OGH 7Nc23/06a

OGH7Nc23/06a11.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Nikola T*****, geboren am 22. Februar 1994, wegen Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 JN, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Gmunden vom 15. September 2006, GZ 1 P 241/97b-U20, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Fünfhaus wird gemäß § 111 Abs 2 JN genehmigt.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern des minderjährigen Nikola wurde geschieden. Das Kind befindet sich in Pflege und Erziehung der Mutter Mirjana L***** (früher T*****), die in Gmunden wohnte. Der Vater ist verpflichtet, für das Kind Geldunterhalt zu leisten. Dem Kind wurden vom Bezirksgericht Gmunden Unterhaltsvorschüsse bewilligt. Die Mutter ist mit Nikola nach Wien in den Sprengel des Bezirksgerichtes Fünfhaus verzogen. Mit Beschluss vom 15. 9. 2006 übertrug das Bezirkgsgericht Gmunden die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN dem Bezirksgericht Fünfhaus, weil sich das Kind jetzt regelmäßig in 1140 Wien, ***** aufhalte. Der Übertragungsbeschluss wurde den Eltern der Minderjährigen zugestellt. Er wurde von diesen nicht bekämpft und ist daher in Rechtskraft erwachsen.

Das Bezirksgericht Fünfhaus lehnte die Übernahme der Pflegschaftssache ab. Es stellte den Akt dem Bezirksgericht Gmunden mit dem Bemerken zurück, die Pflegschaftssache erst zu übernehmen, wenn über zwei offene Anträge entschieden worden sei, nämlich einen Antrag auf Zahlung eines Sonderbedarfes von EUR 799,60 durch den Vater und einen damit verbundenen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe. Nach Rückmittlung des Aktes durch das Bezirksgericht Gmunden legte das Bezirksgericht Fünfhaus mit Verfügung vom 21. 11. 2006 den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN vor.

Die vom Bezirksgericht Gmunden verfügte Übertragung der Zuständigkeit ist gerechtfertigt und daher zu genehmigen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Diese Voraussetzungen liegen in der Regel vor, wenn die Pflegschaftssache an jenes Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Betroffenen liegt (RIS-Justiz RS0047300). Offene Anträge sind kein grundsätzliches Übertragungshindernis; es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalles ab, ob die Entscheidung über einen solchen Antrag durch das bisherige Gericht zweckmäßiger ist (RIS-Justiz RS0047032 [T3]); vgl Mayr in Rechberger2 § 111 JN Rz 4; Fucik in Fasching2 § 111 JN Rz 3). Entgegen der Ansicht des Bezirksgerichtes Fünfhaus stehen die durch das Bezirksgericht Gmunden noch nicht erledigten Anträge einer - zufolge des neuen Wohnsitzes des Kindes in dessen Interesse gelegenen - Übertragung der Zuständigkeit nicht entgegen, weil Umstände, wonach das übertragende Gericht zur Entscheidung über diese Anträge eine besondere Sachkenntnis zukäme (vgl RIS-Justiz RS0047032), nicht zu erkennen sind.

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