OGH 6Ob667/79 (6Ob666/79)

OGH6Ob667/79 (6Ob666/79)23.1.1980

SZ 53/9

Normen

ABGB §1175
Salzburger JagdG §11
ABGB §1175
Salzburger JagdG §11

 

Spruch:

Mangels anderer Regelung in der Satzung kann nur die Gesamtheit der Gesellschafter einer Jagdgesellschaft einzelne ihrer Mitglieder ausschließen

Ein Klagebegehren, den Jagdpächtern die Ermächtigung zu erteilen, dem Kläger die Ausübung der Jagd wieder zu gestatten, muß gegen sämtliche Mitglieder der Jagdgesellschaft und nicht nur gegen die Mitglieder des Jagdausschusses gerichtet werden

OGH 23. Jänner 1980, 6 Ob 666, 667/79 (OLG Linz 2 R 29, 30/79; LG Salzburg 9 Cg 64/77).

Text

Die Gemeindejagd der Gemeinde A ist an Vinzenz L sowie an den Fünftbeklagten Lorenz S und den Sechstbeklagten Peter A verpachtet. Im internen Verhältnis sind jedoch insgesamt 60 Personen zur Jagd berechtigt und zu einer Jagdgesellschaft zusammengeschlossen. Diese Jagdgesellschaft hat einen Jagdausschuß bestellt und als Funktionäre einen Jagdleiter (Vinzenz L), einen Schriftführer (Erstbeklagter) und einen Kassier (Achtbeklagter) gewählt. Alle Beklagten sind Mitglieder des Jagdausschusses. Dieser hat in seiner Sitzung vom 12. November 1976 den Kläger aus der Jagdgesellschaft ausgeschlossen und den Jagdleiter beauftragt, dem Kläger den Jagderlaubnisschein zu entziehen. Mit Schreiben an den Kläger vom 12. November 1976, welches auch der Jagdleiter unterfertigte, begrundete der Jagdausschuß den Ausschluß des Klägers mit verschiedenen jagdlichen Verfehlungen, Ehrenbeleidigungen und der Nichtbezahlung eines Betrages von 1000 S an die Jagdkasse.

Mit den vorliegenden, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen, beantragte der Kläger den Jagdpächtern dieser Gemeindejagd die Ermächtigung zu erteilen, dem Kläger wieder die Ausübung der Jagd als Mitpächter in seinem ihm bei Beginn der Jagdpachtperiode 1971 bis 1979 zugewiesenen Revierteil zu gestatten, er begrundete sein Begehren im wesentlichen damit, er habe die ihm vom Jagdausschuß zur Last gelegten Verfehlungen nicht begangen. Überdies wäre zu einem Ausschluß von der Jagd nur die Vollversammlung und nicht auch der Jagdausschuß befugt gewesen.

Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen und wendeten ein, die Leitung der Jagdgesellschaft und die Führung sämtlicher anfallender Agenden oblägen dem Jagdausschuß, dessen Mitglieder die Beklagten seien. Der Ausschuß sei nach innen und außen das entscheidungsbefugte Organ, dem auch der nach außen auftretende Jagdpächter untergeordnet und weisungsgebunden sei. Da der Kläger wiederholt gegen die vom Ausschuß getroffenen Weisungen in gravierender Weise verstoßen und sich nicht waidmännisch verhalten habe, sei sein Ausschluß aus der Jagdgesellschaft vom Jagdausschuß einstimmig beschlossen worden. Im übrigen sei der Rechtsweg ausgeschlossen, da die Angelegenheit vor die selbständigen Verwaltungsorgane der Jägerschaft gehöre.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte folgenden Sachverhalt fest: Von der Jagdgesellschaft wurde ein Jagdausschuß als Arbeitsausschuß bestellt, der die in der Vollversammlung zu erledigenden Angelegenheiten zusammen mit dem Jagdleiter vorzubereiten hat. Entscheidungsbefugtes Organ gegenüber der Jagdgesellschaft ist allein die Vollversammlung. Der Jagdausschuß wurde auch gegenüber der Jagdbehörde nicht als entscheidungsbefugtes Organ angezeigt. Vinzenz L war in seinen Entscheidungen als Jagdleiter und Jagdpächter nicht vollkommen frei, sondern an die Weisungen des Ausschusses und der Vollversammlung der Jagdgesellschaft gebunden.

