Spruch:
Für die Ausmittlung eines Schenkungspflichtteiles ist der Zeitpunkt des Erbanfalles unter Bedachtnahme auf den Zustand der Sache im Zeitpunkt des Empfanges und aller damals bereits veranschlagbar gewesenen, wenn auch erst im Zeitpunkt des Erbanfalles aktuell werdenden Umstände maßgeblich
Der Wert eines den Erblassern bei der Übergabe einer Liegenschaft vorbehaltenen lebenslangen Fruchtgenußrechtes ist für die Bemessung des Pflichtteils außer Ansatz zu lassen
OGH 12. 1. 1984, 6 Ob 805/82 (OLG Graz 7 R 108/82; LG Klagenfurt 28 Cg 20/81)
Text
Die Streitteile Ernst H und Romana V sind eheliche Kinder des am 3.
10. 1951 gestorbenen Josef H und der am 26. 5. 1978 gestorbenen Anna
H. Die Eltern der Streitteile waren Eigentümer je eines
Hälfteanteiles der Liegenschaft EZ 422 KG K mit dem Haus in der W-
Zeile 6. Der Hälfteanteil des Vaters der Streitteile war Bestandteil
seiner Verlassenschaft. Diese Verlassenschaft war vom Bezirksgericht
Klagenfurt zu 1 A 689/51 abgehandelt worden. Mangels letztwilliger
Verfügung waren nach dem Gesetz die beiden Streitteile als Kinder
und ihre Mutter als Witwe zu Erben berufen. Als solche gaben sie am
7. 1. 1952 vor dem Gerichtskommissär folgende Erklärungen zu
Protokoll: "Die erblichen Nachkommen Herr Ernst H und Frau Romana V
erklären, daß sie auf jedes Erb- und Pflichtteilsrecht in diesem
Verlasse verzichten, zugunsten ihrer Mutter, sodaß dieselbe
Alleinerbin ist. Dagegen verpflichtet sich die erbliche Witwe, die
Liegenschaft mit Haus W-Zeile 6 den beiden Kindern zu Lebzeiten zu
übergeben oder von Todes wegen zu hinterlassen bzw. einem derselben
und verpflichtet sich, diese Liegenschaft ohne Zustimmung der beiden
Kinder weder zu belasten noch zu veräußern." Nach dem weiteren
Inhalt der vom Gerichtskommissär aufgenommenen Niederschrift
erklärte die Mutter der Streitteile nach Abgabe einer unbedingten
Erbserklärung und nach Erstattung des eidesstättigen
Vermögensbekenntnisses, sie verpflichte sich, "die ihr gehörige
Liegenschaft ... ihren beiden Nachkommen Ernst H und Romana V oder
einem derselben zu Lebzeiten zu übergeben oder von Todes wegen zu
hinterlassen und ... weiter, diese Liegenschaft ohne Zustimmung
ihrer beiden Kinder weder zu veräußern noch zu belasten."
Der Nachlaß nach dem Vater der Streitteile wurde deren Mutter eingeantwortet; im Zuge der Verbücherung der Abhandlungsergebnisse wurden in Ansehung des abgehandelten Liegenschaftsanteiles das Eigentum der Mutter der Streitteile mit der Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution sowie das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der beiden Streitteile einverleibt. Die Mutter der Streitteile bestellte in der Folge die Liegenschaft zum Pfand für die Darlehensforderung einer Kreditunternehmung gegen den Kläger im Betrag von 65 000 S.
Die Mutter der Streitteile schloß mit der Beklagten über die Liegenschaft einen als Übergabsvertrag bezeichneten Vertrag. Nach dem Inhalt der mit 11. 1. 1972 datierten Vertragsurkunde setzten die Vertragsschließenden eine auf den seinerzeit in den Nachlaß des Vaters der Streitteile gefallenen Hälfteanteil beschränkte Verpflichtung der Mutter der Streitteile zur Weitergabe an eines der beiden Kinder voraus und hielten wörtlich fest: "Mit dem vorliegenden Vertrage kommt die Übergeberin dieser Übergabeverpflichtung iS der Auflage nach. Es ist aber auch die zweite Liegenschaftshälfte, die mit der fideikommissarischen Substitution nicht belastet ist, Gegenstand dieses Vertrages." Die Mutter der Streitteile übergab der Beklagten die (ganze) Liegenschaft. Sie behielt sich aber das lebenslängliche Fruchtgenußrecht vor. Mit der "Einräumung" dieses lebenslangen Fruchtnießungsrechtes sollte der "Übergabepreis" vollständig abgegolten sein. Als diesen wiesen Mutter und Tochter den im Einheitswertbescheid vom 14. 11. 1966 festgestellten Wert von 86 000 S aus.
