OGH 7Ob22/88

OGH7Ob22/8830.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** N*** AN DER K***, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei V*** DER

Ö*** B***, Versicherungs-AG, Wien 2.,

Praterstraße 1-7, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 353.195,40 samt Anhang und Feststellung (S 80.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14.April 1988, GZ 6 R 31/88-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr, vom 14. Dezember 1987, GZ 1 Cg 84/87-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.091,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.920,-- Barauslagen und S 1.288,35 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Zugmaschine, die bei der Beklagten gegen Haftpflicht versichert ist.

Am 7.Dezember 1981 stürzte Willibald G*** auf einem von der Klägerin zu räumenden Gehsteig infolge Glatteises. Mit Teilzwischenurteil des Kreisgerichtes Steyr vom 1.April 1985, 2 Cg 465/83-15 wurden die Ersatzansprüche des Willibald G*** gegen die Klägerin als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannt. Hiebei wurde festgestellt, daß während der Nacht zum Unfallstag der auf dem Gehsteig im Unfallsbereich vorhandene Schneematsch gefroren war. "Wahrscheinlich wurde nach der Räumung des Gehsteiges nochmals die Straße geräumt und dabei wiederum Schnee auf dem Gehsteig abgelagert." Durch das Gefrieren des Schneematsches hat sich eine eisige, unebene und holprige Fläche gebildet. Der Gehsteig war am 4. Dezember 1981 geräumt worden. Am folgenden Tage dürfte abends in diesem Bereich noch einmal geräumt, nicht aber gestreut worden sein. Das Gericht nahm in dem erwähnten Vorverfahren eine Verletzung der in § 93 StVO festgehaltenen Pflichten durch die Klägerin an. Die Vorinstanzen haben das auf Deckung aus der Haftpflichtversicherung und auf Zahlung von S 353.195,40 gerichtete Begehren mit der Begründung abgewiesen, es liege kein Ereignis vor, daß § 1 EKHG zu subsumieren sei. Aus diesem Grunde komme auch eine Deckung aus der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung nicht in Frage.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

Nach Artikel 1 Abs.1 AKHB umfaßt die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Ersatzansprüche, die auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden, wenn durch die Verwendung des Fahrzeuges gemäß § 1 Abs.1 KFG 1967 Menschen verletzt oder getötet werden.

Die Bestimmungen des KFG 1967 sind nach § 1 Abs.1 dieses Gesetzes auf Kraftfahrzeuge und Anhänger, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden, und auf den Verkehr mit diesen Fahrzeugen auf solchen Straßen anzuwenden.

Es mag nun dahingestellt bleiben ob Schäden, die durch eine mangelhafte Straßen- oder Gehsteigräumung verursacht werden, überhaupt in den Bereich der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung nur deshalb fallen können, weil der zur Räumung Verpflichtete hiefür ein Kraftfahrzeug eingesetzt hat. Voraussetzung für einen Deckungsanspruch aus der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist nämlich, daß zwischen dem Schadensereignis und dem Betrieb des Kraftfahrzeuges ein adäquater Kausalzusammenhang besteht. Diesen Kausalzusammenhang hat derjenige zu beweisen, der Versicherungsschutz in Anspruch nimmt. Es ist der Klägerin zuzubilligen, daß dem für die Anwendbarkeit des EKHG in dessen § 1 aufgestellten Erfordernis "beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges" Genüge geleistet ist, wenn der Unfall in einem inneren ursächlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang steht (ZVR 1987/82, ZVR 1984/326 ua). Der Begriff "bei dem Betrieb" ist dahin zu bestimmen, daß entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr, oder, wenn dies nicht der Fall ist, ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges bestehen muß (ZVR 1982/361, JBl.1979, 149 ua). Ungeachtet der Vorschriften des EKHG muß jedoch der Geschädigte die Verursachung eines Schadens durch das Kraftfahrzeug beweisen (ZVR 1982/334, ZVR 1978/89 ua).

Im vorliegenden Fall steht nur fest, daß der Unfall durch die mangelnde Gehsteigräumung verursacht worden ist. Daß die mangelhafte Räumung auf einen Betriebsvorgang des versicherten Kraftfahrzeuges zurückzuführen gewesen wäre, etwa auf ein Versagen von dessen Einrichtungen oder auf eine unsachgemäße Bedienung des Fahrzeuges, kann weder den Feststellungen in diesem Verfahren noch den Feststellungen im Verfahren 2 Cg 465/83 des Kreisgerichtes Steyr entnommen werden. Auch im Vorverfahren wurde die Haftung der Klägerin nicht mit einem Verstoß gegen Bestimmungen, die die Regelung des Kraftfahrzeugverkehres zum Gegenstand haben, begründet. Richtig haben daher die Vorinstanzen erkannt, daß im vorliegenden Fall jeglicher Anhaltspunkt dafür fehlt, daß die Klägerin auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen im Zusammenhang mit der Verwendung eines Fahrzeuges gemäß § 1 Abs.1 KFG 1987 zu haften hat. Dies wäre aber gemäß Artikel 1 AKHB Voraussetzung für die Gewährung des Versicherungsschutzes durch die Beklagte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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