Am 31. Juli 1978 fand in Anwesenheit des Bürgermeisters Heinrich R eine Ausschußsitzung statt, bei der auch die behaupteten jagdlichen Verfehlungen des Klägers verglichen wurden. Dabei wurde bei dieser vergleichsweisen Erledigung keinerlei Zusatz gemacht, daß die jagdlichen Vergehen nur nachgesehen wären, wenn sich der Kläger in Zukunft wohlverhalte. Bei der Ausschußsitzung vom 12. November 1976 beschloß der Jagdausschuß den Ausschluß des Klägers aus der Jagdgesellschaft. In einer Vollversammlung wurde der Ausschluß des Klägers nicht beschlossen. Vinzenz L hat sich gegen den Ausschluß ausgesprochen.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, bei der Jagdgesellschaft handle es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes. Der Kläger habe nur von der Gesamtheit der Mitglieder der Gesellschaft ausgeschlossen werden können. Der Ausschluß des Klägers sei daher nicht rechtswirksam ausgesprochen worden. Daher stehe dem Kläger der Anspruch auf Erteilung der Ermächtigung zur Ausübung der Jagd als Mitpächter zu. Da dieser Anspruch sich aus dem Gesellschaftsrecht ableite, gehe die Einwendung der Unzulässigkeit des Rechtsweges ins Leere. Überdies seien dem Kläger die ihm vorgeworfenen jagdlichen Verfehlungen in der Sitzung vom 31. Juli 1976 ausdrücklich nachgesehen worden. Der darnach noch offene Vorwurf des Abschusses eines angeblich tollwütigen Rehbocks (der tatsächlich nicht tollwütig war), sei aber nicht berechtigt, da der äußere Anschein dafür gesprochen habe, daß es sich um ein krankes Tier handle. Es sei auch nicht erwiesen, daß der Kläger die Trophäe nicht abgeliefert habe. Die behaupteten Ehrenkränkungen und die Kompensation des Pachtschillings mit behaupteten Gegenforderungen rechtfertigten gleichfalls nicht den Ausschluß des Klägers aus der Gesellschaft.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes in jeder der verbundenen Rechtssachen 60 000 S übersteige. Es ließ die Frage, ob die Jagdgesellschaft der Gemeindejagd A eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ist, aus der Erwägung offen, daß die Bestimmung des § 1210 ABGB nicht nur auf eigentliche Gesellschaften nach bürgerlichem Recht im Sinne des § 1175 ABGB, sondern kraft Analogieschluß nach § 7 ABGB auf alle Korporationen anzuwenden sei, für die es keine Sondernormen gebe (EvBl. 1962/208). Die Gesellschaft habe von der Möglichkeit, ihr internes Vertragsverhältnis anders als im gesetzlichen Regelfall auszugestalten, nicht Gebrauch gemacht. Das Berufungsgericht übernehme die Feststellung des Erstgerichtes, wonach das entscheidungsbefugte Organ allein die Vollversammlung (der Gesellschaft) ist und der Jagdausschuß lediglich als Arbeitsausschuß bestellt wurde, der die in der Vollversammlung zu erledigenden Angelegenheiten zusammen mit dem Jagdleiter vorzubereiten hat. Begrundet wurde dies vom Berufungsgericht u. a. damit, daß die Beklagten nur vorgebracht hätten, der Jagdausschuß sei als entscheidungsbefugtes Organ insbesondere in bezug auf die Jagdausübung eingesetzt worden. Damit sei aber nicht vorgebracht worden, der Jagdausschuß sei das allein entscheidungsbefugte Bei der Frage, ob und von wem der Kläger aus der Jagdgesellschaft ausgeschlossen werden durfte, gehe es auch nicht um Fragen "in bezug auf die Jagdausübung". Daß aber die Vollversammlung den Jagdausschuß