OGH 6Ob739/87

OGH6Ob739/8724.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Gottfried H***, Bauingenieur, 4050 Traun, Heinrich-GruberStraße 6, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei Dr. Karl Erich L***, Universitätsprofessor, D-1000 Berlin 28, Höpfersteig 34, beide vertreten durch Dr. Kurt Dellisch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Dr. Ilse G***, Unternehmerin, 3003 Gablitz, Wohlmuthgasse 5, vertreten durch Dr. Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Abgabe von Willenserklärungen (Streitwert: 960.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 5. Oktober 1987, GZ 4 R 147/87-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. April 1987, GZ 25 Cg 92/86-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 18.714,46 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.701,31 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, die Beklagte und Waltraud E*** sind Geschwister. Brigitte L***, die Tochter der Waltraud E***, ist mit dem Nebenintervenienten verheiratet.

Adelheid H***, die Mutter der Streitteile und der Waltraud E***, hat mit Übergabs- und Schenkungsvertrag vom 29. Juli 1981 aus ihrer Liegenschaft EZ 6 KG Reifnitz dem Kläger das Grundstück 1057/10 Wald ins Alleineigentum, der Beklagten das Grundstück 101/3 Baufläche samt Pensionsbetrieb ins Alleineigentum und der Waltraud E*** das Grundstück 331 Baufläche samt Ferienhaus ins Alleineigentum, sowie jedem der drei Geschwister gemeinsam zu je einem Drittel die Grundstücke 1057/42 Wald (in der Natur: Weg) und 1112/84 See ins Miteigentum übergeben.

Punkt Achtens dieses Vertrages lautet auszugsweise wie folgt:

"Die Vertragsteile kommen überein, daß die Übergabsobjekte grundsätzlich den engeren Familien der Vertragsteile erhalten bleiben sollen, weshalb die Übernehmer verpflichtet sind, ihren Geschwistern jeweils das Vorkaufsrecht an den Übergabsobjekten einzuräumen. Bezüglich der im gemeinsamen Eigentum verbleibenden Grundstücke 1057/42 Wald und 1112/84 See bestimmt die Übergeberin, daß dieses Grundvermögen im ungeteilten ideellen Miteigentum der genannten zukünftigen Eigentümer verbleiben soll und daß diese gemeinsam zur Erhaltung verpflichtet sind und nicht berechtigt sind, irgendwelche Abtrennungen und Nutzungsvorbehalte vorzunehmen. Auch bezüglich der Parkplatzmöglichkeiten wird ausbedungen, daß die zur Verfügung stehende Stellfläche unter größtmöglicher Rücksichtnahme der Berechtigten aufeinander genutzt werden soll, und keinem der Berechtigten irgendwelche Prioritäten daran zustehen. Derart wird auch bestimmt, daß grundsätzlich die Miteigentumsanteile an den gemeinsamen Grundstücken 1057/42 Wald, 1112/84 See wirtschaftlich und rechtlich gesehen den gleichen Verfügungen zu unterziehen sind, wie die den derzeitigen Übernehmern einzeln zukommenden Grundflächen, somit deren Schicksal in jeder eigentums- und besitzmäßigen Verfügung zu teilen haben".

Im Sinne dieser Vorkaufsvereinbarung räumten die drei übernehmenden Kinder der Übergeberin Adelheid H*** "für sich und ihre Nachfolger im Eigentum" an den von ihnen jeweils ins Eigentum übernommenen Grundstücken und an den Miteigentumsanteilen der Grundstücke 1057/42 Wald und 1112/84 See jeweils den beiden anderen Geschwistern "und ihren Nachfolgern im Eigentum der ihnen zukommenden Vertragsobjekte" das Vorkaufsrecht daran ein.

