Spruch:
Der Revision der beklagten Parteien wird nicht stattgegeben. Der Revision der Klägerin wird stattgegeben und das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung der Entscheidung erster Instanz abgeändert.
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit 22.546,76 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten an Barauslagen 5.000 S und an Umsatzsteuer 1.595,16 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist eine Handelsgesellschaft, die sich mit der Erzeugung und dem Vertrieb von Bier und alkoholfreien Getränken befaßt. Sie war Eigentümerin einer in einer Salzburger Marktgemeinde gelegenen Liegenschaft. Auf deren Gutsbestand befand sich die Baulichkeit eines Hotelbetriebes und eines von diesem durch einen Privatweg getrennten sogenannten Zuhauses. Die Klägerin hatte den Hotelbetrieb wegen Unrentabilität eingestellt. Die vier Beklagten planten eine Neuaufteilung des Gutsbestandes und dessen bestmögliche Verwertung durch Verkauf oder Vermietung. Bestimmte Kauf- oder Mietinteressenten hatten sie noch nicht im Auge. Die Streitteile traten in Kaufverhandlungen ein. Für die Klägerin schritt dabei ihre Rechtsabteilung ein, die auch den Vertrag entwarf. Die Beklagten bedienten sich keines rechtskundigen Beistandes.
Die Klägerin nahm in ihren Kaufvertragsentwurf wie in den meisten von ihr abgeschlossenen Verträgen über Liegenschaftsverkäufe eine die Käufer verpflichtende Vereinbarung auf, Getränke (zum Wiederverkauf) nur von ihr oder einem von ihr bestimmten Lieferanten zu beziehen oder beziehen zu lassen. Dazu hielt das Erstgericht fest, es habe nicht festgestellt werden können, daß der Angestellte der Klägerin, der in deren Namen die Vertragsgespräche geführt habe, vor dem Vertragsabschluß jemals eine Bemerkung in der Richtung gemacht hätte, daß eine Getränkebezugsverpflichtung für das Hotel (und zwar nur für dieses) in den Vertrag aufgenommen werden solle. In gleicher Weise hielt das Erstgericht fest, es habe nicht festgestellt werden können, daß über das im Zusammenhang mit der Getränkebezugsverpflichtung vereinbarte Sicherstellungshöchstbetragspfandrecht zwischen den Vertragsschließenden gesprochen worden wäre.
Die namens der Verkäuferin am 5. Juli 1979 und von den Käufern am 25. Juni 1979 unterschriebene Kaufvertragsurkunde enthält unter der Überschrift "Getränkebezugsverpflichtung" als IX. Vertragspunkt folgende Regelungen:
"1. Die Käufer verpflichten sich zur ungeteilten Hand, auf der kaufgegenständlichen Liegenschaft Bier und alkoholfreie Getränke welcher Art immer, auf die Dauer von 30 Jahren ausschließlich von der.." (Klägerin) "bzw. der zuständigen Verkaufsstellen oder einer von ihr namhaft gemachten anderen Firma zu beziehen oder beziehen zu lassen und jeden Bezug, Ausschank oder Verkauf eines anderen in- oder ausländischen Bieres, oder anderer in- oder ausländischer alkoholfreier Getränke zu unterlassen.
Die Käufer verpflichten sich, die unter diesem Punkt vereinbarte Verpflichtung auf etwaige Rechtsnachfolger oder sonstige Rechtsnehmer nachweislich zu überbinden.
2. Zur Sicherung der unter 1. vereinbarten Verpflichtung räumen die Käufer der Verkäuferin eine Sicherstellungshypothek bis zu einem Höchstbetrag von S 50.000,- (in Worten: Schilling fünfzigtausend) auf der kaufgegenständlichen Liegenschaft ein, die zur Abdeckung aller Schäden, die der Verkäuferin bei Nichterfüllung entstehen, dienen soll.
3. ..."
