Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.333,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.030,35 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei verkaufte am 26.Juli 1983 der Firma D*** I*** S*** Reisebüro Gesellschaft mbH (im folgenden nur Firma D*** I***) einen Setra-Bus mit der Fahrgestellnummer 163.240 unter Eigentumsvorbehalt. Für den Autobus wurde bei der beklagten Partei eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen. In dem bei der beklagten Partei am 5.August 1983 eingelangten Antrag auf Vollkaskoversicherung war ein Versicherungsnehmer nicht angegeben, als Inkassoadresse schien die Adresse der Firma D*** I*** auf. Eine Vinkulierung der Versicherung zugunsten der klagenden Partei wurde beantragt. Die beklagte Partei stellte noch am selben Tag eine an die klagende Partei adressierte Vinkulierungserklärung zur Polizzennummer C 5 B 240.522-4 aus, in der als Versicherungsnehmer die Firma D*** I*** aufschien und in der die beklagte Partei erklärte, jede Unterbrechung der Versicherung sowie jeden Verzug in der Prämienzahlung, der eine derartige Unterbrechung zur Folge haben könnte, dem Gläubiger zur Kenntnis zu bringen. Am 6.September 1983 langte bei der beklagten Partei ein weiterer Antrag auf Vollkasko- und Haftpflichtversicherung des Autobusses ein, in dem als Versicherungsnehmer die Firma T*** Reisebüro und Transport Gesellschaft mbH (im folgenden nur Firma T***) und als Inkassoadresse wieder die Anschrift der Firma D*** I*** aufschien. Eine Verständigung der klagenden Partei, daß Versicherungsnehmer die Firma T*** ist, erfolgte nicht.
Die Firma D*** I*** verkaufte mit Zustimmung der
klagenden Partei den Autobus an die Firma D*** O*** GesmbH (im folgenden nur Firma D*** O***) unter Wahrung des Eigentumsvorbehaltes der klagenden Partei. Der Käufer übernahm die Verpflichtung zur Vollkaskoversicherung des Autobusses und zur Vinkulierung der Versicherung zugunsten der klagenden Partei. Die klagende Partei erklärte der beklagten Partei mit Schreiben vom 18. November 1983 unter Hinweis auf den Besitzerwechsel ihr Einverständnis zur Devinkulierung betreffend die Polizze C 5 B 240.522-4, die die beklagte Partei in ihren Unterlagen vermerkte. Mit weiterem Schreiben vom 24.November 1983 ersuchte jedoch die klagende Partei die beklagte Partei um eine neue Vinkulierungserklärung. Diese wurde von der beklagten Partei erst am 18. Mai 1984 abgegeben und enthält auch die Erklärung, jede Unterbrechung der Versicherung sowie jeden Verzug in der Prämienzahlung, der eine derartige Unterbrechung zur Folge haben könnte, dem Gläubiger zur Kenntnis zu bringen. Am 13.Mai 1984 war an dem Autobus bei einem Unfall ein Totalschaden eingetreten. Es ist nicht strittig, daß die beklagte Partei wegen Verzuges des Versicherungsnehmers mit der Bezahlung einer Folgeprämie leistungsfrei ist. Die klagende Partei war vom Prämienrückstand nicht verständigt worden.
Die klagende Partei begehrt den Zeitwert des Autobusses aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes. Der beklagten Partei sei das Vorbehaltseigentum und das Interesse der klagenden Partei am Versicherungsschutz bekannt gewesen. Da die beklagte Partei auf das Ersuchen um Vinkulierung erst nach rund einem halben Jahr reagiert habe, sei der klagenden Partei die Möglichkeit genommen worden, die Folgen des Verzuges mit der Prämienzahlung abzuwehren. Nach dem Standpunkt der beklagten Partei kann ihr die Verzögerung in der Ausstellung der Vinkulierungserklärung nicht als Verschulden angelastet werden. Die Verzögerung sei durch das Verhalten der klagenden Partei verursacht worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen hat das Schreiben der klagenden Partei vom 24. November 1983 folgenden Inhalt: "Bearbeitet von Fr.Haberkorn, Hausapparat 260; Betreff: Vollkaskoversicherung-Vinkulierung, Firma
D*** O***.... 2 Kässbohrer-Setra-Busse ... FG Nr. ...
