Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird in seinem der Berufung stattgebenden Teil aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind wie weitere Prozeßkosten zu behandeln.
Text
Begründung
Zwischen der E***** GmbH und der Beklagten wurde im Juni 1992 ein Touristik-Gruppenversicherungsvertrag für die Zeit vom 1.7.1992 bis 31.12.1993 abgeschlossen. Aus diesem Vertrag waren alle Personen begünstigt, die eine von E***** ausgestellte gültige Kreditkarte mit der Bezeichnung "E***** Gold" rechtmäßig besaßen. Dem Vertrag wurden die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 1988) als Grundlage für die Besonderen Bedingungen für die Reiseunfall-Versicherung sowie die Besonderen Bedingungen für die Reise-Unfallversicherung (Ausland) für Behandlungs- und Rückholkosten vereinbart, soweit diese nicht durch die Besonderen Bedingungen zwischen den Vertragsparteien ausdrücklich ergänzt, aufgehoben oder abgeändert wurden. Nach Punkt 2.3. der Besonderen Bedingungen des Vertragswerks werden stationäre oder ambulante Behandlungskosten auf Auslandsreisen zu 100 % ohne Kostenlimitierung übernommen. Nach den Besonderen Bedingungen für die Reiseunfallversicherung 1988 (Ausland) werden ua Behandlungskosten, die während einer Reise im Ausland nach einem Unfall oder einer akut eingetretenen Krankheit entstanden sind, ersetzt, sofern die Gesundheitsschädigung während der Reise im Ausland entstanden ist. Insoweit Behandlungs- und Rückholkosten von einem Sozial- oder Privatversicherer beansprucht oder geleistet werden, erfolgt aufgrund dieser Reiseunfallversicherung kein Ersatz. Der Leistungsanspruch ist insgesamt mit dem Betrag begrenzt, der tatsächlich für Behandlungs- und Rückholkosten aufgewendet worden ist.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Versicherungsschutz bei Kreditkartenverträgen, insbesondere der Abschnitt B (Auslandsreisekrankenversicherung), nach deren Art 36.4. die Leistung in österreischen Schilling erbracht wird, wobei der Umrechnungskurs für das Kredit- und Versicherungswesen laut Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung zum Zeitpunkt des Schadensereignisses gilt, wurde zwischen den vertragschließenden Parteien für den vorliegenden Gruppenvertrag (noch) nicht als Vertragsinhalt vereinbart.
Der Kläger hat eine Kreditkarte gelöst, welche auch das beschriebene Versicherungspaket umfaßt. Er verbrachte vom 11.8.1993 bis 7.9.1993 einen Urlaub in Jordanien und anschließend im Irak. Am 18.8.1993 trat bei ihm hohes Fieber verbunden mit Lungenbeschwerden auf. Der Kläger wurde in einem Krankenhaus in Bagdad bis 31.8.1993 stationär behandelt. Für diesen Krankenhausaufenthalt und die Heilbehandlung wurden ihm 3.000,-- irakische Dinar verrechnet.
Im Oktober 1993 betrug der offizielle Wechselkurs für einen irakischen Dinar 3,14 US-$. Am Schwarzmarkt bekam man im Oktober 1993 hingegen für einen US-$ zwischen 70 bis 90 irakische Dinar. Am 17.11.1993 betrug der mittlere Valutenkurs für einen irakischen Dinar 3,22 US-$ bzw 38,44 öS. Es konnte nicht festgestellt werden, daß der Kläger die ihm verrechneten Behandlungskosten in US-$ umgerechnet nach dem offiziellen irakischen Wechselkurs zahlen mußte und daß der Kläger dem Spital eine offizielle Wechselkursbestätigung für das Verhältnis US-$ zum irakischen Dinar vorlegen mußte. Weiters konnte nicht festgestellt werden, daß der Kläger irakische Dinar zum offiziellen Wechselkurs erworben hat.
Der Valutenmittelkurs des US-$ betrug im Jahr 1993 nie über öS 15,--.
Auf die streitgegenständliche Rechnung wurden dem Kläger von der Wiener Gebietskrankenkasse S 18.298,-- gezahlt.
