OGH 6Ob738/87

OGH6Ob738/8714.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Architekt und Stadtbaumeister Ing. Franz C***, Bauunternehmung für Hoch-, Tief- und Stahlbetonbau KG, Jurekgasse 14, 1150 Wien, vertreten durch Dr. Winfried M***, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Walter G***, Pensionist, Karmarschgasse 70/18, 1100 Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Golla, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 867.717,16 S s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 14. September 1987, GZ 14 R 154/87-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 19. März 1987, GZ 10 Cg 308/84-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.985,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.525,95 Umsatzsteuer und S 1.200,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Eigentümer des Hauses in Wien 10., Triesterstraße 60. Da sich das Haus in schlechtem, sanierungsbedürftigem Bauzustand befand, beauftragte der Beklagte seinen Sohn Ing. Walter G*** jun., der von 1978 bis 1985 Angestellter der klagenden Partei war, bei dessen Dienstgeberin einen Kostenvoranschlag zwecks Durchführung der erforderlichen Arbeiten einzuholen. Dieser von Ing. Walter G*** jun. und einem weiteren Mitarbeiter der klagenden Partei für diese ausgearbeitete Kostenvoranschlag wurde von ihr in mehrfacher Ausfertigung dem Beklagten übermittelt, der ihn an seine Hausverwalterin weiterleitete, weil er die Einleitung eines Verfahrens nach § 7 MG beabsichtigte.

Als Projektleiter der klagenden Partei für die Arbeiten am Haus des Beklagten war dessen Sohn bestimmt, dem zu diesem Zweck von der klagenden Partei Verhandlungs- und Vertretungsbefugnis eingeräumt war. In der Folge erteilte der Beklagte der durch seinen Sohn vertretenen klagenden Partei mündlich den Auftrag zur Durchführung der Sanierungsarbeiten auf Grund des Kostenvoranschlages. Von der Auftragserteilung setzte Ing. Walter G*** jun. den Prokuristen der klagenden Partei Ing. Norbert C***, in Kenntnis und fertigte danach auf einem vom Beklagten blanko gefertigten Blatt Papier das mit 15.1.1982 datierte Auftragsschreiben (Beilage L) aus, das nachstehenden Wortlaut aufweist:

"Ich beauftrage Sie hiermit als Generalunternehmer die Baumeisterarbeiten (§ -7) in obigem Hause durchzuführen."

Mit Bescheid der Magistratsabteilung 37 vom 20.4.1982 wurde dem Beklagten der Auftrag erteilt, die schadhaften Rauchfänge des Hauses instandzusetzen. Auch ein Kanalgebrechen im Hause mußte behoben werden. Auch mit diesen Reparaturarbeiten beauftragte der Beklagte die klagende Partei. In der Folge wurden die in Auftrag gegebenen Arbeiten am Hause des Beklagten von der klagenden Partei durchgeführt sowie ordnungsgemäß und mängelfrei abgeschlossen; als Bauleiter fungierte Ing. Walter G*** jun. Der Beklagte hat keine Mängelrüge erhoben. Die Arbeiten am Kanal wurden im November 1982, jene am Kamin im Dezember 1982 und die übrigen Arbeiten im April 1983 vollendet. In der Folge legte die klagende Partei dem Beklagten Rechnung, und zwar über die Arbeiten am Kanal am 14.4.1983 in Betrag von S 25.595,99 (davon S 3.965,49 Umsatzsteuer), über die Reparatur der Kamine am 30.4.1983 im Betrag von S 113.339,-- (einschließlich S 17.289,-- Umsatzsteuer) und über die sonstigen Arbeiten am 7.12.1983 im Betrag von S 1,418.532,10 (inklusive S 216.386,26 Umsatzsteuer). Diese Rechnungen erstellte Ing. Walter G*** jun. anhand der Kostenvoranschläge und der vom Beklagten erteilten Zusatzaufträge; die zwar in den Kostenvoranschlägen enthaltenen, dann aber doch nicht ausgeführten Arbeiten sind auch in die Rechnungen nicht aufgenommen worden. Der Beklagte hat am 11.2.1982 S 30.000,--, am 28.1.1982 S 40.000,--, am 27.4.1982 S 50.000,--, am 11.5.1982 S 20.000,--, am 18.5.1982 S 60.000,--, am 26.7.1982 S 295.150,--, am 10.8.1982 S 185.000,-- und am 17.10.1984 S 30.000,--, somit insgesamt S 710.150,-- bezahlt, wovon allerdings ein Betrag von S 20.000,-- an einen von der klagenden Partei herangezogenen Subunternehmer, dessen Entgeltanspruch in deren Rechnungen nicht enthalten war, weiterzuleiten war und auch weitergeleitet wurde. Der klagenden Partei sind demnach nur Zahlungen von S 690.150,-- zugute gekommen.

