OGH 6Ob698/90 (6Ob699/90)

OGH6Ob698/90 (6Ob699/90)10.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in den verbundenen Rechtsstreiten 1. der klagenden Partei Fritz *****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr.Peter Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wider die Landeshauptstadt *****, vertreten durch Dr.Gottfried Eypeltauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen 66.549,60 S samt Nebenforderungen, und 2. der klagenden Partei Johann *****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr.Peter Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wider die Landeshauptstadt *****, vertreten durch Dr.Gottfried Eypeltauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen 72.103,20 S samt Nebenforderungen, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 7.September 1990, GZ 5 R 53, 54/90 (ON 15), womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11.Januar 1990, GZ 2 Cg 129/89-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen wird nicht stattgegeben.

Die Kläger sind schuldig, der Beklagten die mit insgesamt 7.468,56 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 1.244,76 S), und zwar Fritz ***** zu 48 %, also im Teilbetrag von 3.584,90 S, und Johann ***** zu 52 %, also im Teilbetrag von 3.883,66 S, binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist eine Stadtgemeinde. Sie hat als Liegenschaftseigentümerin jedem der beiden Kläger an einem ihrer Grundstücke ein Baurecht nach dem Baurechtsgesetz eingeräumt. Nach den vertraglichen Regelungen gemäß § 4 Satz 1 der Baurechtsverträge soll dem Baurechtsnehmer jeweils an dem mit dem Baurecht belasteten Grundstück "die Stellung eines Grundeigentümers" zustehen, soweit nicht im Vertrag selbst etwas anderes vereinbart wurde. (Dazu korrespondiert die Regelung im § 8 Punkt 2 des Baurechtsvertrages, nach der der Baurechtsnehmer für alle aus dem Grundstück entspringenden Schäden wie ein Grundeigentümer haften und daher verpflichtet sein soll, die Liegenschaftseigentümerin aus allen diesbezüglichen Ansprüchen dritter Personen schad- und klaglos zu halten.) Nach § 4 Satz 2 der Baurechtsverträge hat der Baurechtsnehmer jeweils alle auf die mit dem Baurecht belasteten Liegenschaft "entfallenden öffentlichen Abgaben, Steuern und Gebühren ... wie ein Grundeigentümer zu bezahlen". (Dem entspricht die Vertragsregelung im § 7 der Baurechtsverträge, derzufolge der Baurechtsnehmer die erforderliche Aufschließung mit Strom, Telefon, Wasser und Kanalanschluß ohne Anspruch auf Rückersatz auf seine Kosten durchzuführen und die damit zusammenhängenden Gebühren und Beiträge endgültig zu tragen habe.) Die zeitliche Dauer des Baurechtes wurde nach § 2 der Baurechtsverträge mit 80 Jahren vereinbart.

Für den Bereich, in dem die mit den Baurechten der Kläger belasteten Grundstücke liegen, galt vom Mai 1961 bis Juni 1986 ein Teilbebauungsplan, in dem zwar die Breite der Straße, an die die Grundstücke anrainen, mit 18,5 m ausgewiesen war, ohne daß dabei aber die Fahrbahnbreite und die Gehsteigbreite festgesetzt gewesen wären. Eine solche Abfassung der Bebauungspläne entsprach der Übung bei sämtlichen Teilbebauungsplänen der beklagten Stadtgemeinde.

Nach der für die Stadtgemeinde geltenden Bauordnung hatte die Gemeinde, die eine im Bebauungsplan ausgewiesene öffentliche Verkehrsfläche errichtet hatte, aus Anlaß der gesetzlich aufgezählten Bewilligungen einen Beitrag zu den Kosten der Fahrbahnherstellung vorzuschreiben. Die Höhe dieser Beiträge war unter anderem durch die "anrechenbare Breite der Fahrbahn" bestimmt, die als "Hälfte der im Bebauungsplan festgesetzten Fahrbahnbreite, höchstens jedoch sechs Meter" umschrieben war. Die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Anliegerbeiträge legte die Bauordnung dem "Eigentümer jener Grundflächen, für die die Bewilligung gemäß § 4 oder § 7 erteilt wird", auf.

