OGH 7Ob148/98k

OGH7Ob148/98k24.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Klaus P*****, vertreten durch Dr. Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in Villach, gegen die beklagte Partei V*****aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Johann Quendler und Dr. Alexander Klaus, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 1,004.720,89 und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 12. Februar 1998, GZ 4 R 265/97s-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. Oktober 1997, GZ 25 Cg 200/96t-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.180,80 (darin S 3.196,80 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Alois P*****, der Vater des Klägers, verschuldete am 29. 7. 1992 als Lenker eines vom Kläger gehaltenen Motorbootes auf dem Ossiachersee eine Kollision mit dem Schwimmer Manfred L*****, der hiedurch schwer verletzt wurde (Verlust des rechten Armes). Alois P***** verstarb am 7. 8. 1992.

Das im Jahr 1974 erbaute Motorboot mit einer Länge von maximal 5,9 m und einer Motorleistung von 200 PS wurde am 3. 10. 1974 erstmals zum Verkehr zugelassen, und zwar mit der Auflage, daß es nur für Einsatzzwecke im Rahmen der österreichischen Wasserrettung verwendet werden dürfe. Eigentümer des Bootes war damals Alois P*****. Dieser schloß im Jahr 1975 mit der beklagten Partei einen Haftpflichtversicherungsvertrag für das Boot ab. Anläßlich der Schiffsüberprüfung im Jahr 1984 zog das Amt der Kärtner Landesregierung das Schiffspatent mit der Begründung ein, daß das Boot nicht mehr für Rettungszwecke benötigt werde. Daraufhin wurde der Versicherungsvertrag durch Alois P***** per 14. 6. 1984 aufgelöst.

Alois P***** verfügte bis zu seinem Tod über ein gültiges Schiffsführerpatent, das ihn berechtigte, Motorschiffe mit einer Länge bis zu 10 m und einer Motorleistung bis zu 200 PS zu führen. Der Kläger selbst besitzt seit seinem 16. Lebensjahr ein gültiges Schiffsführerpatent.

1984 oder 1985 übernahm der Kläger den Campingplatz- und Freibadbetrieb, den bis dahin seine Mutter als Einzelunternehmen betrieben hatte. Der Kläger war damals bei der Betriebsführung auf die Mithilfe seines Vaters, der sich schon im Ruhestand befand, angewiesen. Alois P***** übernahm "zumindest eine faktische Geschäftsführerrolle" im Betrieb. Diese Tätigkeit ging im Laufe der Jahre etwas zurück. Alois P***** durfte aber weiterhin Beschäftigte zu Arbeiten einteilen und diesen Anweisungen erteilen. Er war gelernter Mechaniker und führte auch selbständig die anfallenden Reparaturarbeiten und die dazu erforderlichen Bestellungen durch. Der Kläger und sein Vater hatten eine gute persönliche Beziehung. Alois P***** wohnte im Haus des Klägers. Er ging in der Wohnung des Klägers, die dieser nicht immer absperrte, aus und ein und nahm auch seine Mahlzeiten zusammen mit dem Kläger und dessen Ehefrau ein.

Im Jahr 1985 schloß der Kläger bei der beklagten Partei eine Betriebshaftpflichtversicherung ab. Diese ersetzte die Versicherung, die noch auf den Namen der Mutter des Klägers lautete. Der Kläger hat mit der Polizze auch die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung 1978 (AHVB 1978) und die ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung 1978 (EHVB 1978) erhalten. Das versicherte Risiko war der Betrieb des Campingplatzes sowie das dazugehörende Freibad. Gemäß Art 3 AHVB 1978 erstreckt sich die Versicherung auch auf die Erhöhungen und betriebs- und berufsbedingte Erweiterung des versicherten Risikos.

1986 schenkte Alois P***** das Motorboot dem Kläger. Der Kläger verwendete es daraufhin in seinem Unternehmen. Er wollte das Motorboot in der Saison 1986 wieder zum Einsatz bringen, weshalb er bereits bei Aufnahme des Antrages zum Abschluß der Betriebshaftpflichtversicherung im Jahr 1985 den damaligen Versicherungsvertreter der beklagten Partei fragte, ob für das Schiff eine eigene Versicherung erforderlich sei. Dies wurde vom Versicherungsvertreter verneint. Der Versicherungsvertreter teilte dem Kläger mit, daß das Motorboot "in diesen Vertrag integriert ist".

