Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind gleich weiteren Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Der Beklagte schloß am 2.12.1976 mit dem Land Tirol einen Bestandvertrag über Grundstücke zum Zweck des Kies- und Schotterabbaues. Mit Vereinbarung vom 20.2.1980 übertrug der Beklagte seine Rechte aus dem Vertrag der damals als in Gründung befindlich bezeichneten Firma "T*** Gesellschaft mbH & Co KG, Imst". Der Gesellschaftsvertrag über die Gründung dieser Firma sieht als Gegenstand des Unternehmens die Gewinnung bzw Aufbereitung von Kies- und kiesähnlichen Produkten, den Handel mit Kies und kiesähnlichen Produkten, die Erzeugung von und den Handel mit Beton, Betonfertigteilen und anderen Baustoffen sowie die Ausführung von Transporten und Erdbewegungen vor. Der Beginn der Gesellschaft war vertraglich mit 1.3.1980 vorgesehen. Die Firma "T*** Gesellschaft mbH", die Komplementärin der klagenden Partei ist, wurde am 21.7.1980 im Handelsregister des Landes- als Handelsgerichtes Innsbruck eingetragen, nicht jedoch die klagende Partei. Nach Vornahme entsprechender Investitionen wie Verbesserung des Zufahrtweges, Errichtung einer Bauhütte und einer Transformatorenstation, Anschaffung einer neuen Kiesanlage und Waschanlage sowie diverser Förderbänder, wurden auf dem vom Beklagten gepachteten Areal Schotter und Kies abgebaut und an Interessenten verkauft. Das Interesse der Gesellschaft war grundsätzlich auf die spätere Erstellung eines Betonwerkes ausgerichtet, wozu geplant war, noch 1980 von der Firma "A*** W*** AG" einen Betonmischturm um circa 1 bis 2 Millionen Schilling anzukaufen. Fluß- und Auschotter stellen nämlich eine besonders gute Grundlage für die Herstellung von Beton dar. Durch die Veredelung von Kies zu Beton ist eine wesentlich höhere Gewinnspanne als beim Verkauf von Kies und Schotter zu erzielen. Zur Herstellung von Beton sind Kies als Grundprodukt und gewisse chemische Zusatzmittel, Wasser und Zement erforderlich. Zement und die chemischen Zusatzmaterialien hätten angekauft werden müssen. Ein Kubikmeter Beton setzt sich aus einer Zementmenge im Wert von ca 300 S und einer Kiesmenge im Wert von ca 240 S zusammen. Der Verkaufspreis für einen Kubikmeter Beton beträgt 1.000 S, sodaß sich der restliche Anteil von 460 S auf die sonstigen Kosten und die Gewinnspanne verteilt. Der im Gesellschaftsvertrag der klagenden Partei weiters angeführte Vertragszweck "Handel mit Baustoffen bzw Baustoffmaterialien" hätte eine völlig untergeordnete Rolle gespielt. Der Hauptzweck war auf die Herstellung von Beton und Betonfertigteilen und den Verkauf dieser Produkte gerichtet. Die im Gesellschaftsvertrag ebenfalls angeführte Ausführung von Transporten und Erdbewegungen sollte lediglich eigene Produkte umfassen. Nachdem die Autobahntrassenführung und die damit verbundene Gefahr der Enteignung des gepachteten Areals bekannt geworden waren, wurde vom Ankauf des Betonmischturms Abstand genommen, es wurden also lediglich der Abbau und der Verkauf von Kies betrieben. Die klagende Partei begehrte die Bezahlung eines Betrages von S 966.036,66 samt Zinsen mit der Begründung, der Beklagte habe bei Abschluß der Vereinbarung vom 20.2.1980 verschwiegen, daß im Bereich der Pachtgrundstücke eine Autobahntrasse geplant gewesen sei. Im Zuge der Enteignung habe der Beklagte eine Entschädigung von S 1,545.770 erhalten, die vertragsgemäß der klagenden Partei zustehe. Davon habe ihr der Beklagte vertragswidrig den eingeklagten Betrag vorenthalten.