Unter Berufung auf diese gesetzlichen Grundlagen verpflichtete die beklagte Partei als Bau- und Abgabenbehörde sich selbst in ihrer Eigenschaft als Grundeigentümerin mit Bescheiden vom 15. November 1983 zur Zahlung von Kostenbeiträgen zur Herstellung der Fahrbahn der die baurechtsbelasteten Grundstücke erschließenden Straße. Die "anrechenbare Fahrbahnbreite" wurde dabei - ohne jede weitere Sachverhaltsangabe - im gesetzlichen Höchstmaß von 6 m (offenbar irrtümlich: "lfm") als Berechnungsfaktor ausgewiesen.

Die Behörde ging dabei von der tatsächlichen Breite der hergestellten Fahrbahn (in einem 12 m übersteigenden Ausmaß) aus. Diese (einer analogen Anwendung der gesetzlichen Regelung für Beiträge zu den Kosten einer Gehsteigherstellung entsprechende) Gesetzesanwendung legte die Landesregierung als Aufsichts- und Vorstellungsbehörde noch in einem 1986 erlassenen Bescheid insofern zugrunde, als sie in einem Parallelfall mangels zahlenmäßiger Feststellung der Fahrbahnbreite in dem heranzuziehenden Bebauungsplan Feststellungen über die Breite der tatsächlich errichteten Fahrbahn als Berechnungsfaktor für erforderlich erklärte. Erst im Jahr 1987 vertrat die zuständige Bauoberbehörde in Abkehr von ihrer bis dahin geübten Verwaltungspraxis die Auffassung, daß es mangels einer im Bebauungsplan festgesetzten Breite der Fahrbahn unzulässig wäre, die Breite der tatsächlich errichteten Fahrbahn als Bemeesungsfaktor für den Fahrbahnherstellungskostenbeitrag eines Anliegers heranzuziehen.

Die beklagte Partei ließ als beitragspflichtige Liegenschaftseigentümerin die ihr am 13.Dezember 1983 zugestellten Beitragsfeststellungsbescheide vom 15.November 1983 in Rechtskraft erwachsen.

Das Prozeßgericht hielt dazu fest, es könne nicht festgestellt werden, daß die Kläger damals (das heißt vor Ablauf der Berufungsfrist) von den Bescheiden Kenntnis erhalten hätten.

Die beklagte Partei hat als Liegenschaftseigentümerin von den Klägerinnen aufgrund der mit ihnen abgeschlossenen Baurechtsverträge die Erstattung der bescheidmäßig vorgeschriebenen Fahrbahnerrichtungsbeiträge gefordert.

Der Kläger im führenden Verfahren (2 Cg 129/89) kam dieser Zahlungsaufforderung erst im Jahre 1985 (durch Zahlungen von 27.549,60 S am 18.März und von je 13.000 S am 12.April, 15.Mai und 13.Juni) nach; der Kläger im verbundenen Verfahren (2 Cg 130/89) zahlte der Beklagten bereits am 13.April 1984 den ihm weiterverrechneten Betrag von 72.103,20 S.

Die Baurechtsnehmer eines anderen Grundstückes bezahlten die ihnen von der Beklagten weiterverrechneten Beiträge nicht und wurden im Sommer 1986 auf deren Zahlung belangt. Im Zuge des Rechtsstreites wurde am 24.April 1987 der Leiter des Baurechtsamtes der beklagten Partei als Zeuge vernommen und sagte über die von der beklagten Partei geübte Verwaltungspraxis bei der behördlichen Vorschreibung der Beiträge zu den Fahrbahnherstellungskosten an die Anrainer bei - dem allgemein festzustellenden - Fehlen von metrischen Angaben über die Fahrbahnbreite in den Bebauungsplänen im Sinne einer Heranziehung der Breite der tatsächlich errichteten Fahrbahn aus. In jenem Rechtsstreit fällte der Oberste Gerichtshof das Revisionsurteil vom 27.September 1988 zu 4 Ob 528/88. In dieser Entscheidung vertrat das Revisionsgericht den Standpunkt, daß es nach der vertraglichen Regelung über die Erstattungspflichten der Baurechtsnehmer entscheidend wäre, ob diese, "wären sie Eigentümer der Baurechtsliegenschaften, den gegenständlichen Anliegerbetrag im Fall der Bekämpfung des Abgabenbescheides zu entrichten gehabt hätten", dies aber deshalb zu verneinen gewesen sei, weil nach richtiger Auslegung der entsprechenden Bestimmungen der Bauordnung es mangels einer im Bebauungsplan festgesetzten Fahrbahnbreite an einer gesetzlichen Grundlage für die Vorschreibung eines Kostenbeitrages an die Anlieger gefehlt habe.