Im Juni 1986 stellte der Kläger an das Amt der Kärntner Landesregierung einen Antrag auf Zulassung seines Motorbootes für Rettungszwecke am Ossiachersee. Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, "daß die bestehende Zulassung aufrecht bleibt". Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen wies dem Kläger am 19. 8. 1986 ein amtliches Kennzeichen zu. Der Kläger war nach den Vorgaben des Amtes der Kärntner Landesregierung mit seinem Boot für den Rettungsabschnitt Alt-Ossiach im besonderen für seinen Campingplatz- und Freibadbetrieb sowie für das Freibad des Verbandes für Sozialtourismus und den davor liegenden Seeabschnitt zuständig. Bis zum Jahr 1990 gab es pro Saison drei bis vier Rettungseinsätze, die zum überwiegenden Teil Personen betrafen, die vom Campingplatz und vom Freibad des Klägers stammten. 1990 wurde ein weiteres Motorrettungsboot am Ossiachersee zum Verkehr zugelassen, das im Strandbad in Ossiach stationiert war.

Bis zum Jahr 1988 erhielt der Kläger jährlich vom Amt der Kärntner Landesregierung eine Aufforderung zur Überprüfung seines Motorbootes. 1989 war dies nicht mehr der Fall. Der Kläger erfuhr aber zufällig vom Überprüfungstermin. Das Motorboot wurde am 1. 8. 1989 überprüft, und es wurden keine Mängel festgestellt. Weil der Kläger erfahren hatte, daß neue Kennzeichen ausgegeben werden, erkundete er sich anläßlich dieser Überprüfung, wann er für sein Boot ein neues Kennzeichen erhalten werde. Ihm wurde mitgeteilt, daß er etwas Geduld haben solle und daß er in nächster Zeit schon eine Vorladung erhalten werde. Dies war aber dann nicht der Fall.

Das Motorboot wurde auch in den Jahren 1990 bis 1992 nach der Wintereinlagerung in einem Stall durch den Kläger und seinen Vater wieder in das Wasser gesetzt und in der Bootshütte eingestellt. Nach der Wintereinlagerung hatte der Motor des Schiffes immer irgendwelche Defekte. Der Kläger ist seit 1990 weder mit dem Schiff gefahren noch versuchte er, es anzustarten. Alois P***** hat aber auch in diesen Jahren Fahrten mit dem Motorschiff durchgeführt, wovon der Kläger keine Kenntnis hatte.

Der Kläger hatte ab 1990 Bedenken, ob die Zulassung für das Motorboot noch aufrecht ist, weil das zweite Motorrettungsboot zugelassen worden war und weil er keine Vorladung zur Schiffsüberprüfung mehr erhielt. Er teilte diese Bedenken seinem Vater im Jahr 1990 mit und ersuchte ihn, keine Fahrten mehr auf dem See zu unternehmen. Aufgrund seiner guten persönlichen Beziehung zu seinem Vater sprach der Kläger diesem gegenüber jedoch kein ausdrückliches Verbot hinsichtlich der Durchführung von Bootsfahrten aus. Hätte der Kläger in den Jahren 1990 bis 1992 gewußt, daß die Zulassung für das Motorboot ohnehin aufrecht ist, so hätte er seinem Vater sehr wohl Fahrten mit dem Schiff erlaubt, insbesondere Probefahrten im Zuge von Reparaturarbeiten. Der Kläger hätte das Motorboot aber auch trotz der unklaren Rechtssituation in diesen Jahren selbst jederzeit benützt, wenn in der Nähe jemand auf dem See zu retten gewesen wäre. Er ging dabei von der Überlegung aus, daß eine Rettungsfahrt auch ohne gültige Zulassung toleriert würde.