Der Beklagte wendete unter anderem mangelnde Parteifähigkeit der klagenden Partei ein, da diese nie in das Handelsregister eingetragen worden sei und nie ein natürliches Handelsgewerbe nach § 1 HGB betrieben habe.
Das Erstgericht hob das gesamte Verfahren als nichtig auf, wies die Klage zurück und hob die Kosten des Verfahrens gegenseitig auf. Es führte aus, eine nicht in das Handelsregister eingetragene Kommanditgesellschaft entfalte ihre Wirkung nach außen nur dann, wenn der Betrieb eines Vollhandelsgewerbes nach § 1 Abs 2 HGB tatsächlich aufgenommen worden sei. Da die klagende Partei lediglich eine Urproduktion von Schotter und Kies betrieben habe, komme ihr mangels eines abgeleiteten Eigentumserwerbes an den zur gewerblichen Veräußerung bestimmten Sachen nicht die angeführte Kaufmannseigenschaft zu. Auch der Betrieb eines Betonwerkes hätte nicht die Vollkaufmannseigenschaft begründet, weil dabei der Kiesabbau als charakteristisches Element zu sehen gewesen wäre, die Anschaffung der übrigen Zusatzmaterialien wäre lediglich als Erwerb von Hilfsstoffen für die Verarbeitung der Schotter- und Kiesprodukte zu Beton aufzufassen. Der ebenfalls vorgesehene Handel mit Baustoffmaterialien hätte nur eine völlig untergeordnete Bedeutung gehabt, sodaß auch daraus keine Kaufmannseigenschaft nach § 1 Abs 2 HGB abzuleiten sei. Die klagende Partei sei als Kommanditgesellschaft somit lediglich im Stadium einer Vorgesellschaft geblieben und nicht parteifähig.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, nach der auch für die Kommanditgesellschaft anzuwendenden (§ 161 Abs 1 HGB) Bestimmung des § 123 Abs 2 HGB trete die Wirksamkeit der Gesellschaft gegenüber Dritten mit dem Zeitpunkt des Geschäftsbeginnes ein, soweit ein Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 HGB im Vollkaufmannsumfang betrieben werde und zwar unabhängig von der Eintragung ins Handelsregister. Die Gesellschaft sei in diesem Fall auch partei- und prozeßfähig. Der Begriff des Geschäftsbeginnes sei weit zu interpretieren, auch bloße Vorbereitungsgeschäfte wie die Miete eines Geschäftslokales, der Abschluß eines Anstellungsvertrages, reichten aus. Auf den tatsächlich ausgeübten Geschäftsumfang komme es daher so lange nicht an, als die Absicht bestanden habe, den Betrieb im Sinne des im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Umfanges auszubauen. Im vorliegenden Fall stehe fest, daß die klagende Partei die Kies- und Schottergrube auch und sogar in erster Linie zur Herstellung und zum Verkauf von Fertigbeton benötigt hätte, wäre der Betrieb nicht durch die Enteignung im Zuge des Autobahnbaues hinfällig geworden. Bei der Prüfung der Frage, "ob die klagende Partei ein Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs 2 HGB betreiben sollte", sei daher nicht auf die Gewinnung und den Verkauf von Kies und Schotter abzustellen, sondern darauf, ob die Herstellung und der Verkauf von Fertigbeton dem Begriff der Anschaffung und Weiterveräußerung von beweglichen Sachen, allenfalls nach einer Bearbeitung oder Verarbeitung, entspreche (§ 1 Abs 2 Z 1 HGB). Es sei richtig, daß der originäre Eigentumserwerb aus einer Urproduktion nach allgemeiner Auffassung auch dann nicht die Kaufmannseigenschaft nach § 1 Abs 2 Z 1 HGB begründe, wenn eine Verarbeitung des gewonnenen Grundstoffes erfolge, so etwa bei der Herstellung von Ziegeln aus selbstgewonnenem Lehm. Bei einem Betonwerk lägen die Verhältnisse aber anders als bei einer Ziegelei, in der im