Der Vertragstext lautet weiter wie folgt:

"Zu diesen Vorkaufsrechten wird einvernehmlich vereinbart, daß es sich hiebei um das Vorkaufsrecht gemäß §§ 1072 ff des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (Paragraphe eintausendzweiundsiebzig folgende) für alle Fälle der entgeltlichen und unentgeltlichen Veräußerungen handelt, den Berechtigten im Zweifel gleichteilig zusteht und für alle unentgeltlichen Veräußerungsfälle und alle jene Fälle, in denen die Gegenleistung aufgrund ihrer Spezialität nicht eindeutig bestimmt oder sonstwie erbracht werden kann, entweder einvernehmlich ein Eintrittspreis zu bestimmen oder der von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen ermittelte Verkehrswert dafür heranzuziehen ist. Die Frist zur Abgabe der Eintrittserklärung beginnt grundsätzlich mit dem Tag der Vorlage der Vertragsurkunde an die Vorkaufsberechtigten, frühestens aber mit eindeutiger Fixierung des Vorkaufspreises im Sinne der vorstehenden Ausführungen. Von diesem Vorkaufsrecht sind ausdrücklich ausgenommen alle jene Verfügungen über die Übergabsobjekte, die zwischen den Vertragsteilen, ihren Kindern und Ehegatten abgeschlossen werden. Zu diesen Vorkaufsrechten wird grundbücherliche Sicherstellung vereinbart........"

Aufgrund dieses Übergabs- und Schenkungsvertrages vom 29. Juli 1981 wurde unter anderem in der EZ 6 KG Reifnitz auf dem Drittelanteil des Klägers und in der dem Kläger gehörigen Liegenschaft EZ 735 KG Reifnitz das Vorkaufsrecht zugunsten der Waltraud E*** und der Beklagten einverleibt.

Der Kläger hat mit Kaufvertrag vom 20. September 1985/9. Oktober 1985 dem Nebenintervenienten seine Liegenschaft EZ 735 KG Reifnitz und seinen Drittelanteil an der Liegenschaft EZ 6 KG Reifnitz um den vereinbarten Kaufpreis von 960.000 S verkauft. Von diesem Kaufpreis war ein Teilbetrag von 560.000 S längstens binnen acht Tagen nach Zustandekommen dieses Vertrages und der Restbetrag von 400.000 S bis längstens 15. November 1985 zur Zahlung fällig.

Der Kläger vertrat den Standpunkt, der Beklagten und Waltraud E*** stünde kein Vorkaufsrecht zu, da der Nebenintervenient als Schwiegersohn der Waltraud E*** zum engeren Familienkreis zähle, und forderte daher die Beklagte außergerichtlich mit Schreiben vom 9. Oktober 1985 auf, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Nebenintervenienten ungeachtet des ihr zustehenden Vorkaufsrechtes einzuwilligen. Gleichzeitig bot er der Beklagten unter Übermittlung einer Ausfertigung des mit dem Nebenintervenienten abgeschlossenen Kaufvertrages vom 20. September 1985/9. Oktober 1985 "vorsichtshalber" die Ausübung des Vorkaufsrechtes an und forderte sie auf, anstelle des Nebenintervenienten die vereinbarten Kaufpreiszahlungen zu leisten. Die Beklagte stellte sich - ebenfalls noch vor Einleitung des gegenständlichen Rechtsstreites - auf den Standpunkt, das Vorkaufsrecht müsse auch Waltraud E*** angeboten werden, worauf der Kläger erwiderte, Waltraud E*** teile seine Rechtsansicht, daß durch den Kaufvertrag mit dem Nebenintervenienten das Vorkaufsrecht nicht ausgelöst worden sei.

Die Beklagte erklärte schließlich, das Vorkaufsrecht ausüben zu wollen, leistete jedoch bisher keine Zahlung.

Der Kläger hat seiner Schwester Waltraud E*** bisher die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht angeboten.

Mit der am 10. März 1986 überreichten Klage stellte der Kläger das Hauptbegehren, die Beklagte möge in die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Nebenintervenienten ungeachtet ihres Vorkaufsrechtes einwilligen; eventualiter begehrte er von der Beklagten die Einwilligung zur Einverleibung der Löschung ihres Vorkaufsrechtes wegen Nichtausübung.

Die Beklagte hielt dem entgegen, der Verkauf an den Nebenintervenienten sei kein im Übergabsvertrag mit der Mutter der Streitteile vorgesehener Ausnahmefall. Der Vorkaufsfall sei jedoch deshalb nicht eingetreten, weil der Kläger die Einlösung nicht ohne jede Behinderung und Einschränkung angeboten habe. Er habe sich einmal auf den Standpunkt gestellt, es handle sich gar nicht um einen vertraglich vorgesehenen Vorkaufsfall und habe außerdem der mitberechtigten Schwester Waltraud E*** die Einlösung gar nicht angeboten.