Im Jahr 1992 befand sich das Motorschiff auf Trochendock in der Bootshütte und hatte eine defekte Benzinpumpe. Der Kläger wurde darüber von seinem Vater einige Zeit vor dem 29. 7. 1992 informiert. Alois P***** teilte dem Kläger mit, daß er das Schiff schon wieder funktionstüchtig machen werde. Der Kläger antwortete, daß er dies lassen solle, weil er nicht wüßte, ob für das Schiff eine aufrechte Zulassung überhaupt bestehe. Am 28. 7. 1992 reparierte Alois P***** die Benzinpumpe, wobei ihm ein zufällig am Bootshaus vorbeikommender Campinggast half. Nach Durchführung dieser Reparatur wasserten die beiden das Boot, dessen Schlüssel Alois P***** aus der Wohnung des Klägers entnommen hatte, und unternahm in Abwesenheit des Klägers und ohne vorherige Rückfrage eine Probefahrt. Im Zuge dieser Fahrt kam es zu einem Zusammenstoß mit dem Schwimmer Manfred L*****, dem dabei der rechte Arm im Bereich des Oberarmes abgetrennt wurde.

Der Kläger gab im Verlassenschaftsverfahren nach Alois P***** eine unbedingte Erbserklärung ab. Der Nachlaß wurde ihm und seiner Schwester, die eine bedingte Erbserklärung abgegeben hatte, je zur Hälfte eingeantwortet.

Im Verfahren 29 Cg 116/93i des Landesgerichtes für Klagenfurt begehrte der Verletzte Manfred L***** vom Kläger als dortigen Zweitbeklagten und dessen Schwester als Erstbeklagte zur ungeteilten Hand die Zahlung von S 752.076,60 und die Feststellung der Haftung für alle Schäden aus dem Bootsunfall. Vom Kläger und dortigen Zweitbeklagten wurde unter anderem eingewendet, daß Alois P***** die Fahrt ohne Wissen und Willen des Klägers durchgeführt habe. Diese Einwendungen wurden auch noch in der Berufung aufrecht erhalten. Die Frage der Schwarzfahrt blieb in den Entscheidungen des Vorprozessen dahingestellt. Der Kläger wurde zur Zahlung von S 452.815,98 samt Zinsen und zusätzlich zur ungeteilten Hand mit seiner Schwester zur Zahlung von S 290.036,62 verpflichtet. Weiters wurde dem Feststellungsbegehren stattgegeben.

Bisher hat der Kläger aufgrund dieses Urteils S 452.850,98 und S 52.658,20 an Manfred L***** bezahlt. Mit dessen Arbeitgeberin (Forderungen von insgesamt S 319.603,--) und der Wiener Gebietskrankenkasse (Forderungen von S 179.643,71) hat der Kläger Stundungsvereinbarungen bis zum Abschluß dieses Verfahrens getroffen.

Dem Kläger wurde im Verfahren 29 Cg 116/93i Kostendeckung seitens der beklagten Partei aus dem vorliegenden Haftpflichtversicherungsvertrag gewährt. Sein Rechtsvertreter hat der beklagten Partei immer wieder über den Prozeßstand berichtet.

Der Kläger begehrte S 1,004.720,89 sA sowie die Feststellung der Zahlungspflicht der beklagten Partei für alle künftigen Schadenersatzansprüche, die an ihn aus dem Bootsunfall seitens Manfred L***** und anderer Geschädigter herangetragen werden, eingeschränkt auf die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Höchstbeträge. Die Bootsfahrt des Vaters sei keine Schwarzfahrt gewesen. Das Boot sei von der Betriebshaftpflichtversicherung mitumfaßt. Der Vater sei als im Betrieb tätiger Familienangehöriger mitversichert gewesen. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Boot habe nicht zum Betrieb des Campingplatzes und des Freibades gehört. Es sei nicht vom versicherten Risiko umfaßt. Ein Haftpflichtversicherung betreffend das Boot sei nicht vereinbart worden. Die Leistungsfreiheit bestehe auch deshalb, weil der Vater eine Schwarzfahrt unternommen habe. Sollte keine Schwarzfahrt vorgelegen sein, so habe der Kläger durch sein Verhalten im Vorprozeß die Obliegenheit verletzt, die beklagte Partei wahrheitsgemäß über die relevanten Umständen zu informieren.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Das Motorboot sei als Betriebsbestandteil von der Betriebshaftpflichtversicherung mitumfaßt gewesen. Der entstandene Schaden sei durch eine unter das versicherte Risiko fallenden Tätigkeit verursacht worden. Alois P***** sei gemäß Art 1 Z 3 EHVB Mitversicherter gewesen. Seine Probefahrt sei nicht als Schwarzfahrt zu qualifizieren, weil von einer stillschweigenden Erlaubnis des Klägers auszugehen sei. Die Prozeßbehauptungen des Klägers im Verfahren 29 Cg 116/96i sei nicht als Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach Art 8 AHVB zu werten.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Die grundsätzliche Deckungspflicht der Beklagten aus der Betriebshaftpflichtversicherung für Schäden, die aus einer im Interesse des versicherten Betriebes erfolgten Verwendung des Motorbootes resultiere, sei schon infolge der festgestellten Zusage des Versicherungsvertreters der beklagten Partei zu bejahen. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Betriebshaftpflichtversicherung stünde jedenfalls die Verwendung des Bootes zur Rettung betriebseigener Gäste unter dem vereinbarten Versicherungszweck. Da auch eine Probefahrt diesem Zweck diene, könne der Versicherungsschutz nicht etwa deshalb verneint werden, weil das Boot für betriebsfremde Zwecke eingesetzt worden sei.