Die klagende Partei begehrte zuletzt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 867.717,16 als restliches Entgelt für die im Auftrag des Beklagten durchgeführten Arbeiten an dessen Haus in Wien-Favoriten.

Der Beklagte wendete ein, der Auftrag sei der klagenden Partei unter Hinweis auf ein "§ 7-Verfahren" erteilt worden. Vereinbarungsgemäß hätte die Zahlung nur nach Maßgabe des bewilligten Zinsvielfachen und aus Mitteln des danach aufzunehmenden Darlehens geleistet werden sollen. Außerdem hätte die Umsatzsteuer nur nach Maßgabe der Umsatzsteuerrückvergütung im Wege des Vorsteuerabzugs vom Beklagten bezahlt werden sollen. Im übrigen habe die klagende Partei im Zuge ihrer Arbeiten am Hause Schäden von S 291.660,-- verursacht. Die Forderung auf Ersatz dieser Schäden werde zur Aufrechnung eingewendet.

Das Erstgericht sprach aus, daß die eingeklagte Forderung mit S 897.717,09 (richtig: S 867.717,09) zu Recht und die eingewendete Gegenforderung zur Gänze nicht zu Recht bestehe, und gab dem Klagebegehren mit S 897.717,09 (richtig: S 867.717,09) statt und wies das Mehrbegehren von 0,07 S ab. Es stellte fest, zwischen den Streitteilen seien Vereinbarungen, daß Zahlungen des Beklagten erst nach Überprüfung der Arbeiten durch die Magistratsabteilung 25 und nur nach Maßgabe der Zuzählung eines Reparaturdarlehens erfolgen sollten sowie die im Rechnungsbetrag enthaltene Umsatzsteuer erst vom Beklagten als Vorsteuer geltend gemacht und erst nach Überweisung durch das Finanzamt der klagenden Partei abgeführt werden sollte, niemals getroffen worden. Es habe ferner nicht festgestellt werden können, daß das Dach des Hauses des Beklagten von seiten der klagenden Partei im Zuge der in Auftrag gegebenen Reparaturarbeiten am Kamin beschädigt worden sei und dem Beklagten deshalb Instandsetzungskosten von S 243.050,-- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer erwachsen seien.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß auch die Kenntnis der klagenden Partei von einem Verfahren nach § 7 MG an der Zahlungspflicht des Beklagten nichts ändere. Die in den Einwendungen behaupteten Vereinbarungen seien zwischen den Streitteilen nicht getroffen worden.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil mit der Maßgabe, daß die eingeklagte Forderung mit S 867.717,09 zu Recht bestehe und daher dem Klagebegehren mit diesem Betrag stattgegeben werde. Hiezu führte es aus, es ergebe sich schon aus den Entscheidungsgründen des Erstgerichtes deutlich, daß der vom Beklagten geschuldigte Betrag mit S 867.717,09 zu errechnen sei, so daß das Urteil in diesem Umfang zu berichtigen gewesen sei. Im übrigen übernahm das Gericht zweiter Instanz die erstgerichtlichen Feststellungen und legte zur Rechtsrüge dar, derjenige der ein Bauunternehmen im Zusammenhang mit Zinserhöhungsverfahren wiederholt darauf abgestellte detaillierte Aufträge erteilt habe, dürfe gegebenenfalls darauf vertrauen, daß einem in der Folge bloß unter dem Hinweis auf ein "§ 7-Verfahren" erteilten Bauauftrag der dem Inhalt früherer Verträge gleicher Art entsprechende Erklärungswert beigemessen werde. Nur dann könne von einem redlichen Erklärungsempfänger jenes Verständnis erwartet werden, das für das Erfassen des vom Vertragspartner gewollten, nur mit einer Kurzbezeichnung angedeuteten Vertragsinhaltes erforderlich sei. Zur Dartuung einer allgemein gültigen Übung im redlichen Verkehr könne sich der Beklagte aber nicht darauf berufen, daß Hausverwalter von ihnen beschäftigten Bauunternehmen Aufträge unter Verwendung einer Kurzbezeichnung erteilten, die aufgrund der vorausgegangenen Geschäftsbeziehung nur in einem bestimmten, schon früher ausformulierten Sinne verstanden werden könnten. Auch nach allgemeinem Sprachgebrauch sei der Hinweis auf ein "§ 7-Verfahren" zu unbestimmt, um daraus die vom Beklagten behaupteten Zahlungsvereinbarungen ableiten zu können.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten gegen dieses Urteil erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Die von ihm behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In der Rechtsrüge wiederholt der Beklagte seine schon in seiner Berufung vorgetragene Behauptung, dem seinem schriftlichen Auftrag an die klagende Partei beigefügten Hinweis: "(§-7)" sei nach Treu und Glauben und nach der Übung des redlichen Verkehrs ein seinem Vorbringen, daß von ihm Zahlung nur nach Maßgabe des aufgrund des bewilligten Zinsvielfachen zugezählten Darlehens zu leisten gewesen sei, entsprechender Erklärungswert beizumessen.