Der Kläger begehrt von der Beklagten S 97.315,86 samt 14,5 % Zinsen seit 22.9.1993. Der ihm verrechnete Betrag von3.000,-- irakische Dinar entspreche einem Gegenwert von 9.600 US-$, sohin öS 115.613,86. Er habe als Ausländer die Spitalsrechnung in US-$ zahlen müssen, ansonsten ihm der vom Spital verwahrte Reisepaß nicht ausgefolgt worden wäre. Abzüglich des ihm bereits geleisteten Kostenersatzes durch die Wiener Gebietskrankenkasse habe die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag daher den eingeklagten Betrag zu leisten.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe die Spitalsrechnung nicht in US-$ gezahlt. Er habe keine Wechselbestätigung vorlegen können. Daher müsse vermutet werden, daß er sich die für die Zahlung erforderlichen irakischen Dinar auf dem Schwarzmarkt besorgt habe, auf den der irakische Dinar, bezogen auf den US-$, um das 200 bis 300fache weniger wert gewesen sei als nach dem offiziellen Kurs. Nach dem Schwarzmarktkurs hätten die Behandlungskosten lediglich 43 US-$ betragen. Durch eine nach dem offiziellen Wechselkurs berechnete Zahlung wäre der Kläger ungerechtfertigt bereichert.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe nach den Besonderen Bedingungen für die Reiseunfallversicherung 1988 Anspruch auf Ersatz von Behandlungskosten, die "entstanden" seien. Der Begünstigte könne daher nur die tatsächlich entstandenen Kosten verlangen, welche er, wie auch sonst im Schadenersatzrecht auch im Versicherungsrecht beweisen müsse. Angesichts des besonders günstigen Schwarzmarktkurses wäre der Kläger verpflichtet gewesen, auch zu beweisen, daß ihm Kosten auf der Basis des offiziellen Umrechnungskurses entstanden seien. Nach dem Schwarzmarktkurs seien dem Kläger durch die Bezahlung der Krankenhausrechnung nur Kosten von knapp öS 500,-- entstanden. Dieser Betrag sei durch die Zahlung der Wiener Gebietskrankenkassa gedeckt.
Das Berufungsgericht sprach dem Kläger S 95.702,-- samt 4 % Zinsen seit 22.9.1993 zu und bestätigte die Abweisung des Mehrbegehrens von S 1.613,86 samt 14,5 % Zinsen seit 22.9.1993 sowie von weiteren 10,5 % Zinsen aus S 95.702,-- seit 22.9.1993. Weiters sprach es aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.
Strittig sei vor allem, wie der in den Besonderen Bedingungen für die Reiseunfallversicherung enthaltene Begriff der "entstandenen" Behandlungskosten auszulegen sei. Da dem Kläger 3.000 irakische Dinar in Rechnung gestellt worden seien, sei in seinem Vermögen eine Verbindlichkeit entstanden, die in Landeswährung zu erfüllen gewesen sei. Da die Versicherungsleistung jedoch in österreichischen Schilling zu erbringen sei, liege es nahe, zur Umrechnung den zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlung gültigen offiziellen "Wechselkurs" heranzuziehen. Der Versicherte sei grundsätzlich nicht gehalten, über die Aufwendung von Behandlungskosten in einer Fremdwährung hinaus auch noch darzulegen und zu beweisen, ob und inwieweit er tatsächlich österreichisches Geld oder eine sonstige frei konvertierbare Währung habe aufwenden müssen, um die Rechnung zu begleichen. Art 36 der - auf den vorliegenden Versicherungsvertrag noch nicht anwendbaren - Geschäftsbedingungen für Versicherungsschutz bei Kreditkartenverträgen verlange keineswegs den Nachweis des Erwerbs entsprechender ausländischer Valuten. Die Versicherungsleistung werde demnach in österreichischen Schilling erbracht, wobei für die Umrechnung der Umrechnungskurs für das Kredit- und Versicherungswesen laut Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung zum Zeitpunkt des Schadensereignisses gelte. Auch unter diesem Aspekt bestehe keine Veranlassung für eine der Rechtsansicht der Beklagten entsprechende Auslegung der auf den vorliegenden Fall anwendbaren Versicherungsbedingungen. Diese stellten für die Umrechnung keine besonderen