Ob eine Schwarzfahrt vorlege, sei nicht entscheidend. Die von der Judikatur zum EKHG und zu den AKHB diesbezüglich entwickelten Rechtsgrundsätze, auf die sich das Erstgericht berufe, sei nämlich auf eine Betriebshaftpflichtversicherung nicht anzuwenden. Punkt 10 des Abschnittes B der EHVB 1978 beziehe sich nur auf Fälle, in denen das Wasserfahrzeug selbst das im Haftpflichtversicherungsvertrag vereinbarte Risiko darstelle. Im vorliegenden Fall sei aber nicht das Motorboot, sondern der Camping- und Freibadbetrieb des Klägers, dem das Motorboot bloß gewidmet worden sei, das vereinbarte Risiko gewesen. Sinn und Zweck einer Betriebshaftpflichtversicherung sei es, alle Haftpflichtgefahren, die dem Versicherten oder den mitversicherten Betriebsangehörigen aus dem betreffenden Betrieb erwachsen könnten, unter Versicherungsschutz zu stellen. Das Betriebshaftpflichtrisiko sei daher nicht nur auf typische Betriebsgefahren beschränkt, sondern umfasse im Hinblick auf die Vielfalt der mit einem Betrieb verbundenen Haftpflichtgefahren alle Tätigkeiten, die mit diesem Betrieb in einem inneren ursächlichen Zusammenhang stünden (RZ 1984/6; SZ 64/167; 1 Ob 1032/91). Die Deckungspflicht aus einer Betriebshaftpflichtversicherung bestehe für ein Ereignis, daß eine Auswirkung der Beschäftigung eines Mitversicherten im versicherten Betrieb darstelle (SZ 63/93). Unter das Haftpflichtrisiko einer solchen Versicherung fielen demnach alle den Betriebsinteressen dienenden Tätigkeiten des Versicherten oder Mitversicherten (VersR 1977, 780; RZ 1984/6). Nur bei Gelegenheit dienstlicher Verrichtungen verursachte Beschädigungen fielen nicht unter den Schutzbereich einer Betriebshaftpflichtversicherung (SZ 63/93; 7 Ob 27/76; 7 Ob 24/80).

An der für den Versicherungsschutz erforderlichen inneren Beziehung der Handlung zum versicherten Betrieb fehle es bei Handlungen aus Mutwillen. Dagegen sei es nicht erforderlich, daß der Versicherte (Mitversicherte) objektiv im Interesse des Betriebes gehandelt, also Weisungen richtig befolgt habe (Prölss-Martin, VVG25, 727). Sei der Betriebsangehörige bei der schadenstifenden Handlung im Rahmen seiner Beschäftigung für den Betrieb tätig geworden, so sei es - nach deutscher Judikatur zum gleichlautenden § 151 VersVG - unerheblich, ob er seine dienstlichen Verrichtungen gut oder schlecht ausgeführt habe, ob er seine Befugnisse irrig oder eigenmächtig überschritten habe, ob sein Handeln im objektiven Interesse des Betriebes gelegen und dem (mußmaßlichen) Willen des Unternehmers entsprochen habe. Es genüge, wenn aus der Sicht des Versicherten (Mitversicherten) die Tätigkeit zumindest auch im Interesse des versicherten Betriebes gelegen sei (VersR 1973, 313; VersR 1982, 458; VersR 1991, 92; VersR 1992, 1346).