statutarisch legitimiert habe, Gesellschafter auszuschließen, sei weder behauptet noch bewiesen worden. Ohne eine solche sei jedoch nur die Vollversammlung zum Ausschluß eines Gesellschafters berufen. Da somit feststehe, daß der Kläger durch den Jagdausschuß nicht rechtswirksam habe ausgeschlossen werden können, erübrige sich eine Befassung mit den angeblichen Ausschlußgrunden. Soweit aber die Beklagten meinten, der Kläger könne, wenn er nicht rechtswirksam ausgeschlossen worden sei, die Mitglieder des Jagdausschusses nicht klagen, sondern müsse eine Feststellungsklage gegen alle Gesellschafter richten, übersehe die Berufung, daß die Frage der Mitgliedschaft des Klägers nur eine Vorfrage für das Leistungsbegehren sei. Hier gehe es aber um die Notwendigkeit, für den Kläger die Ausübung von Rechten, die ihm zustehen, mit Hilfe der Gerichte durchzusetzen, nachdem ihm diese im Innenverhältnis der Gesellschaft von dem diesbezüglich kompetenten Jagdausschuß verwehrt wurden. Der OGH habe in einem ähnlich gelagerten Fall ein nicht gegen alle Gesellschafter gerichtetes Begehren auf Duldung der Mitarbeit des dortigen Klägers für zulässig erachtet (EvBl. 1972/246 = SZ 44/123). Es sei geradezu lebensfremd, von einem Gesellschafter zu verlangen, auch alle jene Mitgesellschafter zu klagen, die sich der Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte gar nicht entgegensetzten. Was schließlich die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges anlange, gebe es keine verwaltungsbehördliche Vorschrift, welche die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde zur Regelung solcher gesellschaftsinterner Streitigkeiten vorsehe. Auch eine anwendbare Schiedsklausel könne ausgeschlossen werden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Parteien Folge und wies das Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Bei der rechtlichen Beurteilung der Streitsache ist davon auszugehen, daß unbestrittenermaßen die Gemeindejagd nur von drei Jagdpächtern gepachtet wurde, die 60 auf Grund einer internen Vereinbarung tatsächlich Jagdberechtigten der Verwaltungsbehörde gegenüber nicht als Pächter aufschienen und daher ihrerseits auch keine Jagdgesellschaft im Sinne des § 11 Salzburger Jagdgesetzes 1977, LGBl. 94, bildeten. Vielmehr waren sie auf Grund der internen Vereinbarung und der ihnen von den Jagdpächtern ausgestellten Jagderlaubnisscheine (§ 41 Abs. 2 Salzburger Jagdgesetz) zur Ausübung der Jagd im Rahmen der Beschlüsse der Jagdgesellschaft berechtigt. Im Verfahren unbestritten ist auch, daß die Jagdgesellschaft (oder für sie der Jagdausschuß) die Ausübung der Jagd durch ihre Mitglieder geregelt hat, z. B. durch Festsetzung des den einzelnen Mitgliedern zum Abschuß zugewiesenen Wildes. Diese Umstände könnten dafür sprechen, daß eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes vorliegt, wurde doch von den Mitgliedern die gemeinsame Ausübung der Jagd im Sinne einer Teilung der daraus fließenden Rechte und Pflichten geregelt (vgl. SZ 46/124). Selbst wenn dies aber mangels eines auf Erwerb gerichteten Gesellschaftszweckes zu verneinen wäre, so läge doch eine Korporation vor, auf welche die Bestimmung des § 1210 ABGB analog anzuwenden wäre, da ihre Satzung keine Bestimmungen über den Ausschluß von Mitgliedern enthält (SZ 34/152 = EvBl. 1962/208).

