Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin und Dr. Silvia B***, die Ehegattin des Beklagten, waren seit dem Jahre 1970 je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft Wien 9., Augasse 3 und 3 a. Zwischen den Miteigentümerinnen kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Seit 1979 war eine von Dr. Silvia B*** eingebrachte Teilungsklage anhängig. In der Zeit der Miteigentümergemeinschaft wechselten einander mehrere Hausverwaltungen ab, eine zeitlang führte die Klägerin diese Geschäfte, dann die Hausverwaltung G***. Da es mit dieser Hausverwaltung zu Unstimmigkeiten kam und sich die Miteigentümerinnen nicht einigen konnten, wer zum neuen Hausverwalter bestellt werden sollte, kam es zu einem gerichtlichen Verfahren, in welchem auf Vorschlag von Dr. Silvia B*** Rechtsanwalt Dr. Olaf B*** zum Hausverwalter bestellt wurde. Er übte diese Tätigkeit vom 1.1.1980 bis 31.8.1984 aus. Bereits früher, zumindest seit der Zeit, in der die Klägerin die Hausverwaltungsgeschäfte führte, existierte zwischen den beiden Hälfteeigentümerinnen eine mündliche Vereinbarung, wonach wichtige Maßnahmen, wie der Abschluß von Mietverträgen, Kündigungen, Großreparaturen, nur mit ausdrücklicher Zustimmung beider Eigentümerinnen vorgenommen werden durften. Diese Vereinbarung wurde ausnahmslos eingehalten und nie aufgehoben. Dr. Olaf B*** wurde eine einvernehmliche Weisung der beiden Miteigentümerinnen in dieser Richtung nicht erteilt, die Klägerin wies ihn aber mehrfach darauf hin, daß "ein solcher Vertrag bestehe". Trotzdem schloß Dr. Olaf B*** in Kenntnis dieser Abmachung in seiner Eigenschaft als Verwalter über Vorschlag von Dr. Silvia B*** am 31.3.1984 mit dem Beklagten einen Mietvertrag ab, mit welchem diesem die Souterrainobjekte top.Nr. 2a und b zu Geschäftszwecken, allenfalls nach Adaptierung auch zu Wohnzwecken vermietet wurden. Der monatliche Gesamtmietzins betrug S 767,33 (Hauptmietzins und Betriebskosten) und war nicht wertgesichert. Dem Beklagten wurde die gänzliche oder teilweise Untervermietung oder sonstige Überlassung des Bestandobjektes an Dritte gestattet. Weiters wurde vereinbart, daß unabhängig vom Recht, Sanierungsarbeiten von den Hauseigentümern nach den gesetzlichen Bestimmungen zu verlangen, kein Einwand dagegen erhoben werde, daß der Mieter diese allenfalls auf eigene Rechnung durchführt, dergleichen, daß er einen direkten gassenseitigen Zugang zum Bestandobjekt herstellt. Vom Mietvertrag des Vormieters unterschied sich dieser Vertrag wesentlich. So hatte der Vormieter einen monatlichen wertgesicherten Mietzins von S 650 ab 1.5.1973 zu bezahlen, der 1984 ungefähr S 1.150 ausmachte. Der Vormieter hatte auch kein Untervermietungs- oder Überlassungsrecht ohne Zustimmung des Vermieters und keine sonstigen Begünstigungen. Dr. Olaf B*** holte zum Abschluß des Mietvertrages mit dem Beklagten weder die Zustimmung der Klägerin ein, noch setzte er sie davon in Kenntnis. Der Beklagte, der über die Liegenschaftsangelegenheiten seiner Ehegattin genauestens informiert war, wußte, daß Dr. Olaf B*** die Zustimmung der Klägerin hätte einholen müssen, dies aber nicht getan hat. Er wußte, daß Dr. Olaf B*** allein nicht zum Abschluß des Mietvertrages berechtigt war. Nachdem mit Urteil vom 26.6.1982 die Zivilteilung der Liegenschaft verfügt worden war, erstand die Klägerin im Exekutionsverfahren am 19.6.1984 die Liegenschaft. Die Klägerin erfuhr erst am 17.7.1984 vom Mietvertrag des Beklagten. Als sie Dr. Olaf B*** Vorwürfe machte, versprach dieser, sich beim Beklagten dafür zu verwenden, daß der Vertrag rückgängig gemacht werde. Der Beklagte lehnte dies ab, bezahlt aber seit August 1984 freiwillig S 1.359,20 an Gesamtmietzins. Da die Klägerin die Beträge nicht annimmt, hinterlegt sie der Beklagte bei Gericht. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Räumung der angeführten Bestandobjekte.