Im vorliegenden Fall sei in der Vornahme einer Probefahrt mit dem dem Betrieb des Klägers gewidmeten und daher unter Versicherungsschutz stehenden Motorboots durch den mitversicherten Vater des Klägers zur Überprüfung der Funktionstauglichkeit schon deshalb eine betriebsbezogene Tätigkeit zu erblicken, weil diese - im Hinblick auf die im Unfallszeitpunkt gültige Zulassung des Bootes und die weiterhin bestehende Absicht des Klägers, das Boot zu Rettungszwecken auch einzusetzen - im objektiven Interesse des Betriebes gelegen gewesen sei. Die hiefür beweispflichtige beklagte Partei habe auch nicht einmal behauptet, daß der Vater des Klägers die Probefahrt mit dem Boot ausschließlich aus privaten Interessen durchgeführt habe. Daß der Kläger seinen im Betrieb mittätigen Vater wegen der irrtümlichen Annahme, mit dem Boot möglicherweise nicht mehr fahren zu dürfen, ersucht habe, das Boot nicht mehr zu benützen, hebe somit den inneren Zusammenhang der dennoch vom Vater durchgeführten Fahrt zum Betrieb seines Sohnes nicht auf.

Falsche Angaben des Versicherungsnehmers in einem Gerichtsverfahren, an dem der Versicherer nicht als Partei beteiligt gewesen sei, stellten keinen Verstoß gegen die Aufklärungsobliegenheit dar. Die beklagte Partei habe daher dem Kläger aus der Betriebshaftpflichtversicherung Versicherungsschutz zu gewähren.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Frage, ob die Verwendung des Motorbootes gegen den Willen des Betriebsinhabers den Interessen des Betriebes diene und daher unter den Versicherungsschutz falle, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Gemäß Abschnitt A ("Allgemeine Regelungen für alle Betriebsrisken") Punkt 1.1. der EHVB sind im Rahmen des im Versicherungsvertrag bezeichneten Risikos nach Maßgabe des Deckungsumfanges der AHVB versichert: Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers aus Innehabung und Verwendung der gesamten betrieblichen Einrichtung.

Gemäß 1.3. sind mitversichert im Rahmen des Punkt 1. (und 2.) Schadenersatzverpflichtungen: Der gesetzliche Vertreter des Versicherungsnehmers und solcher Personen, die er zur Leitung oder zur Beaufsichtigung des versicherten Betriebes ohne eines Teiles desselben angestellt hat sowie sämtlicher Arbeitnehmer für Schäden, die sie in Ausübung ihrer dienstlichen Verrichtung verursachen (mit der hier nicht interessierenden Ausnahme von Arbeitsunfällen unter Arbeitnehmern). Die im Betrieb mittätigen Familienangehörigen des Versicherungsnehmers sind gemäß dieser Bestimmungen auch ohne Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses mitversichert.

In Abschnitt B ("ergänzende Regelungen für spezielle Betriebs- und Nichtbetriebsrisken") der EHVB finden sich in Punkt 10. eigene Bestimmungen für Wasserfahrzeuge. Der hier maßgebende Punkt 1. lautet: "Die Versicherung erstreckt sich auch auf Schadenersatzverpflichtungen des Eigentümers, Halters und der Personen, die mit dem Willen des Halters bei der Verwendung tätig sind oder mit seinem Willen mit dem Wasserfahrzeug befördert werden". Weiters sieht diese Bestimmung vor, daß der Versicherer dann leistungsfrei ist, wenn der Schiffsführer nicht die zur Führung des versicherten Wasserfahrzeuges behördlich vorgeschriebene Berechtigung besitzt.

Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Betriebshaftpflichtversicherung richtig und umfassend dargestellt und auch ausführlich begründet, warum der Vater des Klägers bei der zur Verletzung des Manfred L***** führenden Bootsfahrt als Mitversicherter im Sinn des Punktes 1.3. der EHVB anzusehen ist. Es hat zutreffend ausgeführt, daß nach ständiger deutscher Rechtsprechung und deutscher Lehre ein betriebsbezogenes Handeln des in den Versicherungsschutz einbezogenen Betriebsangehörigen verlangt wird. Dies wird nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes durch die in besonderen Betriebshaftpflichtbedingungen gebräuchliche Wendung "in Ausführung dienstlicher Verrichtungen" verdeutlicht. Ob der Betriebsangehörige seine Befugnisse überschritten und ob sein Handeln dem mutmaßlichen Willen des Betriebsleiters entsprochen hat, ist nicht entscheidend (vgl insbesondere BGH in VersR 1973, 313 mit weiteren Judikatur- und Literaturnachweisen sowie die bereits vom Berufungsgericht zitierten Belegstellen).