Die Liegenschaftskäufer haben in der Folge einen Teil des Gutsbestandes mit dem Hotelgebäude an einen Schraubenhersteller verkauft und diesem dabei die oben wiedergegebene befristete Unterlassungspflicht in Ansehung der Getränke überbunden. Das Grundstück, auf dem das sogenannte Zuhaus zum Hotel gestanden war, vermieteten die Liegenschaftskäufer an eine Handelsgesellschaft, die eine Lebensmitteldiskonthandelskette betreibt. Die Vermieter gestatteten der Mieterin, anstelle des bestandenen Bauwerkes ein Verkaufsgebäude zu errichten. Das Mietverhältnis sollte mit der Fertigstellung der von der Mieterin geplanten Anlage beginnen, hiefür wurde als spätester Termin der 15. Dezember 1983 vorgesehen. Das Mietverhältnis wurde auf unbestimme Zeit eingegangen, sollte unter Einhaltung einer einjährigen Frist jederzeit kündbar sein, wobei aber die Vermieter darauf verzichteten, vor Ablauf von 10 Jahren das Mietverhältnis aufzukündigen. Die Vermieter haben der Mieterin die gegenüber der Klägerin übernommene Unterlassungspflicht bezüglich eines Getränkebezuges nicht überbunden.
Die Mieterin bietet in ihrem gemieteten Standort neben Getränken der Klägerin auch Bier und alkoholfreie Getränke anderer Erzeuger an. Sie erachtet sich anderenfalls als nicht konkurrenzfähig. Sie lehnte deshalb die dringende Aufforderung der Vermieter ab, im Mietgegenstand ausschließlich von der Klägerin vertriebenes Bier und alkoholfreie Getränke zu verkaufen.
Die Klägerin begehrte, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, für das auf der im Sommer 1979 verkauften Liegenschaft errichtete Geschäft Bier und alkoholfreie Getränke, welcher Art immer, bis zum 10. Juli 2009 ausschließlich von der klagenden Partei oder einer von ihr namhaft gemachten anderen Firma zu beziehen oder beziehen zu lassen und in diesem Geschäft jeden Bezug, Ausschank oder Verkauf eines anderen in- oder ausländischen Bieres oder anderer in- oder ausländischer alkoholfreier Getränke zu unterlassen. Diesem Hauptbegehren ordnete die Klägerin ein Eventualbegehren auf Verurteilung der Beklagten zur Überbindung der Unterlassungspflicht auf die Mieterin nach.
Die Klägerin berief sich auf eine Verletzung der nach dem oben wiedergegebenen Punkt IX des Kaufvertrages übernommenen Verpflichtungen.
Die Beklagten wendeten vor allem ein, daß sich nach dem Willen der Streitteile bei Abschluß des Kaufvertrages die Beschränkung im Bezug, Ausschank und Verkauf von Bier und alkoholfreien Getränken auf die von der Klägerin oder einem von ihr benannen Lieferanten vertriebenen Erzeugnisse nur auf den vorhandenen Betrieb oder ein Nachfolgeunternehmen, nicht aber auch auf ein mit dem Standort auf der Kaufliegenschaft in Zukunft etwa geführtes neues, mit dem ehemaligen Hotelbetrieb in keinem Zusammenhang stehendes Unternehmen hätte beziehen sollen. Die Beklagten selbst hätten niemals gegen die vertraglich übernommene Getränkebezugsbeschränkung verstoßen, es fehle an einer für die Stattgebung des Unterlassungsbegehrens erforderlichen Wiederholungsgefahr. Gegenüber dem Eventualbegehren machten die Beklagten ausdrücklich Unmöglichkeit der Leistung geltend, da ihnen im nachhinein jede Einflußmöglichkeit auf das Vertriebsprogramm der Mieterin genommen sei. Die Vereinbarung eines Sicherstellungspfandrechtes bis zum Höchstbetrag von 50.000 S stelle die Abrede einer Konventionalstrafe dar, eine solche Vereinbarung schließe aber das Unterlassungsbegehren aus. Im Zuge des Verfahrens erhoben die Beklagten überdies den Einwand der Sittenwidrigkeit und führten hiezu wörtlich aus:
"Die Durchsetzung der Getränkeklausel gegenüber einem Lebensmittelgeschäft, welches dadurch - besonders
lokalbezogen - nicht mehr konkurrenzfähig wäre, würde gegen die guten Sitten verstoßen und wäre sowohl für die Beklagten als auch für die..." (Mieterin) "unzumutbar. Es wäre bei dem Versuch auf Überbindung der Getränkeklausel auf die..." (Mieterin) "zu keinem Mietvertrag gekommen. Infolge der schlechten Lage war es auch nicht möglich, andere Mieter zu finden."
Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren uneingeschränkt statt. Das Berufungsgericht verkürzte in teilweiser Stattgebung der von den Beklagten erhobenen Berufung die Dauer des urteilsmäßigen Unterlassungsgebotes auf die Zeit bis 10. Juli 1994. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes im abändernden Teil 15.000 S, im bestätigenden Teil 60.000 S übersteigt, aber weder in einem dieser Teile noch insgesamt 300.000 S übersteigt. Es sprach weiters aus, daß die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs.4 Z 1 ZPO vorliege.
In rechtlicher Wüdigung hatte das Erstgericht gefolgert, daß mangels Anhaltspunktes in den Verkaufsgesprächen oder sonstiger der Klägerin zurechenbarer Veranlassung gegenteiliger Vorstellungen bei den Beklagten die im IX. Punkt des Kaufvertrages festgehaltene Ausschließlichkeitsbindung nach dem Wortlaut dieser Regelung nicht bloß auf den seinerzeit bestandenen gastgewerblichen Betrieb, sondern auf jeden auf der Kaufliegenschaft in Hinkunft zu führenden Gewerbebetrieb zu beziehen sei, also auch auf den von der Mieterin geführten Lebensmitteldetailhandel. Dem Einwand der Sittenwidrigkeit hatte das Erstgericht lediglich die Überlegung entgegengesetzt, daß eine solche ausschließliche Getränkebezugsverpflichtung für ein Lebensmittelgeschäft der Übung des redlichen Verkehrs nicht zuwiderliefe. Ungeachtet des Unterbleibens einer Überbindung der kaufvertraglich übernommenen Ausschließlichkeitsbindung im Mietvertrag und ungeachtet des vereinbarten Kündigungsverzichtes auf die Dauer von 10 Jahren hatte das Erstgericht die Durchsetzbarkeit des Klagebegehrens nicht als schlechthin unmöglich gewertet. Das Erstgericht hat auch ausdrücklich den Einwand verworfen, daß die Vereinbarung eines Höchstbetragspfandrechtes für etwaige Schadenersatzforderungen der Verkäuferin bei einem drohenden künftigen vertragswidrigen Verhalten einen Unterlassungsanspruch benähme.
Das Erstgericht hatte sich nach dem den Einwand der Sittenwidrigkeit stützenden Vorbringen der Beklagten mit der zulässigen Dauer einer vertraglich übernommenen Ausschließlichkeitsbindung überhaupt nicht auseinandergesetzt. Erst die Berufungsausführungen über eine unzulässige Knebelung durch unangemessen lange, insbesondere 15 Jahre übersteigende Ausschließlichkeitsbindungen veranlaßten das Berufungsgericht zu einer Prüfung der Sittenwidrigkeit der das Unterlassungsbegehren begründenden vertraglichen Bindung mit Rücksicht auf deren vereinbarte Dauer von 30 Jahren.
Das Berufungsgericht teilte zunächst die erstrichterliche Beurteilung zur Erstreckung der Vertragspflicht nach dem IX. Punkt des Kaufvertrages auf den gesamten Gutsbestand der Kaufliegenschaft. Das Berufungsgericht billigte auch die erstrichterlichen Erwägungen zum Einwand der Unmöglichkeit der Leistung und hob dazu vor allem die Möglichkeit einer Vertragsauflösung durch die Mieterin hervor. Zur Frage der Bindungsdauer erachtete das Berufungsgericht im Sinne der jüngeren Rechtsprechung (vgl. JBl. 1983, 321, SZ 56/144) eine 15 Jahre überschreitende Bindungsdauer als nicht zu billigende Einschränkung der wirtschaftlichen Verfügungsfreiheit. Die Beklagten fechten das Berufungsurteil in seinem bestätigenden Ausspruch wegen einer im Sinne des § 503 Abs.2 ZPO qualifizierten unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem auf gänzliche Abweisung des Klagebegehrens sowie des Eventualbegehrens zielenden Abänderungsantrag an.
Die Klägerin ficht das Berufungsurteil in dessen abänderndem Teil wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Wiederherstellung des Urteiles erster Instanz zielenden Abänderungsantrag an.
Die Streitteile streben jeweils die Nichtstattgebung der vom Prozeßgegner erhobenen Revision an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind zulässig, weil zur Frage der Sittenwidrigkeit langjähriger Bindungen eines Liegenschaftskäufers an einen ausschließlichen Warenbezug vom Liegenschaftsverkäufer ohne Beziehung zu einem bestimmten Gewerbebetrieb keine Rechtsprechung vorliegt.
