Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der minderjährige Laurenz G***** wurde am 31. 3. 2002 außerehelich geboren. Am 19. 8. 2003 anerkannte der geschiedene Ehegatte der Mutter Harald G*****, die Vaterschaft vor der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur; gleichzeitig verpflichtete er sich zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 155 EUR ab 1. 8. 2003. Er wusste, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes ist. Unterhaltsleistungen erbrachte er in der Folge nicht; sie wurden von der Mutter auch nie eingefordert.
Das Bezirksgericht Bruck an der Mur stellte in der Folge auf Antrag des Kindes, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur, Mag. Heinrich L***** als Vater des Kindes fest und sprach aus, dass das Kind nicht von Harald G*****, dem geschiedenen Gatten der Mutter, abstammt (Beschluss vom 16. 3. 2007, 5 FAM 18/06d). Zugleich mit seinem auf § 163b ABGB gestützten Feststellungsantrag vom 10. 7. 2006 hatte das Kind Unterhalt von monatlich 300 EUR ab 1. 7. 2003 begehrt; sein Begehren wurde später auf 500 EUR monatlich ab 1. 1. 2005 ausgedehnt.
Der Vater wendete ein, seine Unterhaltsverpflichtung könne frühestens mit Vaterschaftsfeststellung entstanden sein.
Das Erstgericht verpflichtete den am 16. 3. 2007 als Vater festgestellten Mag. Heinrich L***** zu monatlichen Unterhaltsleistungen von zunächst 235 EUR ab 10. 7. 2003 (das sind drei Jahre vor dem Unterhaltsfestsetzungsantrag) mit Erhöhungen auf zuletzt 370 EUR monatlich ab 1. 1. 2007. Das Mehrbegehren wies es ab. Der rückwirkend gestellte Unterhaltsantrag sei für einen Zeitraum von drei Jahren ab Antragstellung zulässig.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil den entscheidungswesentlichen Rechtsfragen eine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zukomme. Das Bezirksgericht Bruck an der Mur habe mit seiner, die Abstammung des Kindes vom Rechtsmittelwerber feststellenden Entscheidung - rückwirkend auf den Geburtszeitpunkt des Kindes - ausgesprochen, dass das Kind nicht vom geschiedenen Ehemann der Mutter abstamme. Damit sei dessen Anerkenntnis der Vaterschaft außer Kraft getreten. Dass der Ehemann der Mutter aufgrund seines vorangehenden Anerkenntnisses bis zur Rechtskraft des Feststellungsbeschlusses zur Unterhaltsleistung verpflichtet gewesen sei, ändere nichts am Bestehen der Unterhaltsverpflichtung des tatsächlichen Vaters. Dessen Unterhaltsverpflichtung bestehe bereits ab dem Zeitpunkt der Geburt und könne auch für die Vergangenheit - und zwar für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren vor Antragstellung - begehrt werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters richtet sich gegen die drei Jahre vor Antragstellung zurückreichende Unterhaltsfestsetzung. Das Rechtsmittel ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Verfahrensgegenstand ist der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen seinen biologischen Vater, dessen Vaterschaft nach § 163b ABGB festgestellt wurde.
§ 163b ABGB idF des FamErbRÄG 2004, BGBl I 58/2004 lautet:
„Das Kind kann die Feststellung seiner Abstammung auch beantragen, wenn die Vaterschaft eines anderen Mannes bereits feststeht. In einem solchen Fall hat die Feststellung der Abstammung die vom Gericht auszusprechende Wirkung, dass das Kind nicht vom anderen Mann abstammt."
Die Feststellung der Vaterschaft nach dieser Bestimmung hat die automatische Wirkung, dass das Kind - rückwirkend ab Geburtszeitpunkt - nicht vom bisherigen Vater abstammt (Schwimann in Schwimann, ABGB³ § 163b Rz 13). Mit Rechtskraft des Gerichtsbeschlusses über die Abstammung des Kindes tritt somit der Beschluss oder das vorangehende Anerkenntnis außer Kraft, auf der die Vaterschaft des bisherigen „Gilt-Vaters" beruhte (Hopf in Koziol/Bydlinski/Bollenberger² § 163b Rz 3). Der danach festgestellte Vater tritt an die Stelle des bisherigen, der „Vätertausch" ist somit rückwirkend auf den Geburtszeitpunkt vollzogen (Schwimann aaO Rz 13).
Dass die Feststellung der Abstammung, die Änderung der Abstammung und die Feststellung der Nichtabstammung allgemein verbindliche Wirkung haben, stellt schon § 138a ABGB klar. Die Materialien zum FamErbRÄG 2004 (ErlRV 471 BlgNR 22. GP, 23 f) weisen darauf hin, dass im „Vätertauschverfahren" nach § 163b ABGB ein bereits rechtlich feststehender Vater unmittelbar durch einen anderen Mann als Vater ersetzt wird. Sie führen überdies aus, dass mit Wegfall der Wirksamkeit des nach § 163b ABGB gefassten Beschlusses - etwa im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach §§ 72 ff AußStrG - auch der Ausspruch über die Nichtabstammung vom ersten Mann wegfällt, sodass dieser wiederum Vater des Kindes wird. Dass derartige, mit allgemein verbindlicher Wirkung ausgestattete Beschlüsse im Abstammungsverfahren auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurückwirken, ist nicht zweifelhaft. Demnach ist derjenige, dessen Vaterschaft nach § 163b ABGB festgestellt wurde, zur Unterhaltsleistung an das Kind ab Geburt verpflichtet.
Dass im Zeitraum bis zur Beschlussfassung nach § 163b ABGB ein anderer Mann - etwa zufolge eines Vaterschaftsanerkenntnisses - als Vater „gilt" und als solcher allenfalls Unterhalt leistet oder auch nicht leistet, beseitigt den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen seinen leiblichen Vater nicht. Auch ein - wie hier - bewusst falsches Anerkenntnis der Vaterschaft durch den (geschiedenen) Ehemann der Mutter hat keine Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den schließlich festgestellten biologischen Vater. Dieser Unterhaltsanspruch besteht ab Geburt und kann rückwirkend auf drei Jahre auch für die Vergangenheit geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0034969).
Die im Revisionsrekurs angesprochene Doppelversorgung des Kindes konnte im vorliegenden Fall schon deshalb nicht eintreten, weil der geschiedene Ehemann der Mutter Unterhaltsleistungen nie erbrachte. Ob das Kind von dem zuvor aufgrund seines Anerkenntnisses als Vater geltenden Ehemann der Mutter mehr oder weniger an Unterhalt erhalten könnte, als von seinem leiblichen Vater, ist - entgegen der Auffassung des Rechtsmittelwerbers - ohne Bedeutung. Das Kind hat immer nur Anspruch auf eine entsprechende Teilnahme an den Lebensverhältnissen seines (leiblichen) Vaters.
Dem unberechtigten Rechtsmittel des Vaters musste ein Erfolg versagt bleiben.
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