Die Mutter der Streitteile starb am 26. 5. 1978. Ihr Nachlaß wurde vom Bezirksgericht Klagenfurt zu 1 A 657/78 abgehandelt. Mangels letztwilliger Verfügung waren nach dem Gesetz nur die beiden Streitteile als eheliche Kinder zur Erbschaft berufen. Sie gaben am 18. 9. 1978 unbedingte Erbserklärungen ab und erstatteten ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis, dem zufolge der Nachlaß mit 344 S überschuldet war. Der Kläger meldete am 18. 9. 1978 im Hinblick auf die der Beklagten im Jahre 1972 übergebene Liegenschaft eine mit 150 000 S bezifferte Pflichtteilsforderung an. Das Abhandlungsgericht legte das Vermögensbekenntnis vom 18. 9. 1978 zugrunde und antwortete den Nachlaß auf Grund des Gesetzes den beiden Streitteilen unter Hinweis auf deren unbedingte Erbserklärungen je zur Hälfte ein.
Der Kläger begehrte von der Beklagten den Betrag von 150 000 S samt 4 vH Zinsen seit dem 18. 9. 1978 als sogenannten Schenkungspflichtteil. Er wertete die im Januar 1972 erfolgte Übergabe der Liegenschaft an die Beklagte als Schenkung, die mit mindestens 600 000 S zu veranschlagen sei und seine klageweise geltend gemachte Pflichtteilsforderung im Ausmaß eines Viertels begrunde.
Die Beklagte bestritt das Vorliegen einer zu veranschlagenden Schenkung und behauptete, zum einen habe ihre Mutter mit der Liegenschaftsübergabe nur ihre Verpflichtung aus dem in der Abhandlung nach dem Vater der Streitteile geschlossenen Übereinkommen erfüllt, zum anderen sei die Einräumung des lebenslangen Fruchtgenußrechtes als volle Gegenleistung beabsichtigt gewesen; den Parteien des Übergabsvertrages habe jede Schenkungsabsicht gefehlt, deshalb dürfe auch keine gemischte Schenkung angenommen werden. Soweit aber dennoch eine solche angenommen würde, wäre der Wert der Liegenschaft zur Zeit des Empfanges im Jahre 1972 als Bemessungsgrundlage für den Schenkungspflichtteil heranzuziehen. Überdies brachte die Beklagte vor, daß über das Vermögen des Klägers im Jahre 1973 (zu S 5/73 des Erstgerichtes) der Konkurs eröffnet worden sei und die Beklagte selbst (als Eigentümerin der pfandbelasteten Liegenschaft) der Darlehensgläubigerin des Klägers insgesamt 24 314.61 S bezahlt habe; diese Zahlungen wollte die Beklagte entweder als Gegenleistung für die übernommene Liegenschaft gewertet wissen oder aber als eine ihr gegen den Kläger ungekürzt zustehende aufrechenbare Gegenforderung. Überdies machte die Beklagte geltend, daß die Mutter der Streitteile dem Kläger ein Darlehen von 25 000 S zugezählt und später die Rückzahlungsschuld schenkungsweise erlassen habe; darin erblickte die Beklagte einen anrechenbaren Vorempfang des Klägers.