Das Erstgericht gab im ersten Rechtsgang dem Hauptbegehren des Klägers statt (ON 5). Dieses Urteil wurde mit Beschluß des Berufungsgerichtes vom 5. Dezember 1986 aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen (ON 9).

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren des Klägers ab. Es traf über den eingangs dargelegten Sachverhalt hinaus noch folgende wesentliche Feststellungen:

Adelheid H*** hat im Jahre 1973 für eine von der Straßenverwaltung im Zuge des Ausbaues der Wörthersee-Süduferstraße benötigte Grundstücksfläche ihrer Liegenschaft eine Entschädigung von ungefähr 2 Mill. S erhalten. Sie hatte in der Folge die Absicht, ihre restliche Liegenschaft in Maiernigg unter ihre drei Kinder aufzuteilen und ihnen wertmäßig ungefähr gleichwertige Grundstücke ins Eigentum zu übertragen. Die Streitteile und deren Schwester Waltraud E*** haben daraufhin vereinbart, daß die Beklagte den nordwestlichen Teil, Waltraud E*** den südlichen Teil und der Kläger den nordöstlichen Teil der Liegenschaft erhalten sollen. Außerdem stellte Adelheid H*** der Beklagten und Waltraud E*** je 500.000 S zur Errichtung von Objekten auf den ihnen zukommenden Liegenschaftsteilen zur Verfügung. Dem Kläger, der von ihr gleichzeitig nur einen Betrag von 100.000 S erhalten hatte, versprach sie als Äquivalent für die höheren Geldzuwendungen an seine Geschwister die Übertragung ihrer in der Radetzkystraße in Klagenfurt gelegenen Eigentumswohnung, welche dieser auch nach ihrem Ableben erhalten hat. In den Jahren 1974 und 1975 errichteten die Beklagte im nordwestlichen Teil der Liegenschaft eine Fremdenpension und Waltraud E*** im südlichen Teil der Liegenschaft ein zweigeschossiges Ferienhaus, in welchem nach Fertigstellung in den Sommermonaten Adelheid H*** und während seines Urlaubes auch der Kläger mit seiner Familie die in der Mansarde ausgebaute Wohnung und Brigitte L*** mit ihrer Familie während ihres Urlaubes die im Erdgeschoß gelegene Wohnung bewohnten. Die Beklagte wohnte während der Sommermonate mit ihrer Familie in der von ihr errichteten Fremdenpension.

Nachdem ein Teil des dem Kläger zukommenden Liegenschaftsteiles in Bauland umgewidmet worden war, erteilte Adelheid H*** dem Notar Dr. Wolfgang P*** den Auftrag zur Errichtung eines Übergabs- und Schenkungsvertrages samt Pflichtteilsverzicht. Der beim Notar Dr. Wolfgang P*** als Notariatskandidat tätige Dr. E*** verfaßte in weiterer Folge aufgrund der von Adelheid H*** erteilten Informationen sowie des Teilungsplanes des Dipl.Ing. K*** vom 26. Februar 1976, GZ 218/76-B, und des Bescheides des Vermessungsamtes Klagenfurt vom 26. April 1979 einen Vertragsentwurf. Mit den Streitteilen und Waltraud E*** hat Dr. E*** vor Abfassung des Vertragsentwurfes über dessen Inhalt nicht gesprochen.

Adelheid H*** übermittelte in der Folge dem Kläger eine Ausfertigung des von Dr. E*** verfaßten Entwurfes des Übergabs- und Schenkungsvertrages samt Pflichtteilsverzicht, den dieser der Beklagten zur Stellungnahme übermittelte. Da bezüglich des Wasserbezuges in diesem Entwurf keine Regelung enthalten war, verlangte die Beklagte bei einer Vorsprache in der Notariatskanzlei Dr. Wolfgang P*** die vertragliche Festlegung, daß bei Wassermangel ihr Pensionsbetrieb bei der Wassernutzung bevorzugt werde. Hierauf wurde ein diesbezüglicher Zusatz in den Vertrag aufgenommen.