Regeln auf. Der Hinweis auf die "entstandenen" Kosten könne aus der Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers keineswegs so verstanden werden, daß dieser neben der Aufwendung der Kosten in ausländischer Währung und dem anzuwendenden Umrechnungskurs auch noch den tatsächlichen Erwerb des entsprechenden Fremdwährungsbetrages zu beweisen habe. Die Beklagte habe sich im Verfahren erster Instanz lediglich auf den Standpunkt gestellt, daß der Kläger den Nachweis zu erbringen habe, auf welche Weise er zu den zur Zahlung der Rechnung notwendigen Valuten gekommen sei. Daß der Kläger diese Valuten auf dem Schwarzmarkt zu einem erheblich unter dem offiziellen Umrechnungskurs liegenden Preis erworben habe, sei nicht behauptet worden. Ob die Beklagte daher auch nur diesen niedrigeren Betrag zu ersetzen habe, müsse nicht geprüft werden. Im Beweisverfahren habe nicht geklärt werden können, auf welche Weise der Kläger die Krankenhausrechnung gezahlt habe. Die Beklagte sei damit weder ihrer Behauptungs- noch ihrer Beweislast über einen vom Normalfall abweichenden Geschehnisablauf nachgekommen. Nach österreichischem Prozeßrecht bestünden keine starre Beweisregeln, wonach bestimmte Tatsachen nur durch Vorlage bestimmter Urkunden, etwa einer Wechselbestätigung, nachgewiesen werden könnten. Die Beklagte sei daher verpflichtet, dem Kläger die zum seinerzeit (offiziell) gültigen Wechselkurs berechneten Krankenhauskosten zu zahlen. Die vom Kläger vorgelegte Kursbestätigung der irakischen Zentralbank beziehe sich auf den Stand vom 17.11.1993 und könne für die Berechnung der Ende August, Anfang September 1993 angefallenen Krankenhauskosten nicht herangezogen werden. Da ein exakter Umrechnungskurs erfahrungsgemäß nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten ermittelt werden könne, sei § 273 Abs 1 ZPO anzuwenden. Somit könnten die entsprechenden Kundmachungen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung herangezogen werden, welche annähernd den real angewendeten Wechselparitäten entsprächen. Nach der Kundmachung des BMF über die Neufestsetzung von Kurswerten sei der Gegenwert für 100 irakische Dinar zum 1.8.1993 mit öS 3.800,-- festgesetzt worden. Für Ende August 1993 sei der Übersicht über die Werte nicht an der Wiener Börse notierter Währungen, veröffentlicht im Statistischen Monatsheft der ÖNB, H 8/1993, 106, ein Wert von öS 3.780,-- zu entnehmen. Eine daran orientierte Umrechnung von 3.000,-- irakischen Dinar ergebe daher S 114.000,-- so daß abzüglich der von der Wiener Gebietskrankenkasse erbrachten Leistung von S 18.298,-- eine Restforderung von S 95.702,-- verbleibe. Der Kläger habe nur Anspruch auf die gesetzlichen Verzugszinsen, weil er den Nachweis eines höheren Schadens durch Kreditaufnahme nicht erbracht habe. Außerdem könne der Beklagten angesichts der unklaren Sach- und Rechtslage ein Verschulden am Verzug nicht vorgeworfen werden.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist berechtigt.
Nach herrschender Auffassung hat der Versicherungsnehmer den Eintritt des Versicherungsfalls, in der Schadensversicherung auch die Höhe des Schadens zu beweisen (VersR 1985, 100; Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht3, 193; Deutsch, Versicherungsvertragsrecht Rz 259), wobei ihm der Beweis des ersten Anscheins zugutekommt (Schauer aaO 195; Deutsch aaO; 7 Ob 2073/96w). Tritt der Schaden, wie hier bei der Versicherung von Risken, die den Versicherungsnehmer im Ausland treffen, in Fremdwährung ein, dann ist der Beweis der Schadenshöhe regelmäßig schon damit erbracht, daß die zur Behebung des Schadens im Ausland aufgewendeten Fremdwährungsbeträge nachgewiesen werden. Ist die Versicherungsleistung in österreichischen Schilling zu erbringen, dann stellt sich zunächst nur die Frage der - anhand objektiver Unterlagen vorzunehmenden - Umrechnung.