Der Kläger replizierte auf die Kompensandoeinwendung, die Zahlungen seien nicht von der Beklagten, sondern von der Mutter der Streitteile finanziert worden, diese habe ihm die Rückerstattungsverpflichtung schenkungsweise erlassen. Abgesehen davon unterläge eine Rückerstattungsforderung der Kürzung auf die Zwangsausgleichsquote von 20 vH. Die Behauptungen der Beklagten über eine weitere Zuzählung von 25 000 S bestritt der Kläger.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und traf folgende wesentliche Feststellungen: Die Mutter der Streitteile war am 23. 7. 1906 geboren worden. Als Witwe nach einem städtischen Bademeister bezog sie eine Witwenpension. Von dieser bestritt sie alle Aufwendungen für die ihren bescheidenen Ansprüchen angepaßte Lebenshaltung. Die Liegenschaft mit dem einen Teil eines "Doppelhauses" hatte im Zeitpunkt der Übergabe an die Beklagte im Jahre 1972 einen Wert von rund 362 000 S. Die Beklagte ließ im Jahre 1972 mit einem Aufwand von etwa 16 500 S Sanitäreinrichtungen (WC, Sickergrube, Kanalisation) ausführen, mit einem weiteren Aufwand von etwa 9 000 S ein Bad installieren und mit einem weiteren Aufwand von etwa 14 000 S die Hauseinfahrt sanieren; im Jahre 1978 ließ sie mit einem Aufwand von etwa 11 000 S Fassadenarbeiten ausführen und wendete darüber hinaus etwa 12 000 S für Material zu wiederkehrenden Instandsetzungsarbeiten auf. Als die Mutter der Streitteile im Mai 1978 starb, hatte die Liegenschaft einen Wert von rund 677 000 S. Dieser Wert stieg bis zu der im September 1981 erfolgten Schätzung auf rund 809 700 S. Die Beklagte bezog im Jahre 1972 ein monatliches Nettoarbeitseinkommen von 5 500 S. Zwischen 17. 1. 1973 und 1. 2. 1974 zahlte sie auf die auf der Übergabsliegenschaft pfandrechtlich sichergestellte Forderung des Kreditunternehmens gegen den Kläger insgesamt 24 314.61 S, und zwar vor dem 5. 2. 1973 4 934.25 S, dann bis 15. 6. 1973 weitere 6 000 S und nach dem 15. 6. 1973 13 380.36 S. Über das Vermögen des Klägers wurde am 5. 2. 1973 der Konkurs eröffnet. Mit Beschluß vom 15. 6. 1973 bestätigte das Konkursgericht den Zwangsausgleich mit einer Ausgleichsquote von 20 vH. Daß die Mutter der Streitteile dem Kläger im Zuge seines Insolvenzverfahrens ein Darlehen von 25 000 S zugezählt und die Rückzahlungsschuld später schenkungshalber erlassen habe, vermochte das Erstgericht nicht festzustellen.
Das Erstgericht folgerte in rechtlicher Beurteilung: Nach dem Verhältnis zwischen dem als Übergabspreis vereinbarten steuerlichen Einheitswert von 86 000 S zu dem das Vierfache übersteigenden tatsächlichen Wert der Liegenschaft zur Zeit der Übergabe sei die Übergabe der Liegenschaft an die Beklagte als Schenkung zu werten, zumal das der Übergeberin vorbehaltene Fruchtnießungsrecht nicht ins Gewicht gefallen sei. Es bestehe daher ein Anspruch des Klägers auf den sogenannten Schenkungspflichtteil. Für dessen Höhe sei der Wert der geschenkten Liegenschaft zur Zeit der wirklichen Zuteilung maßgebend. Deshalb sei bei der Berechnung des Schenkungspflichtteiles jedenfalls von dem im September 1981 ermittelten Schätzwert von rund 809 700 S auszugehen. Der Klagsbetrag von 150 000 S fände im Viertel dieser Bemessungsgrundlage auch dann volle Deckung, wenn die Investitionen von insgesamt 62 500 S und auch die Zahlungen auf die Hypothekarschuld berücksichtigt würden.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Erbübereinkommen, das die Streitteile mit ihrer Mutter in der Abhandlung des Nachlasses nach ihrem Vater geschlossen hätten, habe nicht bloß den in die Verlassenschaft gefallenen Hälfteanteil der Liegenschaft zum Gegenstand gehabt, sondern auch den Hälfteanteil der Mutter der Streitteile in die Regelung einbezogen. Mit diesem Übereinkommen habe sich die Mutter der Streitteile diesen gegenüber aber gleichermaßen verpflichtet, ohne daß diese eine Bevorzugung des anderen als Pflichtteilsverkürzung hinzunehmen gehabt hätten. Die Verpflichtung der Mutter der Streitteile aus dem Übereinkommen vom 7. 