Vor Vertragsunterfertigung erhoben jedoch der Kläger und Waltraud E***, nachdem ihnen, der Beklagten und Adelheid H*** der aufgrund des Verlangens der Beklagten ergänzte Vertrag von Dr. E*** vorgelesen worden war, gegen eine bevorzugte Wassernutzung der Beklagten Einwendungen. Die Streitteile und Waltraud E*** trafen daraufhin bezüglich der Wassernutzung eine einvernehmliche Regelung, die im Vertrag im Punkt Viertens, dritter Absatz, festgehalten wurde.

Der Vertrag wurde, nachdem er neuerlich geschrieben worden war, dann von den Beteiligten unterfertigt. Die Vertragsteile haben über das Vorkaufsrecht an sich, darüber, wie die Ausübung des Vorkaufsrechtes gleichteilig zu erfolgen hätte, welche Personen zur engeren Familie zu zählen sind, ob die Ehegatten der Kinder ebenfalls zu dem begünstigten Personenkreis zu zählen seien, weder unter sich noch mit Dr. E*** etwas besprochen.

Der Kläger ist Vater zweier Söhne, die im Jahre 1981 23 und 18 Jahre alt und noch unverheiratet waren. Brigitte L***, die noch zwei jüngere Geschwister hat, ehelichte zu Beginn der 70er-Jahre den Nebenintervenienten. Aus dieser Ehe stammen drei Kinder. Die Beklagte ist Mutter von drei Kindern, die im Jahre 1981 25, 24 und 22 Jahre alt waren.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Vertrag sei gemäß § 914 ABGB auszulegen, weil die Streitteile weder untereinander noch mit ihrer Mutter oder dem Vertragsverfasser über das Vorkaufsrecht, über die gleichzeitige Ausübung desselben oder über den Umfang der engeren Familie etwas gesprochen hätten. Danach ergebe aber bereits eine wörtliche Auslegung des Vertragstextes, daß der zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenienten abgeschlossene Kaufvertrag nicht unter die Ausnahmebestimmung des Punktes Achtens falle, weil sich diese sprachlich eindeutig auf die Ehegatten der Vertragsteile und nicht auch auf die Ehegatten der Kinder der Vertragsteile beziehe. Der Vertragsabschluß habe daher als Vorkaufsfall das Vorkaufsrecht der Beklagten und der Waltraud E*** ausgelöst. Der Kläger habe der Beklagten kein gehöriges Einlösungsanbot gestellt, weil dieses die Zusatzerklärung enthalten habe, es bestehe gar kein Vorkaufsfall. Überdies hätte er zur Klärung des Umfanges des Vorkaufsrechtes das Einlösungsanbot an beide Vorkaufsberechtigte richten müssen, weil ansonsten die Beklagte, der angeboten worden sei, nicht hätte wissen können, wie sich ihre Schwester endgültig entscheiden werde. Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Es billigte auf der Grundlage der unbestritten gebliebenen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes dessen Rechtsansicht, der Nebenintervenient sei bereits bei wörtlicher Auslegung des Übergabs- und Schenkungsvertrages vom 29. Juli 1981 als Gatte einer Tochter eines anderen vertragsschließenden Teiles nicht mehr zur "engeren Familie" im Sinne der Ausnahmebestimmung des Punktes Achtens zu zählen. Desgleichen trat das Gericht zweiter Instanz den Rechtsausführungen des Erstgerichtes über die Unwirksamkeit des Einlösungsanbotes des Klägers bei. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers und des Nebenintervenienten aus dem Grunde des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer Stattgebung des Haupt- oder des Eventualbegehrens, hilfsweise auf Urteilsaufhebung.

