OGH 7Ob190/75

OGH7Ob190/7530.10.1975

SZ 48/115

Normen

ABGB §1432
Notariatszwangsgesetz §1 Abs1 litd
WechselG Art17
ABGB §1432
Notariatszwangsgesetz §1 Abs1 litd
WechselG Art17

 

Spruch:

Im Rechtsstreit zwischen den Parteien des Grundgeschäftes obliegt dem Kläger der Beweis, daß und in welchem Umfang die zu deckende Forderung entstanden ist

Eine nicht klagbare Forderung - ein nicht in Form eines Notariatsaktes gegebenes Schenkungsversprechen - wird nicht dadurch klagbar, daß für sie ein Wechsel gegeben wird

OGH 30. Oktober 1975, 7 Ob 190/75 (OLG Wien 3 R 143/75; HG Wien 13 Cg 4/75)

Text

Mit Wechselzahlungsauftrag vom 8. Jänner 1974 (richtig 1975), GZ 13 Cg 4/75-1, trug das Erstgericht dem Beklagten als Akzeptanten des Wechsels vom 26. Juni 1974 auf, der Klägerin die eingeklagte Wechselsumme von 2.500.000 S samt 6% Zinsen seit 2. August 1974 zu bezahlen.

Der Beklagte erhob gegen den Wechselzahlungsauftrag rechtzeitig Einwendungen und beantagte dessen Aufhebung. Dem Wechselanspruch der Klägerin fehle jedes Grundgeschäft. Das von ihr behauptete Schenkungsversprechen, das angeblich gesichert werden sollte, sei niemals erfolgt und auch von der Klägerin nicht angenommen worden. Ein Schenkungsvertrag ohne wirkliche Übergabe hätte überdies zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes bedurft. Die Klägerin replizierte, daß ihr der Beklagte ein Schenkungsversprechen auf 2.500.000 S gemacht und zu dessen Besicherung den klagsgegenständlichen Wechsel gegeben habe. Ein Notariatsakt über die behauptete Schenkung sei allerdings nicht errichtet worden.

Das Erstgericht hob den Wechselzahlungsauftrag auf und wies das Klagebegehren auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 2.500.000 S samt Anhang ab. Es war der Ansicht, daß es sich bei dem Grundgeschäft, das durch den Wechsel gesichert werden sollte, um ein Schenkungsversprechen handle, zu dessen Klagbarkeit nach § 1 Abs. 1 lit. d NotZwG die Aufnahme eines Notariatsaktes erforderlich gewesen wäre. In der Ausstellung und Ausfolgung des Wechselakzeptes an die Klägerin könne auch eine wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB nicht erblickt werden. Gegenstand des behaupteten Schenkungsversprechens sei nämlich eine bestimmte Geldsumme gewesen, die eine körperliche Übergabe zulasse und daher durch die Übergabe eines Wechselakzeptes nicht ersetzt werden könne. Darüber hinaus sei der Wechsel zur Sicherung einer Forderung übergeben worden. Daraus folge, daß der gültige Bestand einer Forderung Voraussetzung für die zweckgebundene Übergabe des Wechsels gewesen sei und daher nicht erst die Übergabe des Wechsels als Akt der Begründung der Gültigkeit dieser Forderung angesehen werden könne.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revisionswerberin bekämpft die Ausführungen des Berufungsgerichtes, daß ihr der Beklagte nicht den Wechsel bzw. die Wechselforderung selbst geschenkt habe, sondern dieser der Besicherung einer getrennt von der Wechselunterfertigung erfolgten Schenkung dienen sollte. Ihr Vorbringen in der Streitverhandlung vom 17. März 1975 könne auch dahin aufgefaßt werden, daß ihr der Beklagte die Wechselforderung selbst geschenkt und sich daher unmittelbar durch den von ihm gesetzten wechselmäßigen Skripturakt verpflichtet habe.

Diese Ausführungen vermögen nicht zu überzeugen. Das Vorbringen der Revisionswerberin in der vorgenannten Streitverhandlung "Dem Wechsel liege eine Schenkung zugrunde. Der Beklagte habe der Klägerin ein Schenkungsversprechen von über 2.500.000 S gemacht und ihr zur Besicherung den Wechsel übergeben" kann nur dahin verstanden werden, daß es sich bei dem übergebenen Wechsel um einen sogenannten "Deckungswechsel" handelt. Dessen Wesen besteht aber in der Sicherung von noch ungewissen Ansprüchen oder von Ansprüchen noch ungewisser Fälligkeit. Eine wechselrechtliche Forderung zwischen den Kontrahenten besteht daher nur insoweit, als durch ein außerhalb des Wechsels liegendes Faktum eine Forderung des Wechselinhabers entstanden ist (Kapfer, Handkommentar zum Wechselgesetz, 93; vgl. auch Stanzl, Wechsel-, Scheck- und sonstiges Wertpapierrecht, 17 und 20; SZ 43/92; EvBl. 1958 180 u. a. m.). Im Rechtsstreit zwischen den Parteien des Grundgeschäftes obliegt dem Kläger der Beweis, daß und in welchem Umfang die zu deckende Forderung entstanden ist (Kapfer, 94; SZ 43/92 u. a. m.). Das von der Revisionswerberin behauptete Grundgeschäft ist aber ein bloßes Schenkungsversprechen, das zu seiner Klagbarkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes bedurft hätte.

Auch die Ausführungen der Revisionswerberin, in der Ausstellung und Übergabe des strittigen Wechsels sei eine wirkliche Übergabe der geschenkten Geldsumme zu erblicken, gehen an der Tatsache vorbei, daß der gegenständlichen Klage ein Deckungswechsel zugrundeliegt, der - wie bereits ausgeführt - ein gültiges Grundgeschäft zwischen den Wechselkontrahenten voraussetzt. Die Ausführungen Stanzls in Klangs Komm.[2] IV/1, 613, der in der Übergabe eines vom Schenker unterschriebenen Wechsels an den formell legitimierten Beschenkten eine wirkliche Übergabe erblickt, beziehen sich nicht auf den Deckungswechsel, sondern einen schenkungshalber ausgestellten Wechsel (vgl. Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 250). Darüber hinaus wird eine Forderung, der durch das Gesetz das Klagerecht versagt ist, nicht dadurch klagbar, daß für sie ein Wechsel gegeben wird. Zwischen den beiden Parteien des Grundgeschäftes kann daher auch die Wechselverbindlichkeit nicht geltend gemacht werden (Kapfer, 98).

Auch aus der vom OGH in seiner (mehr als 100 Jahre zurückliegenden) Entscheidung GlU 5228 ausgesprochenen Rechtsansicht, daß der (dortige) Beklagte durch die Errichtung und Übergabe der Wechselurkunde, die als handelsmäßiges Papier selbst als Objekt der Schenkung betrachtet werden könne, der Schenkung jenen Ausdruck gegeben habe, der nach § 943 ABGB zur Klagbarkeit gefordert werde, ist für die Revisionswerberin nichts zu gewinnen. Denn der dieser Entscheidung zugrundeliegende Wechsel wurde bereits im Juli 1860, somit noch vor dem Inkrafttreten des Notariatszwangsgesetzes vom 25. Juli 1871, RGBl. 76, akzeptiert. Zum damaligen Zeitpunkt genügte aber für die Klagbarkeit der Schenkung deren Begründung durch eine schriftliche Urkunde.

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