1. 1952 sei kein zureichender Rechtsgrund für eine (sogar die durch das Pflichtteilsrecht gezogenen Grenzen übersteigende) Ungleichbehandlung der beiden Streitteile und schließe deshalb Ansprüche des verkürzten Kindes auf den sogenannten Schenkungspflichtteil nicht von vornherein aus. Das Fruchtgenußrecht, das der Übergeberin an der übergebenen Liegenschaft eingeräumt wurde, wertete das Berufungsgericht entgegen der erstrichterlichen Beurteilung als eine wirtschaftlich beachtliche Gegenleistung der Übernehmerin, sodaß das Vorliegen einer reinen Schenkung jedenfalls zu verneinen wäre. Der Wert des Fruchtgenußrechtes müsse noch festgestellt werden, um beurteilen zu können, in welchem Ausmaß die (im übrigen unentgeltliche) Leistung der Übergeberin wertmäßig die Gegenleistung der Übernehmerin überstiegen habe. Dieses objektive Wertverhältnis sei mangels ausdrücklich erklärter oder sonst schlüssig zum Ausdruck gebrachter Schenkungsabsicht ein wesentlicher Anhaltspunkt für Rückschlüsse auf einen derartigen Parteiwillen, ohne den selbst bei krassem Mißverhältnis der wechselseitigen Leistungen auch eine gemischte Schenkung nicht angenommen werden dürfe. Wertsteigerungen der Liegenschaft seit dem Empfang durch die Beklagte seien entgegen den auf den Wortlaut des § 794 ABGB gestützten Berufungsausführungen in Übereinstimmung mit der Ansicht des Erstgerichtes bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Schenkungspflichtteil zu berücksichtigen; der für die Wertermittlung maßgebende Zeitpunkt sei die im § 786 ABGB genannte wirkliche Zuteilung. Werterhöhende Investitionen der Empfängerin seien bereits in die Ermittlung der jeweiligen Schätzwerte einzubeziehen, sodaß es gar nicht erst noch eines gesonderten Abzuges bedürfe. Zur Pfandbelastung der der Beklagten übergebenen Liegenschaft durch die Erblasserin für eine Forderung gegen den Kläger und zur Zahlung der Beklagten an den Pfandgläubiger führte das Berufungsgericht aus, die Beklagte habe ihre Regreßansprüche gegen den Kläger aufrechnungsweise eingewendet, sodaß im Falle des Zurechtbestehens auch nur eines Teiles der Klagsforderung formell auch über die Gegenforderung (in einem dreigliedrigen Urteilsspruch) abzusprechen sein werde. Materiell müßten dabei die Wirkungen des Zwangsausgleiches in der Weise beachtet werden, daß die Beklagte ihre bis zur Bestätigung des Zwangsausgleiches (15. 6. 1973) geleisteten Zahlungen (von insgesamt 10 934.25 S) nur im Ausmaß der 20prozentigen Ausgleichsquote (= 2
186.85 S) vom Beklagten rückersetzt verlangen könnte, die nach der Ausgleichsbestätigung geleisteten Zahlungen an die Pfandgläubigerin (von 13 380.36 S) jedoch ungekürzt. Das Berufungsgericht erachtete für den Fall einer Verpflichtung der Beklagten zu einer Zahlung an den Kläger wegen der unterschiedlichen Haftungsmasse iS der Entscheidung EvBl. 1965/399 auch die Erbserklärung der Beklagten in der Abhandlung nach ihrer Mutter für aufklärungsbedürftig.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Kläger ist ebenso wie die Beklagte als eines von zwei überlebenden Kindern ihrer als Witwe verstorbenen Mutter zu einem Viertel der Bemessungsgrundlage pflichtteilsberechtigt. Beide Streitteile gaben zum Nachlaß ihrer Mutter unbedingte Erbserklärungen ab; ihnen wurde der Nachlaß auf Grund dieser Erbserklärungen je zur Hälfte eingeantwortet; der Nachlaß war aber nach dem gemeinsamen Vermögensbekenntnis beider Erben geringfügig überschuldet. Mangels gegenteiliger Prozeßbehauptungen ist davon auszugehen, daß keinem der Streitteile aus der Verlassenschaft ein auf den Pflichtteil anrechenbarer Vermögenswert zugefallen ist. Die Erblasserin hat mehr als sechs Jahre vor dem Erbanfall eine Liegenschaft der Beklagten übergeben. Soweit darin eine Schenkung gelegen ist, steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf den sogenannten Schenkungspflichtteil zu.