Die Beklagte stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber wenden sich zunächst nach wie vor gegen die Auslegung des Punktes Achtens des Übergabs- und Schenkungsvertrages vom 29. Juli 1981 durch die Vorinstanzen, wonach der zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenienten geschlossene Kaufvertrag nicht unter die vertragliche Ausnahmsklausel fällt und daher einen Vorkaufsfall darstellt. Richtigerweise sei die Ausnahmebestimmung vielmehr dahin auszulegen, daß zwar das den Geschwistern eingeräumte Vorkaufsrecht die drei von ihrer Mutter als Übergeberin auslaufenden Stämme umschlinge, dies aber nicht nach Blutsverwandtschaft, sondern nach Familienzugehörigkeit. Der Nebenintervenient als Ehegatte einer Tochter einer der drei Übernehmer befinde sich innerhalb dieses durch das Vorkaufsrecht geschützten Kreises.

Daß demnach Punkt Achtens des Übergabs- und Schenkungsvertrages aus seinem Wortlaut heraus auslegungsbedürftig ist, weil die vertragsschließenden Parteien diese Vertragsbestimmung nach den Feststellungen in keiner Weise - insbesondere auch nicht dahin, welche Personen zur "engeren Familie" zu zählen seien - besprochen haben, wird auch von den Rechtsmittelwerbern nicht in Frage gestellt. Danach ist aber gemäß § 914 ABGB bei Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Ansicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Zunächst ist daher vom Wortsinn auszugehen. Der Ausleger darf jedoch dabei nicht stehen bleiben. Er muß vielmehr den Willen der Parteien erforschen, worunter die dem Erklärungsgegner erkennbare Absicht des Erklärenden bzw. - wie hier, wo der von einem Dritten verfaßte Vertragstext von sämtlichen Parteien unterschrieben wurde - bei Konsens der erklärte Inhalt des Vertrages zu verstehen ist (Koziol-Welser, Grundriß8, I, 87; Rummel in Rummel, ABGB Rdz 4 und 5 zu § 914; SZ 49/59; ZAS 1977/19; JBl 1982, 142; JBl 1986, 173; JBl 1988, 38 ua). Unter der Absicht der Parteien ist nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen, den jeder der vertragsschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muß. Läßt sich auf diese Weise kein eindeutiger Sinn ermitteln, so ist die Willensäußerung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Hiezu sind die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen (MietSlg 34.132/14; JBl 1988, 38 ua). Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, dann ergibt sich zunächst aus dem Einleitungssatz des Punktes Achtens die Festlegung der mit der wechselseitigen Einräumung des Vorkaufsrechtes unter den drei Geschwistern von den Vertragsparteien verfolgten Absicht. Dadurch sollte nämlich die im Wege des Übergabs- und Schenkungsvertrages vorgenommene Aufteilung der Liegenschaft EZ 6 KG Reifnitz "grundsätzlich den engeren Familien der Vertragsteile (hier offensichtlich gemeint: der drei übernehmenden Geschwister) erhalten bleiben". Allerdings wird an dieser Stelle nicht gesagt, welche Personen jeweils konkret zum Kreise der "engeren Familie" eines der übernehmenden Geschwister gehören sollen. Da der verwendete Begriff "engere Familie" in dieser Richtung auch nach der Sprachüblichkeit mehrdeutig ist, versagt hier jegliche Sinnermittlung nach der Übung des redlichen Verkehrs im Wege einer sogenannten "Erklärungssitte". Anhaltspunkte für dessen Auslegung können daher nur aus dem Schlußsatz der Vertragsklausel gewonnen werden, welcher die Ausnahmen vom Vorkaufsrecht festhält. Dabei fällt auf, daß die dort erstgenannte Ausnahme ("zwischen den Vertragsteilen..... abgeschlossene Verfügungen über die Übergabsobjekte") bereits dem eingangs postulierten Grundsatz widerspricht, weil im Falle des Verkaufes der von einem Geschwisterteil übernommenen Liegenschaft