Den wesentlichen Grundsätzen dieser Rechtsprechung ist der erkennende Senat bereits in VersR 1977, 780 gefolgt. Es entspricht ständiger österreichischer Rechtsprechung, daß unter das Haftpflichtrisiko alle den Betriebsinteressen dienenden Tätigkeiten des Versicherten oder des mitversicherten Betriebsangehörigen - wozu nach den EHVB auch die Familienmitglieder zählen - fallen, wobei es keine Rolle spielt, daß die Vorgangsweise desselben verbotswidrig (RZ 1984/6) oder unüblich (SZ 63/93) war.

Der erkennende Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung und von der in Deutschland (zu im wesentlichen gleich lautenden Bestimmungen) herrschenden Ansicht abzugehen und das Handeln eines Betriebsangehörigen im Sinn des Punktes 1.3. der EHVB vom Versicherungsschutz auszunehmen, wenn dieser seine Befugnisse überschreitet, solange die Tätigkeit den Betriebsinteressen dient. Die Frage der Schwarzfahrt ist daher für die Frage der mitversicherten Eigenschaft des Vaters des Klägers im Sinne des Punktes 1.3. der EHVB ohne Belang.

Das Berufungsgericht hat auch zutreffend dargelegt, daß die Reparatur des Motors des dem Betrieb gewidmeten Rettungsbootes sowie die anschließende Probefahrt den Interessen des Badebetriebes diente und grundsätzlich auch von dem dem Vater des Klägers überlassenen Aufgabenbereich, nämlich sich um dieses Boot zu kümmern, umfaßt war, wenn auch die Probefahrt selbst dem insoweit geäußerten Willen des Klägers widersprach. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Berufungsurteil, denen die Revision nichts Überzeugendes entgegenzuhalten vermag, kann daher verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

Dem Einwand der Revision, daß nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes über die Gewerbeberechtigung hinausgehende Tätigkeiten vom Versicherungsschutz der Betriebshaftpflichtversicherung ausgeschlossen seien, ist zu erwidern, daß die Bestimmungen über die Gewerbeberechtigung nur insoweit eine Rolle spielen, als sie der Beurteilung dienen, ob bei der eigentlichen gewerblichen Tätigkeit die durch die Gewerbeberechtigung gezogenen Grenzen überschritten worden sind oder nicht, ob diese Tätigkeiten also noch dem versicherten Betrieb zugeordnet waren. Dagegen sind die sonstigen mit dem Betrieb im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten ausschließlich dahin zu prüfen, ob sie dem versicherten Betrieb dienten (7 Ob 1032/91). Die Überschreitung eingeräumter Befugnisse durch einen Betriebsangehörigen hat mit der Frage des Umfanges der Gewerbeberechtigung nichts zu tun.

Zu prüfen bleibt aber, wie die Bestimmung des Punktes 10. des Abschnittes B der EHVB mit der grundsätzlichen Deckungspflicht für den als Mitversicherten in der Betriebshaftpflichtversicherung anzusehenden Vater des Klägers in Einklang zu bringen ist.

Wie die Revision insofern zutreffend ausführt, sind allgemeine Versicherungsbedingungen grundsätzlich wie Verträge, demnach nach §§ 914 und 915 ABGB auszulegen. Die Auslegung ist nach dem Maßstab eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers vorzunehmen. Unklarheiten gehen zu Lasten des Versicherers. Es ist stets der bei einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Klausel zu berücksichtigen (VR 1992/277, 183; JBl 1992, 717; 7 Ob 2021/96y ua).