Wesentlich ist daher zunächst der Rechtsgrund der Liegenschaftsübergabe. Die Liegenschaft war Gegenstand eines zwischen den nunmehrigen Streitteilen und ihrer Mutter geschlossenen Erbenübereinkommens in der Abhandlung nach dem Vater der nunmehrigen Streitteile. Die Beklagte und ihre Mutter haben sich im Übergabsvertrag auf dieses Erbenübereinkommen bezogen. Die Beklagte hat im Rechtsstreit dieses Erbenübereinkommen als einen jede Schenkung ausschließenden Rechtsgrund für die Liegenschaftsübergabe gewertet. Der Wortlaut des Übereinkommens ist in der Niederschrift des Gerichtskommissärs festgehalten. Zum Parteiwillen legten der Kläger überhaupt keine, die Beklagte nur eine über den protokollierten Wortlaut der Vereinbarung nicht hinausgehende Aussage ab. Das Erstgericht hat sich jeder rechtlichen Würdigung des festgestellten Übereinkommens enthalten, das Berufungsgericht hat aus dem protokollierten Wortlaut der Vereinbarung die negative Folgerung gezogen, daß das Übereinkommen nicht als Ausdruck eines übereinstimmenden Parteiwillens zu verstehen sei, für den Fall der Übergabe der Liegenschaft an eines der beiden Kinder das andere (diesbezüglich) von einem Pflichtteilsanspruch nach der Mutter auszuschließen. Im Übergabsvertrag selbst wurde der Grundbuchsstand dargestellt, der das Erbenübereinkommen allerdings nur in Ansehung des in die Abhandlung nach dem Vater der Streitteile gefallenen und nicht auch in Ansehung des im Eigentum der Mutter der Streitteile gestandenen Liegenschaftsanteiles wiedergab, eine vertragliche Bindung der Übergeberin nur in Ansehung des seinerzeit nach dem Vater der Streitteile abgehandelten Liegenschaftsanteiles erwähnt und der zweite Hälfteanteil an der Liegenschaft bei der Darlegung der Vertragsvoraussetzungen besonders - und zwar objektiv betrachtet in einem Gegensatz zu dem zuerst erwähnten Hälfteanteil - angeführt. Eine den Wortlaut des Erbenübereinkommens und des Übergabsvertrages ergänzende, berichtigende oder gar abändernde, von den Vertragsschließenden übereinstimmend zum Ausdruck gebrachte oder vorausgesetzte Regelungsabsicht wurde nicht festgestellt. Der entsprechende Parteiwille muß daher unter Bedachtnahme auf die objektiv zu beurteilenden, konkreten Interessenlagen der Vertragsschließenden aus dem Wortlaut der Vereinbarungen abgeleitet werden. Danach ist zu beurteilen, ob nach dem sich aus dem Erbenübereinkommen ergebenden wechselseitigen Verpflichtungen und aus der Absicht, diesen zu entsprechen, die Übergabe der Liegenschaft an die Beklagte zur Gänze, nur in Ansehung eines Liegenschaftsanteiles oder überhaupt nicht für den Kläger eine pflichtteilswidrige Schenkung der Erblasserin an die Beklagte darstellen kann.
Das am 7. 1. 1952 geschlossene Erbenübereinkommen sicherte der Mutter der Streitteile einerseits das zeitlich beschränkte Eigentumsrecht an der gesamten Liegenschaft (an der ihr ohne das Übereinkommen zu ihrem Hälfteanteil nur ein weiterer Achtelanteil, allerdings zu unbeschränktem Eigentum, zugefallen wäre), verpflichtete diese aber andererseits, durch Übergabe, Vermächtnis oder Erbseinsetzung einen Übergang des Eigentums an der gesamten Liegenschaft nach ihrem Gutdünken auf eines ihrer beiden Kinder oder an beide zu bewirken. Die beiden Streitteile gemeinsam sicherten sich gegen einen Erwerb der Liegenschaft durch einen Dritten ab, sicherten sich zwar den zeitlich hinausgeschobenen (anstatt eines sofortigen), dafür aber auf sämtliche Anteile erstreckenden (anstatt bloß auf je 3/16 Anteile beschränkten) Eigentumserwerb an der Liegenschaft. Was aber die in diesem Rechtsstreit erhebliche Gleich- oder Ungleichbehandlung der beiden Streitteile anlangt, unterwarfen sich beide dem Zuteilungswillen ihrer Mutter, soweit es sich um die Vertragsmacht und die Testierbefugnis zur Bestimmung der Rechtsnachfolger handelte. Ein Vertragspartner in der Lage der Mutter der Streitteile hätte aber mangels ausdrücklicher Erwähnung nicht annehmen dürfen, daß eines ihrer Kinder darüber hinaus auch auf den gesetzlichen Anspruch auf