Am 12.April 1989 brachten die beiden Kläger ihre Klagen auf Rückzahlung der von ihnen an die Beklagte geleisteten Zahlungen in Höhe der dieser bescheidmäßig vorgeschriebenen Beiträge zu den Kosten der Fahrbahnherstellung an.

Dazu führten die Kläger aus, die (bescheidmäßige) Vorschreibung der Anliegerbeiträge sei mangels Festsetzung einer Fahrbahnbreite im Bebauungsplan "rechtswidrig" gewesen. Die Beklagte hätte daher (als beitragspflichtige Liegenschaftseigentümerin) gegen die Bescheide "erfolgreich ein Rechtsmittel anbringen können und müssen". Die Rechtgswidrigkeit der Beitragsvorschreibungen sei erst durch die am 24.April 1987 abgelegte Zeugenaussage des Magistratsbeamten "offenkundig" geworden. Daraus abzuleitende Schadenersatzansprüche seien entgegen der Einwendung der Beklagten nicht verjährt, weil die Verjährungsfrist frühestens mit der Zeugenaussage vom 24.April 1987 zu laufen begonnen hätte. Im übrigen stützten die Kläger ihr Rückzahlungsbegehren im Sinne des § 1431 ABGB ausdrücklich auf die irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld.

Die Beklagte erhob zur Anspruchsableitung aus der (sorgfaltswidrigen) Unterlassung einer Anfechtung der Beitragsfestsetzungsbescheide vom 15.November 1983 ausdrücklich den Einwand der Verjährung und wendete im übrigen ein, daß die seinerzeitigen Vorschreibungen der ständigen Verwaltungspraxis entsprochen hätten, deren Rechtmäßigkeit zur Zeit der Bescheiderlassung und -zustellung nicht angezweifelt worden sei. In der der Beklagten von den Klägern vorgeworfenen Unterlassung einer Bekämpfung der Beitragsfestsetzungsbescheide sei keinesfalls ein Verschulden gelegen, weil die Unterwerfung unter die Gesetzesauslegung durch die Behörde vertretbar gewesen wäre, zumal das Abstellen auf die Breite der tatsächlich hergestellten Fahrbahn in analoger Anwendung zur diesbezüglich für die Beiträge zu den Gehsteigherstellungskosten bestehenden gesetzlichen Regelung auch von der Aufsichtsbehörde vertreten worden sei.

Das Prozeßgericht erster Instanz gab den Klagebegehren - von unbekämpft gebliebenen Teilabweisungen im Zinsenpunkt abgesehen - statt.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne vollständiger Klagsabweisung ab. Dazu sprach es (bei Streitgegenständen von 66.549,60 S und 72.103,20 S) aus, daß die ordentliche Revision jeweils zulässig sei.

Das Prozeßgericht erster Instanz folgerte in rechtlicher Beurteilung: Die Regelung in den Baurechtsverträgen, nach denen die Kläger als Baurechtsnehmer die auf "ihre" Liegenschaft entfallenden Abgaben wie ein Grundeigentümer zu tragen hätten, sei mangels ausdrücklicher Regelung des Falles einer zu Unrecht, aber rechtskräftig vorgeschriebenen Abgabe in ergänzender Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Parteiwillen so zu verstehen, daß die Baurechtsnehmer nur zu Recht vorgeschriebene öffentliche Abgaben zu tragen hätten, zumal den (erstattungspflichtigen) Baurechtsnehmern (im Verwaltungsverfahren über die Beitragsfestsetzung) keine Parteistellung zukäme. Die bescheidmäßige Vorschreibung der Beiträge zu den Fahrbahnherstellungskosten sei mangels eines heranziehbaren tauglichen Bemessungsfaktors "im Bebauungsplan festgesetzte Fahrbahnbreite" zu Unrecht erfolgt. Die Ersatzleistungen der Kläger an die Beklagte seien daher als irrtümliche Zahlungen einer Nichtschuld gemäß § 1431 ABGB rückforderbar. Die seinerzeitige Verwaltungspraxis und ein Verschulden der Beklagten (als Liegenschaftseigentümerin) seien unerheblich.