Der Beklagte übersieht dabei jedoch, daß die Vorinstanzen ausdrücklich festgestellt haben, daß zwischen den Streitteilen eine solche Vereinbarung niemals zustandegekommen ist. Diese im Verfahren dritter Instanz nicht mehr überprüfbare Tatsachenfeststellung steht der von ihm angestrebten Beurteilung des Bauauftrages vom 15.1.1982 (Beilage L) als Vereinbarung einer nach Maßgabe der Zuzählung eines Reparaturdarlehens beschränkten Zahlungspflicht entgegen. Im übrigen kommt dem Hinweis auf "§ 7" (zu ergänzen: MG) keineswegs der vom Beklagten behauptete Erklärungswert zu. Er kann vielmehr von dem allein maßgeblichen Empfängerhorizont aus nur als deskriptiver Zusatz in dem Sinne verstanden werden, daß die in Auftrag gegebenen Arbeiten zum Gegenstand einer Antragstellung nach § 7 MG gemacht werden sollen. Daß aber damit die Fälligkeit des Werklohnanspruches des beauftragten Bauunternehmens hinausgeschoben oder dessen Entgeltanspruch gar auf die Höhe des durch das behördlich bewilligte Zinsvielfache gedeckten Instandsetzungsdarlehens beschränkt werden sollte, kann diesem Hinweis weder nach Treu und Glauben noch nach der Übung des redlichen Verkehrs entnommen werden. Soweit der Beklagte zur Dartuung der von ihm angestrebten Auslegung des Klammerausdruckes im Bauauftrag erstmals im Rechtsmittelverfahren Behauptungen über bestimmte im Raum Wien bestehende Übungen im Zusammenhang mit den Hauseigentümern Bauunternehmen erteilten Aufträgen sowie über den Tätigkeitsbereich der klagenden Partei aufstellt, genügt der Hinweis auf das Neuerungsverbot.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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