OGH 6Ob723/89

OGH6Ob723/8921.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Andreas K***, technischer Angestellter, Höpflergasse 6/22/1/3, 1230 Wien, vertreten durch Dr. Raimund Hora, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Helga K***, Verkäuferin, Gregorygasse 35-45/18/9, 1235 Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 31.August 1989, GZ 47 R 511/89-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 30.Juni 1989, GZ 1 F 7/89-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Ehe der Parteien wurde vom Landesgericht für ZRS Wien mit Urteil vom 8.Jänner 1988 aus dem überwiegenden Verschulden des Antragstellers geschieden. Dieses Urteil erwuchs im Ausspruch über die Scheidung am 25.April 1988 in Rechtskraft. Dagegen focht der Antragsteller den Ausspruch über das Verschulden und die Prozeßkosten an, blieb jedoch sowohl mit der Berufung als auch der Revision erfolglos.

Am 15.Juni 1989 beantragte er eine Ausgleichszahlung von S 100.000 als Abgeltung seiner nachehelichen Aufteilungsansprüche. Diesen Antrag wies das Erstgericht mit der Begründung ab, daß der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens gemäß § 95 EheG erlösche, wenn er nicht innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung gerichtlich geltend gemacht werde. Diese Frist werde schon mit Eintritt der Rechtskraft des Ausspruches über die Scheidung in Lauf gesetzt. Der Antragsteller habe den Aufteilungsantrag erst nach Ablauf der Frist gestellt, weshalb der Antrag abzuweisen sei, weil es sich dabei um eine materiellrechtliche Fallfrist handle.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß aus den gleichen Erwägungen, ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu und führte zum Vorbringen, daß die Frist verfassungsrechtlichen Bedenken begegne, aus, derartige Ausschlußfristen seien auch in anderen Rechtsbereichen vorgesehen. Weshalb durch solche Befristungen in das Grundrecht des Eigentums eingegriffen werde, sei unerfindlich.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsteller gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiellrechtliche Fallfrist, deren Nichtbeachtung zum Anspruchsverlust führt, sodaß verspätet gestellte Anträge abzuweisen sind (SZ 55/163 und 192; SZ 54/166 ua). Die Frist wird, wenn die Ehe durch Teilurteil aufgelöst und die Verschuldensfrage dem Endurteil vorbehalten wird, bereits mit Eintritt der Rechtskraft des Teilurteiles im Scheidungsausspruch in Lauf gesetzt (SZ 55/26 und 34 ua). Gleiches muß auch dann gelten, wenn das erstinstanzliche Urteil mangels Anfechtung des Anspruches über die Scheidung in diesem Umfang in Rechtskraft erwächst. Da der Antragsteller in seinem Revisionsrekurs den Zeitpunkt, in welchem der Scheidungsausspruch in Rechtskraft erwachsen ist, gar nicht in Abrede stellt, haben die Vorinstanzen den Antrag zu Recht abgewiesen, weil die einjährige Antragsfrist bei der Antragstellung bereits abgelaufen war. Soweit der Antragsteller gegen diese Auffassung ins Treffen führt, der Außerstreitrichter sei bei dieser Verfahrenslage außerstande auch das Verschulden an der Scheidung angemessen zu berücksichtigen, ist ihm entgegenzuhalten, daß dem Verschulden an der Ehescheidung an sich im Aufteilungsverfahren untergeordnete Bedeutung zukommt (SZ 55/26 ua). Im übrigen kann der Außerstreitrichter diese Frage aber auch entweder selbst beurteilen oder den Ausgang des über die Verschuldensfrage noch anhängigen Rechtsstreites abwarten (SZ 55/34 ua).

Der Antragsteller wiederholt auch in dritter Instanz seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Befristung des Anspruchs durch die Bestimmung des § 95 EheG. Er erblickt darin, daß der Außerstreitrichter bei der Vermögensaufteilung, wenn die Antragsfrist schon von einem Zeitpunkt vor der Entscheidung über die Verschuldensfrage zu laufen beginne, das Verschulden an der Ehescheidung möglicherweise nicht berücksichtigen könne, einen verfassungsrechtlich bedenklichen, weil sachlich nicht gerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht des Eigentums. Dabei übersieht er jedoch, daß die verfassungsrechtlichen Vorschriften über den Eigentumsschutz (Art 1 1. ZProtMRK und Art 5 StGG) einen Gesetzesvorbehalt vorsehen. Dadurch bleibt der Gesetzgeber bei Anordnung von Enteignungen oder Eigentumsbeschränkungen nur an den Wesenskern dieses Grundrechtes gebunden (Walter-Mayer, Grundriß des Bundesverfassungsrechtes6, Rz 1372 mwN). Daß die Befristung der Antragstellung durch § 95 EheG den Wesenskern des Grundrechtes, das von der Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofes auch auf das bloße Vermögen (vgl die Nachweise bei Walter-Mayer, aaO, Rz 1370) ausgedehnt wird, nicht betrifft, ergibt sich schon daraus, daß es dem Antragsteller unbenommen bleibt, in einem rechtzeitig gestellten Antrag auch Vorbringen zur Verschuldensfrage zu erstatten. Die Befristung des Aufteilungsanspruches begegnet schon deshalb keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil sie weder den Inhalt des Anspruches auf nacheheliche Vermögensaufteilung noch dessen Rechtsverfolgung unzumutbar einengt oder erschwert. Im übrigen hätte der Antragsteller seinen Antrag der Sachlage zufolge auch erst nach rechtskräftiger Beendigung des Scheidungsstreites aber noch innerhalb offener Frist, stellen können.

Dem Revisionsrekurs war deshalb ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Da dem Antragsteller keinerlei Erfolg beschieden war, entspricht es - wie schon in zweiter Instanz - der Billigkeit, daß er auch die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen hat.

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