den Pflichtteil auch nur teilweise verzichte. Nach den Feststellungen über die eher bescheidenen Lebensverhältnisse der Mutter der Streitteile als einer zur Zeit des Erbenübereinkommens 45 Jahre alten Witwe nach einem städtischen Bademeister mußte bei den Kindern die Vorstellung unterstellt werden, daß die elterliche Liegenschaft das wesentliche, wenn nicht überhaupt das einzig nennenswerte Vermögensobjekt der Erblasserin bleiben würde; die Kinder erklärten in der Abhandlung der Verlassenschaft nach ihrem Vater ausdrücklich einen Verzicht auf jedes Erb- und Pflichtteilsrecht "in diesem Verlasse", ohne einen uneingeschränkten oder doch sich bloß auf die elterliche Liegenschaft beziehenden Verzicht abzugeben, der die Testierfreiheit der Mutter von den gesetzlichen Beschränkungen durch das Pflichtteilsrecht befreit hätte; die Verzichtsleistung der beiden Streitteile zugunsten ihrer Mutter war gleich. Aus welchen Gründen die Mutter bei ihrer vertraglich bedungenen Gegenleistung ihre beiden Kinder ungleich hätte behandeln sollen, wurde nicht offengelegt. Daß eine Ungleichbehandlung auch gesetzliche Folgen beseitigen sollte, durfte nicht ohne weiteres angenommen werden. Ein, sei es auch nur teilweiser oder bedingter Verzicht auf den Pflichtteil nach ihrer Mutter kann dem Erbenübereinkommen vom 7. 1. 1952 inhaltlich nicht entnommen werden. Damit erübrigen sich Erörterungen über die Formwirksamkeit (§ 551 ABGB).
Entgegen den Rekursausführungen ist daher der berufungsgerichtlichen Rechtsansicht im Ergebnis beizupflichten, daß keiner der beiden Streitteile mit dem Erbenübereinkommen in der Abhandlung nach dem Vater auf Pflichtteilsansprüche nach der Mutter verzichtete und diese damit zu unentgeltlichen Verfügungen unter Befreiung von gesetzlichen Folgen des Pflichtteilsrechtes ermächtigte. Nur auf die selbst die Grenzen des Pflichtteilsrechtes überschreitende Ungleichbehandlung der beiden Streitteile durch die Erblasserin kommt es aber im anhängigen Rechtsstreit an, weil der Erblasserin die Möglichkeit offenstand, ihre Verpflichtungen aus dem Erbenübereinkommen vom 7. 1. 1952 auch ohne derart tiefgreifende Ungleichbehandlung ihrer beiden Kinder zu erfüllen.
Soweit die beiden Streitteile nach dem Erbenübereinkommen vom 7. 1. 1952 ihrer Mutter für eine grundsätzlich gleiche Erwerbschance bei Ausschluß Dritter das gleiche leisteten, ist das für die Beurteilung des klageweise erhobenen Anspruches auf den sogenannten Schenkungspflichtteil unerheblich.
Daher sind für das Vorliegen einer pflichtteilswidrigen Schenkung ausschließlich die mit dem Übergabsvertrag vom 11. 1. 1972 übernommenen wechselseitigen Leistungen der Beklagten und ihrer Mutter entscheidend. Die damals 65 Jahre alte Mutter der Streitteile übereignete der Beklagten ihre Liegenschaft, behielt sich aber dabei den lebenslangen Fruchtgenuß vor. Damit erhielt die Beklagte zunächst nicht das Vollrecht an der Liegenschaft, wie es der Übergeberin zustand, sondern nur ein zugunsten der Übergeberin mit einer persönlichen Dienstbarkeit belastetes Eigentum. Wenn auch die Dienstbarkeit als Recht anläßlich der Eigentumsübertragung neu begrundet werden mußte, liegt darin doch keine Gegenleistung der Übernehmerin aus ihrem Vermögen, sondern nur eine Beschränkung des übernommenen Vermögens.
Die Übergabsliegenschaft war im Zeitpunkt der Übergabe pfandvorbelastet. Soweit es sich dabei um eine forderungsbekleidete Hypothek handelte, minderte das den Liegenschaftswert. Dabei war für den Übergabszeitpunkt die Wahrscheinlichkeit der Geltendmachung der Pfandhaftung und die Einbringlichkeit einer nach § 1358 ABGB übergehenden Forderung beim Hauptschuldner zu veranschlagen. Daß die Beklagte in der Folge auf Grund der Sachhaftung tatsächlich Zahlungen leistete, darf dann nicht ein weiteres Mal (als Entgelt für die übernommene Liegenschaft) berücksichtigt werden. Alle Erörterungen zur Wirkung des Zwangsausgleiches (in welcher Hinsicht keiner der vorinstanzlichen Auffassungen beizutreten wäre) sind aus diesen Erwägungen unerheblich.