wesentlichen ein einziger Grundstoff, nämlich Lehm, verarbeitet werde, während Beton nicht nur aus durch Urproduktion gewonnenem Schotter, sondern durch Zugabe von Zement und chemischen Zusatzmitteln hergestellt werde. Dabei übersteige allein der Wert des beigemengten Zements jenen des Schotters. Da die klagende Partei sowohl den Zement als auch die chemischen Zusatzstoffe nicht in Urproduktion herstellen, sondern zukaufen habe wollen, könne nicht gesagt werden, daß die von ihr zur Weiterveräußerung erzeugten Waren nicht durch die Verarbeitung von durch einen abgeleiteten Erwerb angeschafften Stoffen hergestellt worden wären. Daß ein Teil der dafür benötigten Stoffe aus einer Urproduktion hätte stammen sollen, trete demgegenüber in den Hintergrund. Die klagende Partei habe daher durch die (auch) mit dem Beklagten abgeschlossenen Verträge und durch die mit erheblichen Investitionen verbundene Adaptierung der Kies- und Schottergrube zum Zweck der Errichtung einer Betonmischanlage das Geschäft eines Handelsgewerbes nach § 1 Abs 2 Z 1 HGB im Vollkaufmannsumfang begonnen und sei deswegen jedenfalls vor Einbringung der vorliegenden Klage als Kommanditgesellschaft existent geworden und als solche partei- und prozeßfähig.
Der Beklagte bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Rekurs und beantragt die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes.
Die klagende Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Eine Kommanditgesellschaft entsteht schon vor der Eintragung ins Handelsregister mit dem Beginn des Geschäftsbetriebes unter gemeinsamer Firma der Gesellschafter, wenn der Gegenstand des Geschäftsbetriebes ein natürliches Handelsgewerbe im Vollkaufmannsumfang ist (EvBl 1976/271; SZ 53/64 ua). Die klagende Partei hatte die Absicht, aus dem von ihr selbst gewonnenen Schotter sowie aus gekauftem Zement und gekauften Chemikalien Beton zu erzeugen und diesen zu verkaufen. Zement kann bei der Betonherstellung keinesfalls als Hilfsstoff angesehen werden. Wenn auch der verwendete Kies, was Gewicht und Volumen anlangt, im Vordergrund steht, ist zu berücksichtigen, daß der Wert des Kieses geringer ist als der des für die Betonerzeugung benötigten Zements. Dem anzuschaffenden Zement kommt daher keinesfalls nur untergeordnete Bedeutung zu. Aus diesem Grunde ist eine derartige Tätigkeit als Ausübung eines Handelsgewerbes im Sinne des § 1 Abs 2 Z 1 HGB anzusehen. Die klagende Partei hat zwar noch keinen Beton erzeugt und weiterveräußert, sie hat aber Vorbereitungsgeschäfte geschlossen, die als Geschäftsbeginn im Sinne des § 123 HGB anzusehen sind (Koppensteiner in Straube, HGB, Rz 15 zu § 123 mwN). Die Kommanditgesellschaft wurde daher auch ohne Eintragung Dritten gegenüber wirksam (vgl Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft4, 44).
Die Absicht, Beton zu erzeugen, mußte die klagende Partei wegen des Autobahnbaues und der Enteignung allerdings aufgeben. Sie beschäftigt sich nur mit der Gewinnung und dem Verkauf von Schotter, betreibt also kein natürliches Handelsgewerbe. Dennoch bleibt die durch die Aufnahme ihres Geschäftsbetriebes erworbene Parteifähigkeit als Kommanditgesellschaft solange aufrecht, als dieser kaufmännische Geschäftsbetrieb nicht voll beendet ist. Das gilt jedenfalls solange, als noch Aktivansprüche der Gesellschaft aus diesem kaufmännischen Geschäftsbetrieb verfolgt werden. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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