163.240; Sehr geehrte Herren .... Wir ersuchen um Zusendung einer Vinkulierungserklärung (Sperrschein) zu unseren Gunsten, wobei wir bemerken, daß wir auf eine Vollkaskoversicherung mit der gesetzlichen Mindest-Selbstbeteiligung bestehen. Außerdem wollen Sie uns bestätigen, daß wir benachrichtigt werden, sofern der Kunde mangels Prämienzahlung oder aus einem anderen Grund außer Deckung kommt." Die beklagte Partei konnte das bei ihr am 28.11.1983 eingelangte Schreiben keinem Versicherungsvertrag zuordnen, da die Namenskartei des Zentralcomputers nur die Namen der Versicherungsnehmer, nicht auch Inkassoadressen enthält. Lediglich in der Buchhaltung in Verbindung mit einem Mahnverfahren kann die Inkassoadresse angeschrieben und können Zahlungen der Polizzennummer zugeordnet werden. Die beklagte Partei wartete daher jenen Zeitraum ab, den die Polizzierung erfordert, um allenfalls den Versicherungsnehmer feststellen zu können. Im Jänner 1984 rief der Sachbearbeiter der beklagten Partei bei der Firma D*** O*** an, um eine Klärung herbeizuführen, jedoch ohne Erfolg. Ende Jänner 1984 rief deshalb Friedrich H***; der stellvertretende Leiter der Kfz-Vertragsverwaltung der beklagten Partei, bei der klagenden Partei an und erklärte Frau R***, der Nachfolgerin von Frau H***, sein Anliegen. Frau R*** versprach nach Beschaffung der Unterlagen zurückzurufen. Ein Rückruf erfolgte jedoch nicht. Friedrich H*** rief deshalb am 26. März 1984 neuerlich bei der klagenden Partei an. Frau R*** erklärte, daß Hans Dieter W*** zuständig sei und rückrufen werde. Da abermals kein Rückruf erfolgte, rief Friedrich H*** Anfang April neuerlich an. Hans Dieter W*** teilte mit, daß er sich die Unterlagen beschaffen und rückrufen werde. Am 11.Mai 1984 gab Hans Dieter W*** dann bekannt, daß sich das Schreiben vom 24. November 1983 auf die Polizze Nr.B 240.522/4 beziehe. Friedrich H*** erklärte, daß eine Vinkulierungserklärung hinsichtlich dieses Autobusses nicht ausgestellt werde, da ein Prämienrückstand bestehe, der bereits mit Schreiben vom 15.April 1984 eingemahnt worden sei. Hans Dieter W*** meinte hiezu, er werde das mit der D*** O*** abklären. Am 15.Mai 1984 wurde die rückständige Prämie bezahlt. Am 18.Mai 1984 übermittelte die beklagte Partei der klagenden Partei die Vinkulierungserklärung Beilage H. Das Erstgericht verneinte einen Schadenersatzanspruch mangels eines Verschuldens der beklagten Partei.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes könne es unerörtert bleiben, ob die beklagte Partei in der Lage gewesen wäre, das Vinkulierungsersuchen der klagenden Partei rascher einer bestimmten Versicherung zuzuordnen. Die beklagte Partei sei weder verpflichtet gewesen, eine vertragliche Abmachung der begehrten Art einzugehen noch auch das Anbot der klagenden Partei ehestens zu behandeln. Eine allfällige Säumnis könne ihr daher nicht als Verschulden zugerechnet werden. Ein Fall des § 362 HGB liege nicht vor, weil der Antrag der Klägerin nicht auf den Abschluß eines Vertrages gerichtet gewesen sei, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand gehabt habe. Eine solche liege nämlich nur vor, wenn jemand außerhalb eines dauernden Dienstverhältnisses eine an sich dem anderen zukommende Tätigkeit diesem abnehme, mag diese Tätigkeit rechtsgeschäftlicher oder rein tatsächlicher Art sein. Davon könne bei einer Vinkulierungserklärung keine Rede sein.
Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wie schon das Berufungsgericht richtig dargelegt hat, ist die Vinkulierung einer Versicherung eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Versicherer, dem Versicherungsnehmer und einem Gläubiger des Versicherungsnehmers, die, soferne nicht zusätzliche Vereinbarungen - wie sie bei der Lebensversicherung üblich sind - getroffen werden, nur eine Sperre des Versicherungsvertrages zugunsten des Gläubigers des Versicherungsnehmers mit der Maßgabe bedeutet, daß Auszahlungen an den Versicherungsnehmer nur mit Zustimmung des Gläubigers erfolgen dürfen (Schinnerer-Avancini, Bankverträge 3 II 195; 7 Ob 14/82). Im vorliegenden Fall wurde aber, wie die Revision zutreffend hervorhebt, eine über die bloße Sperre hinausgehende zusätzliche Vereinbarung der Verständigung des Gläubigers von einer Unterbrechung des Versicherungsschutzes insbesondere durch Verzug in der Prämienzahlung angestrebt. Abzulehnen ist jedoch der Standpunkt der klagenden Partei, daß eine solche Vereinbarung infolge der Fiktion der Zustimmung durch Schweigen der beklagten Partei nach § 362 HGB bereits vor Eintritt des Verzugsfalles zustande gekommen war. Der Begriff der Geschäftsbesorgung nach § 362 HGB ist zwar im weitesten Sinn zu verstehen, sodaß unter ihn nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern auch tatsächliche Handlungen fallen (Hämmerle-Wünsch 3 3, 31; vgl. auch Schlegelberger-Hefermehl 5 IV 348; Canaris in Großkomm. HGB 3 III/2 1293). Voraussetzung der Zustimmungsfiktion nach § 362 HGB ist jedoch das Vorliegen einer Geschäftsverbindung zwischen dem Kaufmann und dem Antragsteller. Sie ist nur gegeben, wenn die Beziehung auf eine gewisse Dauer angelegt ist. Es genügt nicht, daß früher einmal gelegentlich einzelne Geschäfte zwischen den Parteien abgeschlossen wurden; vielmehr muß der geschäftliche Verkehr noch zur Zeit des Antrages bestehen. Die Parteien müssen den Willen haben, fortgesetzt miteinander Geschäfte zu machen. Dieser Wille wird in der Regel daraus zu entnehmen sein, daß die Parteien schon seit einiger Zeit Geschäfte miteinander abgeschlossen haben (Schlegelberger-Hefermehl aaO 349). Im vorliegenden Fall hatte die beklagte Partei vor Zugang des Antrages der klagenden Partei vom 24. November 1983 lediglich eine bereits erloschene Vinkulierungserklärung der klagenden Partei gegenüber abgegeben. Darüber hinausgehende Geschäftsbeziehungen zwischen den Streitteilen wurden nicht einmal behauptet. Durch eine einzelne Vinkulierung einer Fahrzeugversicherung entsteht noch keine Geschäftsverbindung im Sinne des § 362 HGB zwischen dem Versicherer und dem Gläubiger des Versicherungsnehmers. Aus einer Verletzung der durch Stillschweigen im Sinne des § 362 HGB übernommenen Verpflichtung zur Verständigung der klagenden Partei vom Verzug des Versicherungsnehmers mit der Prämienzahlung kann die klagende Partei demnach mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine stillschweigende Antragsannahme einen Schadenersatzanspruch nicht ableiten.
Die klagende Partei stützte sich aber auch auf die Säumnis der beklagten Partei in der (letztlich ausdrücklich erfolgten) Annahme des Antrages. Nun ist es zwar richtig, daß die beklagte Partei keine Kontrahierungspflicht traf. Daraus folgt aber entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes nicht schon, daß der beklagten Partei auch eine Säumnis in der Behandlung des Antrages keinesfalls vorgeworfen werden könnte. Das Bestehen von Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber den Rechtsgütern des anderen Teiles ist jedenfalls mit Eintritt in Vertragsverhandlungen allgemein anerkannt; ihre Verletzung macht unabhängig von einem späteren Vertragsabschluß schadenersatzpflichtig (Rummel in Rummel ABGB Rdz 3 zu § 861; SZ 49/94 uva). Zu diesen vorvertraglichen Pflichten gehört unter anderem auch die Aufklärung des Vertragspartners über Umstände, die einem wirksamen Abschluß des Vertrages und dessen Erfüllung entgegenstehen. Ob hier schon der Zugang des Antrages der klagenden Partei mit Rücksicht auf eine Verkehrsübung der Versicherungen in
bezug auf Vinkulierungserklärungen eine solche Aufklärungspflicht
der beklagten Partei auslösen konnte, mag fraglich sein, braucht
aber nicht abschließend entschieden zu werden. Unterstellt man eine solche Pflicht, wäre für die klagende Partei nichts gewonnen. Es steht nämlich fest, daß die beklagte Partei die klagende Partei bereits Ende Jänner 1984 von der Unmöglichkeit der Zuordnung des Antrages zu einem bestimmten Versicherungsvertrag verständigte. Diese Zuordnung war aber Voraussetzung für die Leistung der beklagten Partei. Damit hat aber die beklagte Partei eine allfällige Aufklärungspflicht erfüllt, zu mehr war sie jedenfalls nicht verpflichtet. Es wäre dann Aufgabe der klagenden Partei gewesen, durch Bekanntgabe des Versicherungsnehmers oder der Polizzennummer die Voraussetzungen für die Zuordnung ihres Antrages zu schaffen. Da die Einmahnung des Prämienrückstandes erst im April 1984 erfolgte, kann auch nicht gesagt werden, daß die Aufklärung der klagenden Partei zu spät erfolgte. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die beklagte Partei bereits früher mit der klagenden Partei Kontakt aufnehmen hätte können.
Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)