Den nach den vorliegenden Besonderen Bedingungen für die Reiseunfallversicherung 1988 (Ausland) erforderlichen Nachweis "entstandener" Behandlungskosten hat der Kläger - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - bereits mit der Vorlage der Originalrechnung über seinen Krankenhausaufenthalt in Bagdad erbracht. Ohne besondere Anhaltspunkte dafür, daß er die erforderliche Fremdwährung unter besonders günstigen Bedingungen erworben hat, ist für die Umrechnung des Schadensbetrages in österreichische Schilling auch ohne besondere Vereinbarung der Parteien der entsprechende im Ausland offiziell gültige Umrechnungskurs maßgebend. Ist dieser - wie hier der offizielle Umrechnungskurs in Bagdad für das Verhältnis irakische Dinar zu österreichischen Schilling - nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu ermitteln, dann ist § 273 Abs 1 ZPO anzuwenden. Dagegen, als Ermittlungsgrundlage den im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung für das Kredit- und Versicherungswesen veröffentlichten Umrechnungskurs anzuwenden, bestehen keinerlei Bedenken, ist doch davon auszugehen, daß eine derartige Veröffentlichung den real angewendeten Wechselparitäten entspricht.
Daß dem Kläger im Verfahren erster Instanz nicht der Beweis seiner Behauptung gelungen ist, die Krankenhausrechnung in US-$ gezahlt zu haben, kann ihm nach den dargelegten Grundsätzen nicht schaden. Die Beklagte hat allerdings - implicite - behauptet, daß der Kläger den für die Zahlung dieser Rechnung erforderlichen Betrag an irakischen Dinar auf den Schwarzmarkt erworben habe. Nach dem Grundsatz der subjektiven Günstigkeit der Norm (vgl Fasching, LB2 Rz 882) ist es daher auch Sache der Beklagten, die von ihr behaupteten, für sie zu einem günstigeren Ergebnis führenden Tatsachen zu beweisen. Daß sich der Kläger den erforderlichen Betrag illegal auf dem Schwarzmarkt beschafft habe, ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu vermuten. Der Kläger ist für das Nichtbestehen einer Tatsache, nämlich nicht auf dem Schwarzmarkt erworben zu haben, auch nicht näher am Beweis (Fasching aaO Rz 883).
Der Beweisantrag der Beklagten, durch eine Anfrage an das irakische Spital zu klären, "in welchen Beträgen die Rechnung gezahlt worden sei", zielt nicht auf einen Ausforschungsbeweis, weil die Beklagte damit nicht bloß die Möglichkeit erlangen konnte, den Zahlungsvorgang kennenzulernen, um dann erst bestimmte Tatsachenbehauptungen aufzustellen (vgl dazu Fasching aaO Rz 898). Die Beantwortung der Anfrage kann vielmehr durchaus geeignet sein, die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe die Rechnung in Landeswährung gezahlt, unter Beweis zu stellen. Den in der Nichteinholung des beantragten Beweises liegenden Mangel des Verfahrens erster Instanz kann die Beklagte noch in der Revision geltend machen, weil er erst durch den vom Erstgericht abweichenden Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts bedeutsam wurde (ZBl 1935/448; EFSlg 34.505; EFSlg 52.237). Hat der Kläger die Rechnung aber in Landeswährung gezahlt, obliegt der Beklagten auch noch der Beweis, daß er diese zu besonders günstigen Bedingungen auf dem Schwarzmarkt erworben habe.
In Stattgebung der Revision war daher das angefochtene Urteil aufzuheben. Wegen des Mangels des Verfahrens erster Instanz hatte die Zurückweisung auch an die erste Instanz zu erfolgen. Auf die - hier in der Revision noch zulässige - Bekämpfung nachteiliger Feststellungen über den Zahlungsvorgang kommt es damit nicht mehr an.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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