichen Wagen erlösche. Nur, wenn die Klägerin mit Franz H. zwei Versicherungsverträge abgeschlossen und vereinbart hätte, daß für die Dauer der Zuteilung des Wechselkennzeichens im Sinne der angeführten Tarifbestimmung nur die Prämie für das höher tarifierte Fahrzeug zu entrichten sei, würde das Versicherungsverhältnis hinsichtlich des veräußerten Wagens auf den Beklagten übergegangen sein und die Verpflichtung zur Zahlung der Prämie sowohl für diesen als auch für den Verkäufer hinsichtlich des ihm verbliebenen Wagens entstehen. Die Annahme eines solchen Sachverhaltes würde aber mit dem eigenen Vorbringen der Klägerin und den Feststellungen der Untergerichte in Widerspruch stehen.

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