Den Untergerichten ist beizupflichten, daß mangels Ermächtigung des Jagdausschusses durch die Vollversammlung der Gesellschaft zu derartigen Maßnahmen nur die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit (allerdings ohne die auszuschließenden Mitglieder) berechtigt waren, einzelne Mitglieder auszuschließen (Kastner, Grundriß des Österreichischen Gesellschaftsrechts[3], 56; Wahle in Klang[2] V, 685; SZ 44/123; teilweise anderer Ansicht SZ 24/110). Da dies im Falle des Klägers nicht geschehen ist, liegt kein rechtswirksamer Ausschluß des Klägers aus der Gesellschaft vor.

Dennoch ist das nur gegen die Mitglieder des Jagdausschusses gerichtete Begehren nicht berechtigt. Hätte dieser Ausschuß - wie dies das Erstgericht feststellte - nur die Aufgabe, die in der Vollversammlung zu erledigenden Angelegenheiten vorzubereiten, dann käme ihm hinsichtlich der Frage, ob der Jagdpächter einem Mitglied der Jagdgesellschaft die Jagderlaubnis zu entziehen und den Jagderlaubnisschein daher einzuziehen hat, überhaupt keine Kompetenzen zu, sodaß schon aus diesem Grund keinerlei Rechtsschutzbedürfnis für das Klagebegehren bestunde. Wenn aber - was nicht festgestellt, jedoch vom Kläger behauptet wurde - dem Jagdausschuß die selbständige Erledigung gewisser Agenden von der Vollversammlung übertragen wurde, waren dessen Mitglieder gemäß § 1190 ABGB als Bevollmächtigte zu betrachten. Auch in diesem Falle wäre aber eine Klage allein gegen diese Bevollmächtigten nicht zulässig. Denn der Kläger leitet seinen Anspruch aus dem abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag und seiner Mitgliedschaft zur Jagdgesellschaft und nicht etwa aus einem deliktischen Verhalten der Beklagten ab. Das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten eines Gesellschafters gegenüber der Gesamtheit der Gesellschafter betrifft jedoch das Innenverhältnis der Gesellschaft. In derartigen Streitigkeiten äußert ein ergehendes Urteil kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses Wirkungen gegenüber allen Gesellschaftern (§ 14 ZPO). Ein Urteil, welches die Organe der Gesellschaft zur Abgabe von Erklärungen zwingen würde, welche die Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Kläger ermöglichen soll, würde unmittelbare Wirkungen auf alle anderen Gesellschafter haben. In derartigen Rechtsstreitigkeiten müssen daher alle Gesellschafter entweder auf der Kläger- oder auf der Beklagtenseite beteiligt sein (vgl. Fasching II, 194, 195; EvBl. 1976/677 Ob 317/65). In der vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung SZ 44/123 wurde zwar die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen den die Mitarbeit des damaligen Klägers hindernden Teil der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes bewilligt, ohne daß sich die Entscheidung jedoch mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die Klage und Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur gegen einen Teil der Gesellschafter möglich ist. Die Entscheidungen SZ 41/170 und 1 Ob 633/79 (SZ 52/134) betreffen jedoch Fälle, welche sich von dem vorliegenden Fall grundsätzlich unterscheiden. Im Falle der Entscheidung 1 Ob 633/79 wurde die nur gegen die Kommanditisten einer GesmbH & Co. KG erhobene Klage auf Nichtigerklärung eines Gesellschafterbeschlusses für zulässig erklärt, weil nach dem Gesellschaftsvertrag offenbar wegen der Identität der an der Kommanditgesellschaft und der Komplementärgesellschaft beteiligten physischen Personen nur die Kommanditisten die Gesellschafterversammlung bildeten. Im Verfahren SZ 41/170 wiederum wurde einem Gesellschafter sein Gewinnanteil nicht von der Gesellschaft, sondern nur von einem anderen Gesellschafter vorenthalten, weshalb nur letzterer als passiv legitimiert angesehen wurde. Hier berührte daher die Entscheidung die Interessen der anderen Gesellschafter nicht.

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