an einen der beiden anderen Geschwisterteile das von ihm übernommene Übergabsobjekt seiner eigenen Familie (im engeren oder weiteren Sinne) jedenfalls verlorengeht. Soll daher dem eingangs festgelegten Grundsatz der Erhaltung des durch den Übergabs- und Schenkungsvertrag geschaffenen Aufteilungsergebnisses im Rahmen der drei "engeren Familien" der Übernehmer nicht überhaupt jegliche Bedeutung abgesprochen werden, was sich schon deshalb verbietet, weil durch ihn unmißverständlich der Zweck des wechselseitig eingeräumten Vorkaufsrechtes zum Ausdruck gebracht wurde, dann muß eine entsprechende Sinnermittlung aus den beiden weiteren Ausnahmsfällen gewonnen werden. Als Abschlußpartner von Verfügungen über die Übergabsobjekte werden dort noch "ihre Kinder und Ehegatten" genannt. Schon aus der Tatsache, daß nur die drei Geschwister sich wechselseitig das Vorkaufsrecht eingeräumt haben, ergibt sich, daß nicht Rechtsgeschäfte gemeint sein können, die zwischen "ihren Kindern" und zwischen "Ehegatten" abgeschlossen werden, sondern nur solche, die zwischen den Vertragsteilen einerseits und "ihren Kindern und" (oder) "Ehegatten" andererseits geschlossen werden. Der eingangs niedergelegte Zweck der wechselseitigen Einräumung des Vorkaufsrechtes unter den übernehmenden Geschwistern, nämlich die Erhaltung des Aufteilungsergebnisses innerhalb der jeweiligen "engeren Familien" der drei übernehmenden Geschwister, erfordert daher im Gegensatz zur Meinung des Berufungsgerichtes schon eine Auslegung dahin, daß nur Veräußerungsgeschäfte zwischen einem der drei Übernehmer und seinen Kindern und (oder) Ehegatten vom Vorkaufsrecht ausgenommen sein sollen, nicht aber solche, die zwischen einem Übernehmer und den Kindern eines seiner beiden anderen Geschwister und (oder) Ehegatten abgeschlossen werden. Da der Kläger im vorliegenden Fall den Kaufvertrag nicht mit einem seiner Kinder oder dessen Ehegatten geschlossen hat, sondern mit dem Ehegatten der Tochter seiner Schwester Waltraud E***, muß auch nicht mehr geklärt werden, ob unter "und Ehegatten" nur die eigenen Ehegatten der übernehmenden Geschwister oder auch die Ehegatten der eigenen Kinder zu verstehen sind. Das der Klage zugrunde liegende Rechtsgeschäft zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenienten ist daher nach dem bereits im Wege einer einfachen Vertragsauslegung gemäß § 914 ABGB gewonnenen Ergebnis keinesfalls vom Vorkaufsrecht ausgenommen, sondern stellt vielmehr einen Vorkaufsfall dar. Aus diesem Grunde bedarf es auch nicht der von den Rechtsmittelwerbern angestrebten Heranziehung der Unklarheitenregeln des § 915 ABGB, weil diese erst dann einzugreifen haben, wenn die Ermittlung der (erklärten) Absicht der Parteien im Wege der Auslegung nach § 914 ABGB ohne eindeutiges Ergebnis geblieben wäre (Koziol-Welser, aaO, 89; Rummel aaO Rdz 1 zu § 915; JBl 1986, 264 ua). Der Text des Übergabs- und Schenkungsvertrages vom 29. Juli 1981 und insbesondere auch von dessen Punkt Achtens stellt die äußerlich übereinstimmende Willenserklärung der vertragsschließenden Parteien und damit deren Konsens (vgl. Koziol-Welser, aaO, 103) dar. Von einer Unwirksamkeit des Vertrages infolge Dissenses - wie es die Rechtsmittelwerber nunmehr meinen - kann schon deshalb keine Rede sein, weil keine abweichenden Willenserklärungen und damit keine "äußere Uneinigkeit" der Parteien vorliegt. Im übrigen kommt es in diesem Zusammenhang auch gar nicht darauf an, ob der Vertragstext den (von ihnen nicht zum Ausdruck gebrachten) subjektiven Vorstellungen der Parteien entspricht (Koziol-Welser, aaO, 104). Die Abweisung des vom Kläger gestellten Hauptbegehrens durch die Vorinstanzen erweist sich daher aus allen diesen Gründen als zutreffend.

