Spruch:
1. Die Erklärung der Revisionsrekursrücknahme wird zurückgewiesen.
2. Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.
Text
Begründung
Die von einem Kaufmann, seiner Ehefrau und seinem Sohn im Sinne des Gesellschaftsvertrages vom 30.November 1979 gegründete Gesellschaft mbH ist seit 31.Januar 1980 im Firmenbuch eingetragen. Der Gesellschaftsvertrag wurde mehrfach geändert, die drei Gründungsgesellschafter blieben bis in das Jahr 1992 die alleinigen Gesellschafter, nur ihr Beteiligungsverhältnis änderte sich mehrmals. Alleiniger Geschäftsführer war seit der Gründung der Gesellschaft bis zu seinem Tod der Senior der Gesellschafter. Dieser reichte alljährlich eine Liste im Sinne des § 26 Abs 3 GmbHG beim Firmenbuchgericht ein. Nach der im März 1991 vorgelegten Liste hielt der Geschäftsführer-Gesellschafter selbst eine Einlage im Ausmaß von 21 %, seine Ehefrau Juliane eine solche von 10 % und sein Sohn Peter eine solche von 69 %.
Nach einer mit 5.August 1992 datierten und offenkundig vom seinerzeitigen Gesellschafter-Geschäftsführer unterschriebenen geänderten Liste der Gesellschafter waren Vater, Mutter und Sohn im Verhältnis 70 : 10 : 20 an der Gesellschaft beteiligt.
Nach einer vom Gesellschafter-Geschäftsführer selbst am 7.Januar 1993 notariell beglaubigt unterfertigten Eingabe habe dieser seinen Neffen Gebhart zum einzelvertretungsbefugten Prokuristen bestellt.
Der Gründungsgesellschafter-Geschäftsführer ist am 12.März 1993 gestorben.
Zehn Tage später überreichte eine Rechtsanwältin ausdrücklich als Vertreterin der Gesellschaft beim Firmenbuchgericht eine mit 7.Januar 1993 datierte und von ihrem Kanzleikollegen "als bevollmächtigter Vertreter des Gesellschafters KR...." gefertigte Gesellschafterliste, derzufolge gegenüber der zuletzt vorgelegten Liste vom August 1992 insofern eine Änderung im Stande der Gesellschafter eingetreten sei, als der Geschäftsanteil des Geschäftsführers (mit einer 70 %-Beteiligung) an seinen Neffen Gebhard übertragen worden sei. Diese Eingabe der Rechtsanwältin wurde durch die Vorlage einer durch den in der Zwischenzeit gestorbenen Geschäftsführer unterschriebenen Vollmachtsurkunde vom 23.Juli 1992 mit dem Vorbringen ergänzt, daß der Vollmachtsträger seinerzeit vom Geschäftsführer ausdrücklich beauftragt worden sei, die nun vorgelegte Liste der Gesellschafter in seinem Namen und seiner Eigenschaft als Geschäftsführer zu unterfertigen; nach dem Inhalt der Vollmacht sollte der Vollmachtsträger auch berechtigt sein, den Geschäftsführer "persönlich" und in seiner Funktion als Geschäftsführer zu vertreten.
Es ist aktenkundig, daß die Witwe und der Sohn des Gründer-Seniors dessen Übertragung seiner Geschäftsanteile an seinen Neffen Gebhard nicht anerkennen und als satzungswidrig bekämpfen. Sie haben auch in der Folge unter Inanspruchnahme ihrer Gesellschafterstellung am 23. April 1993 eine Gesellschafterversammlung unter Ausschluß des Neffen Gebhard abgehalten und in dieser Generalversammlung den Sohn Peter zum Geschäftsführer bestellt. Diese Bestellung sowie alle weiteren in der Generalversammlung vom 23.April 1993 gefaßten Beschlüsse anerkennt der Neffe Gebhard nicht und ficht sie an.
Im Sinne ihres Rechtsstandpunktes über die Gesellschaftsbeteiligungen der einzelnen Familienmitglieder beantragten die Witwe und der Sohn des Verstorbenen die Zurückweisung der mit 7.Januar 1993 datierten Gesellschafterliste.