Der Beklagte wendete ein, er benütze die Räume nicht titellos, sondern auf Grund des Mietvertrages.
Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens und führte aus, die Vereinbarung der Miteigentümerinnen, wonach es zu Mietvertragsabschlüssen der Zustimmung beider Eigentümerinnen bedurft habe, sei aufrecht gewesen. Der Verwalter sei daher nicht befugt gewesen, den Mietvertrag mit dem Beklagten abzuschließen. Er habe dazu keine Vertretungsmacht besessen, sein Handeln sei unwirksam. Überdies habe es sich wegen der ungewöhnlichen Bedingungen um eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung gehandelt und schon deshalb wäre zur Gültigkeit des Vertrages eine Zustimmung beider Eigentümerinnen notwendig gewesen. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des von der Bestätigung betroffenen Streitgegenstandes S 60.000 nicht aber S 300.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, der Umfang der Verwaltervollmacht könne im Innenverhältnis beschränkt werden, auch der vom Richter bestellte Verwalter sei an die Aufträge der Eigentümer gebunden. Der Verwalter sei Machthaber aller Miteigentümer, seine Verwaltermacht sei daher durch die Vereinbarung der Miteigentümer eingeschränkt. Der gerichtlich bestellte Verwalter genieße keine unabhängigere Stellung als der mehrheitlich Bestellte. Der Gewalthaber sei gemäß § 1009 ABGB verpflichtet, das Geschäft seinem Versprechen und der erhaltenen Vollmacht gemäß zu besorgen, wobei er berechtigt sei, alle Mittel anzuwenden, die der erklärten Absicht des Machtgebers gemäß seien. Soweit die schriftlich, mündlich oder schlüssig erklärte Absicht keinen Weisungscharakter habe, präge sie die Geschäftsbesorgungspflicht. Bei zwei Auftraggebern müßten beide mit derselben Sorgfalt behandelt werden. Da die Vereinbarung des Erfordernisses der ausdrücklichen Zustimmung beider Eigentümerinnen zum Abschluß von Mietverträgen den Vollmachtsumfang des Verwalters eingeschränkt habe, sei eine Vollmachtsüberschreitung vorgelegen, da es den Machtgebern zukomme, Inhalt und damit auch Umfang der Rechtsmacht, die sie weitergeben wollten, zu bestimmen. Im vorliegenden Fall habe der bestellte Verwalter in Kenntnis der seine Vollmacht beschränkenden Vereinbarung gehandelt. Daß darüber hinaus keine gemeinsame Weisung der beiden Hälfteeigentümerinnen erfolgt sei, erweise sich daher nicht als wesentlich, da die dem Verwalter eingeräumte Macht von vornherein durch die bestehende Vereinbarung der Miteigentümerinnen beschränkt gewesen sei. Dieser Vollmachtsmißbrauch würde grundsätzlich die Wirksamkeit des Geschäftes mit dem Dritten nicht berühren, es sei denn, der Dritte hätte Kenntnis von der Beschränkung der Vollmacht gehabt oder sie hätte dem Dritten nach den Umständen offenbar auffallen müssen. Der Beklagte habe um die Vollmachtsbeschränkung des Verwalters gewußt. Der auftragswidrig mit dem Beklagten geschlossene Mietvertrag sei deshalb ungültig, weil die Klägerin die ungewollte weite externe Vollmacht des Verwalters über eine Analogie zu § 1026 ABGB beseitigen könne. Gemäß § 1026 ABGB blieben die mit einem Dritten geschlossenen Verträge nur dann verbindlich, wenn diesem die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden unbekannt gewesen sei. Die Fassung des § 1026 ABGB sei aber im Hinblick auf die ratio dieser Norm zu eng. Deren Zweck könne sinnvollerweise nur darin bestehen, den Dritten gegen das Nichtbestehen der Vollmacht im Zeitpunkt der Vornahme des Ausführungsgeschäftes zu schützen, wenn er wegen eines "äußeren Tatbestandes" an die Vollmacht habe glauben dürfen. Der Dritte müsse daher in Analogie zu § 1026 ABGB nicht nur gegen den Widerruf, sondern auch gegen das Nichtentstehen der Vollmacht geschützt werden, dies aber nur dann, wenn er nicht im Hinblick auf dieses Nichtentstehen unredlich gewesen sei. In Gleichstellung von Vollmacht und Vertretungsbefugnis bedeute dies, daß die externe Vollmacht dahin falle, wenn der Dritte gewußt habe oder habe wissen müssen, daß die Befugnis des Bevollmächtigten von Anfang an beschränkt gewesen sei. Dies sei aber hier der Fall. Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise stellt der Beklagte einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionswerber bestreitet nicht, daß auch ein gerichtlich bestellter Verwalter an eine einvernehmliche Weisung der Miteigentümer gebunden ist, führt aber aus, eine Einigkeit der Gewaltgeber habe nicht vorgelegen und gerade deshalb sei der Verwalter bestellt worden. Die Uneinigkeit habe darin bestanden, daß die Klägerin den Beklagten nicht als Mieter akzeptiert habe, Dr. Silvia B*** aber keinen anderen Mieter als den Beklagten. Die Uneinigkeit hätte daher dazu geführt, daß das Mietobjekt unvermietet geblieben wäre, wodurch ein Nachteil für die Miteigentümerinnen entstanden wäre. Der Verwalter habe daher den Mietvertrag schließen dürfen. Da der Vertragsabschluß etwa zum Nachteil der Miteigentümerinnen unübliche Bedingungen und Bestimmungen enthalten habe, habe die Klägerin gar nicht behauptet. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß Dr. Olaf B*** nicht deshalb zum Verwalter bestellt worden war, weil sich die Miteigentümerinnen nicht über die Person eines Mieters einigen konnten, Uneinigkeit bestand vielmehr über die Auswahl des Verwalters, die deshalb gemäß § 836 ABGB durch den Richter zu erfolgen hatte. Auch der gerichtlich bestellte Verwalter ist Machthaber aller Miteigentümer (Jensik,
Miteigentum - Wohnungseigentum, 30; Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 837 mwN). Die in der Entscheidung SZ 11/253 vertretene Ansicht, der vom Gericht bestellte Verwalter sei nicht von den Anordnungen der Machtgeber abhängig, teilt der erkennende Senat nicht. Auch der vom Gericht bestellte Verwalter hat die Weisungen der Mehrheit zu befolgen (Jensik, aaO; Gamerith, aaO, Rz 2), denn durch die Bestellung des gerichtlichen Verwalters wird das Eigentumsrecht nicht beschränkt (vgl. JBl 1957, 137). Im vorliegenden Fall haben die Hauseigentümerinnen dem Verwalter zwar keine gemeinsame Weisung erteilt, sie hatten aber vereinbart, daß der Abschluß von Mietverträgen nur mit ausdrücklicher Zustimmung beider Eigentümerinnen vorgenommen werden dürfe. Von dieser Vereinbarung war der Verwalter durch die Klägerin in Kenntnis gesetzt worden. Da er als Machthaber die Interessen aller Miteigentümerinnen zu vertreten hatte, hätte er nicht ohne Rücksprache mit der Klägerin den Mietvertrag mit dem Beklagten abschließen dürfen. Ob der Verwalter, falls keine Einigung zwischen den Hauseigentümerinnen zustande gekommen wäre, aufgrund der Stimmengleichheit befugt gewesen wäre, einen Mieter auszuwählen (vgl. Jensik, aaO), braucht hier nicht erörtert zu werden, weil nicht festgestellt wurde, daß der Verwalter die Klägerin über sein Vorhaben informiert habe, aufgrund des Vorschlages von Dr. Silvia B*** mit deren Ehemann, dem Beklagten, einen Mietvertrag abzuschließen (derartiges wurde auch nicht behauptet, ist im Beweisverfahren nicht hervorgekommen und entspräche nicht den Aussagen der Dr. Silvia B***, des Verwalters und des Beklagten). Die Revisionsausführungen, es sei keine Einigkeit der Hauseigentümerinnen über die Person des Mieters zustande gekommen, lassen dies außer acht.
Der Verwalter hat somit seine Vertretungsmacht mißbraucht. Dadurch wird im allgemeinen aus Gründen des Verkehrsschutzes die Gültigkeit des vom Vertreter mit einem Dritten abgeschlossenen Geschäftes nicht berührt. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Dritte Kenntnis vom Vollmachtsmißbrauch des Vertreters hatte, denn dann ist er nicht schutzwürdig (vgl. Strasser in Rummel, ABGB, Rz 23 zu den §§ 1016, 1017 mwN; Wilhelm in JBl 1985, 454 ff; Thiele im Münchener Kommentar2, I, Rz 98 ff zu § 164; Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts7, 599). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte, dem ein Mietrecht unter besonders günstigen Bedingungen eingeräumt wurde, gewußt, daß der Verwalter zum Abschluß des Vertrages aufgrund der Vereinbarung der beiden Hauseigentümerinnen nicht berechtigt war. Er kann dem Räumungsbegehren der Klägerin, die nunmehr Alleineigentümerin des Hauses ist, daher ein ihm vom Verwalter eingeräumtes Mietrecht nicht mit Erfolg entgegenhalten.
Aus diesen Gründen war der Revision ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.
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