Die Beklagte hat im Jahre 1972 von der Erblasserin deren pfandvorbelastete und gleichzeitig mit dem lebenslangen Fruchtgenuß zugunsten der Erblasserin belastete Liegenschaft ohne weitere Gegenleistung erhalten. Der Wert der belasteten Liegenschaft zum Zeitpunkt der Übergabe wäre nicht nur für die Beurteilung der Frage heranzuziehen, ob ein entgeltliches Geschäft oder eine gemischte Schenkung vorliege, er wäre auch maßgebend, um beurteilen zu können, ob eine anrechnungsfreie Zuwendung nach dem ersten Fall des § 785 Abs. 3 ABGB vorläge. Dies ist nicht einmal behauptet worden, das Beweisverfahren erbrachte auch keinerlei Hinweise für eine derartige Annahme.
Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Pflichtteil stellt § 794 ABGB eine Regelung auf, die aber nach herrschender Lehre (vgl. Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht, 229; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[6] II 297; Welser in Rummel zu § 794 Rdz. 2 und 6; Scheffknecht NZ 1968, 129 ff.; Sperl in Reimer FS 91 ff.; unter Zitierung derselben Lehrmeinungen aber offenbar gegenteiliger Ansicht: Eccher, Antizipierte Erbfolge, 112) einer berichtigenden Auslegung unterworfen wird. Auch nach herrschender Rechtsprechung rechtfertigt der dem Pflichtteilsrecht zugrunde liegende Ausgleichsgedanke bei nicht immer einheitlich umschriebenen Voraussetzungen (wesentliche Wertveränderung zwischen Empfang einerseits und Erbanfall oder Zuteilung andererseits, sei es wegen allgemeiner Geldwertverdünnung, Änderung der allgemeinen Grundpreise oder auch der für die zu berücksichtigende Liegenschaft speziellen Wertbestimmungsfaktoren) entgegen dem Wortlaut des § 794 ABGB auch bei unbeweglichen Sachen eine Berücksichtigung der seit dem Empfang eingetretenen Wertveränderungen.
Der erkennende Senat erachtet eine am Ausgleichszweck ausgerichtete, berichtigende Auslegung des § 794 ABGB dahin für geboten, daß Wertänderungen seit dem Empfangszeitpunkt auch bei unbeweglichen Sachen zur Gewinnung der Pflichtteilsberechnungsgrundlage zu berücksichtigen seien, wenn anders eine dem Zweck der Anrechnung gerecht werdende Bewertung nicht möglich wäre. Im vorliegenden Fall erfordern die seit dem im Jahre 1972 erfolgten Empfang eingetretenen Wertveränderungen eine entsprechende Berücksichtigung. Dabei mag es strittig sein, ob als der zur Gewinnung der Pflichtteilsberechnungsgrundlage für die Bewertung maßgebende Zeitpunkt der im § 794 ABGB für bewegliche Sachen bezeichnete Zeitpunkt des Erbanfalles oder die im § 786 ABGB erwähnte "wirkliche Zuteilung" heranzuziehen sei. Für den im anhängigen Rechtsstreit allein aktuellen Fall der Ausmittlung eines Schenkungspflichtteils erachtet der erkennende Senat den im § 794 ABGB genannten Zeitpunkt des Erbanfalles für maßgebend. Dabei ist nämlich zu bedenken, daß eine nach § 785 ABGB qualifizierte Schenkung in die Berechnungsgrundlage ohne Rücksicht darauf einzubeziehen ist, ob sie den Erben oder einen Dritten begünstigte. Da die durch die Einbeziehung der Schenkung in die Pflichtteilsbemessungsgrundlage erhöhte Pflichtteilsforderung aber in erster Linie immer den Erben und erst unter den Voraussetzungen des § 951 Abs. 1 ABGB den Geschenknehmer belastet, fehlt es typischerweise an den Voraussetzungen für die dem § 786 ABGB offenkundig zugrunde gelegte Gemeinschaftlichkeit der die Berechnungsgrundlage bildenden Vermögensmasse zwischen dem Erben und dem Pflichtteilsberechtigten bis zur "wirklichen Zuteilung". Das Geschenk ist schon vor dem Erbfall aus der die Verlassenschaft bildenden Vermögensmasse ausgeschieden und in die Rechtszuständigkeit und Verfügungsmacht einer sehr häufig vom Erben verschiedenen Person übergegangen. Ist aber im Einzelfall - wie auch hier - der Geschenknehmer zugleich Erbe, treffen zwar in seiner Person beide Haftungen zusammen, dieses Zusammentreffen vermag aber Wesen und Inhalt der Ansprüche nicht zu verändern.