Das Firmenbuchgericht wies mit Beschluß vom 5.April 1993 diese Gesellschafterliste zurück. Es erachtete die Verfassung der Gesellschafterliste als höchstpersönliche Verpflichtung des Geschäftsführers.
Dem von der Einreicherin der Gesellschafterliste gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht statt. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Das Rekursgericht teilte die erstrichterliche Ansicht, daß der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH seine organschaftliche Vertretungsbefugnis als solche nicht weiter übertragen könne.
Die Einreicherin der Gesellschafterliste erhob gegen die Rekursentscheidung Revisionsrekurs mit dem Rechtsmittelantrag, die Gesellschafterliste mit den darin verzeichneten Änderungen zur Kenntnis zu nehmen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Übertragung eines Gesellschaftsanteiles und die Mitteilung dieses Vorganges an das Firmenbuchgericht betrifft zwar wesentliche Verhältnisse der Gesellschaft (siehe nur § 78 GmbHG), die Mitteilung an das Firmenbuchgericht ist aber eine ausdrücklich dem Gesellschaftsorgan Geschäftsführer überbundene Aufgabe, der dabei in ein haftungsrechtliches Spannungsverhältnis zur Gesellschaft einerseits und den Gesellschaftsgläubigern andererseits geraten könnte.
Die Gesellschaft als solche unmittelbar - durch wen immer außer durch den Geschäftsführer - war zur Vorlage der Gesellschafterliste nicht berufen. Die nach dem Tod des einzigen Geschäftsführers bei der Vorlage einer neuen Gesellschafterliste unmittelbar namens der Gesellschaft einschreitende Rechtsanwältin hat sich nicht (und vermochte sich nach der Aktenlage auch nicht) auf den Auftrag eines aktiven Geschäftsführers berufen.
Die organschaftliche Funktion des am 12.März 1993 verstorbenen Geschäftsführers erlosch mit dem Todesfall; ebenso verloren aber auch Bevollmächtigungen zur Ausübung der Organfunktion, soweit solche beachtlich waren, ihre Wirksamkeit. Ein anderer Geschäftsführer war nach der Aktenlage nicht bestellt. (In der Folge kam es auch zur Bestellung eines Notgeschäftsführers, dessen Funktion nach der Aktenlage bis heute noch aufrecht geblieben ist.) Es besteht daher auch keinerlei Anlaß für ein allfälliges Verbesserungsverfahren.
Die Zurückweisung der unmittelbar namens der Gesellschaft vorgelegten Gesellschafterliste erfolgte im Ergebnis schon deshalb zu Recht, weil nur eine vom Gesellschaftsorgan Geschäftsführer überreichte Liste durch das Gericht entgegenzunehmen war. Für welche physische Person in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer aber die am 22.März 1993 vorgelegte Liste als eingebracht hätte gelten sollen, hat die einschreitende Rechtsanwältin nicht offengelegt (und vermochte dies nach der Aktenlage auch gar nicht).
Der sich auf seine - bestrittene - Bestellung zum Geschäftsführer berufende Sohn des Verstorbenen war nicht befugt, ein nicht von ihm, sondern im Namen einer anderen (unbekannt gebliebenen) Person eingebrachtes Rechtsmittel zurückzuziehen. Ist aber die Gesellschaft selbst als Einschreiterin und Rechtsmittelwerberin anzusehen und erschiene daher formell die Rücknahme des Rechtsmittels durch die Gesellschaft als solche formal als zulässig, hätte der als Gesellschafter einschreitende Sohn Peter seine wirksame Geschäftsführerbestellung nachzuweisen gehabt. Durch die aktenkundigen Vorgänge bei der Generalversammlung vom 23.April 1993 wäre dieser Nachweis für das Firmenbuchverfahren nicht erbracht; ein späterer Bestellungsakt wurde nicht einmal behauptet. Die Gesellschaft wird derzeit nach der Aktenlage wirksam nur durch den bestellten Notgeschäftsführer vertreten.
Die Erklärung der Rechtsmittelrücknahme war daher zurückzuweisen.
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