Die Revision der Beklagten ist nicht gerechtfertigt, die Revision der Kläger hingegen ist berechtigt.
Die Beklagten haben eine Liegenschaft gekauft und sind dabei gegenüber der Verkäuferin die Vertragspflicht eingegangen, auf der kaufgegenständlichen Liegenschaft Bier und alkoholfreie Getränke welcher Art immer auf die Dauer von 30 Jahren ausschließlich von der Verkäuferin oder einem von ihr genannten Unternehmen zu beziehen oder beziehen zu lassen und solche Waren anderer Herkunft nicht zu beziehen, auszuschenken oder zu verkaufen. Die Beklagten haben sich nach dem Abverkauf des Grundteiles, auf dem das Hauptgebäude eines stillgelegten Hotelbetriebes stand, in Ansehung des restlichen Gutsbestandes der gekauften Liegenschaft von jeder vertraglichen Ausschließlichkeitsbindung frei erachtet und etwa vier Jahre nach Abschluß des Kaufvertrages den Teil des Kaufgegenstandes, auf dem ein sogenanntes Zuhaus zum Hotelgebäude gestanden war, an einen Lebensmittelhändler vermietet, ohne vertraglich für eine Übernahme der kaufvertraglich übernommenen Ausschließlichkeitsbindung vorzusorgen. Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ist ausschließlich die Einhaltung der vertraglich übernommenen Ausschließlichkeitsbindung in dem gewerblichen Unternehmen, das derzeit oder künftig auf dem Grundteil geführt wird oder werden könnte, auf dem das sogenannte Zuhaus stand. In Ansehung dieses Grundteiles hatten die Beklagten bei Abschluß des Kaufvertrages noch keine konkrete Verwertungsvorstellung. Sie haben eine bestimmte Verwertungsabsicht daher auch nicht der Verkäuferin mitteilen können. Für die Verkäuferin war die tunlichste Absicherung ihrer Marktstellung ein auch den Käufern erkennbares wirtschaftliches Anliegen bei der kaufvertraglichen Regelung der strittigen Ausschließlichkeitsbindung.
Die Beklagten haben den Einwand der Sittenwidrigkeit des auf die kaufvertragliche Regelung gestützten Unterlassungsbegehrens nicht etwa auf den Inhalt der vertraglich vorgesehenen Verhaltensweise, aber auch nicht auf die lange Dauer der vertraglichen Bindung gestützt, sondern ausschließlich darauf, daß ein Bestehen der Klägerin auf Einhaltung der Kaufvertragsregelung gegenüber einem Lebensmittelhändler, der bei Beschränkung seines Warenangebotes in der Sparte der von der Klägerin vertriebenen Waren auf deren Erzeugnisse nach der Lage des Geschäftes nicht konkurrenzfähig bliebe, unzumutbar und daher sittenwidrig wäre.
Die Revisionsausführungen der Beklagten über ein nicht schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der vertraglichen Ausschließlichkeitsbindung in Ansehung solcher Grundstücke, deren Verwertung bei Vertragsabschluß noch gar nicht festgestanden sei, über das Fehlen einer Gegenleistung für die übernommene Ausschließlichkeitsbindung, aber auch über die fehlende Lieferfähigkeit der Klägerin finden keine Deckung im erstinstanzlichen Einwendungsvorbringen oder in urteilsmäßigen Tatsachenfeststellungen, die darüber etwa hinausgingen. Daß in Ansehung des an den Schraubenhersteller verkauften Grundteiles die Ausschließlichkeitsbindung von den Beklagten auf ihren Käufer überbunden worden sei, ist im gegebenen Zusammenhang unerheblich. Die Behauptung, daß die Klägerin dadurch wirtschaftliche Vorteile ziehe, ist nach den Feststellungen über den Verkauf an einen Schraubenhersteller nicht ohne weiteres verständlich, vor allem aber für das in diesem Rechtsstreit zu beurteilende Unterlassungsbegehren unerheblich.