Richtig ist zunächst der Hinweis des Berufungsgerichtes, daß als versichertes Risiko im vorliegenden Fall nicht der Betrieb eines Wasserfahrzeuges, sondern der Betrieb der Badeanstalt und des Campingplatzes vereinbart wurde, dem das Rettungsboot gewidmet war. Abgesehen davon, daß Punkt 1. des Abschnittes A der EHVB ("Innehabung und Verwendung der gesamten betrieblichen Einrichtung") für die Erstreckung des Versicherungsschutzes auf das Motorboot spricht, war das Motorboot überdies auch aufgrund der Zusage des Versicherungsvertreters von der Deckung mitumfaßt. Nach dem allgemeinen Teil der EHVB ist demnach nicht nur der Kläger als Betriebsinhaber und zugleich Eigentümer und Halter des Bootes, sondern sind auch die in § 151 VersVG genannten Personen und darüber hinaus Arbeitnehmer und im Betrieb mittätige Familienangehörige mitversichert. Der gemäß Punkt 10. des Abschnittes B der EHVB versicherte Personenkreis geht darüber einerseits noch hinaus, weil nach dieser Bestimmung auch betriebsfremde Personen vom Versicherungsschutz mitumfaßt sind. Andererseits schränkt sie den mitversicherten Personenkreis insoweit ein, als diese mit dem Willen des Halters bei der Verwendung des Bootes tätig sein müssen (oder mit seinem Willen befördert werden müssen); dies ist, wie bereits dargelegt wurde, für die Mitversicherteneigenschaft nach Punkt 1.3. des Abschnittes A der EHVB nicht erforderlich.

Gegen die Auslegung dahin, daß Punkt 10. des Abschnittes B gegenüber Punkt 1.3. des Abschnittes A der EHVB eine Ausnahmeregelung für Wasserfahrzeuge darstellt, daß also nach Punkt 1.3. des Abschnittes A mitversicherte Betriebsangehörige vom Versicherungsschutz im Fall einer Schwarzfahrt ausgenommen sein sollen, spricht, daß der Abschnitt A gemäß seiner Überschrift allgemeine Regelungen für alle Betriebsrisken enthält. Die ausschließliche Geltung des Punktes 10. des Abschnittes B der EHVB kann daher nur in Betracht kommen, wenn ein Wasserfahrzeug als "Nichtbetriebsrisiko" versichert wurde. Denn dann gibt es auch keine - die Vorzugsstellung des Mitversicherten im Sinn des Abschnittes A genießenden - Betriebsangehörigen; die allgemeinen Regelungen für alle Betriebsrisken kommen überhaupt nicht zum Tragen.

Ist aber - wie im vorliegenden Fall - die Verwendung des Wasserfahrzeuges als betriebliche Einrichtung im Sinne des Abschnittes A der EHVB von der Versicherung umfaßt, so ist ein sinnvoller Zusammenhang der beiden Bestimmungen nur dahin herzustellen, daß die Mitversicherteneigenschaft bei den im Abschnitt A Punkt 1.3. genannten Personen selbst bei einer Schwarzfahrt aufrecht bleibt. Andere Personen dürfen, wenn sie den Versicherungsschutz genießen wollen, keine Schwarzfahrt unternommen haben. Eine solche Auslegung ist zumindest nach den aufgezeigten Auslegungsgrundsätzen in Zweifel zugunsten des Versicherungsnehmers geboten.

Das Berufungsgericht hat daher auch richtig erkannt, daß es für den vorliegenden Fall für die Haftung der beklagten Partei nicht entscheidungswesentlich ist, ob der Vater des Klägers eine Schwarzfahrt unternommen hat (wofür, wie der Revision insoweit durchaus beizupflichten ist, die Feststellungen der Vorinstanzen sprechen).

Wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, bedeuten falsche Angaben über ein Schadensereignis grundsätzlich nur dann eine Obliegenheitsverletzung, wenn sie gegenüber dem Versicherer abgegeben werden (ZVR 1984, 209 mwN). Daß die Berichte des Vertreters des Klägers an die beklagte Partei im Verfahren 29 Cg 116/93i des Landesgerichtes Klagenfurt die einzige Informationsquelle für die beklagten Partei über den Schadensfall dargestellt hätten, wurde von ihr nicht einmal behauptet. Dessen ungeachtet spricht auch die Aussage des Klägers im gegenständlichen Verfahren und die darauf basierenden Feststellungen des Ersturteiles für das Vorliegen einer Schwarzfahrt im Sinn des Art 10 des Abschnittes B der EHVB, sodaß von einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des Art 8 AHVB durch das Vorbringen des Klägers in dem gegen ihn geführten Haftpflichtprozeß keine Rede sein kann.

Die zutreffenden Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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