Demgegenüber verneinte das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine auf § 1431 ABGB gestützte Leistungskondiktion. Die Beitragspflicht sei durch die (zuständige) Behörde bescheidmäßig festgesetzt worden. Unabhängig von einer zureichenden gesetzlichen Deckung und von einer Parteistellung der Baurechtsnehmer im diesbezüglichen Verwwaltungsverfahren sei diese Beitragsfestsetzung bindend. Die Kläger hätten Zahlungen in Höhe der der Beklagten bescheidmäßig vorgeschriebenen Beiträge vorbehaltslos geleistet. Aus diesen vorbehaltslosen Zahlungen sei ohne jeden Zweifel zu schließen, daß die Kläger, wären ihnen die Beiträge als den Grundeigentümern vorgeschrieben worden, die entsprechenden Bescheide auch nicht bekämpft hätten, zumal ihnen nach ihrem eigenen Vorbringen (zum Verjährungseinwand) die Untauglichkeit der Bemessungsgrundlagen (fehlende Festsetzung der Fahrbahnbreite im Bebauungsplan) erst durch die am 24.April 1987 abgelegte Zeugenaussage bewußt geworden sei und sie die "zahlreichen anderen Gründe", aus denen sie die Beklagte im Fall rechtzeitiger Mitteilung vom Beitragsfestsetzungsbescheid zur Erhebung einer Berufung beauftragt hätten, mit dem Beweisanbot "wie bisher" nur völlig unbestimmt unter Beweis gestellt hätten.

In der bescheidmäßigen Beitragsvorschreibung und den aus der vorbehaltslosen Zahlung zu erschließenden Umständen (im Sinne eines hypothetischen Tatsachenverlaufes) liege der eine Rückforderung ausschließende, die Leistung rechtfertigende Rechtsgrund.

Die Unterlassung der Bekämpfung der Beitragsfestsetzungsbescheide sei nicht vertragswidrig gewesen. Die Baurechtsnehmer hätten unabhängig von der aus der Rechtskraft des Bescheides erfließenden (öffentlich-rechtlichen) Beitragsverpflichtung dem (privatrechtlichen) Erstattungsanspruch der Beklagten die entsprechenden Einwendungen entgegensetzen können (hätten aber "vorbehaltslos" bezahlt).

Die Kläger fechten das abändernde Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Z 2 und Z 4 ZPO mit einem auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteiles zielenden Abänderungsantrag und einen hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Die Beklagte erachtet die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs 1 ZPO als nicht erfüllt und beantragt daher die Zurückweisung der Revision. Im übrigen strebt sie die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs 1 ZPO liegt vor, weil einerseits die Regelung nach einer offensichtlich vielfach verwendeten Vertragsschablone auszulegen ist und andererseits die Voraussetzungen vertraglich bedungener Erstattungspflichten in einer allgemein gültigen konstruktiven Betrachtung zu beurteilen sind.

Die Revisionen sind aber nicht berechtigt:

Eine Vertragsbestimmung in einem Baurechtsvertrag nach dem Inhalt des § 4 der zwischen der Beklagten als Liegenschaftseigentümerin und den Klägern als Baubrechtigten (Baurechtsnehmern) geschlossenen Verträge ("Der Baurechtsnehmer hat bezüglich der ... Liegenschaft die Stellung eines Grundeigentümers ... Alle auf die Liegenschaft entfallenden öffentlichen Abgaben, Steuern und Gebühren hat der Baurechtsnehmer wie ein Grundeigentümer zu bezahlen.") ist vor dem Hintergrund des § 6 Abs 2 BauRG zu sehen. Nach dieser gesetzlichen Regelung stehen dem Bauberechtigten an dem Grundstück, soweit im Baurechtsvertrag nichts anderes bestimmt ist, die Rechte des Nutznießers zu. Als Verweisung auf die Rechtsbeziehungen zwischen Eigentümer und Fruchtnießer nach den § 511 ff ABGB verstanden (also einerseits nur hinsichtlich der Beziehungen der Vertragsparteien untereinander, andererseits aber nicht nur auf die Rechte des Bauberechtigten, sondern auch auf dessen Verpflichtungen, das heißt auf die gesamten wechselseitigen Rechtsbeziehungen der Vertragsteile), ist eine solche Bestimmung des Baurechtsvertrages als Klarstellung und Abänderung der gesetzlichen Normativregelung zu begreifen. Diese Regelung entfaltet keine unmittelbare Wirkung gegen Dritte, denen gegenüber die sachenrechtliche Rechtszuständigkeit nach der gesetzlichen Ordnung uneingeschränkt aufrecht bleibt. Die Regelung verbindet aber - ähnlich einem Treuhandvertrag - den Liegenschaftseigentümer, seine eigene Rechtsstellung so auszuüben, daß der Bauberechtigte auch hinsichtlich des Grundstückes zur Ausübung der Befugnisse eines (zeitlich beschränkten) Eigentümers soweit wie möglich instandgesetzt werde; andererseits verpflichtet die Regelung den Bauberechtigten zur Erstattung aller den Liegenschaftseigentümer als solchen - nach dem Innenverhältnis eben nur formell - treffenden Abgaben. Als Abgabenschuldner "auf fremde Rechnung" trifft nun den Liegenschaftseigentümer nach Treu und Glauben im Interesse des vertraglich ersatzpflichtigen Bauberechtigten die Obliegenheit, wie ein redlicher Verwalter Abgabenvorschreibungen zu prüfen, zu bekämpfen oder zu erfüllen und im Zweifelfall diesbezüglich die Ansicht des Ersatzpflichtigen einzuholen, wenn er den Erstattungsanspruch geltend machen will.

Es trifft daher zu, wenn die Beklagte geltend macht, sie habe gegenüber den Klägern keinesfalls rechtswidrig gehandelt, wenn sie es unterlassen habe, die bescheidmäßige Vorschreibung der Beiträge zu den Fahrbahnherstellungskosten zu bekämpfen. Das schließt aber nicht aus, daß die Beklagte eine Obliegenheit als Voraussetzung für die Geltendmachung ihrer vertraglichen Erstattungsansprüche gegen die Kläger verletzt haben kann.

In einem solchen Fall wäre kein wirksamer Erstattungsanspruch entstanden. Es gebräche an einer negativen Anspruchsvoraussetzung, nämlich, daß der erstattungsberechtigten Liegenschaftseigentümerin keine Obliegenheitsverletzung zur Last liegen dürfe.

Ein in Unkenntnis der Obliegenheitsverletzung - also der vollen Anspruchsvoraussetzungen - auf die vertragliche Erstattungspflicht erbrachte Zahlung unterläge grundsätzlich der Rückforderung nach § 1431 ABGB; Ausnahmen nach dem § 1432 oder § 1434 ABGB lägen nicht vor.

Die von den Klägern gerügte Unterlassung einer Bekämpfung der baubehördlichen Beitragsvorschreibungsbescheide sowie einer rechtzeitigen Rücksprache wegen einer solchen Berufung ist nach der dargestellten rechtlichen Konstruktion nicht unter dem Gesichtspunkt eines dem (jedenfalls vollwirksam entstandenen und erfüllbaren) Erstattungsanspruch entgegengesetzten Schadenersatzanspruches zu sehen, sondern unter dem Gesichtspunkt der Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch selbst.

Es handelt sich dabei nicht um einen Umstand objektiver Natur - wie etwa um den Eintritt oder Ausfall einer Zufallsbedingung - sondern um die Beobachtung oder Nichtbeobachtung eines die Schuldnerinteressen wahrenden Verhaltens durch den Gläubiger. Diese Eigenart der Obliegenheitsverletzung verleiht dem aus ihm abgeleiteten anspruchsverneinenden Umstand einen quasi-schadenersatzrechtlichen Charakter.

Diese quasi-schadenersatzrechtliche Eigenschaft prägt auch einen auf § 1431 ABGB gestützten Rückforderungsanspruch des Erstattungsschuldners, der geltend macht, nur aus Irrtum über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Obliegenheitsverletzung des Gläubigers geleistet zu haben. Im Falle der Leistungskondiktion nach § 1431 ABGB wird die Obliegenheitsverletzung, aus der dem Vertragspartner im Regelfall kein klagbarer Anspruch erwächst, sodaß auch keine besondere Verjährungsfrist normiert ist, zum anspruchsbegründenden Element und bestimmt aus diesem Grund auch die Verjährungsfrist für den Rückforderungsanspruch.