Die Rechtsmittelwerber vertreten weiterhin auch noch den Rechtsstandpunkt, es hätte dem Eventualbegehren des Klägers Folge gegeben werden müssen, weil die Beklagte ihr Vorkaufsrecht trotz gehöriger Anbietung nicht rechtzeitig im Sinne des § 1075 ABGB "wirklich eingelöst" habe. Dabei übersehen sie jedoch, daß eine unzureichende Anbietung die Einlösungspflicht des Vorkaufsberechtigten gar nicht auszulösen vermag (Aicher in Rummel, ABGB Rdz 25 zu § 1072; Bydlinski in Klang2 IV/2, 785, 851). Das Anbot des Klägers an die Beklagte war aber im Sinne der Rechtsausführungen der Vorinstanzen einerseits widersprüchlich und andererseits unvollständig. Er vertrat nämlich darin einerseits den Standpunkt, der mit dem Nebenintervenienten abgeschlossene Kaufvertrag sei gar kein Vorkaufsfall, bot aber andererseits der Beklagten "vorsichtshalber" die Ausübung des Vorkaufsrechtes unter gleichzeitiger Übermittlung der Kaufvertragsurkunde an. Weiters informierte er die Beklagte davon, daß Waltraud E*** seine Rechtsansicht, es liege kein Vorkaufsfall vor, teile. Er hat aber seiner Schwester Waltraud E*** bisher die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht angeboten. Die Beklagte hatte daher im Sinne der zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes schon deshalb Anspruch auf Ergänzung bzw. Klarstellung des Einlösungsangebotes des Klägers, weil selbst für den Fall der - hier aber

strittigen - Annahme des Vorkaufsfalles für die Beklagte noch nicht absehbar war, in welchem Umfang sie ihr Vorkaufsrecht ausüben könne. Neben ihr ist ja auch ihre Schwester Waltraud E*** vorkaufsberechtigt, und zwar nach der maßgeblichen Vereinbarung "in Zweifel gleichteilig". Damit wurde aber gerade jene Zweifelsregel vertraglich vereinbart, die von Lehre und Rechtsprechung für den Fall entwickelt worden ist, daß das Vorkaufsrecht mehreren Berechtigten nicht auf bestimmte ideelle oder reale Teile der Sache eingeräumt wurde (Aicher aaO Rdz 5 zu § 1073; Bydlinski aaO 815; EvBl 1963/125). In einem solchen Fall bilden die Berechtigten nach Erfüllung durch den Verpflichteten eine Miteigentumsgemeinschaft. Der Verpflichtete hat sämtlichen Mitberechtigten die betroffene Sache zur Ausübung des gemeinsamen Vorkaufsrechtes anzubieten. Fällt einer der Berechtigten weg oder lehnt er die Ausübung des Vorkaufsrechtes ab, so wächst sein Anteil dem Mitberechtigten zu (Aicher aaO; Bydlinski aaO). Der Kläger wäre daher verpflichtet gewesen, die verkaufte Liegenschaft bzw. den verkauften Liegenschaftsanteil seinen beiden Schwestern zur Ausübung des gemeinsamen Vorkaufsrechtes anzubieten. Er hat dies aber jedenfalls unterlassen. Es liegt schon aus diesem Grunde keine gehörige Anbietung vor, so daß der Fristenlauf des § 1075 ABGB für die Beklagte nicht in Gang gesetzt werden konnte, und zwar ungeachtet dessen, daß sie durch Übermittlung des zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenienten geschlossenen Kaufvertrages eindeutige Kenntnis vom Kauf erlangt hatte (Aicher aaO Rdz 13 zu § 1075; Bydlinski aaO 850 f).

Soweit die Rechtsmittelwerber schließlich noch die dingliche Wirkung des Vorkaufsrechtes der Beklagten in Zweifel ziehen, weil dieses auch für ihre Rechtsnachfolger vertraglich eingeräumt worden ist, genügt ein Hinweis darauf, daß Vereinbarungen, die das Vorkaufsrecht entgegen der zwingenden Bestimmung des § 1074 ABGB (JBl 1987, 102) vererblich oder abtretbar machen wollen, insoweit unwirksam sind (Bydlinski aaO 837; MietSlg 32.146). Davon wird aber die Wirksamkeit des der Beklagten eingeräumten und zu ihren Gunsten auch verbücherten Vorkaufsrechtes nicht berührt.

Der Revision mußte aus allen diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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