Dem Eigentümer einer Sache steht im Rahmen der gesetzlichen Beschränkungen die Freiheit zu, mit ihr nach Belieben zu verfahren. Er kann kraft seines Vollrechtes an der Sache, seine Befugnisse uneingeschränkt oder bloß unter Einschränkungen veräußern. Ob etwa vorbehaltene Befugnisse derart gestaltet sein können, daß der Vorbehalt auch Dritten gegenüber wirkt, ist eine Frage des Sachenrechtes. Obligationsrechtlich bestehen grundsätzlich keinerlei Einschränkungen. Insoweit bestehen auch keine Bedenken gegen die Verpflichtung eines Liegenschaftskäufers, auf der Kaufliegenschaft überhaupt keinen gewerblichen Betrieb auszuüben oder doch bestimmte gewerbliche Tätigkeiten zu unterlassen. Umsoweniger kann es gegen Grundsätze der Rechtsordnung verstoßen, bestimmte Verhaltensweisen in Ausübung einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit zu verbieten. Ein aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht zu rechtfertigender Druck wird in solchen Fällen auf den Käufer, der auf die Nutzung des Kaufgegenstandes - anders als ein Gewerbetreibender auf die Führung seines bereits bestehenden Betriebes - nicht angewiesen ist, sondern vom Erwerb des Kaufgegenstandes einen Veräußerungsgewinn oder einen Zinsertrag durch Fremdnutzung erhofft, nicht ausgeübt. Die in der Lehre und Rechtsprechung angestellten Erwägungen zur Sittenwidrigkeit wegen einer gegen die Grundsätze der Rechtsordnung verstoßenden übermäßig langen Bindung in der wirtschaftlichen Verfügungsfreiheit treffen daher beim Verkauf einer Liegenschaft nicht in vergleichbarer Weise zu, wie bei der vertraglichen Begründung von Ausschließlichkeitsbindungen beim Warenbezug durch einen Gewerbetreibenden gegenüber einem Warenhersteller oder Händler aus Anlaß der Beistellung von Betriebsmitteln, Gewährung von Krediten und ähnlichen.
Unabhängig davon werden aber langwährende Vertragsbindungen dann als sittenwidrig angesehen, wenn die Auswirkungen der Bindung bei Vertragsabschluß auf die vorgesehene Bindungsdauer typischerweise nicht abschätzbar sind und daher der Sache nach einem Freibrief für den Berechtigten gleichkämen. In solchen Fällen kann mangels Bedenkbarkeit der möglichen Auswirkungen kein bindender Rechtsgeschäftswille des sich Verpflichtenden anerkannt werden. Je bestimmter die Verhaltenspflicht, desto eher wird die Abschätzbarkeit gegeben sein, je allgemeiner die Verhaltenspflicht, desto weniger wird dies der Fall sein. Desto geringer die Abschätzbarkeit der Folgen einer übernommenen Vertragsbindung ist, desto kürzer wird die als zulässig anzusehende Bindungszeitspanne anzusetzen sein.
Entspricht der Inhalt einer kaufvertraglich übernommenen Verhaltenspflicht des Käufers der Art nach etwa einer unregelmäßigen persönlichen Dienstbarkeit, wäre eine lebenslange, und damit auch eine 30 Jahre währende Verpflichtung unter dem Gesichtspunkt unzulässig langer Bindung der wirtschaftlichen Verfügungsfreiheit nicht als sittenwidrig zu erkennen.
Daß die Beklagten durch einen in ihrer Dispositionsfreiheit gelegenen Mietvertragsabschluß die Grundstücksnutzung an einen Lebensmittelhändler überlassen haben, dem die Einhaltung der kaufvertraglichen Ausschließungsverpflichtung geschäftliche Nachteile bringen könnte, vermag die aufrechte Vertragspflicht der Beklagten nicht einzuschränken. Sie können sich der Klägerin gegenüber nicht darauf berufen, daß das Bestehen auf der Einhaltung der Vertragspflicht mit Rücksicht auf den Gewerbebetrieb eines Mieters sittenwidrig wäre, mit dem sie bei vertragstreuer Vorgangsweise den tatsächlich abgeschlossenen Mietvertrag ohne Überbindung der Ausschließlichkeitsbindung gar nicht hätten eingehen dürfen.
Die Frage der Unmöglichkeit der Leistung hat das Berufungsgericht im Sinne der herrschenden Ansicht in Lehre und Rechtsprechung gelöst, ohne daß die Beklagten in ihren Revisionsausführungen hiezu einen nach § 503 Abs.2 ZPO qualifizierten Anfechtungsgrund zur Darstellung brächten. Aus diesen Erwägungen war der Revision der Beklagten ein Erfolg zu versagen, der Revision der Klägerin dagegen im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles erster Instanz stattzugeben. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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