§ 951 Abs. 1 ABGB läßt im übrigen die Haftung des Beschenkten im Falle der Pflichtteilsverkürzung - und zwar unabhängig von der nach der Erbserklärung beschränkten oder unbeschränkten Haftung des Erben - bereits dann eintreten, wenn die Nachlaßdeckung erschöpft ist (vgl. Ehrenzweig-Kralik aaO Erbrecht 355; Koziol-Welser aaO 319). Die vom Berufungsgericht für seine abweichende Ansicht zitierte Entscheidung EvBl. 1965/399 setzt sich über die erwähnte Regelung des § 951 Abs. 1 ABGB hinweg. Der erkennende Senat vermag sich der in der Vorentscheidung vertretenen Auffassung daher nicht anzuschließen. Daß sich die als Beschenkte in Anspruch genommene Beklagte ohne Rechtswohltat des Inventars zur Erbin erklärte, ist für ihre Haftung für den klageweise erhobenen Schenkungspflichtteil unbeachtlich.
Die pflichtteilswidrige Verfügung des Erblassers in Ansehung eines Vorempfanges ist als solche nicht rechtswidrig. Das Gesetz mißbilligt die Tatsache des Vorempfanges wegen seines pflichtteilswidrigen Ergebnisses erst nach den Umständen im Zeitpunkt des Erbanfalles. Der erkennende Senat sieht es daher bei Ermittlung der Pflichtteilsbemessungsgrundlage als sachgerecht an, nicht danach zu fragen, um welchen Wert das Vermögen des Erblassers (als Berechnungsgrundlage) durch den Vorempfang seinerzeit vermindert worden ist, sondern danach, welchen Wert die Verlassenschaft, wäre die pflichtteilswidrige Verfügung unterblieben, besäße. Daraus folgt, daß nicht der Wert des Geschenkes zur Zeit des Empfanges in Geld zu bewerten und der ermittelte Geldwert nach einem Index aufzuwerten sei, sondern der Wert des Geschenkes im Zeitpunkt des Erbanfalles zu bestimmen ist, dabei aber der Zustand der Sache im Zeitpunkt des Empfanges und ebenso alle damals bereits veranschlagbar gewesenen, wenn auch erst im Zeitpunkt des Erbanfalles aktuell werdenden Umstände zugrunde zu legen sind. Dabei ist der Wert eines der Erblasserin bei der Übergabe vorbehaltenen lebenslangen Fruchtgenusses, wiewohl diese Belastung auf den Zeitpunkt des Empfanges bezogen den Liegenschaftswert erheblich verminderte, für die Bemessung der Pflichtteilsgrundlage außer Ansatz zu lassen, weil bereits im Übergabszeitpunkt mit völliger Sicherheit feststand, daß in dem für die Beurteilung der Pflichtteilswidrigkeit maßgebenden Zeitpunkt des Erbanfalles die Belastung weggefallen sein werde.
Als eine dem Kläger gemachte Schenkung könnte allerdings zu berücksichtigen sein, daß die Erblasserin ihre Liegenschaft für seine Kreditschuld zum Pfand bestellte, wenn dies unentgeltlich erfolgte. Die Bewertung der in der Pfandbestellung gelegenen Leistung ist schwierig. Sie wird sich an der Differenz zwischen der übernommenen Haftung und der objektiv zu bewertenden Aussicht auf Rückersatz durch den Schuldner auszurichten haben. Dabei ist es nicht unzulässig, im nachhinein die tatsächliche Entwicklung zu berücksichtigen, im vorliegenden Fall also die tatsächliche Inanspruchnahme der Beklagten durch den Hypothekargläubiger. Als Geldwertleistung unterläge eine entgeltlich erfolgte Pfandbestellung einer Aufwertung (hier: bis zum Tage des Erbanfalles).
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