Die schadenersatzähnliche Natur der Einwirkung einer Obliegenheitsverletzung auf das Schuldverhältnis gebietet es, einen auf § 1431 ABGB gestützten Anspruch auf Rückforderung dessen, was der Schuldner nur in Unkenntnis einer dem Gläubiger zur Last liegenden anspruchsvernichtenden Obliegenheitsverletzung geleistet zu haben behauptet, in Analogie zu § 1489 ABGB der dreijährigen Verjährung zu unterwerfen. Tragendes Element der Rückforderung ist die anspruchsvernichtende Obliegenheitsverletzung. Diese sollte ebenso wie

eine - ersatzbegründende - Vertragsverletzung vor allem aus Beweisgründen beizeiten geklärt werden oder endgültig auf sich beruhen. Es ist nämlich ganz allgemein von dem Grundsatz auszugehen: Leistet der Schuldner nur aus Irrtum über eine negative Anspruchsvoraussetzung, deren Geltendmachung im Interesse des Gläubigers und der allgemeinen Rechtssicherheit einer Befristung unterworfen ist, ist eine solche Befristung der Anspruchsgeltendmachung auch im Falle eines auf § 1431 ABGB gestützten Rückforderungsanspruches umso mehr zu beachten, als die erfolgte Leistung eine Verstärkung des Anscheines der Rechtmäßigkeit des Anspruches bewirkte.

Die dreijährige Verjährungsfrist für die Rückforderung begann mit der Zahlung, die als Erstattung der dem Empfänger - angeblich zu Unrecht - vorgeschriebenen öffentlichen Abgaben geleistet wurde.

Eine behördliche Abgabenvorschreibung hat als Akt der Gesetzesvollziehung in einer den Abgabenvorschriften entsprechenden, nachprüfbaren Weise zu erfolgen. Ein Erstattungspflichtiger hat gegenüber dem ersatzberechtigten Abgabenschuldner einen Anspruch darauf, daß ihm dieser vor der eingefordeten Erstattung die Abgabenpflicht durch Vorlage der Abgabenvorschreibung belege. Begehrt er dies nicht und leistet er ohne Einsicht in einen Abgabenbescheid die von ihm begehrte Erstattung, dann muß er sich so behandeln lassen, als hätte er vom Inhalt der Abgabenvorschreibung volle Kenntnis gehabt. Unter dieser Hypothese wären aber alle Voraussetzungen vorgelegen, die nun zur Stützung der Rückforderungsklage geltend gemachten Obliegenheitsverletzungen der Abgabenschuldnerin geltend zu machen, da die Aussicht einer Anfechtung des Bescheides über die Abgabenfestsetzung nach dessen Inhalt und den in der Begründung herangezogenen allgemein zugänglichen Daten abschätzbar und damit ein diesbezügliches verfahrensrechtliches Verhalten des Abgabenschuldners beurteilbar gewesen wären.

Aus diesen Erwägungen unterliegen die auf Irrtum über die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung von Beiträgen zu den Kosten der Fahrbahnherstellung (und damit im Zusammenhang auf das Unterbleiben einer Vorweisung der Beitragsfestsetzungsbescheide an die Kläger vor Ablauf der Berufungsfrist und die Unterlassung einer Bekämpfung der Bescheide durch die Beklagte aus eigenem Antrieb) gestützten Rückforderungsansprüche der Kläger einer dreijährigen, ab bewirkter Erstattung laufenden Verjährungsfrist, die nach den in den Jahren 1984 und 1985 erfolgten Zahlungen im Zeitpunkt der erst im Jahre 1989 erhobenen Klagen bereits abgelaufen war.

Die Abweisung der Klagebegehren durch das Berufungsgericht erfolgte daher im Ergebnis zu Recht. Die geltend gemachten Mangelhaftigkeiten des Berufungsverfahrens betreffen nach der dargelegten rechtlichen Beurteilung keine entscheidungserheblichen Umstände.

Der von den Klägern erhobenen Revision war ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO sowie § 12 Abs 1 RATG.

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